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er, ist so hoch und groß, daß kein menschliches Herz genugsam den Schaden betrachten kann der folgen würde, und steht geschrieben: Weh der Welt der Aergerniß halber, und ist die Anfechtung nicht gering. Unser Herr Jesus Christus wolle gnädiglich E. Kf. G. regieren und bewahren.“

Die Worte verhallten. Die Dienste dieser Theologen waren willkommen gewesen, so lange sie ausgenußt werden konnten im Interesse des Landesfürstenthumes gegen die Kirche und den Schüßer derselben: ein anderer Eifer, der nicht diesem Interesse diente, war unbequem. Am 1. März 1552 schrieb Moriß an den Kaiser eine Reihe von Forderungen in der Form von Bitten, und betheuerte, daß er den Kaiser nicht weniger als seinen leiblichen Vater liebe. Alsdann seşte er sich in Marsch und verkündete durch sein Manifest, daß er ausziehe wider das Vorhaben, das Joch der unerträglichen, viehischen, erblichen Servitut, wie es bei anderen Nationen vor Augen sei, auch über die Deutschen zu bringen. Darüber würden Nachkommen und Kindeskinder bis in den Himmel schreien, und diejenigen welche dem zugesehen, noch unter der Erde verfluchen. Darum, fuhren sie fort, hätten sie einmal Herz und Mannheit geschöpft u. s. w.

Während Moriz und die anderen Gleichgesinnten mit ihren Haufen in Sold und Pflicht des französischen Königs südwärts zogen, um ihren Kaiser zu überfallen, drang von Westen her der französische König, der sich ankündigte als Rächer der deutschen Freiheit gegen das Joch der Monarchie des Hauses Desterreich, mit Mord und Brand in die deutschen Grenzlande. Und zugleich nahten von Osten her die in gleicher Weise wie Moriß mit dem französischen Könige verbündeten Türken. Doch scheinen diese letteren nicht angekündigt zu haben, daß ihr Ziel die Befreiung der Deutschen sei. Diese Redeweise überließen sie den anderen Freunden.

Der Verlauf dieser Dinge ist bekannt. Der Kaiser war ohne Geld, ohne Waffen. Die dreifache Gefahr schwoll

an. Der römische König Ferdinand lud den Kurfürsten Moriz zu einer Besprechung nach Passau.

Die wichtigste Sache war die kirchliche Angelegenheit. Und dabei ist es sehr zu bemerken, daß auch hier in Passau die Forderung des weltlichen Absolutismus über die Kirche, wie sie sich in die Formel des cujus regio ejus religio fleidet, noch keineswegs nackt und unverhüllt hervortrat. Man suchte dieß furchtbare Princip, welches aller wahren Freiheit die Art an die Wurzel legte, doch wenigstens in Worten noch zu bemänteln. Zwar den zweimaligen Reichsabschied mit dem zweimaligen freiwillig gegebenen Versprechen der Anerkennung des Conciles von Trient hatten die verbündeten Fürsten ebenso vergessen, wie die betreffende Stelle in der Confession von Augsburg. Aber sie waren einverstanden damit, daß die Sache der Religionseinigung auf dem nächsten Reichstage wieder vorgenommen werden solle. Sie forderten jedoch zugleich die Anerkennung des Besizstandes, auch für den Fall daß die Einigung nicht zu Stande komme, bis zur endlichen Vergleichung. Sie nannten das einen Religionsfrieden.

Diese lezte in der Form einer Nebensache beigefügte Bedingung war in Wirklichkeit die Hauptsache. Denn sie enthielt das Princip, nämlich das Princip der reichsgesetzlichen Anerkennung des Landeskirchenthumes, welches mit dem Principe der Verfassung der alten Kirche schlechterdings und durchaus unvereinbar war. Es war die Forderung der reichsgeseßlichen Anerkennung des Principes der kirchlichen Spaltung, der Unterordnung des Kirchenwesens zu einem besonderen Geschäftszweige der Verwaltung innerhalb eines jeden Territoriums für sich, gleichwie, um mit Martin Luthers Worten zu reden, der Verwaltung der Brücken, Wege und Stege. Es war mit einem Worte: das Princip der kirchlichen Knechtschaft, der Vernichtung des Hortes aller wahren irdischen Freiheit.

