Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

dieß, so würde es, wie Jeder einsteht, von unermeßlicher Wichtigkeit seyn.

[ocr errors]

Ein zweiter Zweck des Verfassers ist aber auch der, den Manifestationen der Abgeschiedenen eine theoretische Basis zu geben durch welche ihre Denkbarkeit erleichtert wird. Dieß in der Zweck seiner „Eidolologie“. Für Geist oder Gespenst wählt er nämlich aus Gründen den griechischen Namen Eidolon. Er nimmt an, daß die Menschenseele unter gewissen Umständen das Vermögen beste, sich — nicht etwa mit Hülfe eines von Außen herbeigezogenen ätherischen Körpers" oder „Nervengeistes", wie die Prevorster Seher und Pneumatologen gesagt sondern unmittelbar in dem Grade zu realisiren und anschaulich zu machen, daß sich Gestalten bilden welche selbst den körperlichen Sinnen der Lebenden sichtbar und fühlbar zu werden im Stande sind. Er schreibt der Seele eine gewisse magische Schöpferkraft zu von welcher die innerlich bleibende Vorstellung und Phantasie nur erst unvollkommener Anfang sei; das so Entstehende, was das Volk Geist oder Gespenst nennt, ist in sofern ein eidolomagisches Phänomen, worüber man das Nähere beim Verfasser selbst nachlesen muß. Er weist diese magische Selbst. darstellungs- und Erscheinungsweise schon bei den Lebenden, dann bei den Sterbenden, weiter bei den Gestorbenen, auch den schon vor langer Zeit dem Tod Verfallenen nach; eine geordnete Reihe von Capiteln und gruppirten Phänomenen dieses Charakters findet sich insbesondere im 2. Buche des ersten Bandes.

"

"

Es ist endlich noch etwas ganz Besonderes zu erwähnen: der Verfasser will eine Art von Weltgesez entdeckt haben welches in der allgemeinen göttlichen Weltordnung liege, und einen ‚mystischen Schug" vor den Angriffen bösartiger und feindlicher Mächte des Geisterreiches bezwecke und gewähre. Er nennt die eigenthümliche Erscheinung und Erfahrung, die ein solches Weltgeset, einen solchen „mystischen Schuß“ zu erkennen gibt, das tutelarische Moderations - und Direktionsphänomen“, und man findet eine ausführliche Abhandlung darüber im zweiten Theile Seite 240 ff. Soviel wird man wohl zugeben müssen, daß die in diesem Capitel so reichlich angeführten, aus protestantischen wie aus katholischen Quellen geschöpften Thatsachen höchst auffallend und merkwürdig sind. Und gibt es wirklich etwas der Art, ein solches Naturgesez in höherem Sinne des Wortes mit dahinter stehender geheimnißvoller Ursache, so dürfte dasselbe ebenso gut der Aufmerksamkeit und des Studiums würdig seyn als Elektricität, Galvanismus, Magnetismus und dergleichen.

Der Verfasser hat absichtlich keine Parteifahne aufgesteckt und seiner Darstellung keine andere Färbung gegeben als die nicht zu vermeidende antimaterialistische. Er nimmt seine Bei

spiele, wie bereits bemerkt, aus allen Zeiten, Völkern, Religionen und Confefsionen und läßt sie zusammen für Wahrheiten zeugen, die das allgemeinste Interesse haben und ohne welche keine Religion und keine höhere Ansicht der Dinge bestehen kann. Offenbar wünscht er bei diesem Verfahren sich einen möglichst allgemeinen Wirkungskreis zu verschaffen, so daß Alles berücksichtigt und in's Interesse gezogen, und Niemand ohne Noth antipathisch erregt und abgeschreckt werde. Wer die Zeit kennt und die Aufgabe vor Augen hat welche sich wohldenkende Autoren in der Lage des Herrn Verfassers zu stellen haben, wird ihm diese Haltung nicht zum Fehler machen, da ste vielmehr in der Natur der Sache liegt und die hier allein zweckdienliche ist. Für diejenigen welche bereits ihren ausreichend festen Halt im Centrum des kirchlichen Glaubens und Lebens haben, hat Herr Daumer gewiß nicht zu schreiben unternommen, sondern für die Anderen deren Zahl Legion, zu deren Geist und Herz der Zugang in den betreffenden Beziehungen so schwierig ist, und die doch so nothwendig in's Auge zu fassen sind.

