Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Nachträge.

Zur Seite 109. Zeile 2.

Den 6. October Mittags versammelten sich die Abtheilungen des BürgerRegiments am Hof; Hauptmann Butschek rangirte sie in zwei Compagnien. Inzwischen hatten sich am Hofe auch einige Compagnien der Pioniere und von NassauInfanterie aufgestellt. Der die Pioniere commandirende Major näherte sich dem Hauptmann Butschek, und frug ihn, ob seine Mannschaft nicht etwa auf die Pioniere zu feuern beabsichtige, was Butschek verneinte, und ihn von der besten Gesinnung der Bürger versicherte, welches durch einen Händedruck bekräftigt. wurde, und der Major sich äußerte:,,Wenn Sie nicht schießen, so schießen wir auch nicht!"

Nachdem zu dieser Zeit eine Kanone nach der andern aus dem bürgerlichen Zeughause von Legionärs und Nationalgarden weggeführt wurde, so ging Butschef in Begleitung eines N.G. Art. Offiziers ins Kriegsgebäude und berichtete dem Minister Latour das Wegführen der Kanonen. Dieser Minister erwiederte: „Gehen sie hinab und sagen Sie, ich befehle daß man keine Kanone mehr aus dem bürg. Zeughause verabfolgen solle." Der genannte Hauptmann bath jedoch um den schriftlichen Befehl; worauf der anwesende N. G. Rittmeister Valmagini, der Bürger-Cavallerie, einwendete: „Der Herr Kriegsminister ist nicht berechtigt der Nationalgarde Befehle zu geben, dieß muß der Minister Doblhoff thun." Hierauf ging Latour ins vierte Zimmer, in welchem eben Doblhoff schrieb, und ersuchte ihn den schriftlichen Befehl deßhalb zu geben; der Befehl lautete: „Nachdem ich nur die Erlaubniß ertheilte, daß zehn Kanonen aus dem bürg. Zeughause ausgefolgt werden sollen, so darf weiters keine mehr erfolgt werden. Doblhoff."

Mit diesem Befehl eilte Butschek in's bürg. Zeughaus und überreichte selben dem dort commandirten N. G. Artillerie Hauptmann. Als dieser jedoch den Befehl seinen Garden vorlas, wurde er ihm aus der Hand geriffen, zers knittert und auf die Erde geworfen, mit dem Ausrufe: alle Kanonen müssen heraus. Indignirt durch solche Nichtachtung des Ministerialbefehls, eilte Butschet wieder in's Kriegsgebäude, und meldete dem Minister das Geschehene; hierauf beorderte Latour zum Schuße des bürgl. Zeughauses eine Compagnie Pioniere. Als jedoch solche gegen dieses Gebäude anmarschirten, richtete man eine eben herausgezogene Kanone gegen selbe; durch Vermittlung Butschek's jedoch kehrten die Pioniere wieder um, ohne daß es zu einem Conflikte kam, und es wurde indeffen keine Kanone mehr weggeführt.

Zur Seite 109. Zeile 10.

