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heit, und war unbewegt von jeder Marter und Pein; (doch wohl nicht in dem Augenblicke, da er rief: Mein Gott, warum hast du mich verlassen?) mit dem linken blickte er in die Creaturen und nahm Unterschied unter ihnen wahr. Dieser äußere Mensch war voll Jammer. So hat die geschaffene Seele des Menschen auch zwei Augen; das eine fieht in die Ewigkeit, das andere sieht in die Zeit. Beide Augen können aber ihr Werk nicht zugleich üben. Eins muß todt seyn. (,,Wer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück“ — „Du sollst lieben Gott deinen Herrn von ganzem Herzen.")

,,Es ist wohl gut, daß man fragt, was gute und heilige Menschen gethan haben, was Gott in ihnen gewirkt hat; aber viel besser, was unser eigen Leben ist, was Gott in uns ist, wirkt und will. An uns allein liegt die ewige Seligkeit, an gar nichts Anders. Dies Eine, was se= lig macht, darf aber nicht in die Seele kommen, denn es ist immer darin. Man soll es nur su= chen, empfinden und schmecken.“ („Das Himmelreich ist inwendig in euch," nicht unter euch.)

,,Erleuchtete Menschen stehen in einer Freiheit, also daß sie verloren haben Furcht der Hölle und Hoffnung des Himmelreichs. Sie leben in lauter Unterthänigkeit und Gehorsam der (gegen die) ewigen

Güte aus freier Liebe. Ein wahrer, liebhabender Mensch hat Gott oder das ewige Gut lieb, im Haben und in Mangel, in Süß und Sauer." (Und welche Liebe ist anders? Oder verdient fie diesen Namen, wenn sie anders ist? Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde."),,Chrifti Seele mußte in die Hölle, ehe sie zum Himmel kam." (,,Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?") So des Mens schen Seele auch. Wenn sich der Mensch ganz bös und unwürdig alles Trostes findet, aber würdig der ewigen Verdammniß, weil es recht ist; dann ist er in der Hölle, und allein seine Schuld ist ihm leid, aber nicht die Strafe. Das ist die wahre Reue." (Ein höchst bedeutendes Wort!) „Aber Gott läßt ihn nicht in dieser Hölle, sondern führt ihn in den Himmel. Dann begehrt der Mensch Nichts als das ewige Gut und erhält des ewigen Guts, Friede, Freude, Lust und Wonne."

,,Hier mag ihn Nichts betrüben. In beide La= gen aber kommt er ohne sein Zuthun. Er kann ihm selber dieser keins geben oder nehmen." (,,Der Wind weht, und du hörst sein Sausen wohl u. s. w. So ist Jeder, der aus dem Geiste geboren wird.") „Er fållt auch wohl (schnell) aus Einem ins Andere." (Wer Nichts davon erfahren hat, kann und

soll dieser Wahrheit nicht beistimmen, aber auch nicht darüber absprechen, sondern sagen: ich weiß Nichts davon. Viele Hundert haben es erfahren, und Andere haben nur an ihrem Aeußeren bemerkt, daß eine große Veränderung mit ihnen vorgegangen sen.)

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18.

,,Der Friede, den Jesus seinen Jüngern hinterließ, war ein Friede, der durch alle Leiden durchbricht, sich in jedem Kreuz und jeder Anfechtung erhält. Ohne Kreuz und Anfechtung gibt's aber keinen solchen Frieden." (Ich bitte Sie, lesen Sie einmal Röm. 8, 28 39. 2. Kor. 4, 7 Róm. 5, 3 5, und das Gebet: Apgesch. 4, 24 31. da haben Sie diese Aussprüche in That und Leben; und doch merkt man's an dem Verfasser, daß er nicht als Commentator dieser Stellen, sondern aus Erfahrung spricht.)

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Gehorsam ist, wenn der Mensch sich und das Seinige so wenig sucht und meint in allen Dingen, als ob er nicht wäre, und eben so wenig von Creaturen. Das Einzige, wovon er Etwas hält, ist Gott. Dieser Gehorsam ist in Adam untergegangen, und Ungehorsam ist auferstanden, nämlich insofern der Mensch von ihm selber Etwas hålt und wähnt, er sey, wisse und vermöge Etwas. Das ist der alte Mensch, der ausgezogen, und der neue, der angezogen werden muß." (,,Was haft du,

Mensch! das du nicht empfangen hättest" 2. Alle Natur ist Gnade und alle Gnade ist Natur. Natur ist nur frühere Gnade, Gnade nur fpåtere Natur.)

,,Zur Vereinigung mit Gott gehört dreierlei: Reinigung, Erleuchtung, Vereinigung. Es ist keine Erleuchtung möglich ohne vorhergegangene Reinigung." (Große Wahrheit! „Nur die reinen Herzen werden Gott schauen. Der alte Mensch verfällt durch Lüfte in Irrthum.) — „Allerdings soll man sich des Guten annehmen, als ob es unser Werk wåre." (Ich dachte, noch sorgsamer, weil es als Gottes Werk mehr Werth für uns hat.). ,,Aber wohl dem Menschen, der tauglich und be= reit ist, ein Haus, Tempel Gottes zu seyn. (Dann hat er schon Viel gethan, wenn er sich dazu taug= lich und bereit gemacht hat.),,Des Bösen soll man sich auch allerdings annehmen und es nicht dem Teufel oder der Bosheit zuschieben. (Was so oft geschieht, als ob der Mensch eine Maschine des Teufels wåre!),Wehe dem Menschen, der es gestattet, daß der Teufel mit seiner Falschheit Wohnung bei ihm mache." (Er kann es also doch. überwinden.,,Widerstehet dem Teufel, so fliehet er von euch.")

,,Wo hohe natürliche Vernunft ist, die steigt also hoch in ihrem eigenen Licht und in ihr selber,

daß sie wähnt, fie sey selber das ewige wahre Licht, und gibt sich auch für dasselbe, und ist betrogen an ihr selber, und betrügt Andere mit ihr, die nichts Besseres wissen und auch dazu geneigt sind." (Erkennt man nicht in diesem Gemälde eines alten Mystikers manche unserer neuen Philosophen?) ,,Wie es um einen Menschen steht, der nach Mög lichkeit dem wahren Lichte nachkömmt? Es wird nimmer recht gesagt; der es nicht ist, der kann es nicht sagen, und der es ist und weiß, auch nicht. Wer es nun wissen will, der mache, daß er es werde." (Das ist der neue Name, den Niemand kennt, als der ihn empfångt.")

So der Mensch, der alle Wege gegangen hat, die ihn zu der Wahrheit weisen. Es ist ihm fauer worden, daß er meint, es sey zumal geschehen, er sey gestorben und habe sich Gott überlassen; so fået denn der Teufel seinen Samen darin, unge= ordnete Freiheit. Der Mensch wähnt, er sey auf das Höchste gekommen und bedürfe weder die Schrift noch dieß und das fürbaß mehr. Er hålt fich Alles dessen für würdig, was er wird. — Diese geistliche Hoffart, die weder Schrift noch Lehre bedarf, achtet auch alle Gebote der Kirche, die Sa= cramente zu einem Spott, und auch alle Menschen, die mit dieser Ordnung umgehen.“ (Ießt sage man mehr, daß die Mystiker zu Separatismus

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