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Centurien vollendet, 7-13.

Johann Albrecht hat also den Ruhm, daß sein Superintendent jenes Werk wesentlich förderte; die Stadt Wismar, in deren Mauern das Erstlingswerk protestantischer Geschichtsforschung zu einem großen Teile entstand, kann mit Recht den Anspruch erheben, daß jenes Werk den Namen der „Wismarschen Centurien“ trägt.5)

Auch die Kunst fand in Johann Albrecht einen eifrigen Förderer. Er hat selbst viel gebaut, aber nicht blos als Bauherr, sondern als Baumeister. Denn seine Gedanken lagen den Plänen zu Grunde. Als er eben erst zur Regierung gekommen war, regte er bei seinem Oheim den Plan an, das Schloß zu Wismar um ein Stockwerk zu erhöhen. Allein der Bau unterblieb damals. Aber zum Zwecke seiner Hochzeit ließ Johann Albrecht 1553 und 1554 den sog. Neuen Hof bauen, drei Stockwerke hoch, im rechten Winkel zum Bau Herzog Heinrichs. Der Bau zeichnet sich durch die reichen Verzierungen aus gebranntem Thon aus, welche Scenen aus dem trojanischen Kriege und aus dem Gleichnis vom verlorenen Sohn darstellen. Der „Neue Hof“ ist dem Palaste des Herzogs Herkules von Ferrara, mit dem Johann Albrecht in Korrespondenz stand, sehr ähnlich. In denselben Jahren baute Johann Albrecht auch am Schlosse zu Schwerin; auch hier fanden Ornamente aus gebranntem Thon Play; man hat Vorbilder dazu in Venedig gefunden. Die gebrannte Thonerde des Nordens ersezte zum Teil den verschwenderischen Marmorschmuck des Südens. Aber auch der Steinbruch zu Uslar lieferte seinen Alabaster, der zu Pirna seinen Sandstein; Granit wurde aus Kull in Schweden geholt. Ausländische Baumeister kamen ins Land, so zu den Schloßbauten die Lübecker Maurermeister Gabriel von Aken und Valentin von Lira, der Steinbrenner Statius von Düren, der Steinmehmeister Philipp Brandin aus Utrecht; besonders die drei Gebrüder Parr zeichneten sich aus. Zu den Festungsbauten in Schwerin und Dömig diente ein italienischer Baumeister, der mit acht italienischen Gesellen und einem Ziegler im Auftrage des Herkules von Ferrara 1557 ankam; zum Bau der Festung vor Rostock bediente der Fürst sich des Baumeisters Franziskus Chiaramela, während Christoph Haubig eine Reise nach Preußen machen mußte, um die dortigen Bauten zu prüfen. Johann Albrecht verabscheute die kleinen unwohnlichen Gemächer der alten Bauten; eine neue Zeit kam herauf, die dem Licht den Eintritt in die Häuser und Schlösser nicht verwehrte. Noch 1562 baute Johann Albrecht auf Poel ein einfaches Lusthaus „auf welsche Art“. 6)

Für kleinere Kunstwerke sorgte durch Äßen und Vergolden der Rüstungen und Waffen sein Meister Benedikt Gaulrap, den Johann Albrecht aus dem Oberlande 1552 mitgebracht hatte. Der Sohn Erhard Gaulrap besuchte auf fürstliche Kosten das Schweriner Gymnasium; Lukas Cranach der jüngere bildete ihn in Wittenberg zum Maler aus, und der gelehrige Schüler malte später die Bilder des herzoglichen Paares. Der Orgelbaner Antonius Mors aus Antwerpen ließ sich bewegen, in mecklenburgische Dienste zu treten und baute 1560 die große Orgel im Dom zu Schwerin. 7)

