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Tittia cratzebant, nunc lendos, nunc knigiosque, Nec scio quid reliquum schürebant torve tuentes. 215 Haec ideo vobis ô frater schicko fideles,

Saepe ut denckatis, gutumque lefhatis amicum. Et quoties bitunt vos nigri schnaflide deiri, Et quoties handis vestris ingripitis hosos, Fengere nempe floos, tales effundite Wortos! 220 Jam Flous Hamburga quem schickuit urbe politus Oldus Bekandus, blodum me steckit in hudum, Scilicet ut denckamque sui, denckamque jocorum Pussorumque simul. Denckamque ergo, cedito rursus Parve floe et nostrum misere quoque plage Bekantum 225 Frundum, ut sit memor et nullis vergettat in annis

Nostri, sic durat Frundschoppia. Nun is et uthe.

Unzweifelhaft ist es, daß die maccaronische Poesie überhaupt in Italien und aus Folengo's Kopfe entsprang und daß Folengo nicht eher in dieser Weise dichtete, als bis er in das Landstreicherleben hineingerathen war. Wenn auch schon vor ihm die Canti Carnascialeschi durch Lorenzo den Prächtigen von Medici (1448 -92 begünstigt und geregelt worden, wenn auch die Poesia contadinesca (villanesca), boschereccia und pedantesca (fidenziana) nach fast allen Richtungen der Laune und Satire hin in Aufnahme gebracht war, so hatte doch keine dieser burlesken Dich tungen eine solche originelle Wortmischung aufzuweisen, wenn auch jede von ihnen mehr oder minder fremde Wörter und Redensarten absichtlich für den Spott und die Satire vorbrachte. Folengo schrieb nicht wie jene ein unreines oder gemischtes Italienisch, sondern schrieb lateinisch und latinisirte dabei italienische Wörter. Insofern war Folengo volle Originalität, und schwerlich mag man

Hemo; hebben (heft), haben. 213 Knig', Knie. 216 lef hebben, lieb haben. 217 biten, beißen; Schnaft, Snafl, Schnabel. 218 Ingripen, hineingreifen. 219 sengen, fangen. 220 politsch, p'litsch, gewandt, listig. 221 old, alt. 223 Pussen, Possen. 225 Frund, Fründ, Freund; vergeten, vergessen. 226 Frundschopp, Freundschaft; is, ist; et, es; uth, aus.

der ohnehin gar nicht näher begründeten Behauptung Genthe's (S. 61) beipflichten, daß die Maccaronea eine Tochter der Fidenziana (pedantesca) gewesen sei. Auch läßt Folengo recht lebendig seine Laune nach allen Seiten hin übersprudeln und hält sich nicht verbunden, mit der Geisel seiner Satire stets auf einen und denselben Gegenstand loszuschlagen, sondern schwingt die Geisel lustig um sich und trifft rücksichtlos jeden, welcher ihm zu nahe kommt. Hält man aber seine Sprache zusammen mit seinem Landstreicherleben, aus welchem heraus er dichtete, wie ja schon der Stoff genugsam zeigt, so wird man stark versucht, auch hinsichtlich seiner maccaronischen Sprache seinem Landstreicherleben einen bedeutenden Einfluß zuzuschreiben, welche Sprache denn auch in der That der jüdischdeutschen Sprache ganz analog ist. Folengo wagte vielleicht aus Mangel an hinreichender Kenntniß und Uebung im Hebräischen keinen directen jüdischitalienischen Versuch, welchen sein Zeitgenosse Ercole Bottrigari, freilich sehr ungeschickt und unglücklich, unternahm 1), z. B.:

.. I' ti saluto

Bramoso molto intender quale

Hor sia il tuo stato, ch'a Dio piaccia
Ch'egli sia: et e felice

wobei nur von einer Einstreuung vereinzelter hebräischer Wörter, nicht aber von einer Wortverbindung mit dem Italienischen die Rede sein kann. Folengo aber muß das Judendeutsch gekannt und die Eigenthümlichkeit seiner Mischung begriffen haben, wenn er auch das Hebräische und Deutsche selbst darin nicht genauer verstand. Jedenfalls muß er in seinem Landstreicherleben dem stets bis zur Unausweichbarkeit ergreifenden lebendigen Judenzuge zwischen Deutschland und Italien begegnet und sogar ihm auch verfallen gewesen sein und darum von der bis dahin un

1) Vgl. S. 22 bei Genthe, dem die Genauigkeit abgeht und der den Greole Bottrigari (1531-1609) Ercobe Bottrigara nennt. Es kann eben nur der Bologneser Ercole Bottrigari gemeint sein, welcher vorzüglich durch seine mathematischen Kenntnisse und Schriften sowie durch seine bedeutende Bibliothek sich einen berühmten Namen machte.

erhört eigenthümlichen Mischung des Judendeutsch Kenntniß gehabt haben. So konnte er leicht dazu gelangen, aus den beiden Sprachen, deren er Meister war, jene dem Judendeutschen analoge Wortmischung zu versuchen, in welcher er die damals vollgewaltig herrschende Gelehrten- und Weltsprache, das Lateinische, zur Führerin machte und mit seiner italienischen Muttersprache zur neuen maccaronischen Composition verband.

Pierundzwanzigstes Kapitel.

c) Die Zweideutigkeit des phonetischen Sprachelements.

