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plößliche Veränderung an den Sinneswerkzeugen hervorgebracht wird. Alles in jener Abhandlung daselbst Gesagte håtte hier seine nothwendige Stelle, müßte also eigentlich hier nochmals gesagt werden: da ich indessen fast so viel Widerwillen habe, mich selbst als Andere abzuschreiben, auch nicht im Stande bin, es besser, als dort geschehen, darzustellen; so verweise ich darauf, statt es hier zu wiederholen, sehe es nun aber auch als bekannt voraus.

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Das Sehenlernen der Kinder und operirter Blindgebornen, das einfache Sehen des doppelt, mit zwei Augen, Empfundenen, das Doppeltsehen und Doppelttasten bei der Verrückung der Sinneswerkzeuge aus ihrer gewöhnlichen Lage, die aufrechte Erscheinung der Gegenstände, während ihr Bild im Auge verkehrt steht, das Uebertragen der Farbe, welche bloß eine innere Funktion, eine polarische Theilung der Thätigkeit des Auges ist, auf die âuBeren Gegenstände, dies Alles find feste und unwiderlegliche Beweise davon, daß alle Anschauung nicht blos sensual, sondern intellektual, d. h. reine Verstandes erkenntniß der Ursache aus der Wirkung ist, folglich das Gefeß der Kausalität_vor ́ausseßt, von dessen Erkenntniß alle Anschauung, mithin alle Erfahrung, ihrer ersten und ganzen Möglichkeit nach, abhängt, nicht umgekehrt die Erkenntniß des Kausalgesehes von der Erfahrung, welches lettere der Humische Skepticismus war, der erst hiedurch widerlegt ist. Denn die Unabhängigkeit der Erkenntniß der Kausalitåt von aller Erfahrung, d. h. ihre Apriorität, kann allein dargethan werden aus der Abhängigkeit aller Erfahrung von ihr: und dieses wieder kann allein geschehen, indem man auf die hier angegebene und in der Abhandlung über die Farben ausgeführte Art nachweist, daß die Erkenntniß der Kausalität in der Anschauung überhaupt, in deren Gebiet alle Erfahrung liegt, schon enthalten ist, also völlig a priori in Hinsicht auf die Erfahrung besteht, von ihr als Bedingung vorausgesetzt wird, nicht sie vorausseht: nicht aber kann dasselbe dargethan werden auf die von Kant versuchte und von mir in der Abhandlung über den Sah vom Grunde §. 24 kritisirte Weise,

§. 5.

Man húte sich aber vor dem großen Mißverständniß, daß, weil die Anschauung durch die Erkenntniß der Kausalitåt vermittelt ist, deswegen zwischen Objekt und Subjekt das Verhältniß von Ursach und Wirkung bestehe; da vielmehr dasselbe immer nur zwischen unmittelbarem und vermitteltem Objekt, also immer nur zwischen Objekten Statt findet. Eben auf jener falschen Voraussehung beruht der thörichte Streit über die Realität der Außenwelt, in welchem sich Dogmatismus und Skepticismus gegenüberstehen und jener bald als Realismus, bald als Idealismus auftritt Der Realismus seht das Objekt als Ursach, und deren Wirkung ins Subjekt. Der Fichte'sche Idealismus macht das Objekt zur Wirkung des Subjekts. Weil nun aber, was nicht genug eingeschärft werden kann, zwischen Subjekt und Objekt gar kein Verhältniß nach dem Sak vom Grunde Statt findet; so konnte auch weder die eine noch die andere der beiden Behauptungen je bewiesen werden, und der Skepticismus machte auf beide siegreiche Angriffe. Wie nämlich das Gesetz der Kausalität schon, als Bedingung, der Anschauung und Erfahrung vorhergeht, daher nicht aus diesen (wie Hume meinte) gelernt sein kann; so gehen Objekt und Subjekt, schon als erste Bedingung, aller Erkenntniß, daher auch dem Sah vom Grunde überhaupt, vorher, da dieser nur die Form alles Objekts, die durchgängige Art und Weise seiner Erscheinung ist; das Objekt aber immer schon das Subjekt voraussetzt: zwischen beiden also kann kein Verhältniß von Grund und Folge seyn. Meine Abhandlung über den Sah vom Grunde soll eben dieses leisten, daß sie den Inhalt jenes Sahes als die wesentliche Form alles Objekts, d. h. als die allgemeine Art und Weise alles Objektseyns darstellt, als etwas, das dem Objekt als solchem zukommt: als solches aber seht das Objekt überall das Subjekt voraus, als sein nothwendiges Korrelat: dieses bleibt also immer außerhalb des Gebietes der Gültigkeit des Sahes vom Grunde. Der Streit über die Realität der Außenwelt beruht eben auf jener falschen Ausdehnung der Gültigkeit des Sahes vom Grunde auch auf das Subjekt, und von diesem Mißverständnisse ausgehend konnte er sich selbst nie verstehen. Einerseits will der realistische Dogmatismus, die Vorstellung als Wirkung des Ob

