Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

nunciation um Einen in's schändlichste Gefängniß zu bringen, die rohe Tölpelei mit welcher die Regierung gegen alle äußeren Abzeichen des katholischen Bekenntnisses förmlich wüthet das sind lauter Thatsachen, welche die schlechte Stimmung gehörig begründen“ (I. 276). Wenn König Franz II. aus dem Schlosse fuhr, theilte er Geld unter die Armen aus, die sich um den Wagen sehen ließen. Victor Emmanuel warf, als er in Portici war, auch einige kleine Münzen aus, aber sie wurden ihm von den umstehenden Armen mit Schimpfworten der beleidigendsten Art in den Wagen zurückgeworfen; Niemand wollte von ihm etwas nehmen. Die Einspänner in Neapel zahlten früher nichts, jezt monatlich 4 Franken Steuern. Für jede Namensfirma ober einem Kaufladen sind monatlich 10 Franken zu zahlen; nun löschen die Kaufleute ihre Firmen aus und ziehen vor, lieber nichts ober dem Laden verzeichnet zu haben. Haussteuer gab es auf dem Lande gar keine, jezt jährlich 12 Carlin. Alles Mögliche ist besteuert; wer sein ehrliches Wappen am Wagen führen will, muß dafür eine Steuer bezahlen; für jeden LivreeBedienten wird eine Steuer erhoben. Das ist also eine Adel und Lurussteuer. Den armen Leuten geht es aber gerade so, die Besizer kleiner Bottegen, Handwerker, Fruchthändler, Speck- und Wurstkrämer waren früher frei, jezt zahlt jeder 9 Ducati*). Schon 1861 hat der Herzog von Maddaloni der Deputirtenkammer zu Turin über das Walten der Piemontesen in Neapel eine Denkschrift (am 20. Nov.) übergeben, in welcher auf 50 Seiten die schwersten Anklagen gegen die Regierung verzeichnet sind. Zwei Ortschaften, Pontelandolfo und Casalduri, erstere 5000, die zweite 10,000 Bewohner zählend, wurden von den piemontesischen Soldaten mit haarsträubender Grausamkeit rein niedergebrannt, Frauen zogen den Flammentod vor, um unbefleckt zu sterben. Officiöse

*) 1 Dukaten = 10 Carlin, 1 Carlin = 12 Kreuzer rheinisch.

Journale meldeten bloß, daß gegen die beiden Orte „Gerech tigkeit geübt wurde." Die gewöhnliche Zeitungsliteratur geht über solche Thatsachen natürlich stillschweigend hinweg.

Ein eigener Abschnitt ist den Grabeshallen unter dem St. Petersdom in der ewigen Stadt gewidmet. Die interessante Geschichte des Grabmals Kaisers Otto II. hat Sighart in seinem anziehenden Büchlein „Reliquien aus Rom“ (S. 89 ff.) ausführlich behandelt. In diesen Krypten wird auch der Sarg Alexanders VI. von den Führern standhaft hergezeigt, aber um des zu bezweckenden geheimnißvollen Schauders willen nicht erwähnt, daß sein Leib nicht mehr darinnen liegt: dieser wurde nämlich auf Befehl Julius II. in die Kirche S. Giacomo degli Spagnuoli gebracht, und nachdem diese verfiel, 1605 in die Kirche S. Maria de Monseratto übertragen. Eine satanische Freude und ein Hohngelächter der Hölle lassen in der Regel vor dem Sarge dieses Papstes vorzüglich jene Herren an sich merken, denen es ein Trost und ein Vergnügen ist, hinter den steinernen Deckel desselben ihr eigenes Treiben zu verschanzen. Es ist übrigens zu bemerken, daß Parteileidenschaft Alexander VI. noch viel schwärzer gemacht hat, als er in der That gewesen ist. Selbst Gregorovius als Protestant und nicht absonderlicher Freund der Päpste nimmt manche Anschuldigung, die gegen Alexander VI. gemacht wurde, mit Bedenken an ihrer Aechtheit auf. So sagt er in seinen Grabmälern römischer Päpste (S. 118): Alexander soll an Gift gestorben seyn, welches er einem Cardinal hatte einflößen wollen, wenn diese Nachricht mehr als eine Fabel ist." Sogar einiges Lob läßt ihm dieser Autor in den Worten angedeihen: „Vom Glück war dieser Papst weniger reich beschenkt als von der Natur, ein glänzender Kopf; klug, sehr beredt, ein vollendeter Diplomat, nicht ohne Sorgfamkeit für das Wohl Noms." Ferner: „Die Anspielung auf ein schändliches Verhältniß zu seiner Tochter Lucrezia rechtfertigt kein Dokument."

Der zweite Band von Brunners Studien und Kri

tiken enthält eine wahre Fundgrube von interessanten Bemerkungen über verschiedene römische Zustände, von denen jener Abschnitt „Was in Nom für die Armen geschieht“ ge= wissen Statistikern mit Zahlen in's Gewissen redet. Besondere Aufmerksamkeit hat Herr Brunner der wissenschaftlichen Thätigkeit gewidmet. Die kleinste Stadt, mancher von der neuesten Kunstgeschichte oft immer noch vergessene Dom hat seine umfangreiche, quellenmäßig gearbeitete, häufig sogar vielbändige Monographie aufzuweisen; der Herr Verfasser zieht ebensowohl kostbare alte Werke hervor und gibt uns mit derselben Umsicht von den neueren und neuesten Werken Kunde, welche in Deutschland vielleicht zum erstenmale genannt werden. Die Gesinnungstüchtigkeit wird ihn hiefür freilich ignoriren, desto mehr Grund für uns, ihm hiefür Dank zu wissen, zumal auch dafür daß er es in so anziehender und pikanter Form geboten hat.

