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arabischen Zahlen. Mit deutschrabbinischen Lettern, mit welchen sich Zahlen ebenso behend wie mit Quadratschrift ausdrücken lassen, findet man in dargestellter Weise keine Jahrzahlen auf Büchertiteln ausgedrückt, da dem Deutschrabbinischen die dazu erforderlichen größern Lettern fehlen.

Die schon im Talmud (Bava bathra, fol. 109b) erwähnte Anwendung der literae majusculae ist sehr alt und unzweifelhaft kabbalistischen Ursprungs, wie sie ja auch in der christlichen Zaubermystik auf abgeschmackte und sinnlose Weise ausgebeutet worden ist. Aus den masorethischen Handschriften sind gleichfalls noch andere ähnliche kabbalistische Spielereien in unsere hebräischen Bibeldrucke übergegangen. So gibt es literae suspensae, welche, um den Gegenstand der Rede scharf hervorzuheben, über der Drucklinie stehen, z. B. Psalm 80, V. 14, wo sich das mitten im Worte oberhalb der Zeilenlinie befindet:

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,,Der Eber des Waldes und die Thiere des Feldes", was abgeschmackterweise auf den ,,Christus suspensus" Bezug haben soll, jedoch zur figurativen Gematria gehört, wovon weiter unten bei der Kabbala geredet werden soll. Auch die Mitte eines Buchs wird häufig mit einer litera majuscula bezeichnet. So ist z. B. von der gesammten Buchstabenmasse der Thora das 1 in dem Worte (3. Mos., Kap. 3, V. 42) als mittelster Buchstabe größer gedruckt. Ein kleinerer Buchstabe (litera minuscula) mitten im Worte hat ebenfalls eine fabbalistische Beziehung, deutet aber auch noch ganz besonders die Transpositionsfähigkeit des Wortes

So kann z. B. 1. Mos., Kap. 2, V. 4, C in den Namen umgefeßt werden. Andere Buchstaben werden mit außergewöhnlichen Punkten oberhalb versehen und noch andere umgekehrt gedruckt 1), wie z. B. 4. Mos., Kap. 10, V. 34 u. 36,

1) A. Pfeiffer, „Crit. sacr.", c. VI, De masora, quaest. IV, S. 196, bat sich die saure Mühe gemacht, alle diese Stellen aufzusuchen und aufzuführen. So hat er denn 30 Stellen mit Majuskeln, 30 mit Minuskeln und 15 Stellen mit außergewöhnlichen Punkten gefunden, welche er sämmtlich aufführt.

das zu umgestellt ist. Auch kommen Finalbuchstaben in der Mitte und Mittelbuchstaben am Ende vor.

Diese keineswegs müßig aufgeführten Eigenthümlichkeiten sind wohl zu bemerken, da sie mehr oder minder, näher oder entfernter sowol im Jüdischdeutschen als auch in der Gaunersprache Anwen dung finden. Ueber die krumm geschriebenen Zeilen wird weiter unten (Kap. 71) gesprochen werden. Man vgl. auch das in Kap. 84 über die kabbalistischen Formen Gesagte.

Vierund sechzightes Kapitel.

d) Die Ligaturen.

a. Quadratschrift.

מת שהמה אל

In alten hebräischen Handschriften, besonders in den erfurter Manuscripten und in ältern Drucken, findet man nicht selten zwei Buchstaben in einen einzigen Charakter zusammengezogen, für welche jezt überhaupt nicht mehr gebräuchliche Ligaturen kaum selbst die besten Druckereien noch Charaktere besißen. Diese Ligaturen scheinen der alten Quadratschrift ganz fremd und erst von spätern Abschreibern eingeführt, auch immer nur auf einige Buchstaben, namentlich 8, n. und 2. beschränkt gewesen zu sein. Sie sind auch wahrscheinlich erst den griechischen Manuscriptligaturen nachgeahmt worden, welche bei der Behendigkeit der griechischen kleinen Buchstabenschrift die Verbindung mehrerer Buchftaben, in ganger Börter, 3. 3. εἶναι, ἔστι, τῶν, ὑπέρ, παρὰ, ταῦτα, μένος, μετά, ἐπειδή u. [. w. gern unb leidt in cinen einzigen Zug faßten und so allgemein wurden, daß sie auch in die alten Drucke übergingen und zu ihrem Verständniß eine-befondere Commentirung nöthig machten, wie denn auch der bereits angeführte Vitray (1636) auf S. 21 und 22 seiner,,Orientalifchen Alphabete" nicht weniger als 140 griechische Ligaturen erläutert, In hebräischen Quadratschriftdrucken neuerer Zeit sind die Ligaturen ganz verschwunden bis auf eine, welche man auch jezt

noch in Gebrauch und sogar in deutschrabbinischen Büchern mit Quadratschrift eingeschoben findet, nämlich die Verbindung von

ל א

& mitzu, vorzüglich mit *, also, welches eigentlich nur eine Abbreviatur ist für, el, Starfer, Held, Gott, Pl.

elohim.