Nicht der commandirende Hauptmann der in die Stadt gerückten Pioniere hatte sich mit einem schriftlichen Befehl des Kriegsministers Latour ausgewiesen, sondern ungefähr eine halbe Stunde vor dem Einrücken des Militärs hatte ein Garde in Offiziersuniform, Namens Zay, einen von La tour eigenhändig gefertigten Befehl zum ungehinderten Einlaß des Militärs dem Garde-Hauptmann der 2. Schottenviertel-Compagnie Carl v. Oroß überbracht. Das Militär traf erst dann ein und wurde ungehindert eingelassen, nachdem Hauptmann v. Oroß mit der Anfrage: wem denn die Nationalgarde heute in den obersten Befehlen zunächst unterstehe, und wie sich in etwaigen Fällen sich kreuzender Befehle von Seite des Kriegsministers und des Nationalgarde-Obercommandanten zu benehmen sey, eine Ordonanz zum Nationalgarde Obercommando abgesendet, und auf diesem Wege eben die Auskunft erhalten hatte, daß sich der Obercommandant beim Kriegsminister befinde, demnach die Befehle beider der Nationalgarde zur Richtschnur zu gelten haben. Ungefähr um 2 Uhr Nachmittags, als das Schottenthor über höheren Befehl geschlossen, und nur ein Seitenthor unter Bewachung von Garden der 2. Compagnie für den allernöthigsten Verkehr un verdächtiger Fußgeher offen gehalten war, brachte man, vorerst geführt, dann in Wagen, die ersten verwundeten Militäroffiziere zum Schottenthore und verlangte hinaus gelassen zu werden, welchem Wunsche ungesäumt willfahrt wurde. Als aber wegen eines Fialerwagens, in welchem sich ein am Kopfe verwundeter Militär-Offizier befand, ein Fahrthor geöffnet werden mußte, konnte dieses nicht mehr geschlossen werden, da die eben vor dem Thore angelangten Vorstadtgarden von Neubau in Masse einmarschirten, Willens auf die Aula zu gehen. Mehrere Garden mit dem Hauptmann Moschigg, welche diese Absicht nicht theilten, trennten sich hier von den übrigen und reihten sich der 2. Schottenviertelcompagnie ein, wo sie gleichgesinnte Bekannte fanden. — Hierauf drangen die Garden von Fünf- und Sechshaus ein, stellten sich, ungefähr 6 Compagnien stark, gerade der Schotten-Compagnie gegenüber in Front auf, und beseßten die Terasse und Stiege des Schottenthores. Während eben der Bezirkschef Le 8 z cz in 8 ki angekommen war und die zweite Schotten-Compagnie versichert hatte, daß die gegenüberstehenden Garden von Fünf- und Sechshaus mit jenen - ganz gleiche Gesinnung theilen, und während so eben von der Freiung her, unter der Führung von Legionären, mit zugespißten Eisen, Sensen u. dgl. bewaffnete Arbeiter mit wilder Hast heranzogen und die Schottengasse der Breite nach abschlossen, (wo fie bald darauf eine Barrikade aufwarfen), erschien auf der Höhe des Schottenthores ein ordentlich uniformirter Nationalgarde, welcher mit starker Stimme zu den Fünfund Sechshausern herabrief: „Meine Herren! die beim Wirthshause (zum Schottenthor) stehenden Garden sind jene schwarzgelbe

[ocr errors]

Schottenviertel-Compagnie, welche das Militär hereingeLassen hat! Schießt sie, die Hunde nieder!"-Diese schändliche Aufforderung, welche keinen weiteren Erörterungen Raum ließ, war der nothgedrungene Anlaß, daß die Garden der zweiten Schottenviertel-Compagnie, nun mit vielleicht zehnfacher llebermacht von drei Seiten feindlich eingeschlossen, auf der allein noch freien Stiege gegen die Mölker-Bastei hin, durch schnelle Flucht der ernstlichsten Lebensbedrohung durch schmählichen Verrath sich entzog; denn eben wurde theilweise,,Fertig" gemacht, um jener Aufforderung zu entsprechen. Jene Abtheilung der zweiten Schottenviertel-Compagnie, welche sich in die Nationalbank warf, that dieses übrigens nicht unter der Anführung des Lieutenants Fichtner, (der sich allerdings auch dabei befand), sondern unter der Führung des Hauptmanns v. Oroß.

Vorstehendes ist abermals ein Beweis, wie sehr die Garden der südlichen Bezirke, allerdings mit Ausnahmen, undisziplinirt und excessiv waren. Es kann nicht geläugnet werden, daß solches die blutigen Katastrophen-wenn auch in Folge von Verführung der Aufwiegler des 6. Octobers herbeigeführt hatte. Bewaffnete Mannschaft muß disziplinirt seyn, sie darf nie ohne höhere Befehle handeln, und weil dieß am 6. geschah, führten sie über die Vorstädte Leopoldstadt und Jägerzeile als die unschuldigsten, - über Hundsthurm, Maßleinsdorf:c. die furchtbarsten Folgen herbei, eine Lehre, die wohl nicht vergessen, nicht unberücksichtiget und ja zur Warnung für die Zukunft dienen möge. Zu beklagen ist es aber, daß leider Unschuldige mit den Schuldigen büßen mußten.