Immer aber hatte Johann Albrecht die Hebung der Volkswohlfahrt im Auge. In ihrer Weise und nach dem Sinn der Zeit sorgten für dieselbe die 1562 und 1572 erlassenen Polizeiordnungen, welche mit ihren Bestimmungen über Kaufen und Verkaufen, Verschreibungen und Wucher, Gebrauch der Wälder und Seen, über Luxus auf Hochzeiten und Kindtaufen und Gildenversammlungen und zum Schluß mit ihrer Feuerordnung die Beziehungen des täglichen Lebens in Handel und Wandel regelten. Auf seiner ungarischen Reise schenkte ihm der Kaiser zwei edle türkische Rosse; er kaufte selbst ungarische Mutterpferde dazu, zog Stallmeister aus Italien ins Land; die mecklenburgische Pferdezucht blühte auf. Zu Neustadt stellte er die Eisenwerke wieder her, legte auch einen Frischhammer an; die jährlichen Rechnungen revidierte er selbst. 1563 ließ er für eigene Rechnung zu Memel zwei Schiffe bauen und mit inländischen Waren nach Lissabon verfrachten; leider gingen die Schiffe mit wertvoller Rückladuug unter. Handel und Industrie zu heben war der Zweck der Kanalpläne des Herzogs.) Es galt eine Verbindung der Ostsee mit der Elbe zu schaffen, so daß die von den Lübeckern benußte Verbindung auf der Steckniß umgangen und vor allem das Lüneburger Salz auf Wismar ausgeführt werden konnte. Die Regulierung der Schaale war zwar erfolgt, aber die Schwierigkeiten zwischen dem Schaalsee und Wismar erwiesen sich als zu groß; die Wasserfahrt Dömitz-Schwerin-Wismar erwies sich vorteilhafter, welcher schon Herzog Albrecht seine Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Von ihm waren schon mehrere Hügel zwischen Wismar und dem Schweriner See durchstochen worden; aber sein Unternehmen war an finanziellen Nöten gescheitert, da weder der Kaiser noch Hamburg, noch Magdeburg Beiträge zusichern wollten. Als Wismar 1564 den alten Plan wieder hervorholte, ließ Johann Albrecht im Verein mit seinem Bruder Ulrich durch seinen Mathematiker Stella einen neuen Plan ausarbeiten. Weil Brandenburg den Eldenpaß bei Eldenburg und Polz sperrte, so wurde ein Kanal zwischen Eldena und Dömiß gegraben, der also brandenburgisches Gebiet nicht berührte. 1572 war die neue Elde fertig. Erschwert wurde allerdings der Verkehr durch die hohen Elbzölle, welche der Herzog von Lüneburg zu Hizacker und an zwei andern Örtern erhob, und durch die Stapelgerechtig= feit der Stadt Lüneburg; leztere nämlich beanspruchte die Ablage aller Waren in ihrem Hafen, von wo aus sie weiter verfrachtet werden konnten. Die Verbindung zwischen dem Nordende des Schweriner Sees und Wismar wurde einstweilen durch Wagen aufrecht erhalten. Herzog Johann Albrecht starb über die Vollendung seines Werkes hinweg und empfahl in seinem Testamente es seinen Söhnen.

Am Abend seines Lebens hatte Johann Albrecht seine Fehler in der äußern Politik einsehen gelernt. Er empfahl in seinem Testament o) seinen Söhnen, vor auswärtigen Bündnissen mit allem Fleiß sich zu hüten, „denn wir mit unserm Schaden erfahren, was in Notfällen darauf zu bauen, und daß dieselben niemandem zu großer Beschwerung gereichen, als demjenigen, der sie hält." Was die Nachfolge in der Regierung des Landes anbetraf, so war das Resultat seiner Lebenserfahrung der Wunsch der Ein

führung des Primogeniturrechtes. „Wir haben aus der Erfahrung gelernt, daß durch kein anderes Mittel die Herrschaften in größern Abgang geraten als durch die vielfältige Zerstückung und Zerreißung Wir sind es

auch inne geworden, was aus gesamter ungeschiedener Regierung für Unrichtigkeit folget, daß nämlich keiner der Landschaft mächtig ist, Trennungen der Adligen und Städte erwachsen, der eine Herr gebeut, der andere verbeut." In dieser Erkenntnis sezte er seinen Sohn Johann zum Erbherzog ein, während er seinen jüngern Sohn, Sigismund August, der zudem etwas „blöde“ war, mit den Ämtern Streliz, Mirow und Ivenack nebst jährlichen Einkünften an Geld aus dem Herzogtum versah.