"

Häufig nimmt der Verfasser Rücksicht auf Männer der Wissenschaft, welche die von ihm behandelten Gegenstände ebenfalls ihrer Untersuchung unterworfen haben, und sie in gewisser Weise auch ihrerseits gelten lassen, aber minder positiv fassen und erklären. So Schindler, Schopenhauer, Perth und Andere. Es ist insbesondere der Leßtere, der Verfasser der mystischen Erscheinungen und der „Realität magischer Kräfte", den er citirt, mit dem er theilweise übereinstimmt, namentlich wo derselbe das von ihm in Schuß genommene Mystische und Magische wider Materialisten, Rationalisten, Aufklärer oder „mechanische Köpfe" vertheidigt; dem er jedoch auch öfters bestreitend und widerlegend entgegentritt. Berty erkennt das Wunderbare, auch das im kirchlichen Kreise waltende an als etwas Reales, be= trachtet es aber als ein bloßes Produkt und Phänomen der Erd- und Menschennatur, indem er im Nothfalle nur etwa noch seinen zweideutigen Erdgeist zu Hülfe nimmt. Er erklärt insbesondere die sogenannten Geistererscheinungen und Spufphanomene, soviel sich nur immer thun läßt, aus dem oft bewußtlos thätigen magischen Ich" des lebenden Menschen selbst, so daß eine objektiv vorhandene und von Außen einwirkende Geisterwelt, bestehe sie aus abgeschiedenen Menschenseelen oder aus höheren Geistern, fast durchaus beseitigt wird. Solchem Verfahren macht Daumer nicht selten den Krieg, indem er zeigt, daß Perty's und Anderer in der Art beschaffene Auffassungen und Erklärungen oft sehr ungenügend, unnatürlich, zwangvoll seien, und daß der vorliegende Thatbestand die Einräumung einer wirklichen Geisterwelt, wie sie der Volksreligionsglaube annimmt, zur unumgänglichen Folge hat. Perth und die ihm ähnlichen

"

Forscher und Schriftsteller sind zwar im Streite mit der Nationalität des Zeitalters, die Alles was ihr unbequem ist oder nicht in das kleine Gehirn sich fügen will, läugnet; ste behan= deln ihren Gegenstand mit Ernst und Liebe, sind also insoferne durchaus nicht zu unterschäßen. Allein sie nehmen bei all' dem an dem Subjektivismus unserer Lage Theil in Beziehung auf höhere Dinge und mystische Phänomene; ihr Standpunkt und ihre Erklärungsmanier ist nur immer noch eine Phase der anthropologischen Richtung, die Alles in den Menschen selbst hineinsezt und aus ihm hervorgehen läßt; wohingegen der Glaube, wie es dem Menschen natürlich und am Ende auch das allein Vernünftige und wahrhaft Wissenschaftliche ist, sich dem ange= schauten und wirkenden Objekt als solchem hingibt und es in der vollen realistischen Bedeutung die es beanspruchen kann, nimmt und anerkennt. Auf diese lettere Seite stellt sich Daumer, nicht als Theologe und Dogmatiker was hier begreiflicher Weise durchaus nicht am Orte wäre, sondern als Mann des Denkens und der Wissenschaft, der es mit einem Publikum zu thun hat dem nur in der Rolle eines solchen versöhnlich beizukommen, und dem nur so Zustimmung abzugewinnen ist. Er stellt sich hierbei nicht nur der vulgären Aufklärung und reinen Negation, sondern auch dem relativen Unglauben der erwähnten Autoren gegenüber; er ist bemüht nicht nur den einfachen Glauben an die betreffenden Objekte wiederherzustellen, sondern auch dem Bedürfniß einer lichtvolleren Erkenntniß Rechnung zu tragen, eine Wissenschaft des Geisterreiches und der jenseitigen Dinge zu begründen, die den ganzen, vielfältigen und manig= faltigen Inhalt desselben anerkennt und soweit möglich auch der denkenden und begrifflichen Auffassung zuführt.

