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Zeugen des brüderlichen Handschlags zugegen. 1520 wird ausdrücklich bestimmt, daß Prälaten, Mannen und Städte während vier Jahre ungeteilt bleiben sollten; erst wenn die Jahre verflossen seien, sollte die Erbteilung möglich sein, aber ohne Verlegung der Privilegien der Stände. Dennoch forderte Albrecht schon vorher ungestüm die Teilung, ohne das Schiedsgericht der Stände erst abzuwarten oder demselben Gehör zu geben. Diese aber wurden durch das Paritormandat von 1521 angewiesen, über den Vertrag von 1520 zu wachen. Ständische Räte verhandeln vergeblich zu Sternberg, zu Güstrow, und sizen im Schiedsgericht. Alles ohne Erfolg! Im Anfang des Jahres 1523 kommen ihnen Verteidigungsschriften aus Nürnberg seitens der feindlichen Brüder zu, und um die Wirren_vollständig zu machen, am 18. Mai 1523 beruft Albrecht einseitig die Stände zum Landtag; die vorsichtigen unter ihnen fragen bei Heinrich an, ob sie folgen sollen oder nicht. Schon 1521 waren ihnen doppelte Befehle zugegangen, hinsichtlich eines Aufgebots; Albrecht hatte gewarnt, Heinrich einseitig zu folgen. Zu diesen Wirren kamen die Kriegsunruhen an der Grenze, wo Christian und Joachim und Albrecht rüsteten; Truppen durchzogen das Land, dem Norden zu; und von Süden her kam die furchtbare Mähr von Sickingens Zuge. Man sieht, die Veranlassung, welche die Stände angeben, stimmt. „Weil sich zur Zeit im heiligen Reich viel Aufruhr und Beschwerung zugetragen und täglich mehr zu besorgen.“ Und Herzog Heinrich ist es, der Interesse daran hat, daß seines Bruders Albrecht kriegerische Politik eingeengt werde. Aber auch die Zweckangabe stimmt: Die Bewahrung der Privilegien unter einander und des Friedens und der Einigkeit. Am 18. Mai war jener Landtagsruf von Albrecht gekommen; darauf hielten die Stände eine Tagfahrt zu Sternberg ab; hier wird die Union beliebt und am 1. August 1523 zu Rostock unterzeichnet. Der Friede unter ihnen war bei solchem einseitigen Vorgehen Albrechts in Gefahr; sie wahrten das Recht der Verträge. Das kam aber wiederum Herzog Heinrich zu gute, der mit aller Macht der Teilung widerstrebte. Denn die Union bildete fortan ein thatsächliches Hindernis der Teilung mecklenburgischer Lande, auf das Heinrich sich schon 1533 beziehen konnte, als Albrecht wiederum teilen wollte. Und vollends unter den Bevoll= mächtigten der Stände befinden sich Namen, die sonst fürstliche Räte bezeichnen, nämlich Klaus von Lüzow, Henning Halberstadt, Kaspar Schöneich. Der Name des letteren erregt Aufsehen. Ist Schöneich doch der zu Nürnberg von Albrecht Geschmähte, der sich beim Regiment verteidigen, und für den Heinrich eine Lanze einlegen muß! Ich halte es dennoch nicht bloß für wahrscheinlich, sondern für erwiesen, daß Heinrich die Hände im Spiel gehabt hat. Die Union der Stände kam seiner Politik zu gute. Sie sezte den hauspolitischen Bestrebungen Albrechts einen Damm_entgegen, sie bildete ein Gegenwicht gegen Albrechts äußere Politik; sie hob überhaupt die Wirkungen der gespaltenen Politik der Brüder in etwas wieder auf, indem Mecklenburg am Vorabend der Reformation in der Union seiner Landstände als ein geeintes Land sich darstellte. Das ist ihre Bedeutung für das

Jahr 1523. Wie sie aber, besonders vermöge des von ihr eingesetzten engern Ausschusses von 23 Bevollmächtigten, ihre Privilegien fernerhin verteidigte, gehört späterer Ausführung an.