Der lutherischen Kirche seines Landes ist der Herzog bis zum Tode treu geblieben. In seinem Testamente machte er es seinen Söhnen zur Pflicht, sie zu beschüßen und zu erhalten, keine Veränderung in Kirchen und Schulen einzuführen, sondern bei der Kirchenordnung zu verbleiben, das Konsistorium und die Superintendentenordnung zu erhalten. Und weil er sah, daß die Visitationen noch nicht überall durchgegriffen hatten, indem noch fortwährend Kirchengüter unterschlagen, kirchliche Lehen einbehalten und zum eigenen Nußen von den Patronen verwendet wurden, hat der edle Fürst es seinem Nachfolger auferlegt, ein fleißiges ernstes Aufmerken darauf zu haben, „zu Verwahrung ihrer Gewissen, wegen ihres von Gott befohlenen fürstlichen Amtes".

Im Januar 1576 wurde Johann Albrecht auf schweres Krankenlager geworfen, er verlor die Sprache. Mit flehentlichen Geberden bat er den herbeigerufenen Bruder Ulrich, die Vormundschaft zu übernehmen. Dieser willigte endlich ein und erleichterte dem Bruder das Ende. Es trat am Sonntag, den 12. Febr., ein. Am 29. Febr. wurde der Leichnam des Herzogs in der Domkirche zu Schwerin beigesetzt, in einfachem Sarge und grobem linnenen Tuche; die größte Einfachheit im Tode war nach dem Sinne der Fürsten der Reformationszeit. 1o)

IV.

Die Wahrung der lutherischen
Landeskirche. 1573-1603.

21. Die Beendigung der Erbstreitigkeiten im Fürstenhause.

Zwei Tage nach dem Tode Johann Albrechts traf Herzog Christoph in Schwerin ein und hatte sogleich am nächsten Tage mit Ulrich eine Unterredung, in der er seine Erbansprüche geltend machte. Noch stand die fürstliche Leiche über der Erde, und schon drohte der Erbstreit die überlebenden Brüder zu entzweien. Bis zum Tage der Testamentseröffnung ließ Christoph sich vertrösten. Im Beisein Herzog Ulrichs und kurbrandenburgischer sowie kursächsischer Gesandten wurde das Testament am 1. März auf dem Rathause zu Schwerin geöffnet. Gemäß demselben bezog die Witwe, Herzogin Anna Sophie, ihren Witwensiz zu Lübz; außer diesem Amte gehörten ihr die Ämter Wittenburg und Rehna. Ihre Söhne verließen die Mutter; Herzog Johann ging an die Universität Leipzig, Sigismund August an den kursächsischen Hof. Die Herzoginwitwe überlebte ihren Gemahl noch bis 1591, ohne indes ihre preußischen Ansprüche, wie wir sahen, durchseßen zu können. Im Verein mit den Kurfürsten zu Sachsen und Brandenburg führte Herzog Ulrich die Vormundschaft. Mecklenburg erfreute sich also einstweilen der Alleinregierung Ulrichs.

Ungestüm aber machte Herzog Christoph seine Ansprüche geltend. Er focht das Testament des Bruders mit dem Hinweis darauf an, daß Johann Albrecht gar kein Recht gehabt hätte, seinen ältesten Sohn zum Erben einzusehen, und er machte sehr mit Recht geltend, daß er der rechtliche Nachfolger Johann Albrechts in der Regierung sei. In der That hatte lezterer sowohl wie auch Herzog Ulrich bei Christophs Rückkehr aus Polen den Sah aufgestellt, Mecklenburg sei immer nur von zwei Herzogen regiert gewesen, und zwar von den ältesten Brüdern. Mit Recht also konnte Christoph diesen Say, der übrigens geschichtlich auf sehr schwachen Füßen steht, jezt auf sich anwenden und neben Ulrich die Regierung fordern. Am 2. und 3. März brachte Christoph seine Werbung vor den Bruder und die fremden Gesandten. Aber man hielt ihm das Testament entgegen, in dem sein eidlicher Verzicht vom Jahre 1555 erwähnt sowie auch die ganze livländische Unternehmung ausgeführt war. Herzog Christoph geriet in große Erregung; er erklärte den Verzicht aus den uns schon bekannten Gründen für null und nichtig; bitter flagte er über den Verstorbenen, der ihn stets übervorteilt habe. Nur mit großer Mühe ließ er sich besänftigen, indem die Gesandten an ihre Herren zu berichten versprachen. Im Mai

