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Labourot), du Monin, Janus Cäcilius Frey, Theodor Beza, Hugbald; in England in dem Schotten William Dunbar, John Skelton, William Drummond, Aler. Geddes. Bei den ernsten Spaniern wurde sogar erst 1794 vom pseudonymen D. Mattias de Retiro ein maccaronischer Versuch gemacht.

Nimmt man wahr, wie die ohnehin nur im 15. und 16. Jahrhundert und nur zur vereinzelten Blüte getriebene maccaronische Poesie selbst auf dem Gebiete der aus germanischen und lateinischen Sprachstoffen zusammengemischten romanischen Sprachen keineswegs populär und heimisch wurde, obschon die mit ihren Flerionen zu Grunde gelegte lateinische Sprache ein Hauptfactor aller romanischen Sprachen ist, mithin der ganzen romanischen Sprachfamilie sehr verständlich und faßlich sein mußte: so bleibt der Grund zu dieser geringen Aufnahme wesentlich in der übermäßigen Verstärkung des den romanischen Sprachen zu Grunde liegenden lateinischen Sprachfactors zu suchen, welche an der schon längst entschieden und nachdrücklich abgerundeten Nationalität jedes der romanischen Sprachfamilie als Sprachglied angehörigen Volkes

1) Das von Genthe S. 155 angeführte Werk: ,,Cacasagno ReystroSuysso-lansquenetorum per Magistrum Joannem Bapistam (?) Lichardum Recatholicatum spaliposcinum Poetam. Cum Responso, per Ioan. Cransfeltum, Germanum" (Paris 1588) ist mir völlig unbekannt geblieben. Vielleicht hat Genthe es ebenfalls nicht selbst gesehen. Die Autorschaft des Tabeurot (Genthe schreibt den Namen Taburot), des,, Seigneur des Accords", scheint zweifelhaft, da es in der vollständigen Ausgabe der Labourot'schen Werke (Paris 1614), welche ich neben der höchst seltenen ältesten Ausgabe ven 1585 besige, nicht enthalten ist. Ob das Werk in der pariser Ausgabe von 1603 oder einer der beiden rouener Ausgaben (1628; 1671) enthalten ist, weiß ich auch nicht, da ich diese Ausgaben nicht kenne. Gänzlich unbekannt ist mir endlich auch noch die von Genthe S. 155 angeführte pariser Ausgabe von 1662: Le quatriesme des bigarrures du Seigneur des Accords, welche Genthe überhaupt wol auch nicht geschen hat, da das Quatriesme fein Specialtitel ist, sondern nichts anderes bedeutet, als was schon in der pariser Ausgabe von 1585 steht: quatriesme livre des bigarrures, auch von nichts weniger als von maccaronischer Poesie handelt. Im Jahre 1859 soll eine neue Ausgabe der Werke Tabourot's in Paris erschienen oder doch vorbereitet worden sein.

und von seiner schon specifisch national ausgebildeten Sprache entschiedenen Widerstand erfuhr.

So erscheint die ganze maccaronische Poesie als eine eigenthümliche Folie der romanischen Sprachen, auf welcher der besondere Gehalt jeder einzelnen recht deutlich erkannt werden kann. Eine sehr merkwürdige und noch von keinem Darsteller der maccaronischen Literatur speciell hervorgehobene Probe gibt Molière, welcher in der Promotionsscene am Schluß seines köstlichen ,,Le malade imaginaire" die Maccaronea in der wißigsten und ergöglichsten Weise sogar auf das Theater brachte. Und doch fonnte nicht einmal ein Molière die maccaronische Dichtung vom Theater aus in das Volk gelangen lassen, welches ja überhaupt nur über den Galimatias zu lachen verstand, während die Höhergebildeten allein das Meisterstück scharfer Perfiflage ganz zu begreifen im Stande waren. Proben der maccaronischen Poesie findet man in den,,Facetiae Facetiarum", den,,Nugae venales" und bei Genthe S. 179-342 in reicher Auswahl.