XXVIII.

Zur Geschichte der Philosophie.

I. Geschichte der Philosophie des Mittelalters von Dr. Albert Stöckl. Dritter Band: Periode der Bekämpfung der Scholastik. Mainz bei Kirchheim 1866. 688 S.

Sowohl den verehrten Lesern dieser Blätter als auch dem Autor glauben wir verpflichtet zu seyn den vorliegenden dritten Band der Geschichte der Philosophie des Mittelalters, wodurch das umfangreiche Werk seinen Abschluß erhalten hat, zur Anzeige zu bringen. Die schnelle Aufeinanderfolge der drei seitenreichen Bände hat uns fast einige Verwunderung

abgenöthigt, wenn wir auf das mannigfache Material, welches darin verarbeitet werden mußte, Rücksicht nehmen. Es läßt sich selbstverständlich erwarten, daß der Plan und die Grundanschauung, welche wir in den beiden ersten Bänden gefunden haben, auch in diesem Schlußbande beibehalten ist. Diejelben Voraussetzungen wie dort sind auch hier; ebenso kehren dieselben Einseitigkeiten und Härten, wie wir sie dort gefunden, auch hier wieder. Wir können darum den Leser, der an der Sache wirkliches Interesse findet, auf die frühere Besprechung (Bd. 58 S. 1 ff.) verweisen. Es scheint uns demnach eine möglichst kurze Skizze des überreichen Stoffes des vorliegenden lezten Bandes zu genügen.

Mit Recht nennt der Hr. Verfasser den Zeitraum, welcher der Gegenstand dieses dritten Bandes ist, die Periode der Bekämpfung der Scholastik.“ Unter den mannigfachen Faktoren, welche das Zeitalter der Renaissance und der Reformation herbeigeführt haben und daraus hervorgegangen sind, macht die Philosophie nicht den geringsten aus. Man müßte nur dem blinden Zufall in der Geschichte Thür und Thor öffnen, oder keine Ahnung haben von dem inneren Zusammenhang zwischen Ursachen und Wirkungen sowohl auf dem Gebiete des geistigen als auch des physischen Lebens, wollte man sich etwa der Meinung hingeben, daß Ereignisse wie wir sie z. B. im 15. und 16. Jahrhundert beobachten, bloß so über Nacht geworden seien. So sehr man über derartige Dinge empört seyn mag: wer vermag es zu ermessen, wie viel oder wie wenig Verantwortung hier auf den Einzelnen fällt? Wir sind der Meinung: nur Der, der da' Herz und Nieren prüft. So sehr wir den Faktor der menschlichen Freiheit sei es im Guten oder Bösen in der Geschichte anerkennen, ebenso werden wir auch genöthigt seyn ein Geseß, eine historische Nothwendigkeit als Grundlage einer allge= meinen Geistergährung anzunehmen. Stöckl's Arbeit trägt dazu bei auf diese tieferen Grundlagen der Geschichte hinzuweisen. In der Vorrede zum vorliegenden dritten Bande

bemerkt der Verfasser mit Grund: „Die Bewegungen der Renaissance und des Zeitalters der sogenannten Reformation sind so tief eingreifend, sie führen eine derartige Umwälzung des Bestehenden mit sich und sind so bedeutungsvoll und einflußreich für die Zukunft, daß ein tieferes Eingehen in diese Bewegungen unumgänglich nothwendig ist, um den Uebergang von der mittlern in die neuere Zeit und den Charakter der leztern selbst wiederum zum rechten Verständniß zu bringen. Dieß gilt, wie überall, so auch auf dem Gebiete der Philosophie."

In der Einleitung gibt Stöckl eine kurze Uebersicht der Hauptmomente des kirchlichen, politischen und socialen Lebens, welche zusammenwirkend den Bruch mit den mittelalterlichen Traditionen herbeiführten. Ein Abgrund ruft dem anderen; ein Extrem folgt auf das andere: dieß dürfte wohl der Grundgedanke dieser Skizze seyn, welche nicht auf Ausführlichkeit Anspruch macht und darum auch nicht im Einzelnen gepreßt werden darf. So z. B. was S. 10 über die Einheit der christlichen Völkerfamilie im Mittelalter und die Sonderbestrebungen der einzelnen Staaten beim Beginne der neueren Zeit; ebenso S. 4 über das Verhältniß der Päpste zu den Kaisern 2c. gesagt ist. Der Autor gliedert seine vielfach disparaten Stoffe in zehn Hauptabschnitte: 1) die Cusanische Schule, zu welcher außer Nikolaus von Cues Carolus Bovillus und Giordano Bruno gerechnet werden (S. 23 bis 135). 2) Der Platonismus, welchem Gemisthius Plethon, Bessarion, Marsilius Ficinus, Johannes Pico von Mirandula, Franziscus Patricius und Thomas More zugehören (S. 136201). Es folgt darauf 3) der antischolastische Aristotelismus eines Leonicus Thomäus, Alexander Achillinus, Petrus Pomponatius, Augustinus Niphus, Andreas Cäsalpinus, Jakob Zabarella und Cäsar Cremonius (S. 202 bis 275). 4) Die antischolastische Dialektik der Philologen Laurentius Valla, Rudolf Agricola und Ludwig Vives, des Nizolius und Petrus Ramus (276-305). 5) Die Restau

« ZurückWeiter »