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trägereien und Verleumdungen mochten untergeordnete Beamte besorgen, wie der Hofmeister Worm, der bei Heinrich in Ungnade gefallen war.

Es ist ein trübes Bild, das der Prozeß entrollt, an dem aber nicht vorübergegangen werden darf. Wie verabredet, sollte Albrecht um Jakobi 1521 das Heiratsgeld Heinrichs auszahlen. Aber er weigerte sich, erklärte den Vertrag für nichtig, drohte mit seinen Freunden, die ihm zu seinem Lande wohl zu verhelfen wüßten. Da erwirkte Heinrich ein Paritormandat von Kaiser Karl V. an Bugislav, daß dieser über den Vollzug des Vertrages wachen und gegebenen Falls den Landfrieden wahren sollte. Die Spannung erreicht einen hohen Grad, als auf dem Landtage zu Sternberg am 5. Jan. 1522 noch einmal der Weg der Güte versucht wird. Die sechs Begutachter hier stellen sich auf Albrechts Seite; aber Heinrich macht geltend, daß drei von ihnen nur gezwungen und überlistet ihre Unterschrift gegeben hätten. Heinrich läßt das Paritormandat drucken, Albrecht druckt seine Verteidigung und verteilt sie an die Lehnleute; sie alle werden Zeugen nicht nur, sondern Richter in der fürstbrüderlichen Frrung. Der Schwiegervater versucht, Albrecht in einzelnen Punkten seinen Willen zu verschaffen, indem er Heinrich auffordert, mit dem Bruder getrennte Residenz und getrennte Rechtsprechung bei Hofe zu verwilligen. Als dies nichts fruchtet, rät auch der kluge Alte am 25. März 1522 dem jungen Schwiegersohne, bei dem Vertrage von 1520 zu bleiben. Denn schon droht der Kaiser in eigener Person mit dem Reichskammergerichte; am 30. April ernennt er Albrecht, Erzbischof von Mainz, und Friedrich, Pfalzgraf bei Rhein, zu Schiedsrichtern und giebt ihnen auf, im Lande selbst beide Fürsten zu verhören, zu vertragen, auch an das Kammergericht darüber zu berichten. Vergeblich hatten noch in letter Stunde die Bischöfe von Razeburg und Lübeck einen Ausgleich herzustellen versucht, vergeblich noch am 19. März 1522 vier Räte und die Bürgermeister von Wismar und Rostock zu Güstrow verhandelt, im besondern über die Rechtsfragen, ob der Vertrag noch Geltung habe, da Heinrich ihn in einem wichtigen Punkte nicht erfüllte, und ob nach kaiserlichem Rechte Lehen überhaupt teilbar wären.

Auf Anordnung Albrechts von Mainz und Friedrichs von der Pfalz traten dreizehn Schiedsrichter am 13. Juli zu Rostock zusammen. Jeder von den Fürsten hatte sechs ernannt, welche den dreizehnten hinzuwählten. Es war bestimmt, daß jeder Fürst seine Klage, Zuspruch und Forderung schriftlich überreiche, worauf dann jeder das Recht haben sollte, in vierfacher Schrift sich zu verteidigen. Aber die gegnerischen Anwälte brachten es im ganzen auf 16 Schriften, von der Klage, Exception, Replik bis zur Septuplik. Heinrich läßt geltend machen, daß Albrecht seinen Teil angenommen und also den Vertrag ratifiziert habe, während Albrecht einwendet, der Vertrag habe seine Geltung überhaupt nie erlangt, da Heinrich die viermonatige Frist hinsichlich der Auseinanderseßung nicht inne gehalten, lettere aber ungenügend, unvollkommen, ungerecht ins Werk gesetzt habe. Heinrich

