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1) Der göttliche Logos ist über alle Menschen. ausgegossen. Allen ward etwas Göttliches eingehaucht. Sie tragen das Ebenbild Gottes. Ihr hoher Adel besteht in einer ganz besondern Sip= schaft mit Gott. Auf die verschiedenste Art drücken sich darüber Plato, Clemens von Alexandrien, Pythagoras, die ersten römischen und griechischen Schriftsteller, auch manche Cabbalisten, bis auf Rußbroch, Tauler, Arndt aus. Immer bleibt aber in den Vorstellungsarten die Hauptidee, daß in den Menschen etwas Göttliches gelegt sey. Ihre Vorstellungen unterscheiden sich aber sehr von einer ge= wissen, in sich consequenten, aber darum nicht richtigern Philosophie, nach welcher die Menschen ein Stück der Gottheit seyn.,,Wir haben zwar Alle," schreibt Rußbroch,,,über unser erschaffenes Wesen auch ein ewiges Leben in Gott (darunter verste= hen sie nicht einen Zustand, sondern eine Eigenschaft), als in unserer lebhaften (belevenden) Ursache, der uns aus dem Nichts geschaffen hat. Aber doch sind wir nicht Gott selbst, haben uns auch nicht selber gemacht, sind auch nicht natürlicher Weise aus Gott ausgeflossen; sondern weil uns Gott von aller Ewigkeit her erkennt, und in sich selbst gewollt oder begehrt hat, so hat er uns erschaffen, nicht aus Natur- oder inniger Nothwendigkeit, sondern nach seinem freien Wohlgefallen.“

Und Tauler beschreibt die Seele als ein Licht Gottes, das nach dem Bilde des Worts (Logos), als des ersten Meisters, geschaffen und mit Gottes Wesen und Siegel bestätigt sey, dessen Charakter das ewige Wort (Logos) ist.

2) Vereinigung mit Gott durch das Mittelwesen, den Logos, muß also das höchste Streben des Menschen seyn; Dies ist durchaus nöthig.,,Des Menschen hohe Vollkommenheit in diesem Leben," fagt der treffliche Bonaventura,,,ist, in Gott also bleiben, daß die ganze Seele mit allen ihren Kräften und Vermögen in Gott versammelt und Ein Geist mit ihm werde, also daß sie nichts denke, empfinde und verstehe als Gott, und alle Affecte, in der freudigen Liebe gereinigt, in dem Genuß des Schöpfers füßiglich ruhen. Denn Gott ist die Form der Seele, welcher er eingedrückt werden muß, als ein Siegel dem Wachs." Man sieht, wie das tiefe Gemüth mit Bildern und Ausdrücken ringt, um auszusprechen das Unaussprechliche, wovon indeß Niemand eine Sylbe versteht, der nicht tief in sich empfunden hat, was Liebe ist. Wie unaussprechlich und unerklärlich indeß diese Vereinigung sey, davon zeugen die Alten, Theodorikus, Gregorius von Nyssa, Theophylaktus und Andere. Selbst Luther sagt: ,,Unsere Vereinigung mit Gott ist ein solch kundbar groß und entsehlich

Geheimniß (wie die Menschwerdung Jesus), das die Fähigkeit unseres Verstandes weit übertrifft, und nicht durch Vernunft muß verstanden werden." Und Nichts ist natürlicher. Diese Vereinigung ist das höchste Ziel der Religiosität. Und das Streben, Alles begreifen zu wollen, ehe man es annimmt; das Protestiren gegen Alles, was man nicht begreifen kann, befestigt eine große Kluft zwischen Religionskenntnissen und Religiositåt, verhindert somit, daß Verstandesreligion nie Religiofitåt, nie Vertrauen, Dankbarkeit und Liebe zu Gott oder Christus, zu Gott durch Christus werden kann. Hier gilt Das, was der tiefe, fromme Novalis fagt: „Wir sollen mehr als uns begreifen, was wir nie erreichen werden. Haben sollen wir. Wenn wir hätten, so wüßten wir auch wahrhaftig, was man wissen kann. Man denkt indeß am wenigsten über Das, was man hat; denn man bedarf es nicht. Das höchste Bewußtseyn ist Leben und Liebe," (und gerade auch das unbegreiflichste.)

3) Vereinigung mit irgend einem geistigen Wesen, also auch mit Gott ist nur durch Glauben und Liebe möglich. Dieser Glaube muß aber nicht bloßes Fürwahrhalten, weil wir etwas erkennen, Gründe dafür einsehen, sondern unumschränktes Zutrauen, Glaube auf das Wort Gottes oder Jesus seyn.

Je nackter der Glaube ist, je weniger man von der Möglichkeit begreift, daß ein Wort, ein Versprechen erfüllt werden könne, (wie Abrahams Glaube, als er seinen Sohn opfern follte) je leichter wird die Vereinigung. Die Liebe ist eben so unerklårlich, wie die Vereinigung, die dadurch bewirkt wird. Sie muß ohne Eigennuk, Lohnsucht, ohne die geringste Rücksicht auf sich selbst, ohne Absicht, dadurch glücklich zu werden, fie muß eben Liebe feyn. Je mehr sie das ist, je weniger das Ich dabei in Betrachtung kommt, je mehr der Mensch blos für Gott und Jesus Augen und Ohren und Sinn und Herz hat, je mehr geht er der Vereinigung entgegen. Sie wird ihm, wenn er am wenigsten daran denkt, weil er blos an Gott und nicht an sich denkt.

,,Der Glaube," sagt ein alter Kirchenvater,,,ist ein Schein dunkler Dinge und führt das Unsicht= bare in eine gleiche völlige Freudigkeit ein mit dem Sichtbaren. Darum muß man weder dem Unsichtbaren nicht glauben, noch auch das einen Glauben nennen, wenn Einer darauf mehr traut, was er sieht, als was er nicht sieht." (So sonderbar die Forderung ist, so stimmt sie doch mit den Aussprüchen der tiefsten Philosophie überein, nach welchen Glaube an unsere Sinne eben so mystisch ift, als der an etwas Unsichtbares).,,Der Glaube,"

sagt Marimus,,,ist ein innerliches, gegebenes Gut, eine wahrhafte Erkenntniß, eine Ueberzeugung von den verborgenen Gütern; eine vereinigende Kraft oder Fertigkeit, welche die übernatürliche, unmittelbare, vollkommene Vereinigung des Gläubigen mit Gott zuwege bringt.",,In Gott und durch ihn glauben, ist so viel als einig, oder in das Eine gezogen, in ihm unzertrennlich vereinbart,“ sagt das Haupt der Mystiker, Clemens von Alexandrien.

Eben so sprechen die Mystiker von der Liebe. ,,Will Jemand die Liebe erkennen," sagt Bernhard,,, der lerne lieb haben, sonst kommt er vergeblich, das Lied der Liebe zu hören oder zu lesen, weil er nicht liebt. Denn ein kaltes Herz kann keine feurige Rede fassen. Welche aber vom Geist so Viel empfangen haben, daß sie lieben können, die wissen auch, was der Geist sagt, und weil sie die Liebesstimme wohl erfahren haben, so können sie auch in gleicher Sprache, d. i. mit Liebe und Treue antworten." Und Thomas a Jesu: ,,Welche die Süßigkeit Gottes nicht geschmeckt haben und ohne wahre Herzensbegierde nach Gott leben, von denen ists kein Wunder, daß sie diese Geheimnisse nicht erreichen. Und es mangelt auch zu dieser Zeit nicht an solchen frechen Theologis, welche die Sache für eine Phantasei halten. (In

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