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Sin, eingeführt wurde, ursprünglich ein und derselbe Laut sch, welcher aber in manchen Wörtern an das streift und zum Unterschiede von diesem wahrscheinlich etwas stärker ausgesprochen wurde. Im Jüdischdeutschen wird bald wie sch, bald wie ein scharfes i gelesen. Da nun aber im Jüdischdeutschen des diakritischen Punktes entbehrt, so ist zur Bestimmung der Aussprache Folgendes genauer zu merken.

Als Grundregel ist festzustellen, daß v als sch gelesen werden muß, z. B. e, scharf; pes, schartig; v, schwer; Prvo, Scherz; or, waschen; 7. dreschen; we, Frosch; uns, rasch.

Ausnahmen sind:.

Wenn zu Anfang eines Wortes unmittelbar vor einem D oder steht, so muß es als s gelesen werden, z. B.: pvdu, Sperling; apatinee, Spaziergang; Dv, spielen; PID, spucken; SD, Speicher; Th. Strauch; po, Streu; ho, Stand; je, stehlen; pores, starf.

In der Mitte eines Wortes kann v, selbst vor einem D eder, nicht anders als sch gelesen werden. 1). Für st wird daher in der Mitte eines Wortes immer c, und für sp ebendaselbst immer gebraucht, z. B.: Dorn, haspeln (nicht joĽnm); stos, lispeln (nicht Dv); Pons, rasten (nicht vKG); |boKp, Kasten; |¤¬von, überlisten; 1, wischen (nicht wissen, welches geschrieben werden muß); rou, Masche (nicht Masse, weldes noru geschrieben wird); ptz, haschen (1¤#7, hassen).

Am Ende eines Wortes wird ebenso gut als sch wie auch als 8 und ß gebraucht, z. B.: vt7, rasch; vis, Fleisch; v, frisch); vns, Frosch); vnn, das; vell, was; pun, Eis; viz, blos; viỷ, los; und, Faß; unɔ, naß; vo775, Verdruß; viv, Schluß. Doch herrscht bei der verwilderten Schreibung die größte Willkür und überall macht sich auch das Dialektische geltend.

1) Deshalb ist im Grunde auch die Schreibung des VP für x, obwel vielfach im Gebrauche, in der Mitte eines Wortes falsch und un: grammatisch.

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Das ist nur hebräischen Wörtern und Derivaten eigen und wird in deutschen Wörtern gar nicht gebraucht. Die deutsche Lingualtenuis t wird stets durch gegeben.

Zu Anfang stets wie das

eines hebräischen Wortes oder Derivatums wird deutsche t, in der Mitte meistentheils, am Ende aber stets als schwaches s oder ß gelesen, z. B.: win, Talmid, Schüler; 7, Tomar, Palme; -, Torah, Lehre; 2, Keter und Kesser, Krone;, Besula, Jungfrau; 2. Bajis, Beß, Haus; . Baß, Tochter.

Ungrammatisch ist der schon oben erwähnte Gebrauch des raphirten ♬ in deutschen Wörtern zur Bezeichnung des t oder tt. Besonders auffällig ist die Stelle im Ahasverusspiel, am Schlusse, wo der Schreiber über den gehenkten Haman klagt:

ך מוני ווייז זי; ער גיוויון פֿון פֿעת

חוני חזיז גערן גילעגן %יט מיין טין 6רן מין בעט

Ach und wie is er gewesen aso fett

Und is gern gelegen mit ein schön Madel in Bett. Solche regelwidrige Schreibungen dürfen aber bei der Verwilderung der jüdischdeutschen Grammatik gar nicht befremden.

Siebenundfunfzigstes Kapitel.

Y. Vocalismus.

8. Der hebräische, althochdeutsche und jüdischdeutsche Vocalismus.

Die hebräische Sprache hat, gleich allen andern semitischen Sprachstämmen, drei Hauptvocallaute. Der erste ist a, der zweite umfaßt i und e, der dritte u und o. Die zu je einem dieser Hauptvocale gehörigen Tonabstufungen sind jedoch nicht scharf voneinander geschieden, sondern fließen in der Aussprache der Semiten ineinander, sodaß sie in dieser Aussprache oft miteinander vertauscht werden.

Die jüdischdeutsche Sprache hat die drei hebräischen Hauptvocallautzeichen allein zur Grundlage des jüdischdeutschen Vocalismus genommen und bei dieser Aufnahme ihnen in überraschender Uebereinstimmung mit dem althochdeutschen Vocalismus eine solidere Lautbestimmung verliehen, indem es die drei Hauptvocale so feststellte:

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Diese drei reinen Vocale von einfacher Qualität und Duantität reichten jedoch nicht für die ganze Tonleiter der deutschen Vocallaute aus. Um den Mangel zu ersehen, stellte die jüdischdeutsche Grammatik durch Combinationen ihrer einfachen Vocale die ihr fehlenden althochdeutschen Vocale, für welche lettere Sprache eigene Vocalzeichen hatte, durch Analyse der althochdeutschen vocalischen Lautbestandtheile her und erreichte dadurch den Vorrath an Vocallauten, welche das Althochdeutsche besaß. Um dies zu verdeutlichen, stelle man die drei Vocale a, i, u so zusammen:

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u.

