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fache gebessert. Literaturblätter besigen wir drei, und diese sind: die von den katholischen Vereinen in's Leben gerufene Wiener „Allgemeine Literatur Zeitung", welche auf ihrem schweren Posten tapfer aushält; das vor anderthalb Jahren in Bonn gegründete Theologische Literaturblatt", welches sich rühmen darf, daß im ganzen protestantischen Deutschland an Gehalt und Bedeutung seines Gleichen sich nicht findet; und der fleine „Handweiser“, warum soll ich ihn nicht nennen? - welcher mehr Abonnenten zählt als alle lutherischen Literaturblätter in Deutschland zusammen.

Meine Herren! Ich darf Sie mit einem so trockenen Stoffe, wie es die Aufzählung von Zeitschriften ist, nicht länger ermüden; doch lassen Sie mich noch ein paar Besserungen kurz erwähnen. Der neue Kampf um die Schule hatte zunächst schon das Gute, daß er uns zu zahlreichen und verdienstvollen pädagogischen Blättern verhalf. Die neu erstandene katholische Jugend- und Unterhaltungs-Literatur führte von selbst zu illustrirten Jugend- und Unterhaltungsblättern, deren wir jezt schon vier bestzen, welche ganz kräftig aufblühen und unsere beste Unterstützung verdienen, auch wenn wir glauben, daß sie noch nicht ganz so gut seien wie die Leipziger „Illustrirte Zeitung“, „Ueber Land und Meer“, „Gartenlaube“, „Daheim“ und wie die zahllosen Gewächse dieser Art alle noch heißen mögen. Und blicken wir erst auf die Kirchen- und Sonntagsblätter: wie lustig keimten und grünten, sproßten und blühten sie allüberall in der warmen Sonne der kirchlichen Freiheit eins nach dem andern in rascher und noch nicht endender Folge! Und wenn ich vorhin sagte, vor 48 seien nur spärliche vorhanden gewesen, so darf ich von der Gegenwart behaupten, daß jene deutschen Diöcesen, welche noch immer kein eigenes Kirchen- oder Sonntagsblatt bestzen, zu den seltenen Ausnahmen gehören und sich die. ses Ausnahmezustandes mit allem Rechte gründlich schämen.

Dann gehören noch zur periodischen Literatur die katholischen Volkskalender. Auch diese, vor wenig mehr als zwanzig Jahren völlig unbekannt, kommen nunmehr Jahr für Jahr zu Dußenden, und wenn sie auch das mustergültige Vorbild des

unvergleichlichen Volksschriftstellers Alban Stolz nicht erreichen, so leisten sie doch wahrhaft Unschäßbares.

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Endlich wurde der Kampf um die Sicherung der gewonnenen Freiheiten wie um den Bestand des Rechts und der Geseze aufgenommen von einer Jahr zu Jahr sich besser schließenden Bhalanr katholischer Zeitungen, Lokal und Volksblätter. Wo früber bis auf eine einzige Oase Alles wüst und öde war, da erblicken wir jest in Münster, Aachen, Mainz, Heidelberg, Freiburg, Stuttgart, Augsburg, München, Wien lauter tapfere Vorkämpfer, den tapfersten in Köln; und dieser Schaar von Vorkämpfern schließt sich eine lange Reihe kleinerer Mitstreiter an. Auch die Stadt, in der wir tagen, hat auf kurze Zeit ein katholisches Blättchen gehabt. Ich denke, von dieser Stelle aus wird es von einigem Gewichte seyn, wenn ich den Wunsch und die Erwartung ausspreche, daß wir in Dortmund für die zahl= reichen Katholiken der westfälischen Mark recht bald wieder ein fleines, aber energisches katholisches Blatt bekommen, damit ich künftighin auch hier mit einigem Erfolg die Frage stellen kann: „Herr Wirth, wo haben Sie denn die katholische Zeitung?"

Unläugbar, tros dieser braven Fortschritte ist noch Viel zu wünschen übrig. Aber ich darf es sagen, wiewohl ich selber zu den Literaten zähle und den Verlegern das Wort zu reden scheinen mag: es liegt weit weniger an den Schriftstellern und den Verlegern, wenn dieses Wünschenswerthe noch lange ausbleibt, als an dem Publikum, es liegt zum weitaus größten Theile an den Abonnenten und Inserenten. Abonniret nur auf die katholischen Blätter und schicket ihnen vor Allem nur fleißig Inserate zu, daß sie von Quartal zu Quartal stets besser floriren: dann wird sich zeigen, daß die Verleger doch vor Allem gute Rechner und Kaufleute sind; und sieht der Eine, daß der Andre mit einem solchen Blatte ein Geschäft macht, so wagt auch er ein Gleiches, und unsere Blätter mehren sich fort und fort.

