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Wirksamkeit als einen Dienst an derselben: „Wir erkennen, daß wir vor allen Tingen dem ewigen gütigen Gott diesen fürnehmen, hohen und angenehmsten Dienst schuldig sein, daß wir sein heiliges Wort von Herzen lieb haben, öffentlich bekennen, in unsern Landen rein und treulich predigen lafen und als den höchsten und teuersten Schaß unsern Nachkommen rein und unverfälscht bewahren“. So spricht in der Vorrede zur Kirchenordnung der Herzog, als der „oberste Patron und Schußherr der Kirchen und heiligen Predigtamts". Diesem Standpunkte entspricht es ganz genau, wenn Ulrich in seiner Amtsordnung von 1583 die Amtleute und Küchenmeister, überhaupt alle „Befehlshaber“ seiner Ämter anweist, mit der Landesherrichait reiner Lehre vermöge der Augsburgischen Konfession zu sein, alle Sonntage und Festtage mit fleißigem Kirchgang, Gehör des Wortes Gottes, öfterem Gebrauch des Nachtmahls, mit züchtigem ehrbaren Wandel ihren Glauben zu erzeigen und sich in allem der christlichen Gemeinde als Vorgänger und Erempel zu erweisen.

Es entspricht demselben Standpunkt, wenn in der Polizeiordnung von 1562 und 1572 die Obrigkeit als ihre Pflicht und auferlegte Last es betrachtet, alle Gotteslästerung und Verachtung göttlichen Worts zu bestrafen. Wer bei dem Namen Gottes und Christi Wunden flucht und schwört, auch den Namen Gottes verlästert, soll von der Crtsobrigkeit mit acht Tagen Gefängnis bei Wasser und Brot, im Rückfall mit dem Pranger und Halseifen oder um Geld gestraft werden; bei der zweiten Wiederholung sollte derielbe an seinem Leibe oder mit Abnahme etlicher Glieder bestraft werden. Tie Zeugen einer Gotteslästerung haben die Anzeigepflicht, widrigenfalls fie dieselbe Strafe zu erwarten haben. Die Polizeiordnung hält ferner Hausväter und Hausmütter an, ihre Kinder und das Gesinde an ein frommes Leben zu gewöhnen; sie bestimmt, daß unter der Predigt Keller, Krüge, Weinschenken geschlossen bleiben Die Polizeiordnung duldet weiter feine Saframentierer und Wiedertäufer im Lande; sie straft den Ehebruch und alle Unzucht. Erinnern wir uns ferner daran, daß den Urteilen des Konsistoriums bürgerliche Nachteile und Strafen folgten, so bemerkt man, wie die weltliche Obrigkeit nach allen Richtungen hin der Kirche zu dienen bemüht war.

Andererseits nahm der Staat den Dienst der Kirche für sich in Anspruch. Im Auftrage desselben wurden Gebete wider die Türken von den Kanzeln abgekündigt, Bettage zu demselben Zweck angesetzt, die Betglocke täglich gestoßen. Aber auch Geseze und Verordnungen der Obrigkeit wurden von der Kanzel aus abgekündigt; so 1549 zum ersten Mal und zwar eine Verordnung gegen Landstreicher; die Polizeiordnung von 1562 sollte jährlich zweimal von den Kanzeln verlesen werden. Auch gerichtliche Citationen erfolgten von den Kanzeln, bald auch Ankündigungen ganz privater Angelegenheiten, wie Verkäufe von Häusern und Äckern. Kirchengebäude selbst dienten wegen ihrer Räumlichkeiten oftmals zu weltlichen Versammlungen, wie z. B. in Rostock, wo die 60 in der Marienkirche ihre Zusammenfünfte abhielten, oder auf dem Lande, wo oft Kommissare zur Schlichtung von Grenz- und Erbstreitigkeiten zusammen

Die

traten. Die Kirchhöfe hatten ihren Charakter „als befriedete Stätten" immer noch nicht verloren. Hier und da fanden noch Gerichtssitzungen unter der Linde statt; auf dem Kirchhof unter der Linde zu Kölpin geschah die Huldigung des Landes Stargard nach wie vor. 13)

