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Stücken einer Farbenskizze gearbeitet wurde, war für die einheitliche, harmonische Farbenwirkung unvortheilhaft. Dann scheint wirklich Cornelius immer mehr das Element der Farbe geringgeschäzt zu haben, er wollte die Composition vor Allem wirken, keine Farbe aber vortreten und eine selbstständige Geltung gewinnen lassen, daher der schmuzige Ton der über das Ganze ausgegossen ist!

Nach Vollendung dieser Gemäldezier der Ludwigskirche war wieder großes Fest zu Ehren des Meisters Cornelius, der während der Zeit im Jahre 1835 auch Paris besucht hatte und dort mit seltener Auszeichnung behandelt worden war*). Aber bald wurde das Gericht, das er in der Ludwigskirche mit solcher Lust ausgeführt, seiner bisherigen Stellung zum Verderben. Cornelius vernahm mit Herzenleid, welches Gericht an manchen Orten, zumal von Künstlern, über sein Lieblingsbild des Gerichts gehalten wurde. Als dann der von Berchtesgaden nach München heimgekehrte König alsbald in Begleitung des Baumeisters Gärtner die Kirche besuchte, um die vollendeten Fresken zu schauen, wurde dem nachkommenden Meister Cornelius, vielleicht aus Mißverständniß, der Eintritt in den Bau versagt. Er nahm diese Behandlung als Zeichen der höchsten Ungnade, er schloß daraus daß man durch seine Schöpfung nicht befriedigt sei, daß man seiner Person gerne entledigt wäre, und im Ansturme des beleidigten Ehrgefühls bat er nach Kurzem um seine Entlassung als Direktor der Akademie der Künste.

Dazu kam, daß der kunstsinnige König Wilhelm IV. von Preußen sein altes jezt berühmtgewordenes Landeskind wiederholt eingeladen hatte, nach Berlin zu kommen und bei seinen großen Kunstunternehmungen ihm zur Seite zu stehen. Dieser Einladung folgte nun Cornelius. So war er véran

*) König Louis Philipp führte den Meister, den alten Franzosenhaffer wie ihn Overbeck in Briefen nennt, selbst in die Gallerie zu Versailles.

laßt, nach fast zwanzigjährigem Aufenthalte in Bayern dieses Land zu verlassen. Doch ehe wir den Meister ziehen lassen, müssen wir noch einen Blick werfen auf sein anderweitiges Leben und Wirken, Denken und Trachten, Glauben und Lieben in dieser Zeit seines Aufenthaltes in München.

Vor Allem müssen wir seine Eigenschaft als Lehrer und Direktor der Akademie der Künste mit hohem Ruhme erwähnen. Es sei vorerst erwähnt, daß er stets bedacht war, allmählig die trefflichsten Lehrer für die Akademie zu gewinnen ; besonders die Freunde die ihm von Düsseldorf gefolgt waren, sowie Schlotthauer, Heß, Amsler wußte er zu Genossen zu erhalten. Was ihn selbst betrifft, so wird selten ein Mann solche eminente Begabung für eine Stelle der Art besessen haben als Cornelius. Wenn er lehrte, kurz, prägnant, treffend, geistreich, hing Alles an seinem Munde; was er befahl, ge= schah ohne Widerrede von den Schülern. Nicht als Lehrer und stolzer Gebieter, sondern als Hoherpriester der Kunst wandelte er durch die Säle der Akademie, so erschien er mir immer: sagte mir ein Maler, der unter seiner Leitung an der Akademie gewesen.

Auf Wahrheit, Treue und Großartigkeit drang er vor Allem auch hier bei künstlerischen Entwürfen seiner Schüler. Er selbst war die Wahrheit und Natürlichkeit in Allem was er that und sprach. Darum schreibt er mit Recht in einem Briefe: „Ich kann das Gethue eines Salbaders nicht lernen, vielleicht weil jede Art von Wind mir um die Nase gestrichen; die Leute sehens mir an, daß ich nicht sagen kann: Sauer ist süß! Sie sehen mir's gleich an, daß ich sagen werde: Der Gesang der Nachtigall gefällt mir besser als das Gekrächz der Dohlen!" Ebenso männlich und furchtlos war er in allen Bedrängnissen. Als in München die Cholera wüthete (1831), lud ihn Fräulein Linder nach Basel ein, einen neuen Dekamerone zu produciren gegen die Pest; er aber schreibt: „Ich wäre Ihrer Ladung gefolgt, hätte ich den Muth gehabt mich zu fürchten; jezt aber aus Feigheit für den Tod meiner

Ehre, muß ich den Kartätschen der Cholera stehen; da wo mein König und so viele ehrenwerthe Männer aushalten, darf der Cornelius nicht davonlaufen!"

