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Religiosität und katholische Gesinnung des Heimgegangenen, der die Kunst nicht um ihrer selbst willen, sondern um Gottes willen betrieb, dem die Kunst ein Gottesdienst war. Nach ihm sprach Bildhauer Knoll von München im Namen der deutschen Künstlerschaft einige tiefempfundene gewählte Worte der Anerkennung für den Hingeschiedenen, ebenso noch ein protestantischer Pastor.

So haben sie also in Berlin jene geliebte Gestalt zur Erde gesenkt, die wir so lange unter uns in München wandeln sahen, jene nicht hohe, aber feste gedrungene Gestalt mit der übergroßen Schädelentwicklung, vorquellenden Stirnknochen, mit der Adlernase und dem blizenden Auge *), eine entschiedene Diktatorennatur der man sich frei oder unfrei ergeben mußte! Aber der Tod, das wilde Thier hat, mit St. Bernardus zu sprechen, nur das Kleid des großen Mannes zerreißen können, sein Geist lebt! Er lebt fort, nun hoffentlich in der Anschauung Gottes im himmlischen Jerusalem! Er lebt aber auch fort in seinen Werken, in der Kunstgeschichte und in seinen Schülern auf Erden, welchen die Fahne der idealen deutschen, tiefsinnigen Kunst hoffentlich niemals auf die Dauer von der fremden französisch-belgischen, materialistischen, effekthaschenden Malerei wird entrissen werden! Sie alle werden immer dafür Zeugniß geben: Cornelius ist der Mann gewesen der die deutsche Malerkunst in der Neuzeit von fremder Manier und Entartung befreit, der der großartigen, monumentalen Malerei Bahn gebrochen, der die drei Welten

*) In München sind noch viele Porträts des Meisters erhalten, die besten aus früherer Zeit befizen Geheimrath v. Ringseis und Professor Anschüß. Die Porträts von Dr. Heuß und Bendemann sind bekannt. Den Kopf der Leiche zeichnete noch sein leßter hochbegabter Schüler Lohde, welche Zeichnung in der Zeitschrift für bildende Kunst mit ehrenden Beiworten von Lügow gegeben ist (II. Jahrgang Nr. 5). Unter sein Brustbild schrieb der Meister einst die Worte: „Die Natur ist das Weib, der Geist der Mann; wenn beide sich in Liebe zusammenfinden, erzeugen fie unsterbliche Kinder.“

des Klassischen, Deutschnationalen und Christlichen mit gleicher Genialität umfaßte und in seinen Werken darstellte, der die tiefsten Gedanken in den großartigsten, erhabensten Formen wiedergab, dessen Werke an Colossalität, Gedankenreichthum, scharfer Charakteristik, architektonischem Aufbau, dramatischem Leben von wenigen Werken anderer Zeiten erreicht werden, während die Anmuth und Modellirung der Gestalten und die Schönheit der harmonischen Färbung häufig vermißt werden. Cornelius, ein Recke und Held ohne Gleichen seit Langem, strebte eben nach dem Höchsten, nach der „Gerechtigkeit des Gedankenausdrucks", der Composition und Zeichnung glaubte, alles Uebrige falle ihm von selbst zu, oder sei von geringer Bedeutung!

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Die Kunde seines Todes erregte allüberall die lebendigste Theilnahme. In München veranstaltete die Akademie der Künste eine großartige Todtenfeier in der Ludwigskirche, wobei unter ungeheurer Betheiligung aller Gebildeten Mozarts Requiem gesungen und das jüngste Gericht des Meisters beleuchtet wurde. Nachmittags wurden am selben Tage die Säle der Glyptothek, die der Meister mit den unsterblichen Fresken geziert hat, dem Publikum geöffnet. Abends hielt Professor Carriere eine öffentliche Lobrede auf den Meister im Liebig'schen Hörsaale. Nach einigen Tagen sprach auch Professor Sepp in begeisterten, treffenden, auf persönlicher Bekanntschaft sich erbauenden Worten von der Bedeutung des Meisters im Lokale des Vereins für christliche Kunst, indem er ihn als den Shakespeare der Malerei bezeichnete, während Overbeck als Calderon neben ihm prange*).

Aus Stuttgart vernahmen wir, daß bei der Todtenfeier für Cornelius daselbst der Saal mit allen vorhandenen Stichen nach den Gemälden des Meisters verziert war. Die Festrede hiebei hielt Lübke, der eine scharfsinnige Vergleichung des

*) In München trägt auch schon eine Straße den Namen des Meisters. Sein Standbild in Erz wird bald die Marimiliansstraße schmücken.