fand zu Wismar eine abermalige Beredung statt. Indem die Gesandten den Verzicht als rechtlich gültig anerkannten, machten sie jezt auch einen politischen Grund gegen eine abermalige Teilung geltend; Christoph müsse in Rücksicht auf die Ruhe und Wohlfahrt des Landes von seinen Forderungen abstehen. Das wollte er nun ganz und gar nicht. Er erklärte, sich mit der Hälfte des Johann Albrechtsteils begnügen zu wollen. Als man darein nicht willigen, sondern den ganzen Streit bis zur Volljährigkeit der beiden Herzoge vertagen wollte, erklärte er, persönlich an den Kaiser zu gehen. Und obwohl ihm Maximilian wie auch Rudolf ihre Bereitwilligkeit zu erkennen gaben, ihm zu dem ihm gebührenden Teil zu verhelfen, mochte doch Christoph selbst wenig von dieser Vermittelung erhoffen. Er bat seinen Bruder Ulrich um die Überlassung wenigstens einiger Ämter, da seine Mittellosigkeit gar zu groß wäre. Aber auch dies verweigerte Ulrich.')

Befand er sich doch als Vormund selbst in bedrängter Lage! Johann Albrecht hatte eine große Schuldenlast hinterlassen. Auf jenem Tage zu Wismar war bereits über den Abtrag derselben verhandelt worden. Man hatte eine Beschränkung des Hofstaates der jungen Herzoge für gut angesehen, man empfahl die äußerste Sparsamkeit. Johann Albrechts Lieblingsgründung, die Fürstenschule, fiel ihr zum Opfer, so sehr auch Mylius flagte; am 19. Mai wurde sie mit Ulrichs Stiftsschule vereinigt. Der Landtag zu Güstrow im Februar 1577 entschuldigte sich mit Unvermögen, 100000 Thaler auf fünf Jahre ohne Zinsen vorstrecken zu können. Um die Gläubiger zu befriedigen, mußte das Amt Ivenack verpfändet werden. Der Kaiser Rudolf II erteilte dazu willig seinen Konsens, nachdem er am 16. Juni 1578 Ulrich als Vormund die Lehen des Landes Mecklenburg übertragen hatte. Als alle Sparsamkeit die Schulden nicht abtragen konnte, ging Ulrich zu Neubrandenburg im Januar 1583 wiederum den Landtag an. Er wies auf die Kriegsgefahren hin, welche allüberall drohten, deren Abwendung Geld koste, auf die Kosten der Rechtspflege im Lande, auf die notwendigen Gesandtschaften zu Reichs-, Kreis- und Münztagen und an fürstliche Höfe, auf die Kosten für das Kammergericht und noch viele andere, endlich auch auf die hinterlassenen Schulden und begehrte von den Ständen „die hülfreiche Hand zur Erleichterung der großen Beschwernis“. Wiederum entschuldigten die Stände sich mit Unvermögen, obwohl sie im übrigen ihre Dankbarkeit für Ulrichs treue Regierung bezeugten. Mit Recht erwiderte er ihnen, daß man die Dankbarkeit nicht bei den Worten lassen, sondern im Werk bezeugen müsse; mit ebenso großem Recht sprach er sein Befremden über das Unvermögen aus, indem er auf die übermäßige Pracht der Adligen in „Kleidung und Zehrung" hinwies. Es kam zu keinem Beschlusse, weil viele Ständemitglieder den Landtag verlassen hatten. Am 12. Juni mußte derselbe zu Sternberg abermal zusammentreten; wiederum ohne Erfolg! Einige aus der Ritterschaft verstiegen sich sogar zu Drohungen gegen die Mitstände, welche zur Geldbewilligung geneigt waren. Im folgenden Jahre kam es zu Sternberg am 18. Juni zu einer Bewilligung. Die Stände gestanden eine Hülfe auf zwei Jahre, wiederum natürlich unter Berufung auf ihre Privilegien, zu.2)

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