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die äußerste Finsterniß; da wird seyn Heulen und Zahnklappen." (Matth. 8, 12.)

,,Das Land Israels ist heiliger als andere Lånder; Jerusalem heiliger als andere Städte des Landes; der Tempel ist das Heiligste. Wer Etwas gegen den Tempel sagt, der begeht eine Gotteslåsterung."

Und was sagte Jesus?,,Die Juden werden fallen durch des Schwertes Schärfe, und gefangen geführt unter alle Völker, und Jerusalem wird zertreten werden von den Heiden.",,Von dem Tempel wird kein Stein auf dem andern bleiben, der nicht zerbrochen werde." (Luk. 21, 24. Matth. 24, 21.)

,,Nichts im Gesek oder in den hergebrachten Gebräuchen darf dem Schriftgelehrten und dem frommen Juden Kleinigkeit seyn. Der Unterschied der Speisen, das religiöse Waschen der Hände und des Hausgeräths, das Verzehnten der kleinsten Gartengewächse, die Enthaltung von den kleinsten Geschäften am Sabbat, die Breite der Denkriemen, das Alles muß dem frommen Juden heilig seyn."

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Und was fagte Jesus? Lesen Sie Matth. 23, nur vom 25. Verse an, und Sie werden finden, . daß er seinen Schülern von dem Allen gerade das Gegentheil einschärft und eben wegen dieses heuch

Lerischen Kleinigkeitsgeistes ein Wehe über das andere gegen die Schriftgelehrten ausruft.

Es war ein gewöhnliches Wort bei den Juden: ,,Er ist ein Samariter und hat den Teufel." (Joh. 8, 44.) Und Jesus erzählt das Gleichniß von dem barmherzigen Samariter.

,,Mit Zöllnern, Volk und dergleichen Gesindel darf sich der fromme Jude nicht abgeben, auch als Lehrer nicht."

Und Jesus? Er ließ sich von Zöllnern zum Essen einladen, ging zu ihnen, lud sich selbst bei Zachåus in's Haus ein, erzählt das Gleichniß von dem Pharisåer und Zöllner und - nahm sogar einen Zöllner unter seine vertrautesten Schüler auf.

So könnte ich Ihnen alle jüdische Vorurtheile durchgehen, und Sie würden finden, daß er kein einziges schonte, sondern im Gegentheil mehr oder weniger bitter dagegen sprach, je nachdem das Vorurtheil nachtheilig für seine Nation war.

Eben darum gab er sich weniger mit den Sadducåern ab, weil diese weniger auf den großen Haufen wirkten, überhaupt mehr durch ihre Lüsternheit, Sinnlichkeit, durch ihren Geldstolz und ihren Erdensinn als durch ihre Vorurtheile verdarben. Aber doch warnt er vor ihrem Sauerteig wie vor dem dem Sauerteig der Pharisaer,

(Matth. 16, 12.) fertigt sie derb ab, wenn sie ihn durch spitsindige Fragen in Verlegenheit sehen wollen (Matth. 22, 23 30), gibt ihnen Beweis für ein künftiges Leben aus der Schrift Mofes, die sie als göttlich anerkannten (V. 31. 32.); und weil sie nach ihren Grundsägen glaubten, Arme und Leidende feyen Stråflinge, Reiche und Vornehme aber Lieblinge Gottes, so erzählt er das Gleichniß von dem reichen Mann und dem armen Lazarus.

,,Uber," sagen Sie wohl,,,wenn das so ist, wie konnte man darauf kommen und so oft wiederholen, daß Jesus - und wohl auch seine Ge= sandten die Vorurtheile der Juden geschont, sich nach ihnen bequemt, sie wenigstens stehen gelassen haben?" Freilich ist es schwer zu begreifen, wie so Manches, was von den Aufklärungen unter Philosophen und Theologen mit der größten Zuversicht und trok allen unwiderleglichen Widerlegungen allgemein behauptet wird; aber ich will Ihnen die ganze Manipulation sagen. Von vornehin nahm man als unleugbar an, alle Engelerscheinungen, Teufelseinflüsse, überhaupt alle NeuBerungen aus der Geisterwelt seyen Judenvor= urtheile. Die ganze Damonologie haben die Juden aus dem babylonischen Exil mitgebracht, ob fich gleich ein Satan mit dem ganzen Satans

Charakter in einem der ältesten Bücher der Bis bel findet, und obgleich Jesus bestimmt sagt, der Teufel sey ein Mörder und Lügner von Anfang an gewesen (Joh. 8, 44.). Nun hat aber doch Jesus von solchen Engelerscheinungen, Teufelswirkungen zc. geredet; also muß er sich noch zu den Vorurtheilen bequemt haben. Natürlich wär's gewesen, zu sagen: Es muß an den Engelerscheinungen, Satanswirkungen zc. Etwas seyn, wei Jesus davon geredet hat. Da man aber gewiß weiß, daß Nichts daran, sondern dies Alles blos Judenvorurtheil ist, so muß sich Jesus nach diesen Vorurtheilen bequemt, oder was man freilich nicht gern sagen will sie gar selbst ge= glaubt haben. Sie sehen, wie sich der Schluß im Cirkel herumdreht. Doch ich bitte Sie, gelegent= lich den trefflichen Auffah des tiefreligiösen und tiefgelehrten Senators von Mayer in der zweiten Sammlung der „Blåtter für höhere Wahrheit," über Horst's Dåmonologie, zu lesen, der Ihnen noch mehr als dieser Brief Genüge thun wird.

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Uebrigens werden Sie jetzt durch die bekannten, hundertmal widerlegten Einwürfe gegen die Eristenz eines Satans wohl nicht irre werden.

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Es widerspricht der Güte Gottes, daß ein so mächtiges, böses Wesen eristiren sollte!" Und widerspricht es denn nicht eben so gut der Güte

Gottes, daß Nero's, Caligula's, Domitian's, Muley-Ismael's, Robespierre's und andere Sa= tans - Satelliten existirten? Durch die Annahme eines Satans wird das Reich des Bösen so wenig vermehrt, als es durch das Leugnen eines solchen Wesens vermindert wird. Nur in speculativer Hinsicht kann es wichtig seyn, ob das Reich des Bösen eine Monarchie, eine Aristokratie oder eine Demokratie ist.

,,Aber nach der Bibel ist doch dem Satan oft erlaubt worden, Menschen zu quålen?" Und hat es Gott nicht auch bösen, ehrgeizigen, eroberungssüchtigen Menschen zugelassen? Was waren die Mißhandlungen der Menschheit, von denen uns die Bibel spricht, nur gegen die, die sie durch Napoleon erfuhr? Kann das Eine mit der Güte Gottes bestehen, warum nicht das Andere?

,,Aber wer kann einem so mächtigen, schlauen, bösen Wesen widerstehen? Man ist ja unschuldig an dem Bösen, wenn man von einem solchen We= sen verführt wird." - Ich sage: Man kann ihm widerstehen, denn man soll's. (1. Petr. 5, 9. Jak. 4, 7.) Er kann nicht zwingen, sondern nur verführen, wenn man seinen Willen der verführenden Stimme hingibt. (Jak. 1, 13, 14.) Er verführt ohnehin nicht unmittelbar, sondern mittelbar, durch Menschen, durch unsere Leidenschaften, durch

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