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habe ihn verlassen. Mit zerschmetternden Donnerworten deckt er den Heuchelsinn der Pharisåer und Schriftgelehrten auf und bittet für die ruchlosen Spötter, Gott möge ihnen vergeben, weil sie nicht wüßten, was sie thåten. Ja, ihm ist Keiner gleichgekommen als Mystiker. Das schließt indeß nicht aus, daß er nicht auch der größte Philosoph und der größte Moralist seyn konnte und war; vielleicht eben wegen seiner Mystik. Leben Sie wohl.

Dreißigster Brief.

An denselben.

Ich erinnere mich noch recht gut eines Gesprächs,

das ich vor einiger Zeit mit Ihnen über den viel und unnük besprochenen Gegenstand, über den Teufel hatte, wo wir unterbrochen wurden, uns also darüber nicht aussprechen konnten. Der ganze Begriff eines Satans, eines mächtigen, bösen Geistes mit einer Menge von Anhängern, der Nichts als Böses will, nur auf Verführung zum Bösen sinnt, also in Feindschaft mit Gott und natürlich also auch mit Christus lebt, ist Ihnen, wie Sie sagten, so empörend; Sie könnten es eben se we= nig mit der Allmacht als mit der Güte Gottes reimen, sondern es sey Ihnen vielmehr wahrscheinlich, was man auch zu beweisen gesucht habe, daß es ein unter den Juden während des babylonischen Erils entstandener Aberglaube sey, den Jesus ge

schont und stehen gelassen habe, um sie nicht vor den Kopf zu stoßen und sich dadurch die Erreichung seines großen Zwecks, ein sittlich religiöses, geistiges Reich unter den Menschen zu stiften, nicht zu erschweren. Da man nun behauptet, daß die Mystiker so viel mit dem Teufel zu thun haben; da Luther, der sehr auf ihre Seite sich neigte, sich so mit ihm herumschlug; so derf ich wohl erwarten, daß Sie ein Vorurtheil gegen die Mystiker, blos wegen ihres Glaubens an einen Teufel, fassen werden.

Lassen Sie uns darum offen und unbefangen von dem Gegenstande reden, ohne uns irre machen zu lassen durch den Geist der Zeit.

Daß die Mystiker, die nicht zugleich Theosophen sind, sich viel mit dem Teufel beschäftigen, ist durchaus unrichtig. Sie denken an Furcht und Haß gegen ihn nicht, weil sie ganz in Liebe zu ihrem Herrn leben. Sie wenden Blick und Sinn und Herz von dem gehåssigen Gegenstande weg, und richten Alles auf den liebenswürdigen und ge liebten. In dicken Bånden der Mystiker kommt oft kein Wort von dem bösen Geiste vor. Ja, Arnold, ein bekannter Mystiker, wurde, obgleich mit Unrecht, beschuldigt, er habe behauptet, der Teufel sey Nichts als wir selbst. Es waren die Theosophen, und besonders Jacob Böhm, der

Viel vom Satan wußte und geschrieben hat. Ihm ist er, wie er in seiner wunderlichen, nicht affectirten, sondern aus Noth sich aufgedrängten Sprache sich ausdrückt, der Lucifer, der die Materie, daraus der Mensch hernach geschaffen worden, mit seiner giftigen Luft bereits inficirt gehabt. (Kant's radicales Böse.) Die Masse, als der Welt Principium, sey nämlich nicht allein vom Licht oder dem Guten, von Christo selbst, der die Welt wieder erneuern sollte, bewohnt worden, sondern auch von dem Bösen, das durch Lucifers Fall hereingekommen. Uebrigens erklärt er sich über Satan oder Lucifer ganz biblisch, nur in übertriebenen Ausdrücken:,,Lucifer sey ein groß Theil der Gottheit gewesen, und habe dennoch dem Herzen Gottes oder dem Sohne sich widerseht und dessen Licht verachtet, auch wider seine Sanftmuth und Liebe in harten Donnerschlägen und Feuer gestürmt, sey deßwegen aus dem Himmel verstoßen worden." Christus sey jezt in göttlicher Allmacht auf dem königlichen Stuhl des verstoßenen Lucifers, und Lucifers Königreich sey nun sein worden." Vergleichen wir diese Aeußerung mit den Aussprüchen der Apostel Pe= trus und Judas (2. Petr. 2, 4. Jud. V. 6.) mit manchen Winken Jesus (Luc. 10, 18. Joh. 12, 31. 14, 30. 16, 11.) und mit den Aeußerungen in

der Apokalypse, (K. 12, 7. 9. 20, 1 — 3.) so werden wir es finden.

Doch lassen Sie uns die Lehre vom Satan unbefangen nach der Bibel prüfen, welches Resultat auch daraus kommen mag. Ich weiß, Sie gehören nicht zu den Absprechern, die mit einer gewissen lächerlichen Zuversicht schon voraus be= stimmen wollen, daß es keinen Satan geben könne. Ihre Scheingründe wollen wir in der Folge prüfen. Ich möchte aber wissen, wie sie zu der lächerlichen Anmaßung kommen, bestimmen zu wollen, was in der Geisterwelt möglich oder nicht möglich sey. Was würde man von dem Naturforscher halten, der sich anmaßte, über die Grenzen des Mineralreichs abzusprechen, von dem er nur eine Steinart, oder über das Thierreich, von dem er nur eine Thierart kennte? Und kennen wir aus dem Geisterreich mehr als unsere Seele, die offenbar das Niedrigste in diesem Reiche ist, weil sie den: Uebergang zu dem Körperreiche, wie die Polype den Uebergang von dem Pflanzenreiche zum Thierreiche macht? Wie wenig wir aber selbsi diese noch kennen, wie viel unbekannte Tiefen sich noch in ihr finden, zeigen die unleugbaren Beispiele von Hellsehenden, (clairvoyantes), die uns ein Räthsel nach dem andern aufgeben. Wenn wir nun unleugbare Erscheinungen um uns her

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