Troß der sprudelnden Laune der maccaronischen Dichtung, welche in der verwegenen Zusammenzwingung so verschiedenartiger Sprachstoffe sich selbst verunstaltet und den vollen Spott sarkastischer Ironie über sich selbst ergießt, um zur Geisel der andern Erscheinung zu werden, und troz des rücksichtslosen Ungestüms, in welchem sie selbst den grämlichen Leser zum Lachen zwingt und mit allen unbarmherzig über einen Boden dahinfährt, welcher ebenso holperig ist wie ihre Herameterschemata: findet man doch auch Stellen auf dem rauhen Wege, wo eigentlich alles, auch die Poesie, aufhört, wo man plößlich an dem Scharfsinn des Dichters zur nüchternen Reflerion abkältet und in Erstaunen geräth, wie doch die Poesie so absichtlich scharfsinnig sein und der Scharfsinn wieder so poetisch werden konnte. Es sind solche Wörter, ja sogar ganze Säße, Verse oder Strophen, deren Wortwurzeln in beiden gemischten Sprachen gleichen oder doch sehr ähnlichen Laut bei ganz verschiedener logischer Bedeutung haben, wobei aber dem nach der eigenthümlichen Form der einen Sprache flectirten Worte die logische Bedeutung der andern Sprache gegeben, ihm selbst aber seine primitive logische Bedeutung genommen wird. In den romanisch - maccaronischen Dichtungen, in welchen, wie überhaupt in den romanischen Sprachen, die ursprünglich lateinische Wurzelhaftigkeit der meisten romanischen Wörter nicht zu

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verkennen ist, macht sich diese Vertauschung viel leichter, und der oft noch durch veränderte Wort- und Silbenabtheilung verstärkte Contrast besteht meistens nur in der Abweichung des logischen Elements einer speciellen romanischen Sprache von dem logischen Elemente der lateinischen Sprache. In der deutschen maccaronischen Poesie ist bei der größern Entfremdung des germanischen von dem lateinischen Sprachstoffe der Contrast desto greller und die Vertauschung desto verwegener und komischer, wie man das namentlich in der Floia" sieht, in welcher obendrein das Hochdeutsche und Niederdeutsche überaus bunt und lustig neben und durcheinander wuchern. So hat die,,Floia" das Wort sternas nicht etwa vom lateinischen sternere, sondern vom deutschen Stern, stridunt nicht vom lateinischen stridere, sondern vom niederdeutschen striden, streiten, und am Schlusse: Nun is et uthe, nun is 't ut, nun ist es aus. Das merkwürdigste Beispiel hat aber wol der berühmte Rabbi Jehuda (Arje di Modena, Leo Mutinensis, der Löwe von Modena) als achtzehnjähriger Jüngling gegeben. J. C. Wagenfeil theilt es S. 50 feiner,,Sota" 1) mit, und neuerdings hat von der Hagen in seiner am 18. August 1853 in der berliner Akademie der Wissenschaften,, über die romantische und Volksliteratur der Juden in jüdischdeutscher Sprache" gehaltenen Vorlesung wieder darauf aufmerksam gemacht, wobei er es mit Recht bezeichnet als „ein poetisches Kunststück, wie es wol nur in dem Gehirne eines durch den Talmud geschulten Juden entspringen konnte, aber auch den Wih und Scharfsinn eines solchen sattsam bekundet". Rabbi Je= huda machte auf den Tod seines Lehrers Rabbi Moses Basula ein Trauergedicht in hebräischer und in italienischer Sprache, dessen Wortlaut in beiden Sprachen vollkommen gleich ist und doch in jeder der beiden Sprachen ein correctes besonderes Verständniß darbietet und in durchaus bündigem Zusammenhange gelesen und verstanden werden kann. Freilich ist dabei der Silbenabtheilung

1) Sota lib. Mischnicus de uxore adulterii suspecta, cum excerptis Gemarae (Altdorf 1674).

Gewalt angethan, wie man aus folgender Zusammenstellung erkennt:

Chi nasce muor, Oime, che pass' acerbo.

Colto vien l'huom, così ordin' il Cielo

Mose mori Mose gia car de verbo.

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Santo sia ogn' huom, con puro zelo.

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Ch' alla metà, gia mai senza riserbo.

Arriu' huom, ma vedran, in cangiar pelo,

Se fin habiam, ch' al Cielo vero ameno,

Val' huomo và se viva assai, se meno.

Man kann hier nur die fast unheimlich scharfsinnige Kunst bewundern, welche es verstand, ein solches homöophonetisches Gedicht in zwei voneinander ganz verschiedenen Sprachen zu erfinnen. An der Kunst solcher Beispiele gerade sieht man recht schlagend, wieviel eigenthümliches geistiges Fluidum eine jede Sprache hat, welches nicht im bloßen todten Wortbilde allein, sondern wesentlich im phonetischen Elemente des Wortes erfaßt und verstanden werden kann, und welch eine sorgsame Behandlung die todten Sprachen erfordern, wenn sie nicht von den Schwingungen des phonetischen Elements lebender Sprachen erschüttert und verstimmt werden sollen, wie ja das barbarische mittelalterliche Latein der Geistlichen und Mönche überall eine Refonanz der lebendigen deutschen Sprache, zum Nachtheil der alten classischen Sprache, aufweist, welche in ihrer Verunstaltung endlich

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