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it billigen; oder es sollten Karl und Ferdinand die Verhandlungen abHen und sofort zu den Waffen greifen; oder er wollte auch dem Könige zestatten, den Passauer Vertrag, wie ihn die Stände vereinbart, auf ind der allgemeinen Vollmacht, die ihm ertheilt war, anzunehmen, r dabei behielt Karl sich vor, seinerseits nicht an den Vertrag gebunzu sein: wenn Ferdinand und Max ihm sofort diesen geheimen test gegen den Vertrag beglaubigen würden, wollte er Deutschland en überlassen, wollte er eine bessere Gelegenheit abwarten, dieses ndliche Machwerk durch seine Thätigkeit zu zerreißen. Es war ein sweg, dieser kaiserlichen Politik würdig, ein gewissenloses Spiel mit :trägen, das neuen unheilvollen Krieg über Deutschland hereingeen hätte.

König Ferdinand wurde durch diese Antwort des kaiserlichen nders aufs heftigste erschreckt. Die kaiserlichen Agenten in Passan ›st, wie sehr sie auch die Heiligkeit dieser Pläne des Kaisers preisen chten, fanden die Sache höchst gefährlich und bedenklich 27): da der rstenbund die Vorschläge der vermittelnden Fürsten rundweg angemmen, so bleibe dem Kaiser keine Aussicht auf Hülfe des Reiches, die größten Gefahren würden dem Kaiser entstehen. Und Ferdinand te schleunigst zu dem Bruder nach Villach. Er hat dort persönlich 1 zu bewegen gesucht, von diesem prinzipiellen Widerstande abzussen; er hat ihn auf die Gefahren der habsburgischen Stellung auferksam gemacht; er hat in den lebendigsten und dringendsten Vorllungen auf das sichere Unheil hingewiesen, das seine Regierung in 1garn durch den immer bedrohlicher aufsteigenden Türkenanfall treffen rde. Aber auch diese Zureden haben die prinzipielle Abneigung des isers vor dem Religionsfrieden nicht zu überwinden vermocht. Er b nur das Eine nach, daß er einstweilen, für diesen Moment die rotestanten, nicht bedrängen werde; er kam dabei auf die Behauptung rück, daß sobald als möglich ein Reichstag zusammentreten solle, dem an ebensowohl das Verfahren in religiöser Hinsicht als die Erledigung er Reichsbeschwerden vorbehalten könne; und bis zu diesem Reichtstage rpflichtete er sich, keinen Schritt gegen die Gegner zu thun 28).

Das war die äußerste Grenze, bis zu der die Nachgiebigkeit des aisers gehen konnte. Wie wir in seinem Verhalten vor dem Schmalaldener Kriege es beobachtet haben, so hát er auch hier eine momen

27) Rye und Seld. 6. Juli. ebb. 349 f.

29) Verabredung zwischen Ferdinand und Karl. ebd. 358; Karl an Maria. 6. Juli. ebd. 377.

tane Nachgiebigkeit zugestanden, aber an den Grundsäßen seiner :: lichen Stellung, wie sie seine Seele erfüllten, hat er unerschüt festgehalten.

Ferdinand sah ein, daß weiter Nichts zu erreichen war; er sofort nach Passau zurück, und es gelang ihm hier, die Ber alle zu diesen vom Kaiser abgeänderten Vertragsartikeln zu ber: 1 Am 16. Juli durfte das Resultat seiner Anstrengungen verkündet me Ferdinand war da im Stande einen Bevollmächtigten zu K Moritz und seinen Verbündeten in ihr Lager zu senden. Aber aut gab es Bedenken, ob man sich bei diesen Zugeständnissen einz gränzten Friedens beruhigen sollte. Endlich, nach tagelangen Berath vielleicht auch durch eine eben vor Frankfurt erlittene Niederlage gestimmt, nahm Moritz am 2. August den Vertrag an, so wie Kar Ferdinand ihn aufgesetzt hatten 29).

