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letzten Satze scheint König Culturrichtungen mit sittlichreligiösen Richtungen gleichzusetzen.

Ad 4) In der grundschriftlichen Sethitentafel (c. 5) beweist der regelmässige Zusatz und er zeugte Söhne und Töchter", dafs die Namen Individuen bezeichnen, von denen die übrigen Individuen ihrer Generation scharf unterschieden werden, wenngleich sie nicht mit Namen benannt sind. Nur wenn die Namen als Collectiva je eine ganze Generation bezeichneten, entstand die unüberbrückbare Lücke, die König gegen meine Auffassung von dem sittlichen Niedergang der Sethiten geltend machen durfte. Selbstverständlich habe ich ihm die tollen Vorstellungen, gegen deren Unterschiebung er sich wehrt, durchaus nicht zugetraut, sondern ihn nur durch diese unabweisbaren Folgerungen von der Unmöglichkeit überzeugen wollen, in Henoch eine Generation zu finden.

König verschärft in dem vorliegenden Artikel seine Aussagen bei Herzog um ein Wesentliches. Dort sagt er nur, er halte die Meinung für unrichtig, dafs ein Theil des Volkes Israel Traditionen, welche die ganze Nation angingen, selbständig gebildet habe. Jetzt heifst es nicht nur (unter 2), er habe das nicht thun können, sondern er spricht auch (unter 5) von einem grundlegenden Dissensus" zwischen uns, von meiner (von ihm abgelehnten) literarhistorischen Grundanschauung“. Soll damit, wie es scheint, ein principieller, d. i. auf theologischer Ueberzeugung beruhender Dissensus angedeutet werden, will demnach König sagen, er halte jene meine Annahme verschiedener Traditionen für theologisch unzulässig, so glaube ich mich dagegen verwahren zu müssen. Völlige Einheitlichkeit und Widerspruchslosigkeit kommt nur der absoluten, rein göttlichen Wahrheit zu; die Behauptung der Unmöglichkeit von einander abweichender Traditionen innerhalb der heiligen Schrift setzt daher die Annahme der mit correcten evangelischen Vorstellungen von der

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Schrift, vom Worte Gottes und vom Glauben nicht zu vereinbarenden Literal-Inspiration voraus, denn relative Grenzen lassen sich hier nicht ziehen. Da nun König, wie man aus allen seinen Schriften schliefsen muss, die letztere entschieden aufgegeben hat, so kann er jene Unmöglichkeit nicht folgern, und wir stehen grundsätzlich auf demselben Boden. In jener generellen Ablehnung wenn ich ihn recht verstehe kann ich daher nur die Folge eines gewifs gut gemeinten Bestrebens erkennen, den Standpunkt des sich in correcter evangelischer Stellung zur Schrift bewegenden Bibelforschers mit der in jenem mit Recht aufgegebenen Dogma wurzelnden Tradition zu vereinigen und zu vermitteln. Da ich allen Grund zu der Annahme habe, dafs König auch von mir eine derartige Rücksichtnahme auf die Tradition und ihre mehr oder minder entschiedene parteimässige Vertretung verlangt, so erlaube ich mir als Antwort darauf nachträglich einen Schlufsabsatz zu meiner Berichtigung“ abdrucken zu lassen, den ich seiner Zeit (Juli 1884) erst im fertigen Druck gestrichen habe, weil mir die Veranlassung dazu damals zu geringfügig erschien. Absichtlich habe ich nicht das Geringste geändert. „Nur einen Ausdruck möchte ich noch berühren, den zwar König zweifellos aus blofser Gewohnheit und ohne jeden üblen Beigeschmack gebraucht, den ich aber darum doch nicht übernehmen möchte. Er sagt, ich stellte mich in der Frage der „Söhne Gottes" zur anderen Partei der Ausleger Herzog XIV, S. 167]. Gelten mir auf praktischem Gebiete, in Kirche und Staat, Parteien nur soweit für zulässig, als es sich um einen Verband zur Erreichung für gut erkannter, scharf umrissener, sachlicher Ziele handelt, so gestehe ich Parteien auf rein geistigem Gebiete, in Religion und Wissenschaft, keinerlei Berechtigung zu: mag dort daraus gelegentlich persönlicher Nutzen erwachsen, für die Sache kann ich davon stets nur Schaden er

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warten." Wenn daher andere Leute wissenschaftliche Fragen als Grundlage für Parteibildungen benutzen, kann ich die Versöhnung solcher Parteien, denen für mich jede Existenzberechtigung abgeht, so wenig zu meiner Aufgabe machen, wie das Paktiren mit einer Tradition, die keinen Boden unter den Füfsen hat. Unser Heiland sagt: „Wer seine Hand an den Pflug leget und siehet zurück, der ist nicht geschickt zum Reich Gottes" das gilt sicherlich auch von jedem menschlichen Thun, welches dem Reiche Gottes dient und sich deshalb als Gottes Werk bezeichnen darf; was aber treiben wir anders als Gottes Werk, wenn wir im festen Glauben an Gottes Offenbarung und im Vertrauen auf seinen Beistand, je nach den Kräften, welche er uns verliehen hat, und mit den Mitteln, an deren Anwendung nach reformatorischer Einsicht das Verständnifs der Schrift geknüpft ist, danach streben, seinen Rathschluss zu erforschen und den Weg genauer zu erkennen, den er seine Menschenkinder geführt hat? In diesem Bewusstsein, Gottes Werk zu treiben, würden mich weder Anfeindungen und Schädigungen, noch der Nachweis, wenn er erbracht würde, dafs ein guter Theil meiner Ergebnisse unhaltbar sei, jemals irre machen können.

