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noch stolz auf das Product feiner spinnewebenen Schlüsse ist. Denn natürlich kommt es ganz auf Eins heraus, ob die Hand, der Meißel, oder ob der Verstand sich einen Gott schafft, ob dieser Gott von Gold, Silber, Stein ist, oder ob er aus einem Gewebe von sogenannten, auf Nichts gebauten Vernunftschlüssen besteht. Daß die äußere Natur Symbol der innern sey, das war offenbar der Blick Jesus bei seinen Naturparabeln. Man würde wenig in ihren tiefen Sinn eindringen, wenn man Das, was er von Brod, Fleisch, Blut, Wind sagt, blos für populäre, willkürlich 'gewählte Bilder nehmen wollte. Er würde solchen flachen Erklårern wie seinen Schülern antworten: "Der Geist ist's, der da lebendig macht; das Fleisch ist kein nühe. Die Worte, die ich rede, sind Geist und sind Leben." *)

Eben so, wie die einzelnen Dinge, haben auch die Veränderungen, Evolutionen und Revolutionen im innern Menschen ihre Symbole in der äußern Natur. Erweckung, Zeugung, Schwangerschaft, Wiedergeburt, Vereinigung geht im Innern so vor, wie im Aeußeren. Das Aeußere bezeichnet den Gang und Fortgang, die Entwicke

*) Joh. 6, 63.

lung und den Ausgang des Processes im Innern, im Großen wie im Kleinen. Das Erstere kann dem Naturforscher nicht entgehen, ist ihm auch nicht entgangen. Kennt er das Innere in fich und in Andern, so entgeht ihm auch diese Analogie nicht; daher die Theosophen, die zugleich Mystiker waren, sie sehr gut kannten. Keiner drang von dieser Seite tiefer, als Jacob Böhme. Ich mag Sie aber nicht in seine Tiefen führen, weil er fich als Ungelehrter, Unwissender für seine originellen, tiefen Ansichten eine eigene Sprache oder Poesie schaffen mußte, die die meisten Leser an= ekelt, die man aber doch studieren muß, wenn man ihn verstehen will.

Noch eine andere Analogie findet zwischen der innern und äußern Natur Statt. Die Evolutionen und Revolutionen, die Umschwünge und Perioden gehen in der Natur den nåmlichen Gang im Großen wie im Kleinen. Die Evolutionen und Revolu= tionen im Kleinen sind Sachbild von diesen Erscheinungen im Großen. Eben die Naturgeseße, die im Kleinen die Höhe Maklefield zu Here= fordshire im westlichen England im Jahre 1751 bildeten, und nach denen im Kloverzer See sich 1803 in wenigen Tagen ein Berg mit einer Senkung von 100 Schritten auf jede Seite aus der See, ohne die mindeste Erschütterung, emporhob,

lagen auch bei der großen Erderschütterung in Cas labrien im Jahre 1783 zum Grunde. Nach eben diesen Gesehen wurden ohne Zweifel in den Zeiten der Urwelt durch Entwickelung von Wärme, Luft und Dämpfen große Erdstriche aus dem Meere ge= hoben, weil es allein dadurch recht erklärlich ist, wie sich allenthalben in allen Welttheilen, selbst auf den Gipfeln der höchsten Berge, Meeresproducte finden, und daß in vielen Gegenden Ueberbleibsel, von Pflanzen und Landthieren, bedeckt mit Meeresproducten, vorkommen, also daß festes Land da war, wo jest Meeresboden ist, da man kaum annehmen kann, daß die höchsten Berge der Erenaèron und die Andes ursprünglich oder in der Folge der Zeiten von dem Meer bedeckt gewesen seyen. (Lesen Sie doch gelegentlich den ersten Theil von Treviranus interessanter Biologie etwa nur von S. 178 nach, der diese Thatsachen zu seinem Zweck anführt.) So nehmen die Hauptperioden und Umschwünge im Innern geistigbelebter einzelner Menschen den nåmlichen Gang, den fie bei einem Zöglingsvolk nahmen. Nach eben den Gesehen, wie bei einzelnen Menschen eine gänzliche Sinnesveränderung vorgeht, ging sie am Pfingsttag bei 120 Christen vor durch den Geist (Ruach). Das innere Leben des erweckten Menschen hält gleichen Schritt in seinen Hauptverån

derungen und Stufengången mit dem physischen Leben des Menschen. Daher die Ausdrücke: 3eugung, Empfängniß, Wiedergeburt u. f. w., was ja nicht blos Redensarten sind, die im Allgemeinen die Besserung des Menschen bezeichnen sollen, von der ja oft genug ohne diese Bilder die Rede ist, fondern auf die Entstehung, den Gang, die Stufenfolge und den Ausgang hinweisen, wie wir sie bei der physischen Entstehung eines Menschen finden. Darum, wer auf dem rechten Standpuncte steht und die Natur in ihrem Gange nicht einseitig beobachtet, besonders wer einige Analogien in sich erfahren hat, der kann sich aus dem Gange der äußern Natur auch solche Erscheinungen und Verånderungen bemerken, die er noch nicht erfuhr. Manches, was ihm kommt, wird ihm nicht fremd seyn, und ist es peinlich, so wird er es besser tragen können, weil er weiß, daß es zu seinem Hange gehört.

Indeß wird er eben durch Beobachtung der Natur auch darauf geleitet werden, nicht kleine Modificationen und Verschiedenheiten bei diesem Hange in Anschlag zu bringen, weil auch bei allen Naturgesehen Ausnahmen Statt finden. Es ist Naturgesek, daß bei Säugthieren und besonders bei dem Menschen keine Frucht ohne Befruchtung Statt findet; und doch hat Treviranus aus den

Schriften der Naturforscher Beispiele angeführt, daß wenigstens Theile von einer menschlichen Frucht ohne Befruchtung in dem Körper gefunden worden. *) Alle Doppelthiere und Doppelmenschen, alle Geschöpfe, die mehr Glieder als gewöhnlich haben, (Treviranus führt sogar aus Borelli, Rudbek, Denis und Littre Beispiele von Menschen an, die zwei oder drei Herzen hatten), oder denen gewisse Glieder fehlen, sind solche Ausnahmen. Es ist Naturgesek, daß der Same in dem Innern der Frucht ist. Bei der Erdbirne und bei mehreren Pflanzen sitt er auf der Oberfläche. Es ist Naturgeseß, daß jede Pflanze mehr oder weniger in der Erde wurzele; aber der australländische Feigenbaum (ficus australis) wuchs in Edinburg, ohne daß er von der Erde berührt wurde. Von ihren Wurzelenden bis zu den äußersten Blåttern betrug 1819 die Långe der Pflanze 74 Fuß, die größte Dicke des Stammes. 5 Zoll im Umfange. Der Baum sehte Feigen an, wie man sie kaum in Kew findet. Der Gårtner selbst beschreibt den Baum in dem Edinburger philosophical Journal. Ob es nicht philosophischer wåre, alle diese Ausnahmen zu

*) Siehe Biologie 3. Th. S. 306 2c.

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