Der Staat wußte sich auch der Übergriffe des geistlichen Amts zu erwehren. Als die Grenzen zwischen weltlicher und geistlicher Gewalt noch nicht geordnet waren, in den fünfziger und sechziger Jahren, waren ärgerliche Auftritte an der Tagesordnung gewesen, wie in Rostock, wo das gesamte Ministerium in seinem Hasse gegen den unbeliebten Superintendenten und den Rat alle Mittel auf der Kanzel und in dem Beichtstuhl ergriff, um diesem Haß recht deutlichen Ausdruck zu geben, oder wie in Wismar, wo der Pastor Steinmez von der Kanzel aus Beleidigungen gegen den Rat schleuderte. Der Rostocker Superintendent Kittel brachte die herzoglichen Schulden auf die Kanzel und führte lebhafte Klage über die fürstlichen Bedrückungen der „guten“ Stadt. 14) Weil das ungebührliche Schelten und Lästern auf der Kanzel, auch Verurteilung anderer Leute christlichen Predigern nicht geziemt, auch dadurch große Widerwärtigkeit zwischen hohen und niedrigen Personen hervorgebracht wird, so gebot schon ein Kreistag zu Lüneburg 1562 allen geistlichen Personen, nur Wort Gottes zu predigen und sich des Scheltens zu enthalten, bei Strafe der Verweisung und anderer gebührlicher Leibesstrafe. Derselbe Kreistag führte sogar eine strenge Censur für alle Druckwerke ein, welche vor der Drucklegung der Obrigkeit mitgeteilt werden sollten. Dieser Verordnung gemäß wurde z. B. 1574 in Lübz ein Pastor Kirchhof wegen Schmähreden auf der Kanzel beurlaubt; 1578 ereilte dasselbe Schicksal den Güstrower Superintendenten Konrad Becker, welcher den Rat der Stadt etwas unsanft angefaßt hatte, auch gegen Personen des herzoglichen Hofes nicht rücksichtsvoll genug verfahren sein sollte. 15)

Mochten aber auch einzelne streitbare Männer ihr Strafamt verkennen, der geistliche Stand und mit ihm die Kirche erkannte den göttlichen Beruf der weltlichen Obrigkeit an, wie ihn die Kirchenordnung beschrieb. Die mecklenburgische Landeskirche war und blieb trotz aller Gefahren. von innen und außen bewahrt und von Bestand.

24. Die Landesregierung des Herzogs Ulrich.

Die Streitigkeiten mit der Stadt Rostock nahmen troß des Erbvertrages von 1573 ihren Fortgang. Die neun Punkte, welche in demselben zu schleunigem Kompromiß gestellt waren, wurden zwar fortwährend erörtert. Allein die Rostocker verschoben das endliche Erkenntnis immer wieder. Dann starb Johann Albrecht; nun erklärten sie, daß das ganze Kompromiß hinfällig sei, und die Streitsache jetzt vor das Reichsgericht gehöre. Brandenburgische und sächsische Gesandte, welche 1578 anderer Verhandlungen wegen in Mecklenburg waren, nahmen sich auch der Rostocker Sache an; aber es wurden so viele Punkte vorgebracht, daß kein Ende

abzusehen war. Dann wurden zwei Schiedsrichter von jeder Seite bestellt, welche Zeugenverhöre vornehmen und ihre Akten dem Kammergerichte für das Erkenntnis unterbreiten sollten. Eine Menge von Zeugen und Frageartikeln, neue Appellationen der Stadt, der langsame Gang der Rechtspflege am Reichsgericht, diese Umstände erklären es hinlänglich, daß 1583, also volle zehn Jahre nach dem Erbvertrag, noch keine Entscheidung erreicht war.

Da kam Herzog Ulrich auf kürzerem Wege zum Ziel. Sein Schwiegersohn Friedrich II von Dänemark hielt Rostocker Schiffe an und erklärte der Stadt, er würde ihr allen Handel in seinem Reiche untersagen, wofern sie sich mit dem Schwiegervater nicht vertrüge. Im Oktober 1583 beseßten dänische Schiffe den Strom bei Warnemünde. Das half; Rostock wandte sich an den Herzog. Im Dez. fand ein erster Verhandlungstag vor vier Landräten zu Güstrow statt, dem neue folgten, die sich mit den unausgetragenen neun und elf neuen Artikeln zu befassen hatten. Die Rostocker Gemeinde wählte 100 Männer, die mit dem Rate zusammen beschließen sollten. Am 29. Febr. 1584 kam zu Güstrow im Beisein Herzog Ulrichs und seines ältesten Neffen, sechs Unterhändler, zehn Rats- und Bürgerdeputierten der Stadt, der zweite Rostocker Erbvertrag zu stande. Seine Bestimmungen hinsichtlich des Kirchenregiments lernten wir schon kennen. (S. 191.) Im übrigen wurde unter andern bestimmt: Das heil. Kreuzkloster bleibt zur Erziehung und Erhaltung bürgerlicher und adliger Töchter Rostocks; der Doberaner Hof wird den Fürsten zurückgegeben; diese erkennen der Stadt das Recht zu, eine Accise zur Bezahlung der Stadtschulden und Erhaltung des Hafens zu erheben; dafür erhalten die Herzoge jährlich 500 Gulden. Die wichtigste Bestimmung war ohne Zweifel die, daß Rostock die Appellationsinstanz des Hofgerichtes anerkannte und nicht mehr außerhalb Landes, etwa zu Lübeck, Recht suchen durfte. Auch Wismar hatte sich dieser seit 1581 gefügt.1)