wiederum entschuldigt die Versäumnis der Frist mit einer notwendigen Reise zum Kaiser, kann auch nicht zugeben, daß durch diesen Umstand der ganze Vertrag rechtlich hinfällig sein solle. Albrecht führt weiter an, daß der Vertrag dem Lande zu Nußen und Eintracht gereichen sollte; weil aber das Gegenteil eingetreten sei, so müsse er schon aus diesem praktischen Grunde beseitigt werden. Ueberhaupt sei er, Albrecht, während seiner ganzen Jugend von Heinrich übervorteilt worden, indem dieser die Vormundschaft eigenmächtig angemaßt habe; nun müsse er deshalb genaueste Rechenschaftsablegung von seinem Bruder fordern. Neben dieser Forderung stellt er kurz und bündig den Antrag, Heinrich anzuhalten, daß dieser eine Erbteilung mache und ihm die Wahl unter den beiden Teilen lasse. Für die Teilbarkeit der Reichslehen beruft Albrecht sich auf die Bibel, das geistliche Recht, den Sachsenspiegel. Heinrich, der sich von Rechtsgelehrten und Universitäten wiederum Gutachten eingeholt hatte, beruft sich für die Unteilbarkeit auch auf die Bibel, indem er Albrechts seltsam angeführtes Beispiel von Lot und Abraham widerlegt und sich auf einen Ausspruch Jesu beruft (Ein jeglich Reich, das mit ihm selbst uneins ist u. s. w.). Vom geistlichen Recht aber sagt er in bezeichnender Weise: „Dan was der Babst in theilung der pfarren oder bistumb schaft, wie sich die teilen sollen, mag pillich weltliche Fürsten in iren Theilungen nicht vorpinden." Der Sachsenspiegel sei in Mecklenburg nicht angenommen, mithin müsse man nach gemeinen kaiserlichen Rechten verfahren.

Als der Schriftenwechsel geschlossen war, kamen die Schiedsrichter am 2. Sept. persönlich zu Güstrow mit Albrecht zusammen, welcher für seine Aussagen Zeugen zu stellen erbötig war. Er bringt noch einmal seine Klagen vor, 28 an der Zahl, denen Heinrich 55 Gegenklagen gegen= überstellt. Da sehen die Dreizehnmänner die Schrift ans Reichskammergericht auf, welches alsbald am 12. April 1523 auf persönliches Betreiben Ferdinands, des Bruders des Kaisers, die Sache beschleunigte und das Zeugenverhör, wie Albrecht es beantragt hatte, in Mecklen= burg selbst vorzunehmen befahl. Es fand am 7. Juli statt; 17 Zeugen sagten über die Vorgänge von 1520 zu Protokoll aus. Inzwischen ist Albrecht nicht müßig gewesen; er hat einen direkten kaiserlichen Auftrag ans Reichsregiment erwirkt, 20. Mai 1523, welches Heinrich anhalten soll, eine gleiche Erbteilung zu machen und Albrecht als dem jüngern die Wahl zu lassen, „wie allgemein üblich sei.“

Im März 1523 reisten beide Fürsten nach Nürnberg zum Reichsregiment und nahmen ihren Haß dahin mit. Albrecht reicht Schriften an das Reichsregiment ein und beklagte sich unter andern besonders über den Kanzler Kaspar Schöneich als einen, der „seynen eyd unde plicht jegen uns vorgethen." Das wird für Schöneich die Veranlassung, daß er selbst in zwei Vorträgen an das Reichsregiment sich verteidigt, während Heinrich in drei Eingaben seinen Diener und seine Sache in Schuh nimmt. Beide Fürsten lassen diese ihre Vorträge durch den Druck vervielfältigen und senden sie ihren Landständen in der Heimat ein, und

wiederum werden diese Mitwisser und Zeugen des trüben Zerwürfnisses ihrer Landesherrn. Als aber das Reichsregiment den Prozeß beim Kammergericht seinen Gang gehen ließ, schienen die Wogen des brüderlichen Unwillens bei Albrecht ein wenig gedämpft zu sein. Er nahm gern Ferdinands Empfehlung für seinen Eintritt in englische Dienste und reichliche Besoldung an; 15) ja am 17. Jan. 1524 führte er seine Braut, Anna von Brandenburg, heim und feierte zu Wismar Fastnacht mit einem großen Turnier, „mit steken unn mit breken, mit groter Freude unn frohlickeit“. 16)

Die Hauspolitik Heinrichs und Albrechts am Vorabend der Reformation ist eine zwiespältige; dort das Bestreben, wenn nicht der Regierung des Erstgebornen, so doch der gemeinsamen, jedenfalls aber der Einheit des Landes; hier der Eifer der Teilung und der Zerreißung und damit der Verringerung der äußern und innern Machtstellung. In der That, ein gefährlicher Zwiespalt, in jenen unruhigen Zeiten und „geswinden Läuften.“ Naturgemäß mußte auch die äußere und innere Politik von diesem Zwiespalt betroffen werden.