Soviel haben wir jedenfalls zu sagen, insofern wir über den Inhalt, Zweck und Charakter der in Rede stehenden liter= arischen Produkte zu berichten haben. Wir halten es um so mehr für unsere Pflicht einen solchen thatsächlich wahren Bericht zu geben, da die vielen Gegner des Verfassers über ihn und seine Werke die allerunrichtigsten und entstellendsten Berichterstattungen in die Welt senden. Diese Gegner hat Daumer wider sich, er mag schreiben was er will. Welch besonderer Anlaß und welch erwünschte Gelegenheit aber solchen gegeben ist, sich seindlich zu bezeigen, indem er ein so verrufenes Thema wie die Geisterwelt behandelte, das leuchtet ein. In solchen Fällen ist es doppelt und dreifach nöthig, daß sich auch solche Stimmen vernehmen lassen, die von Gehässigkeit und gefliffentlicher Unwahrheit frei sind.

XVI.

Vor der großen Katastrophe.

Studien eines südwest - deutschen Publicisten.

„Ob es dem Wiener Congresse möglich war die Aufgabe, den von Napoleon hinterlassenen chaotischen Zustand zu ordnen, anders zu lösen, als sie gelöst ward, mögen Andere entscheiden. Die ersten Staatsmänner haben ihr Talent daran geübt. Wir zweifeln, daß es Andere unter denselben Verhältnissen besser gemacht haben würden, die jeßige Generation gewiß nicht." So schrieb 1852 ein österreichischer Veteran, der Generaladjutant Radeßky's, als durch die Siege des alten Feldherrn das durch die jüngste Revolution erschütterte Staatensystem Europa's neu gesichert und mancher wankende Thron wieder befestigt schien. Die beiden alten Soldaten waren so glücklich, daß sie es nicht erlebten, wie 1859 der Napoleonide in Italien mit Zulassung Preußens und der deutschen Mittelstaaten durch die Zertrümmerung des Werkes von 1815 die Inauguration einer neuen napoleonischen Aera begann. Sie mußten nicht mehr mit an sehen, wie Preußen und der Sohn des Carlo Alberto mit Bewilligung des Napoleoniden 1866 die Schöpfungen der Feldherren und Staatsmänner aus den Jahren der BefreiungsKriege von Grund aus zerstörten. So viel hat einstweilen

[ocr errors]

seyn sollen. Hienach sollte man nun meinen, daß die Herren ihrerseits den Bischöfen und der bischöflichen Autorität mit ganz besonderer Bereitwilligkeit entgegenzukommen pflegen. Aber keineswegs. Man ruft die Bischöfe auf gegen den Papst und man ruft den Staat auf gegen die Bischöfe, wenn die lezteren nicht tanzen wollen, wie ein Duzend Professoren und Privatdocenten im Namen der deutschen Wissenschaft“ pfeifen. Unter diesem Rechtstitel fordert namentlich der ArtikelSchreiber in der „Allgemeinen Zeitung“ geradezu das Einschreiten des Staats gegen die bischöflichen Knabenseminarien, wie sie von der Trienter Synode angeordnet und eine wahre Herzensangelegenheit unserer erleuchtetsten Bischöfe geworden sind. Noch schlagender hat sich der Episcopalismus der Herren im Speyerer Conflikt zu erkennen gegeben. ●

Die Diocese Speyer hatte keine theologische Lehranstalt, und da der Staat troß langjährigen Suplicirens seiner concordatsmäßigen Verpflichtung nachzukommen nicht zu bewegen war, so wollte der ehrwürdige Bischof aus eigenen Mitteln in seinem Seminar eine solche Anstalt gründen. Die hohe Bureaukratie war außer sich, wie sich von selbst versteht. Aber nicht minder unsere liberalen Katholiken". Das wäre ja, sagten sie, ein furchtbarer Schlag gegen die Freiheit der Wissenschaft, wenn ein Bischof nach eigenem Ermessen Professoren der Philosophie und Theologie anstellen und wieder entfernen könnte. Solche Lehrer könnten und dürften natürlich nichts Anderes lehren als was der Bischof billige, und damit sei ebenso die Freiheit der Forschung als das erforderliche Ansehen vor den Außerkirchlichen unvereinbar. Die Würde der Wissenschaft fordere durchaus die Anstellung durch den Staat, den Schuß des Cultusministeriums, die pragmatischen Rechte des Staatsdieners. So sprachen die Herren. Was würden aber wohl die ehrlich „liberalen" Katholiken in Belgien, Frankreich, England 2c. zu solchen Theorien sagen?

Sie würden sich, denke ich, mit Ekel abwenden und sagen: das sei weder wissenschaftlich noch liberal, sondern es

« ZurückWeiter »