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sollen; ir, voll. Diese nur beziehungsweise richtige Regel bezeichnet im Grunde nur die lediglich aus der Vernachlässigung der grammatischen Regeln und aus der Verwilderung der Orthographie entstandene Anomalie, daß nämlich das durch 1⁄2 verdichtete vocalische nach dem ausgelassen ist. Das vertritt das fehlende keineswegs, sondern zeigt nur an, daß das weggelassen ist und als das aus der Verdichtung von rentstandene ô ausgesprochen werden soll. Nur zur Vermeidung von Zweideutigkeiten macht sich noch die correcte Schreibart der Beifügung des 1 zum ♬ geltend, z. B.: 776, Oder, zum Unterschied von, Ader; . Ort, und 6, Art; 6, Hose, und esen, Hase; ri, loben, und 126. laben; tropis, Ochse, und repr. Achse; b, Worte, und p, Warte u. s. w.

Aus dem starken Einfluß, welchen das auf die Vocale und ausübt, ergibt sich ferner die Regel, daß, wenn solche Wurzelwörter, welche sich auf den Vocal, sei es als einfachen Hauptvocal oder als verdichteten Vocal oder als diphthongischen Vocaltheil endigen, durch die Silben en oder er verlängert werden, das in diesen Verlängerungssilben statt des verdichteten gesezt wird 1), 3. B.: , Feuer;, Leier; 1, freuen; trauen. Keineswegs vertritt hier das dern zeigt nur die Auslassung des

1, brauen; 16, vollständig das, sonan, und die correcte

טרויזין ברויזין פֿריילין, לייזיר, פֿיימיר edbreibung wire

Die Um

ständlichkeit der correcten Schreibung und die arge Vernachläffigung der grammatischen Grundregeln, welche so weit geht, daß sogar scheinbar für den zu Anfang eines Wortes stehenden Diphthong " oder " das verdichtende ʼn gesezt, in Wahrheit aber der durch verdichtete Diphthong ganz weggelassen wird, und man daher in ältern Schriften durchgehends, āch, für que, auch; or, anander für 6, einander; inun, anmal, für jrweer, einmal u. s. w. findet: ist Anlaß zu der allerdings durchgehends üblich gewordenen Schreibung und zu der oben angege

1) Das einzige Wort ", Eier, wird nicht mit , sondern mit V geschrieben, um es von ", euer, zu unterscheiden.

benen platten, im Grunde ganz falschen grammatischen Regel ge

worden.

Eine fernere Regel ist, daß sobald auf den Spiranten # der Vocal 1, sei es als o oder u folgt, zwischen beide ein ♬ gesezt werden muß, z. B.:, Schwur; vorn, Wunsch; Sir, Wochen; pin, Wohnung. Der tiefere Grund der Erscheinung des zwischen Spiranten und Vocal ist bereits oben erörtert worden.

Ueber die Begründung der grammatischen Regel, daß jedes deutsche Wort, welches mit 1 oder anfängt, ein ♬ vor dem Anfangsvocal haben, und daß nach jedem Worte, welches auf einen der Vocale oder endigt, ein nach dem Schlußvocale stehen muß, ist schon im vorigen Kapitel unter a und e gesprochen worden.

In derselben Weise wie das an Stelle des von ihm verdichteten und in der Schreibung aufgegebenen als der Laut o gebraucht wird, ist auch analog das für das von ihm verdichtete und in der Schreibung verdrängte als der Laut e in den kurzen Anfangssilben, namentlich ent und er, im Gebrauch, z. B.: |, entgegen; [ɔ̃oɔ, entladen; 1950, entführen; 1695596, erfreuen; 166, erhaben.

Endlich wird das , namentlich in einfilbigen Wörtern, oft ganz weggelassen, z. B.: 14, man; 37, das; 792, bald; vn, hat; LLO, Stadt; p, kann u. s. w.; so auch in mehrsilbigen Wörtern, 3. B.:, haben; 13, sagen; 7, darauf; jest, davon; 1997, darüber. Diese Auslassung ist jedoch keineswegs durchgreifende Regel, sondern kommt nur bei einzelnen, besonders ältern Schriftstellern vor.

