Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

unserer Zeit eben so wenig.) Cyrillus von Alerandrien nennt sie eine mit Gott verbindende Liebe. Marimus beschreibt sie als das vornehmste und größte Gut unter allen Gütern, weil sie durch sich selbst Gott und Menschen zusammen verbindet und den Schöpfer selbst getrieben hat, als ein Mensch zu erscheinen, damit ein Vergötterter, (eigentlich in der bestimmteren, mystischen Sprache Vergotte= ter) von Gott nicht könne geschieden werden." „Wir müssen durch Liebe zu Gott einkehren und ihm anhangen, daß wir mit ihm unbeweglich vereinigt bleiben. Darin sind wir selig im Lieben, denn Gott zieht alle liebende Geister über sie selbst (empor), verwandelt und verzehrt sie in der Einheit seines Geistes, daß sie insgesammt ein einziges Liebesfeuer seyn." Liebe ist der Anfang deiner Bekehrung gewesen," sagt_Catharina von Geuna, ,,Liebe ist das Mittel derselben und wird auch das Ende seyn. Ohne Liebe kannst du nicht leben. Ja, Liebe ist deines Lebens Leben in dieser und in jener Welt." Sehr festlich und richtig stellt Bernhard die Grade dieser Liebe dar, da der Mensch zuerst sich selbst liebt, um sein selbst willen. Weil er aber finde, daß er für sich allein nicht bestehen könne, so fange er an, Gott durch Glauben zu suchen und zu lieben, weil er ihm nöthig ist. Dann liebe er Gott im andern Grade, aber um sein

selbst willen. Durch fleißiges Anhalten an Gott im Lesen, Leben, Betrachtung, durch diese Familiaritåt werde er allmählig mit Gott bekannt, und nun schmecke er, wie süß und freundlich Gott sey. Da komme er denn zum dritten Grade, daß er Gott liebe um Gottes Willen." Ich sollte denken, alles Dieses ließe sich auch von echter Liebe zwischen Menschen und Menschen sagen.

4) Christenthum fångt mit Demuth an, wächst mit und durch Demuth. Je weiter der Christ kommt, je nöthiger ist ihm Demuth.

Ohne De

Die ganze

muth ist kein Christenthum möglich. christliche Besserungsart ist auf Demuth berechnet; und die Führungen einzelner Christen erklåren sich oft nur dadurch, daß sie in Demuth erhalten werden sollen. Sich willenlos Gott ganz zu überlassen, ist natürliche Folge dieser Demuth.

Demuth nennen sie eine Tugend, dabei der Mensch in wahrhafter Erkenntniß seiner selbst ihm selbst gering und schnöd' (mißfällig) wird." (Also liegt doch ein wahres Gefühl zum Grunde.) ,,Diese kommt Denen zu, welche im Aufsteigen ihres Herzens von Grad zu Grad, von Tugend zu Tugend wachsen, bis sie zu dem Gipfel der Demuth gelangen." (Bernhard.),,Damit ist Niedermuth oder Tiefmuth, ein Niederneigen und Beugen des Herzens vor Gott." (Tauler). Sie macht,

daß man mit Freuden allerlei Unrecht, Verachtung, Tadel, Bestrafung, hartes Tractament und Be= schåmung annimmt mit eben solchem Vergnügen, als Weltleute Ehr' und Gut annehmen c. Es ist ein Wandel in der Wahrheit, vor Gott, darin man sich allezeit für eine armselige und bloße Creatur achtet, die aller Gnadengaben ermangelt, ohne was göttliche Majestät mitzutheilen beliebt nicht zwar nach ihrem Verdienste, sondern nach der Größe ihrer Güte, dabei man sich selbst Nichts als Mangel und Unvollkommenheit, Gott aber Alles zuschreibt." (Barbarson.) Wie nothwendig die Demuth einem Christen sey, und daß sich ohne Demuth kein Christenthum denken lasse, darüber wissen die Mystiker sich nicht stark genug auszudrücken. ,,Wer nicht in großer Demuth einhergeht", sagt Macorius, ,,der wird dem Satan übergeben, der Gnade Gottes, die ihm gegeben ist, beraubt und in vielen Trübsalen versucht; und alsdann wird offenbar, was von ihm zu halten sey, daß er elend und bloß ist." ,,Die wahre Des muth besteht nicht darin, daß Einer stets mit sei= nem Munde spricht: Ach, wie bin ich ein so elender Mensch, Asche, Erdwurm und dergleichen. Denn wer rechtschaffen, von Herzen demüthig ist, Der pflegt nicht also zu reden. Sondern rechte Demuth ist, wenn wir uns unserm Gott und