Seite 110. Zeile 6 ist beizufügen:

[ocr errors]

Als der Lärm durch Schreien und Pfeifen immer größer und stärker wurde, und die Garde nicht am Thurme das Sturmläuten erlaubte, gingen zwei Legionäre mit einem Arbeiter in ihrer Mitte unter lauten Ausrufungen:,,Sie müssen Sturmläuten lassen, wir wollen Hülfe holen, Sie zwingen, Sturm muß geläutet werden!" c. vom Thurme weg in die Singerstraße dann Kärnthnerstraße, wo sie dann wahrscheinlich in der Nähe des Kärnthnerthores die in die Stadt marschirende Garde von der Wieden begegneten, und sie aufforderten auf den Stephansplaß zu marschiren, um das Läuten zu erzwingen.

Zur Seite 144, dient als Beleuchtung nachstehendes Schreiben: „Vom Abgeordneten Streffleur der deutschen Nationalversammlung. Sr. Hochwohl. geboren Hrn. W. G. Dunder, Güterdirektor, ehemals Oberlieutenant der Wiener Nationalgarde zu Wien.

Geehrter Freund! Die mir gütigst übersendeten Hefte Ihrer interessanten Denkschrift, dieser für künftige Geschichtsschreiber wegen der enthaltenden Dokumente so wichtigen Arbeit, habe ich mit Bergnügen empfangen, und sage ihnen hiefür den verbindlichsten Dank.

i

[ocr errors]

Sie werden mir grollen, daß ich Ihnen bezüglich der Streitfache *) mit Herrn Blaha immer noch nicht geantwortet habe. Die Ursache liegt aber gewiß nicht im undanke meiner Seits gegen Ihre am 6. October mir so menschenfreundlich geleistete Hülfe, sondern allein in dem Umstande, daß ich den Gegenstand nicht gerne als Streit in den öffentlichen Blättern fortgeführt sehen wollte. Ich hatte mir fest vorgenommen, über mein Wirken in der Nationalgarde und über die Ereignisse am 6. October 1848 selbst nichts zu veröffentlichen; erst sollten Andere urtheilen und richten. Ich war mir stets der reinsten Absichten bewußt; ich liebe die Freiheit, aber auch Gefeßlichkeit und Ordnung; ich für meine Person war nie blinder Diener der Minister, nie Werkzeug der Demokraten, und sehe daher, in der festen Ueberzeugung, daß in der Stellung als Nationalgarde-Commandant während des Sommers 1848 feine Persönlichkeit, selbst die vollkommenste nicht, im Stande gewesen wäre, der bewegten Macht der Verhältniße Einhalt zu thun, mit Beruhigung dem Urtheil der Welt entge= gen. Bis zum heutigen Lage kann ich immer noch nicht begreifen, wie Sie und Herr Blaha darüber in Zwiespalt gerathen konnten, wer am 6. October Abends mich der dringenden Gefahr entzogen. Nach meiner Ansicht bin ich Ihnen Beiden gleichen Dank schuldig. - Sie zeigten sich schon am Vormittage des 6. Oct. höchst thätig, und hatten mir damals viel Zutrauen in Ihr Wirken dadurch eingeflößt, daß Sie einem Studenten, der sich zu erkundigen tam, ob nicht auch das Obercommando das Zurückhalten der zum Abmarsche bestimmten Militär-Abtheilungen billige, mit vollem

*) Ich hatte Blaha's obskuren Namen vor 1849 nie gehört, ihn nie gekannt, ich hatte nie mit Blaha eine Streitsache, und habe bereits vergessen gehabt, daß er mich und einen Andern in der Wiener Zeitung auf eine ebenso plumpe als prahlerische Weise angegriffen, worauf ich in jenem Blatte gar nicht geantwortet weil ich Blaha schonen wollte. Ich ersuchte ihn seiner Zeit, mir über die Entfernung aus der Reitschule eine schriftliche Relation zu machen, solches lag ir seinem Interesse und er versprach sie zu schreiben; aber später ließ er mir durch Joh. Valmagini sagen, er werde nichts schreiben. Einige Wochen darauf, als der 6. October ges druckt war, brachte er mir ein Schreiben Streffleur's in Abschrift, und ich versprach ihm, solches im Anhange des Werkes nachzutragen, da es sich nicht thun läßt, daß man in eine gedruckte Schrift weitläufige Stellen dort wo sie hingehören wie ein Scheit in einen Holzstoß einschieben kann. Blaha dauerte dies zu lange, er lechzte nach Belohnungen, er griff zum Selbstlob, wobei er vergaß, daß meine Denkschrift, meine Denkschrift-ist, und ich als Autor derselben von der Person des Verfassers und jener des Plagoffiziers Dunder ganz abstrahire, und legteren, als eine historische, im October unausgeseßt wirkende Person nennen mußte, während Blaha seit dem 6. October sich außer der Sphäre einer derlei Wirksamkeit befand, Dr.

