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Merken Sie sich vor Allem die philosophischen Mystiker, die häufig Bibelstellen anführen und daraus machen, was ihre schwärmende Philosophie will. Ich glaube an den Vater, heißt bei ihnen: ich erkenne einen heiligen Willen, ein ewiges Geset, eine unendliche Verkündigung und Vollziehung desselben im Universo. Ich glaube an den Sohn, heißt: ich glaube an das ewige Gesek der übersinnlichen Welt. Ich glaube an den heiligen Geist, heißt: ich glaube an das Gewissen als Organ, durch welches das Universum im Gemüth zu mir und zur ganzen Menschheit spricht. Wenn Jesus sagt: ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben;" so meint er: in der Anschauung des Ewigen nåhere sich dem Gemüth das Heilige und Göttliche. (Wer hätte so Etwas je in den einfachen Worten Jesus gesucht, besonders da er hinzuseßt:,,Niemand kommt zum Vater denn durch mich."?) Wenn diese Philosophen behaupten, man könne Niemand Religion lehren, so mögen sie nicht Unrecht haben; aber wenn sie behaupten, durch Erzeugung der Religion in dem Innern eines Menschen werde ihm das Universum aufgeschlossen, so werden Sie mit mir sagen: das sey zur Religiosität gar nicht nöthig, weil es sonst gar keinen religiösen Menschen gåbe, indem Keinem das Universum, (Universum! das Weltall!) auf

geschlossen sey. Wie der Mensch auf seinem Sandkorn von Erkenntniß des Universums reden mag, da wir durch die besten Fernröhre nur einen klei= nen Theil desselben von fern schimmern sehen können! Man sete statt des volltönenden Universums, von dem wir so wenig wissen, das einfache Bibelwort: Vater, das jedes Kind versteht; und nun hat Alles Sinn. Was ein Vater ist, wird jedem Kinde aufgeschlossen in seinem Gemüth, sobald es zu einem Menschen herangereift ist. Doch diese Philosophen haben weder einen Bater im Himmel, noch einen Gott, der diesen Namen verdient. ,,Wer das Universum“ (das selbstge= schaffene Unding),betrachtet und zur Erklärung eine selbständige Ursache personificirt und schafft, der hat einen Gott." Also das Geschöpf schafft sich einen Schöpfer!! Er ist nicht, sondern nur zu gewissen Erkenntnißzwecken personificirt. O des erbärmlichen Gottes!

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,,Die schaffende und erhaltende Natur Gottes und die Natur der von Gott erschaffenen und erhaltenen Welt werden symbolisch und auf das passendste dargestellt unter den Begriffen der Engel, die zugleich mit dem ewigen Wesen sind und ein seliges Leben genießen," sagt ein anderer philosophischer Mystiker. Aber die Engel in der Bibel sind keine Weltnatur, sondern Theile der

Welt, Personen mit persönlichem Charakter, mit bestimmt persönlichen Aeußerungen, Reden, Auftrag in Handlungen. Sehen Sie einmal statt der persönlichen Engelerscheinungen, die Abraham, Zacharias, Maria, Jesus erfuhren, Symbole der erschaffenden, erhaltenden Natur Gottes oder der göttlichen Weltnatur, was wird aus den Erzäh= lungen?,,Die erschaffende und erhaltende Natur Gottes verkündigte dem Abraham Sodoms Untergang. Von ihr erbat sich Abraham Schonung. Diese erschaffende Natur Gottes kündigte Maria, einer Jungfrau, an, sie werde schwanger werden und einen Sohn gebåren u. s. w." Wer kann eine solche Erklärung einfach erzählter Geschichten ertragen? Alles Historische schwindet ganz, und es bleibt nichts als der schalste, gezwungenste, eines jeden verständigen Schriftstellers und noch weit mehr einer heiligen Urkunde unwürdige Mysticismus übrig, nach welchem man aus der Bibel Alles machen kann, was man will.

Eben so gezwungen und unrichtig ist die Allegorie von einem obersten bösen Wesen. In ihm soll dargestellt werden die Weltnatur, die sich selbst genug seyn will und darum vergånglich wird. Und ist denn das Vergängliche in der Welt etwas Böses, oder Folge von etwas Bösem? Wenn Tag und Jahreszeiten sind, so muß auch Ber

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gånglichkeit seyn; denn ein großer Theil der Pflanzenwelt vergeht im Winter; und Jahreszeiten sollen doch offenbar abwechseln. Gesezt auch, wir náhmen an, daß die ersten Menschen ohne Sünde, unsterblich gewesen wåren, so sterben doch auch die, die zu einem göttlichen Leben gekommen sind. Sie sind also vergånglich so gut wie die Bösen dem Körper nach. Wenn Jesus den Juden (Joh. 8. 44.) sagt, daß sie Teufelsnatur an sich håtten, so spricht er kein Wort von: sich selbst genug seyn, sondern von Lügenhaftigkeit und Mörder= finn. In jenem Gleichniß, das uns den Ursprung, Fortgang und das Ende des Guten und Bösen darstellen soll (Matth. 13, 24 - 30. und 37 43.), unterscheidet Jesus den Teufel nicht blos von der Welt, sondern sogar von bösen Menschen. Paulus sagt (Eph. 6, 12.):,,Wir ha= ben nicht blos mit Fleisch und Blut zu kämpfen," was der nämliche philosophische Mystiker das Menschliche und Irdische, also den Quell der sündhaften Natur nennt. Hier werden also die bösen Geister offenbar von Fleisch und Blut, von der verderbten Natur des Menschen unterschieden. Nun nur noch ein Paar Proben von diesem philosophischen Mysticismus! Wahrhaftig ·· Geschaffene“ (kann es denn auch andere geben, wenn sie doch geschaffen find?), sind Eins mit dem erschaffenden Gott

und auf keine Art von dem ewigen Wesen verz schieden." - Werden denn die wahrhaftig Geschaf= fenen auch allmächtig, allwissend wie Gott? Negieren sie Alles wie Gott? ,,Weil man keine Zeit denken kann," (und kann man Etwas anders denken als in der Zeit?),,so wird auch mit Recht behauptet, daß Alles von Ewigkeit her, von Gott versöhnt worden sey." Die Bibel sagt, wir seyen mit Gott versöhnt worden durch den Tod seines Sohnes (Röm. 5, 10.). Ist denn aber Jesus von Ewigkeit an gestorben?,,Es kann keine Zeit ge= dacht werden, in der die Creatur sich nicht nach Freiheit gesehnt hätte. In der Zeit, als sie sich nach Freiheit sehnte, war sie nicht frei, also nicht versöhnt, sonst hätte sie keine Sehnsucht mehr fühlen können, weil die Sehnsucht gestilt war. Die geschaffene Natur der Dinge ist von Ewigkeit her eins mit der schaffenden Natur Gottes." Welche Natur, die eitle, die versöhnt werden muß, oder welche? Ich dachte, das schaffende und das geschaffene Subject könnte nie eins seyn, håtte also sich selbst geschaffen, also existirt, ehe es existirte. Endlich: ,,3wischen dem, der von Gott ist, und dem, der von dem Gott ist, findet kein Unterschied Statt. Der Vater ist sein Sohn, der Sohn ist sein Vater." Haben Sie genug an dieser Weisheit, die indeß sehr viel Scharfsinn und Consequenz verräth,

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