Nicht Allen jedoch lag diese Consequenz klar vor Augen. Die in Passau anwesenden kaiserlichen Räthe Neze und Selv

waren für diesen sogenannten Frieden. Sie fragen den Kaiser, warum denn er allein noch, zu eigenem Schaden, die kirchliche Freiheit schüßen wolle, wo doch der Papst und der König von Frankreich sie hindern. Mehr noch als sie drängt in den Kaiser der römische König Ferdinand selbst. „Wenn dieser Friede bewilligt wird, sagt Ferdinand*), so haben Ew. Majestät freie Hand gegen Frankreich, welches uns allen diesen Jammer bereitet, und ich meinerseits kann alle Kraft gegen die Türken wenden. Deßhalb können Ew. Majestāt, ungeachtet aller Beleidigungen welche Moriß und die Seinen uns angethan, als milder Herr und Kaiser, zur Vermeidung größeren Jammers für Deutschland und die gesammte Christenheit, ohne Schande die Forderung bewilligen." Die Motive Ferdinands, die nachher in seiner Person für die endgültige Anerkennung des Principes der Spaltung entscheidend wurden, liegen vor Augen. Daß bei seiner augenblicklichen Noth sein Blick sich umschleierte, daß er nicht zu erkennen vermochte, welchen Jammer die Sanktion dieser Spaltung für die Zukunft in sich barg: wer mag es ihm so sehr verdenken?

Es war nur Einer, dessen Blick mit voller Klarheit in die ferne Zukunft schaute, ein Einziger welcher alle Consequenzen eines sogenannten Friedens erwog der nicht ein Friede war, ein einziger Mann vor dessen Seele die Ahnung trat von all dem Jammer und Leide, welches dieser soge= nannte Friede über die Geschlechter der kommenden Jahrhunderte bringen würde. Es war der Kaiser Karl.

*) Lanz: Correspondenz des Kaisers Karl V. Bd. III. S. 312.

XXI.

Die religiösen und kirchlichen Beziehungen Herzog Alberts III. von Bayern.

Albert III., geboren 1401, wurde bekanntlich am Hofe seiner Tante Sophie, der Gemahlin des Königs Wenzeslaus, zu Prag erzogen. Seine Jugend fällt mithin in die Zeit, in der sich der Husitismus ausbildete und wie mit Zauberkraft um sich griff, so daß sich selbst die Königin Sophie den Einflüssen der Sekte nicht ganz zu entziehen wußte und deßhalb den Vorwürfen ihres Bruders, des Herzogs Ernst, ausgesetzt war. Mag auch die Furcht vor den allenfallsigen Einwirkungen der Irrlehre die Ursache gewesen seyn, warum der Herzog Ernst seinen Sohn bald nach dem a. 1415 er= folgten Flammentode des Magisters Hus von Prag nach München zurückrief, so findet sich doch nicht die mindeste Spur, daß der junge Albert durch seinen Aufenthalt in Böhmen und durch den Umgang mit seiner husitisch gesinnten Tante in religiöser Beziehung irgendwie Schaden gelitten habe. Vielmehr scheint er bereits während seines Verweilens im Böhmerlande eine entschiedene Abneigung gegen Frrlehre und Husitismus gefaßt zu haben; denn schon drei Jahre nach seiner Rückkehr aus Prag betheiligte er sich persönlich

an einem Kreuzzuge gegen die husitischen Empörer, was auch später noch einigemale geschah. Mit dieser Annahme stimmt auch der Umstand überein, daß Albert sein ganzes Leben lang die ausgeprägteste katholische Gesinnung und Richtung an den Tag legte und das husitische Unwesen sowie jegliche Art häretischer Bestrebungen stets und in jeder Weise bekämpfte. Der Husitismus schrieb auf seine Fahne die Devise: „Tod den Mönchen!" Einen diametralen Gegensaß dazu verräth aber Alberts Vorliebe für Klöster und Ordensleute; weder der frühere Umgang mit Husiten noch irgendwelche widerliche Erfahrung des spätern Lebens konnte in ihm diese Zuneigung und günstige Stimmung auch nur schwächen, geschweige vernichten. Ein gleichzeitiger Schriftsteller versichert*), Albert habe seit dem ersten Gebrauche seiner Vernunft allzeit ein großes Mißfallen an dem unordentlichen Leben geistlicher Personen gehabt und geäußert, und sei daher von Jugend auf beslissen gewesen Zucht und Ordnung in den Klöstern herzustellen. Zu diesem Zwecke habe er es weder an Ermahnungen noch an werkthätiger Beihülfe noch an großen Geschenken von Geld und zeitlichen Gütern fehlen lassen. Dieser Charakterzug des jungen Fürsten berechtigt uns zu der Voraussetzung, daß er schon in den Jahren 1426 und 1427 seinem Oheime, dem Herzoge Wilhelm, helfend zur Seite gestanden seyn werde, als dieser auf Anregung des Bischofes Nikodemus von Freising, vielmehr des Generalvikars Johann Grünwalder, durch den Dekan Johann von Jndersdorf und zwei Mönche von Melk und Ochsenhausen mehrere bayerische Klöster, darunter auch Tegernsee und Beuerberg refor= miren ließ **).

Alberts Verhältniß zur unglücklichen Baderstochter Agnes Bernauer berührt seine religiös-kirchliche Seite nicht,

*) S. Westenrieders Beitr. V. 41.

**) Meichelbek hist. fris. II. 204. 205.

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