Hat der national gewordene Sprachgeist jedes Gliedes der romanischen Sprachgenossenschaft das Uebermaß des lateinischen Antheils in der maccaronischen Poesie zurückgewiesen und nur dem heitern Scherze und der rügenden Satire die poetische Geisel gestattet, um seinem eigenen Ernste in der Abweisung jedes sprachlichen Unfugs behülflich zu sein: so war der Sprung, welchen, freilich erst beinahe hundert Jahre nach Folengo, die maccaronische Poesie auf das deutsche Sprachgebiet machte, ein toller Sprung des lustigen Harlekin von der Bühne in das Parterre, bei welchem alle Illusion absichtlich zerstört und die buntscheckige Gr scheinung recht deutlich betrachtet und erkannt werden sollte. Wie man einen verwegenen und guten Wig einen schlechten Wit" zu nennen pflegt, so kann man die treffliche,,Floia" den ersten und besten schlechten Wig 1) nennen, den die maccaronische Poesie

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1) Die herrlichen,,Epistolae obscurorum virorum“ gehören wol schwerlich zur maccaronischen Literatur. Sie enthalten mit sehr geringen Ausnahmen nur Küchenlatein, freilich der köstlichsten und ergößlichsten Art. Die 1858

zu Ende des 16. Jahrhunderts in Deutschland wagte, ein Versuch, welcher nur einmal gelang, welchen aber schon der wackere Fischart Kap. 22 seiner,,Geschichtsklitterung" mit seinen,,Nuttelversen" bei Erwähnung des Merlinus Cocaius (Folengo) mehr anzudeuten als nachzuahmen wagte und welcher schon in der Nachahmung der ,,Lustitudo studentica" 1) matt wird und endlich ganz verschwindet.

In der deutschen maccaronischen Sprache, in welcher die deutschen Wortwurzeln lateinische Endungen erhalten und die lateinische Sprache Wortführerin ist, zeigt sich noch viel mehr als in der maccaronischen Poesie der romanischen Sprachen das Widerstreben des beiderseitigen Sprachstoffs, des germanischen und lateinischen. Beide Stoffe stehen in ihrer Eigenthümlichkeit gerade durch die äußere Zwangsverbindung als recht innerlich, geschieden und nur neben einander, und mögen dem Sprachforscher von diesem wol kaum noch beachteten Standpunkte aus nicht uninteressanten Stoff bieten zur Betrachtung der vielfachen äußerlichen politischen Anlässe und innern geistigen Bewegungen, welche die Gesammtgruppe der romanischen Sprachfamilie schufen und wiederum in nationale Gliederungen abtheilten. Im Zwange der Bereinigung des Germanischen mit dem Lateinischen in der deutschen maccaronischen Poesie erscheinen beide Factoren gegenein

in Leipzig erschienene Ausgabe empfiehlt sich durch ihre Correctheit und Sauberkeit.

1) Sie findet sich zuerst unter Nr. 1 der „Facetiae Facetiarum, hoc est Joco-Seriorum fasciculus novus" etc. (Pathopoli 1647), E. 3-15. Genthe allegirt S. 164 eine Ausgabe von 1657 (wo die Lust. stud. . 7-18 schen soll), welche `mir ganz unbekannt ist. Das Titelkupfer (Landsknechte beim Spiel und Zechen, unten eine nächtliche Rauferei) der in meinem Beise befindlichen Ausgabe hat die Jahrzahl 1645, das Titelblatt selbst die Jahrzahl 1647. Der vollständige Titel der Lust. stud. ist: Delineatio Summorum Capitum Lustitudinis Studenticae In Nonnullis Academiis usitatae. Sie hat troß ihres oft tobenden Tons durchaus nicht den Wiß and Humor der „Floia“, welche in der That einzig in ihrer Art dasteht und dem Kenuer des Niederdeutschen eine Fülle der drolligsten Compositionen darbielet.

ander unverträglich. Aber gerade diese Unverträglichkeit im Zwange und Zusammenhange macht die besondere, dazu durch die poetische Form und durch das hereische Versmaß nur desto glücklicher gehobene drastisch-komische Wirksamkeit aus. Diese wird aber gerade in der „Floia" noch außerordentlich dadurch gehoben, daß der deutsche Sprachantheil nicht allein in der gewählten Sprache der Bildung sich bewegt, sondern überhaupt wie ein harmloses Naturkind erscheint, dadurch daß er in der festeckigen, untadelig correcten lateinischen Flerion mit aller möglichen Natürlichkeit, Naivetät und Fügigkeit bald zur hochdeutschen, bald zur niederdeutschen Mundart übergeht und doch gerade in dieser Willigkeit, bei welcher durch die nur zufällig erscheinende, jedoch gesuchte Lautähnlichkeit mancher eine ganz andere Bedeutung habender Wörter die komische Wirksamkeit in drolliger Illusion noch mehr gehoben wird, den Contrast beider Sprachfactoren nur noch schärfer hervortreten läßt. Und doch ist bei alledem, selbst wenn auch nicht am Schluß des echt komischen Gedichts gesagt wäre, daß der Dichter aus Hamburg den Freunden sein Werk zusende, der hamburger Dialekt so unverkennbar, daß man die Mundart nur specifisch hamburgisch, nicht einmal holsteinisch, wie Genthe S. 166 meint, nennen darf und daß der unbekannte Dichter durchaus ein Hamburger gewesen sein muß. 1)