Und wenn dann hie und da ein Wörtchen steht, was Dieser oder Jener von Euch vielleicht nicht ganz unterschreiben möchte, wenn einmal irgend ein kleiner Sag möglicher Weise halb und

halb verkehrt seyn könnte nach Euerer natürlich sehr maßgebenden Meinung: dann enthaltet Euch ein wenig mehr, als es bisher geschah, des herben Tadelns, und beginnet nicht sofort mit lautem Schimpfen! Mit andern Worten: seihet doch nicht gleich die Mücke, die Ihr mit der Loupe mühsam an dem Freund entdecket, während Ihr das Kameel, das Euch der Feind zu bieten sich erdreistet, mit olympischer Ruhe verschlucket.

Handelt Ihr nach diesen Fingerzeigen, abonniret Ihr fleißig auf die vorhandenen Blätter, wendet Ihr ihnen viele und lange Inserate zu, und schimpft Ihr nur nicht immer gleich darauf, sondern freut Ihr Euch vielmehr alltäglich, daß sie doch mindeftens im Principe mit Euern Gesinnungen übereinstimmen: dann bin ich Euch Bürge, daß das Bestehende bestens gedeihen wird, und daß aller Orten neue Knospen und Blüthen für die Vertheidigung und Verherrlichung unserer heiligen Kirche aufsprießen werden. Helft Ihr dazu getreulich mit, dann können wir auch zu den Lorbeer Reisern, die unsere gegenwärtige Wissenschaft, Literatur und Presse zu den Füßen des heiligen Vaters niederlegt, bald neue hinzufügen, und dadurch neue Frenden dem greisen Dulder auf St. Petri Stuhle bereiten, den wir Alle ja so unaussprechlich lieben und verehren.

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Der Kaiser schloß ein Bündniß mit dem Papste, der Unterstügung versprach. Allein nicht einen Religionskrieg wollte Karl führen. Er hatte sich niemals ein Hehl darüber gemacht, daß nicht die Religion und die Lutherei, wie er es nannte, die Hauptsache sei, sondern die Libertät, das ist das Streben der Fürsten und Reichsstände zur Auflösung der kaiserlichen, der oberrichterlichen Gewalt nach oben hin, und zugleich zur unumschränkten Willkür nach unten. Diese Libertät die damals nicht mehr in der gewöhnlichen Form des Partikularismus, sondern von dem kirchlichen Gebiete aus als das Streben der Auflösung und Zerseßung auftrat, mußte einmal gezwungen werden auf diese Tendenz der Zersezung zu verzichten. Wenn nicht, so verfolgte dieser Prozeß langsam, aber sicher, seinen Plan.

Dieß erkannte namentlich Philipp Melanchthon bereits lange vorher in voller Klarheit. Bereits 1534 sagt er seinem Freunde Camerar **): „Wenn ich alle diese Wandlungen der

*) Von einem protestantischen Forscher.

**) Corp. Ref. II. 703.

LL.

Dinge betrachte: so fürchte ich, die Sache geht endlich auf die völlige Auflösung des Reiches hinaus. Erwäge ich das — und ich kann nicht sagen, daß ich es jemals nicht erwäge so erfüllt ein unendlicher Schmerz meine Seele."

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Daß solchen Männern der scharfe Blick in die ferne Zukunft nicht fehlte, ist allerdings weniger auffallend, als daß in denjenigen welche die Libertät sich zu nuze machen wollten, nicht die Ahnung aufstieg, daß dieß Princip, welches sie da= mals als für sich vortheilhaft anerkannten, in anderer Form auch einmal angewendet werden könne gegen sie, und daß die Libertät, wenn es ihr gelänge alle anderen Schranken zu beseitigen, zulezt doch nur der Preis allein des Stärksten seyn werde.

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Der Kaiser Karl V. hat damals seine Ansicht von der Lage der Dinge in Deutschland und von seinem Vorhaben seiner Schwester Maria entwickelt *). Halten wir daher uns für seine Ziele an seine eigenen Worte. Du weißt, meine Schwester“, sagt der Kaiser, „was ich Dir bei meinem Abschiede in Mastricht sagte, daß ich alles aufbieten würde, um auf irgend eine gütliche Weise die deutschen Angelegenheiten zu ordnen und zum Frieden zu bringen, und dabei den Weg der Gewalt bis zum äußersten zu vermeiden. Es hat mir nicht gelingen wollen. Die Fürsten kommen nicht mehr zum Reichstage. Ihr Streben ist dahin gerichtet die kaiserliche Autorität gänzlich zu entkräften und eine Ordnung der Dinge aufzurichten, in welcher die geistlichen Fürsten nicht mehr Naum haben. Diese überschütten mich mit Klagen und Beschwerden. Darum habe ich mich mit meinem Bruder und dem Herzoge von Bayern berathen. Sie sind der Meinung, daß es kein anderes Mittel gibt als den Abgewichenen mit Gewalt zu widerstehen und sie dadurch zu erträglichen Bedingungen zu bringen, damit, wenn man nicht mehr thun kann, man doch wenigstens dem Unheile entgegentrete alles unrettbar zu verlieren. Sie

*) Lanz: Correspondenz des Kaisers Karl V. Bd. II. S. 486.

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