Das e erscheint hier als ein durch a verdichtetes i und das o als ein durch a verdichtetes 1. Beide Vocale e und o sind daher in ihrem Grundwesen nichts anderes als Diphthonge. Diese diphthongische Geltung des e und o zeigt sich im Vocalismus sowol aller semitischen Sprachstämme, als auch mehr oder minder in den aus dem indogermanischen Stamm auslaufenden Sprachen. Das ältere Arabisch hat die Vocale e und o noch gar nicht, sondern seht dafür die Diphthonge au und ai, z. B.: 2, arab. bain, i, arab. saut. Im Griechischen ist xaïoap; lat. Caesar; Savya ist ionisch Sãμa. Im Lat. ist plaustrum gleich plostrum. 1) Im Französischen lautet ai wie e und au wie o. Das

1) Vgl. Rödiger (Gesenius), „Hebräische Grammatik", 18. Aufl., S. 24.

gothische auso, Ohr (lat. auris, hebr. 8, osen, jüdischd. pr. osen, ausen) ist althochd. ora, niederd. ôr. Im Niederdeutschen wird das Hochdeutsche au durch o gegeben, z. B.: Kauf, Kôp; laufen, lopen; Saum, Som; taub, dôf; sowie durch i, z. B.: Bauch, Būk; Haufen, Hüpen; Maul, Mül u. f. w.; ebenso das hochdeutsche ei durch ē, z. B.: breit, brēt; Fleisch, Flesch; Reihe, Rège; Theil, Dêl; sowie durch i, z. B.: bei, bi; dein, dīn; eitel, idel; Preis, Pris; reiten, riden u. f. w.

Stellt man die einfachen jüdischdeutschen Vocale entsprechend zusammen, so ergibt sich hier nur eine diphthongische Zusammenschiebung der einfachen Vocale mit Verschmelzung ihres Lautes zu einem dritten, beiden gleichmäßig entsprechenden Vocallaute, welcher dem althochdeutschen e oder o entspricht.

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Somit erklärt sich der Gebrauch des für i und c und des 1 für u und 0, wie die Regel mit dürrer Kürze und ohne alle Untersuchung von den jüdischdeutschen Grammatikern aufgestellt wird. Sehr wichtig ist diese Uebersicht aber auch noch besonders zum Verständniß der fahlen Regel der Grammatiker, daß bei jedem mit einem Vocal anfangenden Wort ein vor dem Anfangsvocale und bei jedem mit einem Vocale schließenden Worte ein nach dem Schlußvocale stehen müsse. 1) Diese Regel zeigt, daß die Grammatiker nur noch die einzelnen Rudimente des aus seiner klaren Ursprünglichkeit zerfallenen Vocalismus aufgefaßt hatten, ohne tiefer auf das Fundament des ganzen jüdischdeutschen Vocalismus gedrungen zu sein. 2) Doch ist die Bedeutung.

1) Die Regel ist schon deshalb nicht zutreffend, weil das † in dieser Beziehung nur mit dem vocalischen 1 und ", nicht aber mit # selbst oder mit in Verbindung gebracht wird.

2) Nur dem trefflichen, überall mit Geist forschenden Burtorf ist das Anfangs- und Schluß-Alevh auffällig gewesen. Doch geht er nur sehr kurz mit der hebraisirenden Andeutung über das hin: Nunc vocalis A index, nunc ut spiritus lenis vocalibus ac diphthongis quibusdam praemittitur, wobei er aber auch das postponitur übersehen hat.

des ♬ vor, und eine bei weitem tiefere. Das 1, abgesehen von seiner Geltung als selbständiger einfacher Vocallaut a, erscheint bei und 1 nicht etwa als bloßer Vocalinder oder spiritus lenis, wie Burtorf andeutet, sondern als ein einflußreicher diphthongischer unmittelbarer Vocaltheil der verdichteten Vocallaute e oder 0, welche beide durch die Verdichtung eine vermehrte Qualität erhalten haben, indem der Laut i durch Zutritt des Lautes a zu e und der Laut u durch Zutritt des Lautes a zu o verdichtet wird. Zur bessern und fürzern Unterscheidung soll daher der neben dem reinen einfachen Vocallaut i im Judendeutsch durch ausgedrückte Laut e als verdichtetes oder verdichtetes i und der neben dem einfachen Vocallaut u durch | ausgedrückte Laut o als verdichtetes oder verdichtetes u bes zeichnet werden, im Gegensaß vom reinen oder einfachen,

oder 1.

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Die überaus große und jähe Verwilderung der jüdischdeutschen Sprache und die allerdings nicht abzuleugnende Umständlichkeit und Unbequemlichkeit der correcten ursprünglichen Schreibung mit Vorseßung des zum verdichteten und, um den Laut o oder e auszudrücken, hat jedoch die Regel der ausdrücklichen Beifügung des Verdichtungsvocals □ schon sehr früh und rasch gelockert, sodaß die Unterscheidung beider Vocale als reinen Lautes u oder i oder als verdichteten Lautes 0 oder e durch Hinzufügung oder Weglassung des 1, in grammatischer Hinsicht nicht mehr durchaus zu erkennen, sondern nur die dürftige und rudimentare Regel von der Vorsehung und Nachseßung des ♬ bei dem vocalischen Anfangs- oder Schluß buchstaben eines Wortes übrig geblieben ist. Doch sind zum Beweise der bedeutsamen Erscheinung und des wirksamen Einflusses dieses & vor / und noch deutliche, wenn auch zerrissene Spuren der ursprünglichen correcten Schreibung vorhanden, wie sich aus Folgendem ergibt:

a) Nach den Grammatifern wird den Vocalen und, wenn sie zu Anfang eines Wortes stehen, jedesmal ein ♫ vorgeseßt, selbst wenn sie den reinen Laut n oder i haben. Doch scheint das nach den ältesten jüdischdeutschen Schriften ursprünglich

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