Eben weil ich mich bei diesem Werke und auf diesem Wege im Wesentlichen mit König einig glaube, habe ich ihm damals geantwortet und antworte ich ihm jetzt, um Mifsverständnisse abzuwehren möchte es mir vergönnt sein, in Zukunft in gemeinsamer, einträchtiger Arbeit mit ihm unser grofses Werk zu fördern!

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זבולון

Es kann nicht zweifelhaft sein, dafs die in der Ueberschrift genannte poetische Bezeichnung Israels, welche sich nur im Liede Moses' (Deuteronomium 32, 15), im Segen Moses' (ib. 33, 5 und 26) und im zweiten Theile Jesaias' (44, 2) findet, von abzuleiten ist und mit dem Epitheton, welches in Bileams Spruche (Num. 23, 10) für Israel angewendet wird, zusammenhängt. Die Form des Namens ist die des Eigennamens (vielleicht auch 7). Wie kam man aber dazu, einen solchen neuen Namen für Israel zu bilden, der mit den anderen beiden Volksnamen und gleichen Rang erhält und trotz der Seltenheit seines Vorkommens als allgemein verständlich vorausgesetzt wird? Ich erlaube mir eine Vermuthung aufzustellen, welche nahe genug liegt, aber meines Wissens in den bisherigen Erklärungen des Wortes nicht in Erwägung kam. Mit dem Namen py verband sich in dem für die Bedeutung der Eigennamen besonders lebhaften etymologischen Bewusstsein der Kenner der Patriarchensagen die Erinnerung an die unliebsame Deutung, welche dieser Name des Stammvaters des israelitischen Volkes erfahren hatte (s. Gen. 25, 26; Hosea 12, 4; Gen. 27, 36). Es galt nun für diesen Namen, welcher Ungeradheit, Unredlichkeit bedeutet, einen solchen zu setzen, der das Gegentheil anzeigt: Geradheit, Redlichkeit. Dazu bot sich die Wurzel, welche in ihrer sinnlichen Bedeutung des Ebenseins als Gegensatz zu py gebraucht wird: spy (Jesaias 40, 4)1). Man bildete

1) Vgl. ib. 42, 16: oopy; Micha 3, 9:

.(עקש = עקב)

Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 5. 1885.

הישרה יעקשו :

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nun nach einem alterthümlichen Eigennamenmuster das Wort, gleichsam als Euphemismus für Sp, etwa wie die Griechen den Namen des „ungastlichen" Meeres in den des „gastlichen" umwandelten, die Lateiner Maleventum zu Beneventum machten. Dabei erhielt man einen Volksnamen, welcher auf die sittliche Bestimmung Israels, Geradheit und Redlichkeit zu bethätigen, hinwies. 177099 bildet zu p denselben Gegensatz, wie in den symbolischen Namen, welche Hosea für den männlichen und weiblichen Theil des Volkes erfindet, y (Hosea 2, 3) zu S

TT

y (ib. 1, 9) und ♫♫ (ib. 2, 3) zu, oder in dem, umgekehrt, 7 (Ruth 1, 20) zupy steht, oder Auffallend bleibt

פַּשְׁחוּר Jerem. 20, 3) zu) מָגוֹר מִפָּבִיב

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es immerhin, dafs eine so ansprechende Namensbildung anscheinend so wenig Anklang fand und über die prophetischen Kreise, aus denen die im Eingange genannten litterarischen Denkmäler hervorgingen, nicht hinauskam. Die Ursache mag daran liegen, dass einerseits der Name py viel zu fest gewurzelt war, als dafs selbst die Erfinder des Namens daran gedacht hätten, ihn durch diesen letzteren zu verdrängen, andererseits aber neben Jakob ja längst als inhaltlich bedeutsamer und ehrenvoller Name bestand, der gleichfalls, obwohl uralt und dem p geradezu entgegengesetzt (s. Gen. 32, 28 f.; ib. 35, 10), diesen Namen nicht aus seinen Rechten zu verdrängen vermochte. So finden wir denn von den vier Stellen, an denen vorkömmt, an zweien (Deuteron. 33, 4–5 und Jesaia 44, 1—2) alle drei genannten Volksnamen Israel's neben einander angewendet, wobei zu beachten ist, dafs

als ישראל alternirend mit ישרון der babylonische Jesaias

den von Gott Erwählten bezeichnet. Zum Schlusse noch zwei ebenfalls mit zusammenhängende Vermuthungen : 1. Sollte nicht Num. 23, 10 statt ursprünglich gestanden haben? Dann wäre der Singular in erklärt, und dann wären auch in diesem Verse, wie an den

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