Der Gedankengang der „Union" ist folgender: 1) Weil sich im Reiche viele Unruhen zutragen, hat man zum Lobe Gottes, den Fürsten und ihren Landen zur Ehre, Nußen und Wohlfahrt sich vereinigt. 2) Man will den Fürsten gehorsam sein in allem, das man von Rechts wegen zu thun schuldig und pflichtig ist, auf daß man von denselben auch in seinen Rechten erhalten werde. 3) Wenn aber die Privilegien, Freiheiten, löbliche Gewohnheiten und altes Herkommen mit gewaltsamer That oder sonst angetastet werden, will man dagegen sich schüßen, auch sich jedermanns annehmen, der in seinen Vorrechten verkürzt wird. 4) Auch unter einander will man auf Friede und Eintracht halten, Rechtsverleger nicht hausen und hegen, wohl aber Verlezte in Städte, Häuser und Schlöffer aufnehmen. 5) Der Verlegten will man sich auch in eigenen Zusammenkünften annehmen; drei Prälaten, nämlich der Bischof und der Dompropst von Schwerin nebst dem Abte von Doberan, vier Mannen aus dem Lande Mecklenburg, vier aus Wenden, ebensoviele aus Stargard, je zwei aus den Städten Rostock, Wismar, Neubrandenburg und Güstrow sollen dauernde Vollmacht dazu haben, und nur, wenn sie es für nötig erachten, rufen dieselben die Stände vollzählig zusammen. 6) Wenn jemand von dem Ausschuß mit Tode abgeht, soll ein anderer an seine Stelle gewählt werden. 7) Man versichert, daß man durch solche Vereinigung den Fürsten an ihren Rechten nichts abgeschnitten“ haben und als treue Unterthanen allzeit erfunden sein will. 8) Man bedingt sich aus, daß man, wenns nötig erscheint, diese Beredung verlängern, verkürzen, verändern kann. Mit Handschlag verpflichten sich die Bevollmächtigten zur getreulichen Erfüllung der Union: 5 Geistliche, 23 Ritter, 6 Städte.

Freilich ein bleibender Friede unter den Ständen selbst war durch die Union noch nicht erzielt. Die Städte klagten fortwährend über Beeinträchtigung ihrer Nahrung durch das Bierbrauen und den Viehhandel der Ritter. Es sei nicht bloß wider die beschriebenen Rechte, sondern auch wider Gott selbst, machten die Städte 1536 geltend, daß mecklenburgische Edelleute die zusammengekauften Ochsen zum Teil in eigener Person auf die Märkte trieben. Die Edelleute brachten den Vorwurf vor, daß die Städte in geheimer Beratung auf der Priemerheide sich mit einander verschworen hätten, den ganzen Adel Mecklenburgs zu vertilgen. 10) So giftig konnte man auf einander sein, um bald darauf gegen die Landesfürsten geschlossen aufzutreten. Und als der Prälatenstand in der Reformation allmählich von der Bildfläche verschwand, nahmen sich die beiden anderen Stände desselben nicht an, außer daß sie auf einem Landtage 1552 klagten, daß die meisten Prälaten ihrer Pfründen entsegt seien. Jene Klage erklärte sich aber daraus, daß nach der Beseitigung der Prälaten die übrigen Stände die Landeshülfen künftig allein tragen sollten.

5. Heinrichs und Albrechts Kirchenpolitik.')

Mit der Ausgestaltung der Landeshoheit hielt die Kirchenhoheit gleichen Schritt. Das Mittelalter nämlich kennt eine solche nicht; es hat nur ganz konkrete Beziehungen der Fürsten zu örtlichen Kircheneinrichtungen, die über Vogteirecht und Patronat selten hinausgingen. Der Fürst hatte keine Rechte der Kirche gegenüber, die etwa aus einem landesherrlichen Titel hergeleitet werden konnten, einfach deshalb, weil es denselben ja nicht gab. Er hatte vielmehr nur Pflichten, wie diejenige, die Kirche zu schützen. Durch Zehntenbelehnung wußte lettere ihre Getreuen zu belohnen. Die Hoheitsrechte des Landesfürsten waren durch die sogenannte kirchliche Freiheit gewaltig durchlöchert und verkleinert. Unter dieselbe begriff man die völlige Dienst- und Abgabenfreiheit der Geistlichen und ihrer Untersaffen in Klöstern und Gütern, das Vermögen der eigenen Niedergerichtsbarkeit sowie das Recht der Einbehaltung eines Drittels der Erträge der hohen Gerichtsbarkeit. Manchmal war auch die letzte ganz abgetreten; dann blieb nur die Landwehrpflicht als einziges nugbares Hoheitsrecht. Blieb? Nein, selbst von dieser waren einige Klostergüter namentlich befreit. Vollkommen reichsunmittelbar waren die Bistümer Schwerin und Razeburg und standen, was ihre ursprünglichen Stiftsgüter, Dotalgüter, betrifft, selbständig da, ohne jegliche Abhängigkeit von den Fürsten; wußten sie doch auch für die später hinzukommenden Güter eine Freiheit nach der andern sich zu erringen!