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jekts betrachtend, diese beiden, Vorstellung und Objekt, die eben Eines find, trennen und eine von der Vorstellung ganz verschiedene Ursache annehmen, ein Objekt an sich, unabhängig vom Subjekt: etwas völlig Undenkbares: denn eben schon als Objekt seht es immer wieder das Subjekt voraus und bleibt daher immer nur dessen Vorstellung. Ihm stellt der Skepticismus, unter derselben falschen Voraussetzung, entgegen, daß man in der Vorstellung immer nur die Wirkung habe, nie die Ursache, also nie das Seyn, immer nur das Wirken der Objekte kenne; dieses aber mit jenem vielleicht gar keine Aehnlichkeit haben möchte, ja wohl gar überhaupt ganz fälschlich angenommen würde, da das Gesetz der Kausalität erst aus der Erfahrung angenommen sei, deren Realität nun wieder darauf beruhen soll. Hierauf nun gehört Beiden die Belehrung, erstlich, daß Objekt und Vorstellung dasselbe sind; dann, daß das Seyn der anschaulichen Objekte eben ihr Wirken ist, daß eben in diesem des Dinges Wirklichkeit besteht, und die Forderung des Daseyns des Objekts außer der Vorstellung des Subjekts und auch eines Seyns des wirklichen Din ges verschieden von seinem Wirken, gar keinen Sinn hat und ein Widerspruch ist; daß daher die Erkenntniß der Wirkungsart eines angeschauten Objekts eben auch es selbst erschöpft, sofern es Ob: jekt, d. h. Vorstellung ist, da außerdem für die Erkenntniß nichts an ihm übrig bleibt. Insofern ist also die angeschaute Welt in Raum und Zeit, welche sich als lauter Kausalitåt kund giebt, vollkommen real, und ist durchaus das, wofür sie sich giebt, und sie giebt sich ganz und ohne Rückhalt, als Vorstellung, zusammenhångend nach dem Gesetz der Kausalitåt. Andererseits aber ist alle Kaufalitát nur im Verstande und für den Verstand, jene ganze wirkliche, d. i. wirkende Welt ist also als solche immer durch den Verstand bedingt und ohne ihn nichts. Aber nicht nur dieserhalb, sondern schon weil überhaupt kein Objekt ohne Subjekt sich ohne Widerspruch denken låßt, müssen wir dem Dogmatiker, der die Realität der Außenwelt als ihre Unabhängigkeit vom Subjekt erklärt, eine solche Realität derselben schlechthin ableugnen. Die ganze Welt der Objekte ist und bleibt Vorstellung, und eben deswegen durchaus und in alle Ewigkeit durch das Subjekt bedingt. Sie ist aber dieserwegen nicht Lüge noch Schein: sie giebt sich als das, was sie ist, als Vorstellung, und zwar als eine Reihe von