-

-

Unwillen zurecht gewiesen. Abends waren Sie der Erste, der mich dringend aufforderte, mein Amtslokale zu verlassen, um mich vor den mich aufsuchenden Banden zu retten. Sie versicherten mich in dem damaligen Augenblicke an meiner Seite bleiben, und mich schüßen zu wollen. Erst später im Reichstagslokale hatten wir uns getrennt; aber nicht Sie hatten mich verlassen, sondern ich war es, der von Ihnen und Ihrer Umgebung zurück geblieben. Wir waren nämlich im Vorzimmer des Sißungssaales durch geraume Zeit gruppenweise im Gespräche begriffen, während welcher Zeit ich zweimal gesucht, und hier zu bleiben gewarnt wurde. Ein junger Techniker insbesondere, dem ich auch heute noch nur unbekannter Weise danken kann, da ich ihn persönlich nicht kenne, hatte mich dringend gebeten, ja nicht auf den Josefsplaß hinaus zu gehen, da der Pöbel von meiner Anwesenheit im Reichstagslokale in Kenntniß sey, und ich ficher mein Leben zu riskiren hätte. Er rieth_mir, mich zu verkleiden, und bot mir edlerweise den Tausch mit seiner Uniform an, was ich aber dankend ablehnte. Herr Baron du Beine wird sich zu erinnern wissen, daß ich ihn im Vorzimmer bei Seite rief, und ihn von den mir zu Ohren gekommenen Warnungen in Kennt niß seßte. Später noch erfuhr ich von einem meiner Freunde, der einen Reisenden in die Leopoldstadt begleitet hatte, daß er bei zwei Menschengruppen, welchen er fich neugierig zugesellte, die Rede vernahm: „Latour hängt schon; jezt suchen sie noch Bach und Streffleur."

Während der früher erwähnten Gespräche im Vorsaale hatte der Reichstag die Zusammensetzung eines Sicherheits-Ausschusses beschloffen und die Mitglieder des Nationalgarde-Obercommandos wurden eingeladen, dem Ausschußpersonale in ein besonderes Zimmer im obern Stockwerke zu folgen. Ich war den Abgehenden, unter welchen auch die Nationalgarde Plazoffiziere waren, gefolgt; da ich aber gehört hatte, man will das Obercommando der Nationalgarde Hrn. Scherzer übertragen, beschloß ich, aller ferneren Mitwirkung mich zu enthalten, und blieb an der Treppe, die aus den Redoutensälen aufwärts führt, zurück. In der Absicht nicht auf den Josefsplag hinaus zu gehen, sondern einen andern Ausweg durch die f.k. Burg zu finden, eckundigte ich mich deßhalb bei einem Diener, erhielt aber die Antwort, daß die Reichstagslokalitäten von jenen der k. k. Burg gänzlich abgesperrt sehen. Ich ging hierauf noch geraume Zeit in dem unbeleuchteten Saale auf und ab, in der Hoffnung, unter den wenigen Durchgehenden vielleicht einen Bekannten zu finden, dem ich mich vestrauen könne. Endlich gewahrte ich Hrn. Blaha in Begleitung eines seiner Hrn. Söhne, welche der Kommission nachzuge hen schienen. An sie richtete ich die Bitte, durch die gütige Vermittlung des Hrn. Burg-Inspektors den Ausweg in die Lokalitäten der k. k. Hofburg mir möglich zu machen. Von diesem Augenblicke an hatten Herr Blaha

[ocr errors]
[ocr errors]
« ZurückWeiter »