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sonderheit französischen Philosophen * ist Zweifel! Zweifel in hundert Gestalten, alle aber mit dem blendenden Titel "aus der Geschichte der Welt!,, Widersprüche und Meereswogen: man : scheitert, oder was man von Moralität und Phis losophie aus dem Schiffbruche rettet, ist kaum. der Rede werth.

Sollte es nicht offenbaren Fortgang und Entwicklung, aber in einem höhern Sinne, geben, als mans gewähnet hat? Siehest du diesen Strom fortschwimmen: wie er aus einer kleinen Quelle ents sprang, wächst, dort abreißt, hier anseht, sich immer schlängelt und weitet und tiefer bohret bleibt aber immer Wasser! Strom! Tropfe! immer nur Tropfe, bis er ins Meer stürzt wenns so mit dem menschlichen Geschlechte wäre? Oder siehest du jes nen wachsenden Baum! jenen emporstrebenden Mens schen! er muß durch verschiedne Lebensalter hins durch! alle offenbar im Fortgange! ein Stree ben auf einander in Kontinuität! Zwischen jedem find scheinbare Ruheplähe, Revolutionen! Veränderungen! und dennoch hat jedes den Mit

Der gute ehrliche Montagne fieng an; der Dialektiker Baile, ein Raisonneur, dessen Widersprüche nach Artikeln seiner Ges dankenform, des Diktionnairs, Crousaz und Leibniß gewiß nicht haben vergüten können, würkte aufs Jahrhundert weiter. Und dann die neuern Philosophen, Allanzweifler mit eigenen kühnsten Behauptungen, Voltaire, Hume, selbst die Diderots → es ist das große Jahrhundert des Zweifelns und Wellenerregens,

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telpunkt seiner Glückseligkeit in sich selbst! Der Jüngling ist nicht glücklicher, als das unschuldige, zufriedne Kind: noch der ruhige Greis une glücklicher, als der heftigstrebende Mann: der Pendul schlägt immer mit gleicher Kraft, wenn er am weitesten ausholt und desto schneller strebt, oder wenn er am langsamsten schwanket, und sich der Ruhe nähert. Indeß ists doch ein ewiges Streben! niemand ist in seinem Alter allein, er bauet auf das Vorige, dies wird nichts als Grundlage der Zukunft, will nichts als solche seyn so spricht die Analogie in der Natur, das redende Vorbild Gottes in allen Werken! Offenbar so im Menschengeschlechte! Der Aegypter konnte nicht ohne den Orientaler seyn, der Grieche bauete auf jene, der Römer hob sich auf den Rücken der ganzen Welt wahrhaftig Fortgang, fortgehens de Entwicklung, wenn auch kein Einzelnes da bey gewonne! Es geht ins Große! es wird, womit die Hülsengeschichte so sehr prahlet, und wovon fie so wenig zeigt, Schauplah einer leitenden Absicht auf Erden! wenn wir gleich nicht die lehte Absicht sehen sollten, Schauplah der Gottheit, wenn gleich nur durch Oeffnungen und Trüm mer einzelner Scenen.

Wenigstens ist der Blick weiter als jene Philosophie, die unter-über mischt, nur immer hie und da, bey einzelnen Verwirrungen auf

hålt, um alles zum Ameisenspiele, zum Sea strebe einzelner Neigungen und Kräfte ohne Zweck, zum Chaos zu machen, in dem man an Lus gend, Zweck und Gottheit verzweifelt! Wenns mir gelånge, die desperatsten Scenen zu binden, ohne fie zu verwirren zu zeigen, wie sie sich aufeins

nander beziehen, aus einander erwachsen, sich in einander verlieren, alle im Einzelnen nur Momente, durch den Fortgang allein Mittel zu Zwes cen, - welch ein Anblick! welch edle Anwens dung der menschlichen Geschichte! welche Aufmunterung zu hoffen, zu handeln, zu glauben, selbst wo man nichts, oder nicht als Ies sicht. — Ich fahre fort

Zweiter Abschnitt.

Auch die römische Weltverfassung ers reichte ihr Ende, und je grösser das Gebäude, so höher es stand, mit desto grösserm Sturze fiels! die halbe Welt war Trimmer. Völker und Erdtheile hatten unter dem Baume gewohnt, und nun, da die Stimme der heiligen Wächter rief: "haut ihn ab!,, welch eine große Leere! Wie ein Riß im Faden der Weltbegebenheiten! nichts minder, als eine neue Welt, war nöthig, den Riß zu heilen.

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Norden wars. Und was man auch nun über den Zustand dieser Völker für Ursprünge und Systeme ersinnen mag: das simpelste scheint das wahreste: in Ruhe warens gleichsam "Patriarchien, „wie sie in Norden seyn konnten.,, Da uns ter solchem Klima kein morgenländisches Hirtenleben möglich war, schwerere Bedürfnisse hier den menschlichen Geist mehr druckten, als wo die Natur fast allein für den Menschen würkte: eben die schwerere Bedürfnisse, und die Nordluft die Menschen aber mehr hårtete, als sie im

warmen aromatischen Treibhause Osts und Süds ges hårtet werden konnten: natürlich blieb ihr Zustand roher, ihre kleinen Gesellschaften getrennter und wilder: aber die menschlichen Bande noch in Stärke, menschlicher Trieb und Kraft in Fülle. Da konnte das Land werden, was Tacitus bes schreibt. Und als dies nordische Meer von Völkern mit allen Wogen in Bewegung gerieth, Wogen drängten Wogen, Völker andre Völker! Mauer und Damm um Rom war zerrissen: sie selbst hatten ih nen die Lücken gezeigt und sie herbeygelockt, daran zu flicken. - endlich da alles brach, welche Ueberschwemmung des Süds durch den Nord! und nach allen Umwälzungen und Abscheulichkeiten welche neue nordsüdliche Welt!

Wer den Zustand der römischen Lånder (und sie waren damals das gebildete Universum!) in den lekten Jahrhunderten bemerket, wird diesen Weg der Vorsehung, einen so sonderbaren Ersak menschlicher Kräfte zu bereiten, anstaunen und bewundern, Alles war erschöpft, entnervt, zerrüttet. Von Menschen verlassen, von entnervs ten Menschen bewohnt, in Ueppigkeit, Lastern, Unordnungen, Freyheit und wildem Kriegsstolz uns tersinkend. Die schönen römischen Geseße und Kenntnisse konnten nicht Kräfte ersehen, die verschwunden waren, Nerven wiederherstellen, die keinen Lebensgeist fühlten, Triebfedern res

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