T:

7,

Obschon im Grunde bloße Abbreviatur, mag hier noch die Verbindung mehrerer zur Bezeichnung des (unaussprechlichen) Namens Jehovah erwähnt werden, nämlich für 7. Sehr häufig trifft man aber auch dafür ein dreifaches ", nämlich,*, ein Zeichen, welches man überaus oft auch in alten christlichen Erbauungsbüchern, sowie auf christlichen Kanzel- und Altardecken besonders in Glorien oder in Dreiecken mit Glorien umgeben vor

findet und fälschlich als christliches Zeichen der Trinität anzusehen gewohnt ist.

Fünfundlechzigstes Kapitel.

3. Currentschrift.

Die ungemeine Behendigkeit, mit welcher sich die kleine Currentschrift überall in kurzen, leichten Federzügen rasch und flüchtig auf das Papier werfen läßt und von deren Geläufigkeit man bei der Lectüre bloßer gedruckter Currentschrift kaum einen rechten. Begriff bekommen kann, bis man erst selbst die Feder in die Hand nimmt, hat sehr leicht zur Verbindung verschiedener Buchstaben in einen einzigen Federzug geführt. Diese übrigens in der polnischen und deutschen Schrift gleichen Ligaturen sind sehr zahlreich

und willkürlich, weshalb sie auch für den Ungeübten leicht zur Unverständlichkeit führen. Doch entgehen sie bei deutlicher Schrift und bei aufmerksamem Lesen nicht leicht dem Verständniß. Sie alle aufzuführen, wäre unthunlich und nuglos, da, wie gesagt, die Currentschriftzüge sehr willkürlich sind, andererseits aber bei der großen Seltenheit und Zierlichkeit der erst in neuester Zeit wieder für den Druck geschnittenen Lettern die vielen willkürlichen Ligaturen aus älterer Zeit schwerlich vollständig in den Druckofficinen vorhanden sein können. Selig, zu dessen Zeit noch (1792) selbst in Leipzig keine Lettern der Art zu finden waren, mußte zum Kupferstecher seine Zuflucht nehmen und hat auf der seinem Lehr- . buche angehängten ersten Kupfertafel achtzehn Ligaturen aufgeführt, welche theilweise unverständlich und sogar auch falsch gestochen sind. Die wichtigsten noch jezt üblichen Ligaturen bestehen wesentlich in der Verbindung des mit , und Q und der Consonanten, und 3 mit andern unmittelbar folgenden Consonanten in nachstehenden Combinationen:

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Ueber die Ligatur der Abbreviationszeichen mit dem Anfangsbuchstaben abbrevirter Wörter vgl. man Kapitel 67. Nur um noch ein lebendiges Beispiel zu geben von der ungemeinen Freiheit und Beweglichkeit der jüdischdeutschen Currentschrift, folge hier das Autograph, welches sich auf dem Titelblatt einer sehr schönen alten Foliobibel befindet, die ich aus dem Nachlaß eines jüdischen Gelehrten erworben habe:

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koniti mehoni lechbod zuri wekoni. Hakoton Zaddik bar rabbi Michael, secher zaddik liwrocho, d. b.: ich habe gekauft (dies Buch)) von meinem Vermögen zu Ehren meines Schöpfers und meines Herrn. Zaddik, der kleine, Sohn des Rabbi Michael. Das Andenken des Gerechten bleibe in Segen.

1) $37, Abbreviatur von 77 73 73, secher zaddik liwrocho, das Andenken des Gerechten sei gesegnet.ist Abbreviatur von 7 73, bar rabbi, Sohn des Rabbi; 7 von ¡, hakoton, der Kleine, Ausdruck demüthiger Selbsterniedrigung, servus, Diener, Unterthäniger, besonders als Höflichkeitsformel in Documenten und Briefen üblich.

Avé-Lallemant, Gaunerthum. III.

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