Am 8. Febr. 1525 fällte das Kammergericht sein Urteil. Es lautete im Sinne Heinrichs. Der Vertrag des Bugislav ist in Kraft, Albrecht muß ihm nachkommen. Auch ist Heinrich nicht schuldig, eine Erbteilung zu machen uud Albrecht die Wahl zu lassen. Aber die Barschaft und die Kleinodien der Eltern sollen inventarisiert und geteilt werden. Heinrich darf mit Recht Anspruch wegen seines Heiratsgutes an Albrecht erheben, dieser wiederum Rechenschaft von den Einnahmen und Ausgaben seines Bruders fordern. Die sämtlichen Gerichtskosten werden gegen einander kompensiert.

3. Die auswärtige Politik der beiden Herzöge.

Das Jahr 1503 bezeichnet in der Regierung Kaiser Maximilians einen bedeutsamen Niedergang. Die unglücklichen Ereignisse des Jahres 1499 im Kriege gegen Frankreich wirkten für die nächsten Jahre nach zwei Seiten hin verderblich; nach außen: „Die Autorität des Reiches war weder in Italien, noch in der Eidgenossenschaft, noch an den östlichen Grenzen, wo Polen und Russen die deutschen Ritterschaften unaufhörlich bedrängten, wiederhergestellt." Nach innen: „Nicht allein war der Versuch, eine haltbare Verfassung für Krieg und Frieden zu gründen, gescheitert, es gab auch kein allgemein anerkanntes Gericht mehr." (Ranke deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Berlin 1852. Teil 1. S. 115.) Ja die Kurfürsten traten unter der Führung Bertholds von Mainz zu Gelnhausen 1502 zusammen, und es war kaum noch zweifelhaft, daß Maximilian dasselbe Schicksal erleiden würde wie

weiland König Wenzel. Aber mit Hülfe einzelner getreuer Reichsfürsten konnte Maximilian auf den Reichstagen zu Köln 1505 und Kostnih 1507 noch einmal triumphieren. Die Stände bewilligten ihm nach einer Reichsmatrikel 4000 Mann gegen Ungarn und 12000 zum Zuge nach Italien. Dafür aber stellte der Kaiser das Kammergericht als ein ständisches, gemeinschaftliches wieder her. Diese beiden Einrichtungen, Kammergericht und Matrikularanschlag, sind es fortan, in denen die Einheit des Reiches fast drei Jahrhunderte lang sich ausgesprochen hat, aber in der Weise, daß das gemeinsame Kammergericht dem Gedanken des universalen Reiches Ausdruck gab, der Matrikularanschlag eines jeden Standes nach seiner Macht die Selbständigkeit derselben nicht antastete und dadurch die territoriale Entwickelung um ein gutes Stück vorwärts brachte. Allerdings das Verhältnis der Schweiz zum Reiche wurde nicht besser und enger, Frankreich ward nicht gedemütigt, und die für das Reich ungünstige Entwicklung der Verhältnisse im Osten zeigte schließlich die nackte Wahrheit der selbstsüchtigen habsburgischen Hauspolitik. Das beginnende neue Jahrhundert zeigt uns die allmählich erstarkenden deutschen Reichsstände, wie sie über die Ordnungen des Reiches wachen, in Bündnissen sich einen und der habsburgischen Politik entgegen oder zur Seite treten.

Nach dem Tage zu Gelnhausen standen Mecklenburgs Regenten zu denjenigen Fürsten, welche treu zum Kaiser sich hielten. Und sie hatten Grund dazu. Stand doch die Belehnung mit dem Lande und die kaiserliche Verleihung der Regalien noch aus! Aber auch persönlich war Heinrich, hernach auch Albrecht dem Kaiser verbunden. Fast sieben Jahre war Heinrich als Diener und Rat um den ritterlichen Kaiser gewesen, der ihm seine Freundschaft bewahrte und Albrecht ebenfalls an seinen Hof zog. Den Kölner Anschlag von 1505 führte letterer dem Kaiser zu, und als dieser die Zahl der Fußknechte etwas klein fand, bezahlte er aus seiner Schatulle den anzuwerbenden Rest. Ferner durfte Albrecht zum Nuzen seines Heimatlandes den Kostnizer Anschlag, der für Mecklenburg 40 Mann zu Pferde, 67 zu Fuß und 510 Gulden an Geld betrug, durch seine Person abverdienen. 1) Auf die Seite des Kaisers stellte Heinrich sich ganz entschieden in den Landshuter Irrungen. Entgegen den Hausverträgen nämlich hatte Herzog Georg von Landshut seine Lande Ruprecht von der Pfalz vermacht, und nicht an die bayrische Linie. In dem entbrennenden Streite nahm der Kaiser die Partei Bayerns und sprach im April 1504 die Acht über den ungehorsamen Pfälzer aus. Heinrich erließ sofort ein Aufgebot seiner Mannschaft und eilte über Göttingen zu seinem Schwager Wilhelm von Hessen, mit dessen Truppen vereinigt er unter den Augen des Kaisers focht und die Sache desselben zum Siege führen half. 2)