Um die Schwankungen im Gebrauch und Verständniß des zu beseitigen, welchen dasselbe durch grammatische Vernachlässigung und Verwilderung ausgesezt war, hat man in der neujüdischdeutschen Schreibung zu den hebräischen Lesezeichen gegriffen und den Gebrauch des ♬ mit Hülfe derselben näher festgestellt, obgleich auch hierbei große Abweichung und Willkür stattfindet.

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Gewöhnlich wird das einfache und das ist entschieden das Richtigste - als a gelesen. Die Orthographie der londoner Mission nimmt das einfache ♬ für das deutsche o, und versieht das 1⁄2 für den einfachen Laut a mit einem Patach, r, z. B. Lukas 6, 27:

מבער מיך זמגט חייך, ריח חיהר לוהערעט: זיעבעט חיירע פֿיינדע; טהוט דענען וומהן, דימ מייך החממען; זעגנעט דיז, אז חייך פֿערפֿוֹופֿען. ('

Ebenso oft wird, wenn

mit Patach (1) für a gelesen wird,

zur Bezeichnung des o das mit Kamez (?) versehen wie z. B. im,,Reschit Limudim" von Wolf Mair (Prag 1833), wo es S. 28 heißt:

דמ קpr זיין רויבגיעריגער וומון מויס דעס וומנדע. pir ער די נייגט פֿון פֿערנע זמַה, בעקpr ער וומט זימ לו פֿערנעהרען.

Wiederum wird aber der Gebrauch der Lesezeichen ganz abgewiesen und die Betonung des dem Sinne und Zusammenhang überlassen, oder höchstens nur zur Verhütung von Misverständnissen oder Zweideutigkeiten ein Lesezeichen untergeseßt. So hat z. B. die meisterhaft gelungene Ueberseßung der Mischnah (mit Quadratschrift) von Dr. J. M. Jost (Berlin 1832) troß der strengen neuhochdeutschen Orthographie kein Vocalzeichen zur Unterscheidung der Laute a und o, für welche beide Vocale sie das Aleph () gebraucht, ohne daß dadurch in Lesen und Verständniß irgend Anstand und Schwierigkeit entstünde; z. B. Perek 24, Sabbat:

ווען איינען רייזענדען אם פאראבענד צום שבת דיא דונקעלהייט איבערפֿעללט, זא דארף ער זיינען געלדבייטעל איינעס ניכט ישראל געבען. (3

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Noch muß hier erwähnt werden, daß im Neujudendeutsch das ♬ auch noch, um es zu ä und ö umlauten zu lassen, mit einem hebräischen Segol * versehen wird, z. B.: wcęć, Väter; wapiv, Schläger; vuņa, hämisch; weig, öfter; wop, Körper; , Körner; picog, köstlich).

1) Aber ich sage euch, die ihr zuhöret: Liebet eure Feinde; thut denen wohl, die euch hassen; segnet die, so euch verfluchen.

2) Wenn einen Reisenden am Vorabend zum Sabbat die Dunkelheit überfällt, so darf er seinen Geldbeutel einem Nicht-Israel geben.

Avé-Lallemant, Gaunerthum. III.

1.9

Sogar auch über dem 15, besonders über dem currentschriftlichen, werden Punkte oder Lesestriche zur Umlautung in ä und ö, wie in unserer deutschen Schreibschrift, geschrieben, welche jedoch ganz gegen die Grammatik sind und ohnehin leicht zu Irrungen führen, da sie den Zahlzeichen und Abbreviaturen ähnlich sind 1), 3. B.: Ti¬vvoïi, lästerlich; poën, häßlich; evön, hämisch; -2777, Höhe; pußsov, strömen; 7;и, möglich; oder in Currentschrift: boyer ak braken pl78, Ehrlich währt am längsten; Pb8DD4, öffentlich; 871, Mörder; płak~ð, fröhlich. 2)

Alle diese neuern Lesezeichen widersprechen jedoch dem Wesen des jüdischdeutschen Vocalismus und verdienen so wenig jüdischdeutsch genannt zu werden wie die ganze neuere Schreibung, welche nur eine stricte und kahle Wiedergabe der deutschen Buchstaben ohne alle specifisch judendeutsche Spracheigenthümlichkeit ist. Ueber das diphthongische s. unten.