Die Einzelausführung über dieses Verhältnis der Geistlichkeit und der Kirche zum Staate gehört der Periode des Mittelalters an. Hier braucht nur noch das Patronatsrecht erwähnt zu werden. Wer die Pfarre aussteuerte, hatte nach geistlichem Recht im allgemeinen auch das Patronats= recht. Die mecklenburgischen Herzoge besaßen dasselbe an vielen Kirchen ihres Landes. Es diente ihnen seit alters zur Belohnung ergebener Diener und treuer Anhänger. Und so finden wir auch am Anfange des 16. Jahrhunderts fürstliche Diener mit Pfarren belehnt, nicht einer, sondern häufig mehreren, z. B. den Kanzler Brand Schöneich, den Sekretär Johann Monnick, den Geschäftsträger in Rom Dr. Zutpheld Wardenberg, den Hofrat und Domherrn Heinrich Bergmeier u. a.3)

Mit der erstarkenden Landeshoheit erweiterten sich auch allmählich die Rechte der Kirche gegenüber und wuchsen zur Kirchenhoheit aus. Dies Wachstum tritt uns zunächst und zumeist an dem Verhältnis Mecklenburgs zu seinen beiden Bistümern, Schwerin und Razeburg, entgegen. 3) Seit dem Sturze Heinrichs des Löwen 1180 war die Lehnsherrlichkeit in die Hand Friedrich Barbarossas zurückgegefallen, beide Stifter waren also reichsunmittelbar und hatten mit Gericht, Steuern und Landfolge der umliegenden mecklenburgischen Lande nichts zu schaffen. In den Matrikeln des Reiches seit 1431 werden sie auch nie überschlagen, wenn auch vom Schweriner Bischof bis jetzt

nicht nachgewiesen ist, daß er seinen Siß auf der Fürstenbank des Reiches eingenommen und sein Stimmrecht ausgeübt hat. Mit der Reichsunmittelbarfeit ist es wohl verträglich, wenn die Fürsten gelegentlich die Lehnsherrlichkeit solcher Güter behaupten, welche nicht zum Stift selbst gehören, von Anfang an, sondern durch Schenkung oder Kauf nach und nach erworben waren, und jene sich deshalb nennen „ere wertliken Overförsten". Aber es verträgt sich damit schlechterdings nicht, wenn schon 1468 in einer Fehde Mecklenburgs mit Pommern vom Bischof Werner von Schwerin die Heeresfolge gefordert wurde. Sie wurde auf sein inständiges Bitten ihm für jenes Mal erlassen, aber der Herzog betonte doch den Saz, daß die Bischöfe mit Manndiensten verpflichtet seien. Je mehr nämlich die Grenzen des vereinigten Landes Mecklenburg seit 1359 um das Stift zusammenwuchsen, um so mißlicher ward es mit der Selbständigkeit desselben. Die Berührung mit Mecklenburg war auch gar zu eng Bischof Rudolf 1385-1415, und Bischof Balthasar 1473 bis 1479 waren mecklenburgische Herzöge. Bischof Konrad Lost 1482-1503 war mecklenburgischer Rat; Johann Thun 1504-1506 war vor seiner Bischofswahl und auch nachher herzoglicher Rat, und Peter Walkow lange Jahre Gesandter in Rom gewesen, als er 1508 mit der Bischofsmüze geschmückt wurde. Außerdem stand eine ganze Anzahl Geistlicher als Kanzler, Sekretäre, Räte, im unmittelbaren herzoglichen Dienste.

Man suchte sich aber gegen den Einfluß des Nachbarlandes zu schüßen. Schon als Johann Thun 1504 gewählt wurde, mußte er dem. Domkapitel eine Wahlkapitulation unterschreiben, des Inhalts, daß er jede Unterordnung unter Mecklenburg meiden, jede Freiheit wahren, jede Abgabe und Beschwerde verhindern wolle. Als die herzoglichen Brüder 1505 sich huldigen ließen, erwirkte das Bistum Schwerin eine Schutzversicherung und Bestätigung aller Privilegien.