deutschen Meisters mit Phidias und Michel Angelo durchführte. Auch Dresden blieb nicht zurück, eine Gedächtnißfeier für den deutschen Helden der Kunst zu veranstalten, wobei H. Hettner die ehrende Rede übernahm. Endlich in Rom, der ewigen Stadt, von der Cornelius ausgegangen um eine neue Welt der Kunst zu erobern, und wohin er immer wiederkehrte um die sinkende Flamme künstlerischer Begeisterung und Intuition wieder anzufachen, wurde in der deutschen Nationalkirche all' Anima am 26. März ein feierliches Requiem veranstaltet, welchem König Ludwig I. von Bayern der dem Meister die Bahn zur Unsterblichkeit geöffnet, Overbeck der seit 56 Jahren in ungetrübter Liebe wie Jonathan an David an Cornelius gehangen, und fast die ganze Künstlerschaft Roms anwohnte. Einige Tage zuvor hatte schon König Ludwig I. nach Berlin an die Wittwe Cornelius geschrieben: „Seien Sie meiner innigen Theilnahme überzeugt an dem unerseßlichen Verlust, den Sie erlitten, aber nicht Sie, wir alle haben ihn erlitten. Die Sonne am Himmel verfinsterte sich, als er erlosch, der der Kunst eine Sonne war. Jene scheint wieder, aber schwerlich kommt ein Cornelius mehr!“

So hat die Welt diesseits und jenseits der Alpen Kränze der Ehren in Fülle auf das Grab des hingeschiedenen Meisters gelegt. Das herrlichste, großartigste, von ihm selbst immer gehoffte Denkmal wäre ihm aber gesezt, wenn der Dom sammt dem Campo santo in Berlin wirklich entstehen und mit den wunderbaren Compositionen des Meisters geschmückt würde, wie jest wieder auf das königliche Wort hin einige Hoffnung hiezu vorhanden ist!

Der Seele des Heimgegangenen aber, der in heitern Augenblicken des Lebens öfters äußerte, er erwarte nach dem Tode sicher das Fegfeuer, wünschen wir aufrichtigen Herzens nicht diesen herben Aufenthaltsort, sondern die ewige, selige Ruhe in Gott!

VIII.

Studie über den Kaiser Karl V.*)

II.

Bei der Erledigung der römischen Kaiserkrone deutsche Kaiserkrone hat es bekanntlich nie gegeben

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eine

im

J. 1519 war es für die Neuwahl eine der wesentlichsten Fragen: welcher der Bewerber den Schuß von Deutschland und der Christenheit überhaupt gegen die heranwachsende Türkengefahr zu übernehmen der befähigtste sei. Sowohl Karl von Desterreich und Spanien als Franz von Frankreich_betheuerten ihre Bereitwilligkeit. Die Wahl entschied für Karl. Nur in Bezug auf die Bewerbung um die Wahl darf man die beiden Häupter als Rivalen bezeichnen. Denn die Rivalität sezt ein gemeinsames Ziel voraus. Die Wahl Karls nahm dieß Ziel hinweg. Von da an gehen die Wege der beiden Fürsten auseinander. Der Gedanke der Abwehr ist das Fundament der politischen Thätigkeit des Kaisers. Franz von Frankreich ist nach einigen Jahren mit den Türken im Bunde.

Der junge Kaiser kam nach Deutschland. Es ist nicht unwichtig hervorzuheben, welchen Eid er dann in Aachen schwor. Vor der Krönung richtete der Erzbischof von Mainz

*) Von einem protestantischen Forscher.

nach altem Brauche an ihn die Frage: „Willst Du an dem heil. katholischen Glauben, wie er von den Aposteln her überliefert ist, festhalten und ihn bewähren durch Werke die des Glaubens würdig sind?" - Die Antwort lautete: „Ja, ich will es." Weiter fragte der Erzbischof: „Willst Du

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dem Papste und der heil. römischen Kirche gebührenden Schuß in Treue gewähren ?“ Der Kaiser legte zwei Finger der rechten Hand auf den Altar und sprach: „Ja, ich will es, und im Vertrauen auf den göttlichen Schuß, unterstüßt durch die Bitten aller Christen, will ich nach besten Kräften das Versprochene treu erfüllen. So helfe mir Gott und sein heil. Evangelium.“ Dann wandte sich der Erzbischof zu den in der Kirche Versammelten: den Fürsten, der Geistlichkeit, dem Volke und fragte: „Wollt ihr diesem Fürsten und Herrn euch unterwerfen, sein Reich befestigen, in Treue es erbauen, seinen Befehlen gehorchen, gemäß dem Gebote des Apostels der spricht: eine jegliche Seele sei unterthan der Obrigkeit ?" Auf diese Frage erwiderten alle Anwesenden, von den Fürsten bis hinab zum leßten: „Ja, wir wollen es."

Es ist ferner nicht unwichtig zu bemerken, daß damals, bei der Krönung des Kaisers Karl V., eine kirchliche Spaltung in Deutschland noch nicht da war. Der Eid von Aachen war gegenseitig, und sämmtliche deutsche Fürsten haben ihn geleistet. Wenn sie nicht alle anwesend waren, so verstand er sich, nach altem Brauche, für die abwesenden von selbst. Der Kaiser Karl V. hat diesen seinen Eid gehalten.

neue Kaiser auf seinen ersten

Von Aachen begab sich der Reichstag nach Worms 1821. Dort sprach er zu den deutschen Fürsten und Ständen: „Als geborener Deutscher bin ich dieser meiner Nation von meiner Jugend an mit besonderer Liebe zugethan gewesen. Viele meiner Vorfahren von deutscher Abkunft haben das heil. Reich lange Jahre regiert. Darum und weil Gott mich mit vielen Königreichen und Ländern gesegnet, habe auch ich nach der Krone des Reiches getrachtet, nicht um Eigennutes willen, nicht um meine Länder

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