Herzog Ulrich war ein sparsamer Fürst. Aber dennoch überstiegen. die Kosten der Landesregierung, welche wir schon kennen lernten, seine Kräfte. Ulrich erklärte also auf dem Landtage zu Sternberg am 10. Juni 1589, daß die jährlichen Einkünfte aus der fürstlichen Kammer nicht mehr ausreichten, und forderte die Hülfe des Landes. Andererseits lasteten auf Herzog Johann Schulden, da er seinen Bruder Sigismund August hatte abfertigen müssen. Herzog Ulrich wies darauf hin, daß andere Unterthanen in Kur- und Fürstentümern ihren Landesherrn ebenfalls geholfen hätten. Aber die Stände entschuldigten sich mit „Unvermögen“. Auf einem neuen Landtag, im Oktober desselben Jahres, erkannten sie zwar ihre Verpflichtung zur Hülfeleistung an, betonten aber neben der eignen Not ihre gravamina, welche sie stets in genügender Anzahl bereit hielten, und deren Abstellung fie forderten. Deshalb berief Ulrich den Landtag in demselben Jahre zum dritten Mal, und nun bewilligte er in der That eine zweijährige Landhülse; der Herzog aber forderte mindestens fünf Jahre. Im Jan. 1590 war der Landtag schon wiederum beisammen; er drängte auf die Abstellung seiner gravamina. Als er endlich für den

März wiederum zum Landtag verschrieben wurde, bezeugte der Adel allerdings, daß der Ritterstand ein freier Stand wäre, der zu kontribuieren nicht schuldig sei, sondern nur mit Leib und Leben zu Felde zu dienen; dennoch bewilligte die Ritterschaft mit den Städten eine zweijährige Landhülfe ohne Bedingungen. Man stellte weitere zwei Jahre in Aussicht, wenn der Herzog in Fragen des Lehnrechtes nachgäbe. Ziemlich deutlich machte der Herzog seiner Entrüstung über diese Politik des Landtags Luft, indem er zu verstehen gab, daß die Landschaft ja nicht der vielfachen fürstlichen Begnadigungen vergessen sollte, die sie jeden Tag genösse, und betonte, daß durch das fortgesette Stellen von Bedingungen die Hülfe ihren Charakter als freiwilliger verlöre. Das half; man bewilligte nach langen Verhandlungen und stellte seine eigenen Rechte nur um so breiter und fester hin.2)

Darum bleibt es das vorzüglichste Verdienst Herzog Ulrichs, daß er die Aufzeichnung der Landesgesehe in die Hand nahm. Bei dem Eindringen des römischen Rechts war das einheimische und das Gewohnheitsrecht in Gefahr, allmählich an Klarheit zu verlieren oder ganz unterdrückt zu werden. Am 6. Mai 1579 gab Herzog Ulrich bereits an den verdienten Husan in Lüneburg den Auftrag zu einem Entwurfe verschiedener Rechtsbücher nach dem Maßstabe der kaiserlichen Rechte, der Ordnungen anderer Länder und der bisher geübten Landesgebräuche. Husan übernahm es, das Lehn- und das Strafrecht, die Hofräte Niebur und Albin, die übrigen Rechte zu bearbeiten. Allein sogleich und besonders beim Lehnrecht zeigten sich die Schwierigkeiten der Durchführung. Ende Januar 1580 nämlich übersandte Husan schon das fertige Lehnrecht, „deutlich, rund und gründlich“, und im Laufe des Jahres reichte er auch das Strafrecht ein. Aber Albins und Nieburs Arbeiten blieben aus. Da Husan das Gewohnheitsrecht zu berücksichtigen hatte, so befragte auf seinen Vorschlag der Herzog 21 Ritter nach den Lehnrechten, welche sie von ihren Eltern gehört hätten." Zu Güstrow traten diese im Jan. 1581 zusammen und beantworteten die vorgelegten 28 Fragen, teilweise aber recht unsicher. Da also immer noch strittige Fälle nachblieben, die Ritterschaft aber ihre Privilegien wahren wollte, so ist die lange Verschleppung des ganzen Werkes erklärlich.