Auch in dem Bunde der Fürsten war man nicht allgemein diesem Abschlusse zufrieden. Der Markgraf Albrecht wies ihn er stellte dem Kaiser seine besonderen Bedingungen, die aber so m erschienen, daß man ohne weiteres sie abwies 30). Morit dagegen sprach Ferdinand sofortigen Zuzug zum Türkenkriege. Als Morit Ferdinand sich persönlich in Passau begegnet waren, war Beiden Nothwendigkeit klar geworden, daß man Deutschland wirklich beru müsse und daß man den Osten des Reiches gegen den Türken zu sdiz verpflichtet sei. Die Rücksicht auf das Wohl der Nation war es, der beide Fürsten sich vereinigten, und die zuletzt den Fürstenbun Annahme auch dieses beschränkten Friedens bewog. Es war imm eine große Errungenschaft, daß man diesen Kaiser, der die alte K gewalt in neuer Macht herzustellen mit Glück versucht hatte, zu zeitweiligen Verzicht auf seine Errungenschaften gezwungen, daß für die nächste Zeit Frieden in der Nation und Toleranz der be Religionen sogar diesem Kaiser abgerungen hatte.

Aber als man glaubte zu Ende zu sein, entstand plötzlich necr ein Hinderniß. Wie Karl niemals diesem Passauer Vertrage ge war, so sprach er jetzt plötzlich dem Bruder die Absicht aus, schließ den Vertrag doch nicht zu ratifiziren: er meinte, die Gelegenhei: günstig, über das Heer des Fürstenbundes herzufallen, die aufgeschei Strafe sofort an Moriß zu vollziehen 31). Hatte er doch auch j

29) Heinrich von Plauen 2. August 1552. ebd. 409.

30, Voigt I. 326. ff.

31) Ueber dies leyte Intermezzo die Akten bei Lanz 424. 437. 439. 456.

er in Villach den Bruder entlassen, ihm noch einmal von einem imen Proteste gegen alle Concessionen an die Gegner geredet; und sind in der That nicht im Stande, mit Sicherheit anzugeben, ob t nachher noch ein solcher Protest aufgerichtet worden ist, oder ob ›ei dieser Aeußerung geblieben 32).

Ferdinands Bestürzung bei diesen Erklärungen seines kaiserlichen ubers war auf's höchste gestiegen. In flehenden Briefen, in üthigen Bitten bestürmte er den Sinn Karl's, ihn nicht einem ren Ruine preiszugeben. Und Karl selbst mußte zuletzt einsehen, che Gefahren ihm ein solches unerwartetes Vorgehen bringen könne : faßte den Beschluß, zunächst die gesammelte Heeresmacht gegen inkreich ins Feld zu führen, er entließ den Landgrafen von Hessen » seiner Haft und gab auch Johann Friedrich gegen das Versprechen dlichen Verhaltens zu Morig frei; er war geneigt, in einigen Punkten 1 Deutschen zu Gefallen zu sein, einzelne Abänderungen in seiner gierung zu treffen; er gewann es sogar über sich, als er in Augsrg einige Tage verweilte, ein Paar lutherische Prediger zu dul1: er hat am 15. August den Passauer Vertrag unterschrieben.

32) Die erste Notiz von einem Proteste Karl's gegen den Passauer ertrag theilte Gachard_mit (Correspondance de Philippe II. Rapport à r. le ministre de l'interieur p. 190 ff.) Tarnach ist die Sache folgende: Am November 1568 äußerte Granvella an Philipp, der Kaiser habe, seine Nachbigkeit an Ferdinand bereuend, in den Niederlanden durch ein ausführliches Doment den Vertrag zurückgenommen; dies deutsche Aktenstück sei von ihm eigenndig unterschrieben, durch Seld gegengezeichnet, aber nicht untersiegelt; denn rdinand habe dem sofort widersprochen und einen solchen Schritt als den Ruin ner deutschen Herrschaft bezeichnet; und in Folge davon sei die Publikation untereben. Auf Philipp's weitere Nachfragen (12. März 1569) ward jetzt der Befehl heilt, in den Niederlanden nach diesem Documente zu suchen (Granvella. 22. pril 1569); — aber ob man es gefunden und wie es sich weiter damit verhalten, rüber ist auch mir keine Notiz aufzutreiben möglich gewesen. (Von den beiden chreiben vom 3. November 1568 und 12. März 1569 findet sich jetzt ein Abdruck i Döllinger 647 und 649.) Ich gestehe, der Vorgang, wie Granvella ihn erhlt, ist sehr wahrscheinlich, aber ich möchte ihn doch noch nicht als ein cher gestelltes Faktum behaupten. Daß Karl schon vorher die Idee geißert, in solcher Weise sich zu helfen, beweisen die oben berührten Stellen bei anz III. 326 und 360.

19.

Dieser Passauer Vertrag ist noch nicht der dauernde Rechtsboden für Deutschlands Entwicklung gewesen, er ist noch nicht als die reife Frucht der Bestrebungen unserer Nation in der Reformationsepoche anzusehen; aber wenn man in Passau auch nicht das Höchste erreicht hat, so hat man doch einen großen Schritt vorwärts gethan auf der Bahn, die zu der definitiven Lösung der Frage hinführen mußte.