Dagegen sticht die 1647 zuerst erschienene,,Lustitudo studentica", welcher alle genannten Vortheile abgehen und welche ersichtlich nur eine Nachbildung der „Floia", sowie auch bei weitem mehr lateinisch als deutsch-maccaronisch ist, ungeachtet der bis zum Uebermaß fröhlichen, wild tobenden studentischen Laune,

1) Die,, Floia" erschien zuerst auf einem halben Quartbogen ohne Angabe des Druckorts und Verfassers 1593 und hatte nach Genthe, a. a. D., S. 165, den (auch in den,,Nugae venales" von 1720, S. 111, gegebenen) ausführlichen Titel: Floia. Cortum Versicale De Flois Swartibus Illis Deiriculis, quae omnes fere Minschos, Mannos, Weibras, Jungfras etc. behüppere et spiezibus Schnaflis steckere et bitere solent. Autore Gripholdo Knickknakio ex Floilandia. Dagegen haben die,,Facetiae Facetiarum" von 1647, S. 531, nur den einfachen Titel Floia. Cortum Versicale.

bedeutend ab und kann, wenn sie, wie Genthe S. 164 sagt, „Schonung verdient“, doch wirklich „nur in frohen Augenblicken gelesen werden, um mit heitern Augen beurtheilt zu werden". Dagegen muß aber auch selbst der Verdrießliche lachen, wenn er die,,Floia" zur Hand nimmt, deren Schluß aus den „Facetiae Facetiarum" hier Plaß finden mag. Die hochdeutschen und niederdeutschen 1) Wortwurzeln sind zum leichtern Verständniß für Ungeübte mit Cursivlettern gedruckt:

Quid memorem Jungfras megdasque, schonuntne nigellis 195 Deiriculis? schenckunt vitam? non schenckere fas est, Ajunt. Nam quando debent hae spinnere Wockum Vel quando Holnadium scarpis uthnehere nadlis Sittunt, nulla iis Freda est, sit swartus in huto, Huto molliculo flous et se sanguine mekae

200 Füllit, repletus per Kleidros springit et huppit,
Vexeritque adeo, ut Junfrae saepe absque pudore
Uprapant sese et Beinos Bauchumque bekickant.
Et scürant, donec paulum Wehtagia cedant.
Saepe etiam Cragium upmakunt, et Titia runda
205 Defendunt, arcentque floos, ne snaflide laedant
Et blautum uthsugant. Namque hic embehrere multum
Non possunt. Eadem Megdae faciunt, et ad unum
Si fieri posset, vermes ad tartara nigros
Projicerent. Vidi quasdam, non lego Gesellas,
210 Si quando vaccas herdo nahdrifere vellent,

Solo himbdo indutae poterant non heffere fredam,
Nunc hando in ruckum fülebant, nunc sua neglis

1) Zum Verständniß der niederdeutschen Wurzeln : 195 Deir, Thier. 197 Holnad, Hohlnaht; fearp, scharp, scharf; uthneihen, ausnähen. 198 sitten, sihen; Fred, Friede; sit von sitten, shen; swart, schwarz; Hut, Haut. 199 Meken, Mädchen. 200 huppen, hüpfen. 202 uprapen, aufraffen; beficken, beguden. 203 sfüren, schüren, scheuern, fraßen; Wehdag, Wehtage, Schmerzen, Krankheit. 204 up maken, aufmachen; Titt (Ziße), Bufen. 205 Snafel, Schnabel. 206 Blaut, Blot, Blut; uthsugen, aussaugen; embehren, entbehren. 209 legen, lögen lügen. 210 Herd, Heerde; nahdriben (nahdrift), nachtreiben. 211 Himbd, Avé-Lallemant, Gaunerthum. III. 6

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