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das ist so gar einfältig, recht und schlecht, daß es mit rechtem Unterschiede nie gesprochen oder ge= schrieben ward, oder auch nie erkannt ward, denn allein, daß es ist, und daß (da, wo) es nicht ist, da kann man sein nicht glauben, wie sollte man es denn wissen?" (Das ist bei jeder Liebe der Fall; Liebe ist die einzige Anschauung für Liebe. Wer nie Etwas geliebt hat, dem kann man Liebe eben so wenig beschreiben, als man einem Blindgebornen einen Sonnenaufgang auf der See beschreiben kann.) —,,Man möchte sagen: Soll man Alles lieb haben, soll man denn auch Sünde lieb haben? Man antwortet, nein! Wenn man spricht: Alles, so meint man Gut; und Alles, das da ist, das ist gut, in dem als es ist (insofern es ist). Der Teufel ist gut, in dem als er ist. In dem Sinn ist Nichts bôs oder ungut. Aber Sünde ist, anders wollen, begehren oder lieb haben denn Gott; und das Wollen ist nicht Wesen, darum ist es auch nicht gut. Kein Ding ist gut, denn so viel es in Gott oder mit Gott ist. Nun sind alle Dinge wesentlich in Gott und wesentlicher denn

Göttlichem versezt. Auch wird der Ausdruck: göttlich jezt so gemißbraucht, daß es göttliche Schauspielerinnen, Tänzerinnen gibt, zum Beweis, was die Gott= heit des Tags ist.

in ihnen selber; darum alle Dinge gut sind nach dem Wesen; und wäre ichts. (irgend Etwas), das nicht wesentlich in Gott wäre, das wäre nicht gut 2c." (Hat je ein Philosoph die Frage scharffinniger und richtiger beantwortet?)

Ich brauche Sie kaum aufmerksam zu machen auf den hohen, heiligen Geist des Christenthums, der in diesen Auszügen weht; auf die schöne Verbindung der kindlichsten Willenlosigkeit mit der männlichsten Festigkeit, da der religiöse Mensch, sich bewußt, daß er für sich Nichts wolle, als was Gott will, durch Bibel und Schicksale den Willen Gottes erkennt, an diesem aber so fest hålt, daß keine Verführung, keine Bestechung irgend einer Art, kein Leiden, keine Schmach ihn von seinem Gange wegschmeicheln, wegdrohen, wegverfolgen kann. Ihnen, der so innig liebt und so innig ge= liebt wird, entgeht es auch gewiß nicht, auf welche feine Art die Selbstsucht, das Ich, Mir, Mein, wie unser Theolog sagt, vernichtet wird als Zweck, und doch befriedigt wird als natürliche Folge, nämlich durch Liebe, weil der Geliebte unser besseres Ich ist, weil wir also genießen, indem wir entbehren, uns bereichern, indem wir weggeben, und so, ohne an uns selbst zu denken, für uns am besten sorgen. Wie oft haben Sie das wohl schon bei Ihrer liebenswürdigen Gattin,

bei Ihren hoffnungsvollen Kindern empfunden! Der Ausspruch Jesus:,,wer sein Leben, Genuß, Glück verliert, verlieren will um meinetwillen, aus Liebe zu mir, der wird's finden," gilt nicht blos von seinen ersten Schülern, sondern von allen Christen; nicht blos von Christen, sondern von Jedem, der liebt.

Endlich haben Sie gewiß bemerkt, was unserm Theologen Tugend ist: das höchfte Ideal unserer Moralisten. Ihm ist sie nicht das Höchste, obgleich Sieg über Laster. Sieg seht Kampf voraus, und sein Christ weiß von keinem Kampfe mehr. In ihm ist Alles Friede, Ruhe, Einheit. Er will Nichts als lieben, und der Liebende will nichts Anderes, als was der Geliebte will. Def= sen Willen thun ist ihm so natürlich als das Athmen; und ist deffen Wille, immer recht zu thun, so thut er immer recht. Das kostet ihm keinen Zwang, er weiß es nicht anders.,,Der Mensch ist, was seine Liebe ist. Liebst du Erde, so bist du Erde; liebst du aber Gott was soll ich sagen? so bist du Gott," (vergottet, wie unser Theolog sagt.) Selbst Weltmenschen haben manchmal von dieser so natürlichen Mystik eine Ahnung gehabt. ,,S'il en coute, d'être vertueux, on est bien mal né, sagt der Prinz von Ligne, den Niemand im Verdacht der Schwärmerei oder des My

sticismus haben kann. „Je n' entends pas, qu'il y ait de la vertu, à en avoir." Die wikige, aber falsche Antithese abgerechnet, nichts Underes, als was unser Theolog sagt und Johannes: „Wer aus Gott geboren ist, der kann nicht sündigen, denn er ist aus Gott geboren," (vergottet.) Ist das auch Schwärmerei, was Johannes schreibt? Nein! es heißt, er kann keine schwere vorsåägliche Sünde begehen. muß man es verbessern und - verwåssern.

So

Gewiß schreiben Sie nicht ohne Liebe von

unferem einfältigen aber tiefen Theologen.

Vier und zwanzigster Brief.

2 n denselben.

Sie wollen also durchaus, daß ich Ihnen auch meine Ansicht von dem jezt viel besprochenen, auf einer Seite wie ein Inspirirter verehrten, von der andern als unsinniger Schwärmer verachteten Jacob Böhm sage. Ich wollte ihn eigentlich ganz übergehen, weil er doch weit mehr Theosoph als Mystiker war, weil sein Blick mehr nach außen, auf die Natur und Bibel, besonders auf die Mysterien von beiden, als in sich selbst ging. Indeß grenzen seine Aeußerungen doch oft noch an Mystik, weil er Bibel und Natur auf ähnliche Art erklärt wie der Mystiker. Außerdem haben Sie nicht unrecht, wenn Sie sagen, es sey doch nie ein gemeiner, ganz unbedeutender Mensch, von dem Manche mit Entzücken, Andere aber mit Abscheu oder Verachtung reden. Es ging und

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