Wir konnten verfolgen, wie die Entwickelung der religiösen Frage in unserer Nation immer bestimmter den Charakter annahm, als ob Selbständigkeit der einzelnen Staaten in der Religion, und als ob religiöse Toleranz das Endresultat der Entwickelung sein werde. Und wenn die kühne Politik des spanischen Habsburgers für eine Zeitlang diese Entwickelung durchbrechen und ihre eigenthümlichen Geseze starrer Religionseinheit und straffen Religionszwanges der Nation auferlegt hatte, so waren jezt diese Ergebnisse der kaiserlichen Politik durch die Schläge des Aufstandes zertrümmert und in dem Passauer Vertrage zu Grabe getragen. Das gerade ist, wie ich meine, die Bedeutung dieses Passauer Vertrages, daß die Zwangsgesetze, die Kaiser Karl nach seinem Siege über die Protestanten erlassen, wieder aufgehoben, ja daß überhaupt die Wirksamkeit der kaiserlichen Politik von der deutschen Nation entfernt worden ist.

Wenn der Passauer Vertrag die einstweilige Gleichberechtigung der römischen und der lutherischen Religion aussprach, so stellte er damit das Gesetz einstweiliger Toleranz für diese gleichberechtigten Religionen auf. Und es war nicht ein Machtgebot höheren Willens, das diese Bestimmungen dictirt hatte, nein, es war das Bedürfniß der Nation

bst, das mit gebieterischem Tone sich geltend machte, Aufhebung des ligiösen Zwanges und Religionsfrieden verlangend.

Kaiser Karl hatte dieser Maßregel nicht zuzustimmen vermocht; id wie hätte man von diesem katholischen Spanier Billigung eines eligionsfriedens erwarten dürfen? — Er hat noch zuletzt die Forderung nes unbeschränkten, beständigen Friedens in die Gewährung eines nstweiligen Stillstandes aller religiösen Händel herabgestimmt. Dem rieden, den die Nation mit überwiegender Majorität forderte, hatte er ch nicht gefügt: der Widerspruch seines Charakters mit den Tendenzen er deutschen Nation war auch in dieser Lebensfrage wieder einmal zu Eage getreten. Aber wenn der Kaiser sich den Wünschen der Nation icht unterzuordnen vermochte, und wenn er sogar auf seinem Widertande gegen den dauernden Frieden beharren wollte, desto schlimmer ür ibn.

Die Nation hat ihren Frieden auch ohne den Kaiser, auch gegen zen Willen des Kaisers gefunden.

Schon der Passauer Stillstand war zu Stande gekommen, vornehmlich durch das feste, consequente, unbeirrte Auftreten jener großen Partei der Vermittlung. Wenn es auch im Reiche unruhige Geister und habgierige Kriegsfürsten gab, die in einer Fortsetzung des Krieges ihren Vortheil sahen, so waren doch von den größeren Reichsständen fast alle von der Nothwendigkeit des Friedens durchdrungen, die geistlichen Kurfürsten, die eigentlichen Häupter der katholischen Kirche in Deutschland, nicht minder als der Kurfürst von der Pfalz, in seiner Jugend der eifrigste Parteigänger Habsburgs im Reiche. Und auch der Staat, der früher den Friedensversuchen die heftigste Opposition gemacht und treu zu dem römischen Papste gehalten hatte, Bayern, stand jetzt in der ersten Reihe derjenigen Fürsten, die auf eine feste Grundlage gegenseitiger Anerkennung das Reich zu stützen vermeinten. Sogar der Bruder des Kaisers, so gut katholisch er auch für seine Person gewesen und geblieben war, hatte die Nothwendigkeit des Religionsfriedens nicht in Abrede gestellt; segar Ferdinand hatte geglaubt, dem Bruder zureden zu sollen, daß er den Religionsfrieden bewillige: er batte das ganze Gewicht seines Einflusses eingesetzt, den Bruder von dem Gedanken eines neuen Krieges abzuwenden.

Es waren wenige Parteigänger, auf die Karl bei seinen Kriegsplänen hätte zählen können. Da mochte wohl Einer oder der Andere der Prälaten, von unbeugfamem Eifer des Katholizismus erfüllt, sich nach den Prinzipien seiner Kirche gegen einen Frieden mit den Regern

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