Im Juni 1583 forderte der Herzog auf dem Landtage zu Sternberg die Stände zur Niederseßung eines Ausschusses auf, „zur Revidierung der Landeskonstitutionen". Allein es kam erst 1584 zum Zusammentritt des Ausschusses. Aber bereits versagten die Seestädte ihre Mitwirkung bei dem Landrecht, weil sie eigenes Stadtrecht hätten. Das ganze Werk geriet ins Stocken. Husan und Niebur starben, aber Herzog Ulrich ernannte die Juristen Graß, Cling und Cothmann zu Mitarbeitern. 1589 ließ er in den Städten die ortsüblichen Geseze und Ordnungen aufzeichnen und einreichen, damit das gemeinsame Werk die alten „Bräuche“ soweit wie möglich ehrte. In demselben Jahre war auch ein neuer Ausschuß von dem Landtage eingesezt worden „zur Beförderung des heilsamen Werks der Konstitutionen oder gewissen Landrechts in zweifelhaften Rechtsfällen“. Allein wir erfahren nichts von seinem Thätigwerden. Erst 1598 verhieß Ulrich die demnächstige Vorlegung des Entwurfs. Da wollten aber die Stände neben

dem Ausschuß zwei Gelehrte zur Prüfung bestimmen, „damit ein jeder Stand seine Vorrechte dabei in acht haben könnte;" die Seestädte verwahrten sich ganz und gar gegen den Entwurf.3)

So ist das allgemeine Landrecht nicht zur Vollendung gekommen, wie sehr es Herzog Ulrich bei dem „vielfachen Zanken und Klagen, so in diesen Landen von Tag zu Tag zunimmt," wünschte. Der Herzog aber sorgte für beschleunigtes Rechtsverfahren. Deshalb bestimmte er, daß stets einige Räte zu Güstrow anwesend sein und Vorbescheide an die klagenden Parteien erteilen sollten.

Zur Hebung der Volkswohlfahrt nahm Herzog Ulrich das Kanalprojekt wieder auf. Im Juni 1577 begannen die Erdarbeiten an zwei Stellen, neun Schleusen waren zwischen Wismar und dem Schweriner See geplant; am eifrigsten wirkte und warb für das Werk wiederum Tilemann Stella. Aber als dieser 1582 das Land verließ, geriet das Werk ins Stocken, da das Geld ohnehin knapp war, auch die Stadt Wismar den von ihr übernommenen Teil des Kanals nicht bezahlen konnte. Dennoch wurde langsam weitergebaut; 1594 ist in der That lüneburgisches Salz auf dem Wasserwege nach Wismar geführt worden. Aber die Kanalufer waren doch nicht ganz fertig, die Steinwände in den Schleusen fehlten, und so verfiel das Werk sehr schnell. Herzog Ulrich hatte übergenug für das Unternehmen geopfert, ein mehr ließ sein haushälterischer Sinn nicht zu. Leyterem zuliebe ließ er das Eisenwerk zu Neustadt eingehen, da die Ausgabe die Einnahme überstieg. Große Hoffnungen aber sehte er auf ein Alaunwerk, das er 1577 zu Conow bei Eldena eröffnete.4)

Herzog Ulrich war sehr sparsam; ein Rechnungsbuch von des Herzogs eigener Hand aus den Jahren 1575-1584 ist uns noch erhalten.5) Das beste Denkmal seiner sparsamen Regierung haben wir in seiner Amtsordnung vom 6. Mai 1583.6) In derselben gebietet er den Amtleuten, gewissenhaft über die fürstlichen Ländereien und. Wiesen, über Wälder und Gewässer zu wachen. Ferner soll man die Sicherheit der Landstraßen im Auge behalten und die Wege selbst bessern. Die fürstlichen Amtleute sollen die Bauern nicht mit übermäßigen Diensten beschweren und durch die Jagd ihre Saaten nicht verwüsten. Damit der Ertrag eines jeden Amtes sich fest= stellen läßt, wird genaue Buchung des Ernteertrages vorgeschrieben. Um hierin einerlei Maß zu haben, führte der Herzog den Rostocker Scheffel in alle Ämter ein; für Flüssigkeiten sollte fortan auch das Rostocker Tonnenmaß gelten. Den „Küchenmeistern“ legte der Herzog die äußerste Sparsamfeit in der Ausrichtung der Hausküche und Bestreitung der notwendigsten Wirtschaftsausgaben auf; aufs genaueste wurden die einzelnen Mahlzeiten nach Zahl und Fülle vorgeschrieben. Herzog Ulrich war ein guter Hausvater.

Dennoch zeigte er eine große Vorliebe für die Kunst. Sein Baumeister Franz Parr baute den abgebrannten Ostflügel des Schlosses zu Güstrow in den Jahren 1558-1565 wieder auf. Zur Ausschmückung desselben bot der Bildhauer und Baumeister Philipp Brandin seine Kraft an. Als Hofbaumeister hat dieser Künstler dreißig Jahre in des Herzogs Dienst gestanden;

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