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Das

Deutsche Gaunerthum

in

seiner social-politischen, literarischen und linguistischen Ausbildung
zu seinem heutigen Bestande.

Von

Friedrich Christian Benedict Avé-Tallemant,

Doctor beider Rechte.

Mit zahlreichen Holzschnitten.

Dritter Theil.

LIBRAR
UNIVERSITY

CALIFORNIA

Leipzig:

F. A. Brockhaus.

1862.

V. 2

Das Recht der Ueberseßung dieses Werks ins Englische, Französische und andere fremde Sprachen behält sich die Verlagshandlung vor.

24478

UNIVERSITY

CALIFORNIA

Vorwort

zum dritten und vierten Theil.

Als der Verfasser gegen Ende des Jahres 1858 die beiden

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ersten Theile vom „, Deutschen Gaunerthum“ herausgab, war es seine Absicht, den dritten (linguistischen) Theil unmittelbar darauf erscheinen zu lassen. Lag es dabei in seinem Plane, eine ausführlichere Untersuchung erst in späterer Zeit folgen zu lassen, so gab doch der Ernst, mit welchem seine Arbeit aufgenommen wurde, ihm dringend zu bedenken, daß die in den beiden ersten Theilen gegebene Darstellung immer nur für eine bröckelige und unfruchtbare Skizze gelten müsse, wenn nicht eben der in der Sprache verkörperte Geist der vom Verfasser vorgeführten Erscheinung gerade auch im vollsten Ausdruck seiner riesigen Größe und Gewalt, in der Sprache, erfaßt und dargestellt würde. Für jenen Ernst und für die von ihm gestellte Aufgabe reichte die damalige Arbeit des Verfassers nicht aus. Er mußte sich zu einer durchaus neuen Arbeit entschließen, um die ganze Breite und Tiefe des deutschen Volksbodens bis in die fernsten und geheimsten Enden und Winkel hinein vor Augen zu legen und wenigstens hinzuweisen und hinzudeuten, wo überall im Volke und Volks, leben das Gaunerthum seinen Versteck gesucht und gefunden hatte. Konnte der Polizeimann hier nur der Führer in die dunkelsten Tiefen sein, über welche der gewaltige Strom des bunten

socialpolitischen Lebens hinrauscht, so nahm die Ergründung und Ausforschung dieser unheimlichen Tiefen ebenso sehr den Linguisten wie den Culturhistoriker, den Socialpolitiker und den Ethiker in Anspruch. Wol erkannte der Verfasser die große, kaum überwindlich scheinende Schwierigkeit der Aufgabe. Aber unablässig lockte und mahnte das breit und gewaltig dahinströmende Leben, zu unaufhaltsam trieben und drängten ihn die tagtäglichen Erfahrungen des amtlichen Berufs: er tauchte in den tiefen Strom, und in ehrlicher, fleißiger Arbeit hat er aus der geheimnißvollen Tiefe das heraufgebracht, was er jezt vor Augen legt.

Wie er nun diesen großen wunderlichen, bunten Stoff bewältigt und geordnet hat, darüber ist der Verfasser eine kurze Rechenschaft zu geben schuldig. Sobald er die eigenthümlich versezte und verschränkte Sprache des Verbrechens sowol ihrem Stoff als auch ihrer Form nach wesentlich als deutsche Volks*sprache erkannt hatte, glaubte er vor allem den Auslauf der deutschen Sprache aus der Ursprache überhaupt und neben den verwandten Sprachstämmen ins Auge fassen und die deutsche Sprache in ihrer volksthümlichen dialektischen Verbreiterung andeutungsweise darstellen zu müssen, ehe selbst nur eine Definition der Gaunersprache gegeben und eine Untersuchung der verschiedenen einschlagenden und ähnlichen Benennungen angestellt wurde, nach deren Aufklärung erst ein deutlicher Einblick in Wesen und Stoff der Gaunersprache erreicht werden konnte. Nur erst auf dieser so geebneten Grundlage war es möglich, den durch viele Jahrhunderte hindurch in riesigen Massen und in der buntesten Durchmischung und Entstellung aufeinander gehäuften und in steter Gährung bewegten, noch niemals bearbeiteten Stoff auseinander zu breiten und nun erst wieder seine vorläufige Sonderung in Hauptmassen zu unternehmen, um dann weiter in die Untersuchung des Einzelnen vordringen zu können. Je schärfer das vorgefundene Erotische sich in seiner Eigenthümlichkeit erhalten

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