Gegenüber seinen Schülern der Münchener Zeit war der Meister nicht gerade affabel und freundlich, mehr ernst und zurückhaltend, während er die von Düsseldorf Gekommenen als seine alten Freunde in seinen steten Umgang zog. Aber wenn es sich darum handelte einem Künstler, einem Zögling der Akademie behilflich zu seyn durch Rath und That, da war Cornelius immer zur Hand. Er vertrat bei Vielen die Stelle des sorgenden Vaters, wie Eberle das immer von seinem Verhältniß zu Cornelius sagt. Er nahm sich der reicher Begabten und Talentvollen mit besonderer Hingebung an, empfahl sie den anderen Lehrern, corrigirte ihre Entwürfe und gab ihnen selbst passende Themen. So war er noch von Berlin aus besorgt um einen Maler Lampenseder, dem er in einem Briefe räth einmal eine große Composition zu versuchen, aber nicht zu viel Engel und Teufel anzubringen, das sei Pfeffer, den wolle man seltener haben. Er war großmüthig im Spenden von Unterstützungen an Nothleidende. Als der junge Herr Quast ohne Geld aus Griechenland heimkehrte, ließ er ihm sogleich voll Erbarmen 100 fl. auszahlen. Ein Münchener Künstler (H.), der sehr kümmerlich zu leben hatte, besuchte den alten Lehrer. Cornelius, scharfen Auges erkennend wo es dem Manne fehle, ging zu seinem Schreibpulte, nahm dreimal die Hand voll Geld, gab sie dem erstaunten Künstler und sagte: „Da nehmen Sie! Sie müssen besser Leben, sonst kann man nichts Ordentliches schaffen! Haben Sie einmal überflüssiges Geld, so können Sie mich bezahlen!" Einmal sammelte er für einen armen halberblindeten Miniaturmaler selbst Beiträge bei seinen Bekannten. So war er hilfreich in fremder Bedrängniß, uneigennützig und stets nobler Gesinnung. Seine Cartons und Zeichnungen achtete er wenig, sie lagen lange auf dem Speicher der Akademie; beim Abzuge nach Berlin schenkte er auf Schlotthauers

Verwendung etwa sechs seiner trefflichen Aktzeichnungen der Akademie als Vorlagen, die noch jezt benüßt werden. Deßwegen hat er sich auch kein großes Vermögen troß glänzender Stellungen und Arbeiten gesammelt. Er war stets heiter, lebenslustig, lebte gut*), trank gut, gab häufig Gesellschaften, und trug eine glühende sinnliche Natur und Phantasie mit sich herum.

Uebrigens vergaß Cornelius auch in dieser Zeit des höchsten Glanzes seiner äußern Stellung, im Zenit seines Ruhmes nicht seine Stellung und Verpflichtung gegen Gott. Er bekannte seinen Glauben auch in München, er betete, ging regelmäßig zur Kirche und den Sakramenten, wenn er auch in dieser Zeit sich auf das jedem Katholiken Nöthige beschränkte, ohne höhere Vollkommenheit anzustreben. Sein Beichtvater der damaligen Jahre lebt noch in München. Er mahnte scherzend den Meister oft, dem Hauptmann Cornelius in der Apostelgeschichte nachzufolgen, nicht aber dem großen Schwarm vieler andern Soldaten. Der Meister nahm die Mahnung gut auf und versprach zu folgen! Beim Scheiden von München brachte Cornelius seinem alten Beichtvater noch den herrlichen Kupferstich des jüngsten Gerichtes, den Merz gestochen und sagte: „Weil Sie so oft Gericht gehalten über mich, nehmen Sie mein Gericht hier zum Andenken!" Dann ́gab er ihm einen Kronenthaler in die Hand und bat: „Lesen Sie mir eine heil. Messe, damit mir in Berlin Gnade und Segen Gottes zu Theil werde!" Und das ist treulich ge: schehen.

*) Er hatte anfangs auch ein Reitpferd, und stets Wein und Bier im Keller eingelegt.

III.

Die politischen Fehler Oesterreichs.

Deffentlicher Vortrag gehalten den 8. April im katholischen Vereinshause zu Freiburg von Dr. D. v. Wänker.

Vorwort.

Dem bezeichneten Vortrag glauben wir einige einleitende Worte voranstellen zu müssen. Man gestatte uns einen flüchtigen Rückblick. —

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Deutsche Reichsfürsten haben die Selbstsucht bis zum Verrath getrieben; deutsche Reichsfürsten haben sich zu Werkzeugen fremder Politik erniedriget; deutsche Reichsfürsten haben die altehrwürdigen Rechts Institute untergraben und den nationalen Verband der deutschen Stämme bis zu dessen vollkommener Auflösung geschwächt und zerrissen. Das Haus Habsburg dagegen hat die bestehenden Rechte geschüßt und es hat selbst die Rechte der Feinde und der Verräther im Glück wie im Unglück geachtet. An der Spize des heiligen römischen Reiches deutscher Nation haben die Habsburger mit zäher Standhaftigkeit die Ehre und die Interessen der Deutschen verfochten und sie haben sich den schweren Kämpfen auch dann nicht entzogen, als die Zertrümmerung des Reiches gänzlich vollendet gewesen. In seiner Geschichte und in den

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