Aber die Abhängigkeit des Stiftes war nicht mehr aufzuhalten. Als Herzog Magnus 1494 von der Stadt Büßow, welche zum Stiftungsgute Schwerins gehörte, einen Beitrag zur Kaiserbede forderte, erhob der Bischof zwar Einspruch. Allein es kam nicht mehr der Bannfluch, wie 1321, als Heinrich II sein Besteuerungsrecht in Notfällen zu halten versucht hatte. Vielmehr fordert Herzog Heinrich des Stiftes Hülfe in der Lübecker Fehde 1506, 1508 Kaiserbede und Fräuleinsteuer und 1514 gar 500 Mark gewöhnlicher Landsteuer, so oft ihm von den Ständen des Fürstentums eine solche bewilligt wäre. Man bemerkt, wie der Einfluß des nach Landeshoheit strebenden Fürsten über die nahen Grenzen des Bistums sich erhebt und dasselbe seiner Reichsunmittelbarkeit entfremdet. Zwar noch 1508 hatte Bischof Peter Geseze und Artikel seinen Stiftsunterthanen verordnet. Aber helfen konnte es seiner Würde nicht viel, wenn 1515 Kaiser Max dem Domstifte das Vorrecht erteilte, mit rotem Wachs siegeln zu dürfen; es mußte ihr vielmehr schaden und die Herzoge in ihrem Streben bestärken, wenn derselbe Kaiser 1506 zur Abtragung seiner Schulden dem Bischof Johann befahl, das Jubiläumsgeld, welches im Schweriner Sprengel aufgekommen wäre, dem Herzog Heinrich aus

zuliefern. Vollends am 31. Dez. 1514 entzog Bischof Peter sich ganz dem Reiche und begab sich in den Schuß Mecklenburgs. Das Stift sollte jedesmal zur mecklenburgischen Landsteuer 500 Mark als Schußgeld zahlen; dafür übernimmt der Herzog die volle Vertretung und alle Verpflichtungen dem Reiche gegenüber. Wahrlich, deutlicher kann die Landsässigkeit des Stiftes und die Hoheit des Herzogs kaum ausgedrückt werden! Vergeblich mußte alle Mühe des Kapitels scheinen, wenn auch der Kaiser ihm 1516 eine neue Bestätigung der Freiheiten des Bistums gab. Denn wenn auch jener Vertrag nur für die Lebenszeit des Bischofs Peter gelten sollte, nach seinem Tode traten Verhälnisse ein, welche den Vertrag dauernd, das Bistum zu einem Teil der mecklenburgischen Lande machten.

Das Domkapitel ist dem Herzog Heinrich darin willfährig, daß es am 21. Juni 1516 den erst siebenjährigen Sohn desselben, Magnus, zum Bischof postulierte. Zwar muß Heinrich dem Kapitel die Wahlkapitulation beschwören; allein die geistlichen Herren bekennen darin, daß es ihnen darum zu thun sei, die Freundschaft des Herzogs dauernd zu besigen. Auch sehen sie in ihm den natürlichen und gesetzmäßigen Vertreter des unmündigen Sohnes und haben nichts dagegen, daß die Einkünfte des Stiftes in des Herzogs Kammer gezogen und zum Unterhalt des Postulatus verwendet werden. Zwar hatte Heinrich in der Wahlkapitulation die Steuerfreiheit und alle Privilegien des Stiftes gewährleistet; allein das Kapitel hatte sich dem Fürsten gegenüber doch die Hände gebunden, wenn es die volle Verantwortung beim römischen Stuhl und die Vertretung für die völlig unkanonische Wahl Herzog Heinrich zuschiebt. Die geistliche Versorgung des Sprengels und die eigentliche Kirchenregierung lag allerdings in den Händen des Zutpheld Wardenberg und des Propstes Reimar Hane. Die Verrichtung der bischöflichen Amtshandlungen lag dem Suffraganbischof Dietrich von Sebaste ob. Aber die Vertretung des Stiftes von seiten Heinrichs hinsichtlich der Reichssteuern und Dienste blieb bei Bestand,5) ja der stiftische Beitrag zu den Landsteuern wurde auf 1000 Mark erhöht. Bis zum Jahre 1526 verwaltete das Kapitel neben dem Herzog die Stiftseinnahmen. In diesem Jahre erlangte der 17 jährige Magnus die selbständige Administration, vier Jahre vor der festgesezten Zeit, und fortan zog der Vater die Einnahmen allein ein.

Und noch ein anderer Umstand mußte das Band zwischen dem Stifte und Mecklenburg immer fester knüpfen. In der Union der Stände 1523 unterschreiben fünf Prälaten „alse vullmächtige Befehlshebbere in Stede und Nahmen aller Prälaten." Obenan steht der stellvertretende Administrator des Bistums Schwerin, Ulrich Malchow. Allerdings die Stiftsritterschaft mit ihrem Marschall und die Stiftsstädte waren dabei nicht vertreten; aber die fünf unterzeichnen dennoch „vullmächtig“ und bezeugen somit nicht nur ein landständisches Verhältnis des Stiftes, sondern auch aller Prälaten des Landes und ihrer geistlichen Besitzungen. Und wenn auch von Reichs wegen an der Unmittelbarkeit des Stiftes festgehalten wurde, wie noch 1521 in der Wormser Reichsmatrikel, so sah Mecklenburg bereits das Stift als seinen Landstand an. Fügte das Stift sich aber einstweilen der

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