Vorstellungen, deren gemeinschaftliches Band der Sah vom Grunde ist. Sie ist als solche dem gesunden Verstande, selbst ihrer innersten Bedeutung nach, verständlich und redet eine ihm vollkommen deutliche Sprache. Bloß dem durch Vernünfteln verschrobenen Geist kann es einfallen, über ihre Realität zu streiten, welches allemal durch unrichtige Anwendung des Sahes vom Grunde geschieht, der zwar alle Vorstellungen, welcher Art sie auch seyen, unter einander verbindet, keineswegs aber diese mit dem Subjekt, oder mit etwas, das weder Subjekt noch Objekt wäre, sondern bloß Grund des Objekts; ein Unbegriff, weil nur Objekte Grund seyn können und zwar immer wieder von Objekten. Wenn man dem Ursprung dieser Frage nach der Realität der AuBenwelt noch genauer nachforscht; so findet man, daß außer jener falschen Anwendung des Sahes vom Grunde auf Das, was außer seinem Gebiete liegt, noch eine besondere Verwechselung seiner Gestalten hinzukommt, nåmlich diejenige Gestalt, die er bloß in Hinsicht auf die Begriffe oder abstrakten Vorstellungen hat, wird auf die anschaulichen Vorstellungen, die realen Objekte, übertragen und ein Grund des Erkennens gefordert von Objekten, die keinen andern als einen Grund des Werdens haben können. Ueber die abstrakten Vorstellungen, die zu Urtheilen verknüpften Begriffe, herrscht der Sak vom Grunde allerdings in der Art, daß jedes derselben seinen Werth, seine Gültigkeit, seine ganze Existenz, hier Wahrheit genannt, einzig und allein hat durch die Beziehung des Urtheils auf etwas außer ihm, seinen Erkenntnißgrund, auf welchen also immer zurückgegangen werden muß. Ueber die realen Objekte hingegen, die anschaulichen Vorstellungen, herrscht der Sah vom Grunde nicht als Sah vom Grund des Erkennens, sondern des Werdens, als Gesetz der Kausalität: jedes derselben hat ihm dadurch, daß es geworden ist, d. h. als Wirkung aus einer Ursache hervorgegangen ist, schon seine Schuld abgetragen: die Forderung eines Erkenntnißgrundes hat hier also keine Gültigkeit und keinen Sinn; sondern gehört einer ganz anderen Klasse von Objekten an. Daher auch erregt die anschauliche Welt, so lange man bei ihr stehen bleibt, im Betrachter weder Skrupel noch Zweifel: es giebt hier weder Irrthum noch Wahrheit; diese find ins Gebiet des Abstrakten, der Reflexion gebannt. Hier aber liegt für Sinne und Verstand die Welt offen da, giebt sich mit Schopenhauer, Die Welt. I.

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naiver Wahrheit für Das, was sie ist, für anschauliche Vorstellung, welche gesetzmäßig am Bande der Kausalität sich entwickelt.

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So wie wir die Frage nach der Realität der Außenwelt bis hieher betrachtet haben, war sie immer hervorgegangen aus einer bis zum Mißverstehen ihrer selbst gehenden Verirrung der Vernunft, und insofern war die Frage nur durch Aufklärung ihres Inhalts zu beantworten. Sie mußte, nach Erforschung des ganzen Wesens des Sahes vom Grunde, der Relation zwischen Objekt und Subjekt und der eigentlichen Beschaffenheit der sinnlichen Anschauung, sich selbst aufheben, weil ihr eben gar keine Bedeutung mehr blieb. Allein jene Frage hat noch einen. andern, von dem bisher angegebenen, rein spekulativen, gänzlich verschiedenen Ursprung, einen eigentlich empirischen, obwohl sie auch so noch immer in spekulativer Absicht aufgeworfen wird, und sie hat in dieser Bedeutung einen viel verständlicheren Sinn, als in jener ersteren, nämlich folgenden: wir haben Phantasie, wir haben Träume; ist nicht etwan das ganze Leben ein Traum? — oder bestimmter: giebt es ein sicheres Kriterium zwischen Traum und Wirklichkeit? zwischen Phantasmen und realen Objekten? Das Vorgeben der geringeren Lebhaftigkeit und Deutlichkeit der geträumten, als der wirklichen Anschauung, verdient gar keine Berücksichtigung; da noch Keiner diese beiden zum Vergleich neben einander gehalten hat; sondern nur die Erinnerung des Traumes vergleichen konnte mit der gegenwärtigen Wirklichkeit. Kant löst die Frage so:,,der Zusammenhang der Vorstellungen unter sich nach dem Geseze der Kausalität unterscheidet das Leben vom Traum." Allein auch im Traume hångt alles Einzelne ebenfalls nach dem Sak vom Grunde in allen seinen Gestalten zusammen, und dieser Zusammenhang bricht bloß ab zwischen dem Leben und dem Traume und zwischen den einzelnen Träumen. Kants Antwort könnte daher nur noch so lauten: der lange Traum (das Leben) hat in sich durchgängigen Zusammenhang gemäß dem Sah vom Grunde, nicht aber mit den kurzen Trâumen; obgleich jeder von diesen in sich denselben Zusammenhang hat: zwischen diesen und jenem also ist jene Brücke abgebrochen. und daran unterscheidet man beide. Allein eine Untersuchung, ob etwas geträumt oder geschehen sei, nach diesem Kriterium anzustellen, wäre sehr schwierig und oft unmöglich; da wir keines

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