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Bei dem Uebergange des hebräischen 1 in das jüdischdeutsche 1 ist die vocalische Eigenschaft des 1 vorzugsweise zur Geltung gekommen, während die consonantische, als Labialaspirata v, gleich von Anfang an eine untergeordnete blieb (s. oben das consonantische 1). Als Hauptvocal vertritt 1 zunächst den deutschen Vocal u mit einfacher Qualität und Quantität, z. B.: 292, bunt; 237794, Geduld; v, Schuld. 3) Sodann vertritt es aber auch das aus

1) Ebenso wird in der Gurrentschrift auch noch das 1 oben mit Punkten

versehen, um das umlautende ü zu gewinnen, z. B. ¿di, Lübeck; &nd, Hürde; VSid, hübsch.

2) Dieser Gebrauch der Lesezeichen über den Buchstaben ist zwar ganz neu und dem Deutschen nachgeahmt; doch ist sehr merkwürdig, daß in den zu Odessa befindlichen, erst neuerlich bekannt gewordenen, von persischen Juden herstammenden hebräischen Handschriften alle Vocalzeichen, mit Ausnahme des 1, über den Gonsonanten sich befinden. Vgl. Rödiger, a. a. O, S. 28, Note **. 3) Im Niederdeutschen hat sich das u durchweg rein mit dem Hochdeutschen erhalten, z. B.: bunt, Geduld, Schuld, Tucht (Zucht), mutt (muß), Lunder (Zunder), weshalb es auch im Züdischdeutschen rein geblieben ist. Nur äußerst' wenige Ausnahmen kommen vor, welche o oder ō haben, z. B.: Borst,

dem Diphthong au hervorgegangene ù, z. B.: 72, Buch; 25, Fuß; 5, Pflug; we, Schnur; hov, Stuhl; o, Tuch, wobei auch in dem Niederdeutschen, besonders in der Bauernsprache, das au sich erhalten hat, z. B. Buch, nd. Bôk, Bauernspr. Bauk; Pflug, nd. Plôg, Bauernspr. Plaug; Schnur, ud. Snôr, Bauernspr. Snaur; Stuhl, nd. Stôl, Bauernspr. Staul; Tuch, nd. Dôk, Bauernspr. Dauk u. s. w., welche Aussprache man aber auch noch heute im mannichfachsten Wechsel aus jüdischem Munde hört.

Das vertritt auch die Stelle des althochdeutschen wurzelhaften ô, welches, besonders vor den Consonanten d, t, z, s, h, r, n, aus au oder ou verdichtet ist. Vgl. Hahn, a. a. D., S. 3. Aus dieser Auflösung des ô in au ergibt sich noch besonders die bereits obenerwähnte Bedeutsamkeit des 1 in seiner Beziehung zu 1, wie auch die aus vernachlässigter Orthographie entstandene Substituirung des für den Laut o, wovon oben Kap. 54 die Rede gewesen ist. Troß aller grammatischen Vernachlässigung läßt sich nun doch noch eine Unterscheidung des Lautes o im Jüdischdeutschen durchfinden. Auch hier bietet das Niederdeutsche eine Vergleichung dar. Das hochdeutsche d verwandelt sich im Niederdeutschen in ein langes â, z. B.: Kloben, Klaven; Vogel, Vagel; bohren, bahren; geschoren, schâren; gehoben, haven u. s. w., wobei in der Bauernsprache für das o wiederum das au sich vordrängt, z. B.: Klauven, Vaugel, schauren, hauven u. f. w. Das hochdeutsche û verwandelt sich im Niederdeutschen in ein langes d, z. B.: Buch, Bôk; Fluch, Flôk; gut, gôd; husten, hôsten; Schnur, Snor; thun, dôn u. s. w., wobei in der Bauernsprache das au sich wieder geltend macht, z. B.: Bauk, Flauk, gand, hausten, Snaur, daun. Es ist klar, daß das durch i ausgedrückte ô vom Anbeginn eine diphthongische Geltung und die Be

Brut; Dorst, Durst; Göt, Guß; Nöt, Nuß, wobei bemerkenswerth is, daß gerade bei diesen Ausnahmen das aufmerksame Ohr in der Bauernsprache, namentlich der holsteinischen Mundart, noch ziemlich deutlich den Diphthong ua, aus welchem das ô ebenfalls in dialektischer Verdichtung erscheint, wieder durchflingen hört, z. B.: Buotter, Buorst, Duorst, Guöt, Nuöt u. s. w.

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