[ocr errors]

Schöpfer ganz und gar unterwerfen, nicht allein äußerlich mit Worten vor den Leuten, sondern vielmehr innerlich und im Grunde des Herzens." (Tauler.) Katharina von Genua sagte immer in sich, wenn Jemand gut von ihr redete: „Ach lie-, ber Mensch, wenn du wüßtest, wie ich inwendig beschaffen bin, so würdest du nicht also sagen." ,,Die Demüthigen," sagt Tauler,,,versenken sich ganz in ihr grundloses Nichts in einer unerforsch= lichen Weise, also, daß, wenn sie auch hundert Stunden nach einander gar zu Nichts werden, Gott zu Lob und Preis, Das wäre ihre höchste Freude; ja, wenn sie vor großer Ehrwürdigkeit (Ehrerbietung) und Liebe gegen das höchste Wesen möchten in ein Keinwesen kommen (vernichtet werden), so wollten sie gerne vor seiner Hoheit versinken in den tiefen Abgrund." Daß oft Anfechtungen über weit gekommene Christen kommen, um sie in der Demuth zu erhalten, haben die Mystiker häufig bemerkt. ,Gott entzieht den Seinen Alles, damit sie fich durchaus einig (allein) auf Gott · steuern und also auf ihre bloße Nichtigkeit gewiesen werden; alsdann kommen sie auf den reinen lautern Grund des rechten wahren Glaubens." „Gott verläßt seine Heiligen manchmal zu Nuk (zu ihrem Besten) damit er sie prüfe (vielmehr bilde.) Weil es der Seele nicht gut wäre, wenn

"

sie nicht bisweilen sagen könnte: Es ist gut, daß du mich gedemüthiget hast, und sie sonst keine rechte Uebung des Kampfes håtte, wenn Gottes Beistand ihr immer unzertrennlich gegenwärtig wäre." Von dieser Demuth und dem damit verbundenen Hingeben an Gott spricht die treffliche Guyon so wie ihr Freund Fenelon mit tiefer Selbstkenntniß und aus Erfahrung. Gott verbirgt sich oft," sagt die Erstere,,,um unsere Treue zu üben, und uns zu zeigen, wie sehr wir ihn bedürfen. Die Haupttugend und die wesentlichste nach der Liebe und Treue, die wir Gott schuldig sind, ist die Geduld, die wir mit uns selbst haben müssen. Gott kennt die Schwäche des Menschen, den er aus Koth schuf; und er läßt ihm so viel Erbärmlichkeiten, um ihn demüthig zu erhalten und ihn feine beståndige Abhängigkeit von Gott fühlen zu lassen. Der dem Menschen natürliche Stolz verträgt sich nicht mit dieser Kenntniß, veranlaßt durch unsere Erfahrung. Und doch ist Nichts nüßlicher, weil sie uns nöthigt oft unsere Zuflucht zu ihm zu nehmen, ihn immer zu suchen, oft in uns selbst zu gehen, um Hülfe zu suchen, selbst auf eine Art, die wenig nüßlich zu seyn scheint und uns einige Mühe macht, wenn wir uns von Gott entfernt und einige Zeit zuge= bracht haben, ohne an ihn zu denken." — Ferner: „Iesus Christus regiert nur auf der Zerstörung der

« ZurückWeiter »