Um die Ordnungen des Reiches, besonders den Landfrieden, welcher zu Worms 1495 verkündigt war, kräftiger zum Ansehen zu bringen, waren auch von den mecklenburgischen Herzögen mit den Nachbarn Landfriedensbündnisse geschlossen worden. Noch immer standen die

Fehden zwischen den Rittern in voller Blüte, welche selbst die Fürstenmacht nicht scheuten. Aus dem Anfange unseres Jahrhunderts ist besonders die Pfuhl'sche Fehde bekannt geworden, welche der Ritter Friedrich von Pfuhl bereits 1497 den Herzögen angekündigt hatte und volle zehn Jahre aufrecht hielt, eine Fehde, reich an Plackereien und Gewaltthätigkeiten; wurden doch die beiden Söhne des Berend Malkan von Pfuhl geraubt und als Geisel gefangen gesetzt!3) Noch immer wurde der Kaufmann, der Reisende auf offener Landstraße angefallen, beraubt, erschlagen. Die Grausamkeit der märkischen Raubritter war in Mecklenburg sprichwörtlich. Auch Herzog Bugislav klagt des öfteren, daß seine Unterthanen auf mecklenburgischen Landstraßen ausgeraubt seien und nicht wieder zu ihrem Eigentum kommen könnten. Um den Zugriffen auf kaiserlich freier Landstraße zu steuern," um entflohene Verbrecher nicht zu hegen und zu dulden, den beschädigten Unterthanen des Nachbarlandes wieder zu ihrem Eigentum und Recht zu verhelfen, überhaupt Straßenräuber vorzubescheiden und zu bestrafen, war schon 1496, hernach 1498 ein Landfriedensbündnis zwischen Mecklenburg und Pommern aufgerichtet, in das auch Braunschweig eintrat. Gemäß demselben hielten mecklenburgische und pommersche Räte 1506 zu Barth und 1508 zu Anklam Tage ab, um Klagen zu erledigen. Am 26. Jan. 1508 erneuerten Heinrich, Erich und Albrecht das Bündnis mit Bugislav, Jürgen und Kasimir von Pommern, indem sie be= kennen, daß sie sich „to hope gesettet und erffliken verbunden haben, treulicken gegen einen jeden Mann tho bliwen, ok Hülpe, Trost und Rat in allem Vermögen zu thun," zum Lobe Gottes und zum Frommen der Unterthanen ihre Lande „tho befredende". 4) Erbliche Bündnisse sollten es sein, wegen der Verwandtschaft der fürstlichen Häuser und der Nachbarschaft der Länder. Indem diese Bündnisse aber auch Schußbündnisse gegen den Angriff mächtiger Nachbarn waren, bilden sie die Grundlage für die späteren größeren Fürstenbündnisse und sind schon in ihrem Entstehen für die wachsende Macht der norddeutschen Territorien von großer Bedeutung, welche sich durch dieselben enger an einander schließen. In dem Bunde mit Pommern bleibt immer Herzog Heinrich von Braunschweig der dritte; am 1. Mai 1510 erneuerte er ausdrücklich das alte Bündnis. 5) Auch das Nachbarland Brandenburg stand in freundschaftlichem Verhältnisse zum Hause Mecklenburg. Joachim I vermittelte in der Pfuhlschen Fehde, stand wenigstens den Quizows in dem Streite um das Lehngut Stavenow nicht bei und legte Grenzstreitig= keiten um Dömiz und um Wittstock herum bei. 6) Auch mit Pommern wurden wiederholt eintretende Grenzstreitigkeiten auf friedlichem Wege geschlichtet, und wenn man nicht zu einem Übereinkommen gelangen konnte, so trat Heinrich von Braunschweig endgültig vermittelnd ein. Als Bugislav mit seiner Stadt Stralsund zerfallen war, und die Stralsunder aus Rache die Insel Rügen verwüstet hatten, verhandelten Balthasar und Heinrich kraft des bestehenden Bündnisses zu Rostock im Januar 1504 zwischen den beiden Parteien und legten den Streit

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