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vor dem Eindringen des Militärs, indem er vor dem Hause stand, von einer Kugel getödtet, die über den Linienwall fam.

Am 29. Nachmittags, wo alles ruhig war, wurden im Hofe dieses Hauses, vor dem Stalle, drei getödtete Personen gefunden; einer davon war ein fremder Fuhrmann, der schon längere Zeit krank lag, im Stalle gelagert hatte, und deshalb nicht in seine Heimath konnte. Neben diesen drei Leichen lag auch der große Haushund erschossen.

Im Hause Nr. 30, Peter Comploier gehörig, auch ein Gasthaus. Auch hier wurde geplündert, und einige Zimmer wurden geflissentlich in Brand gesteckt, doch blieb der größte Theil des Hauses verschont. Zulegt wurde noch auf ausdrücklichen Befehl des Baron Geußau (eines Offiziers vom Regiment Nassau), der im Hofe einzeln stehende Stall angezündet, mittelst in Brandsteckung des darin befindlichen Strohes, wozu die Wirthschafterin des Hauses die Kerze hergeben mußte. Der Stall brannte ganz ab. Alles Bitten half nichts, und als Comploier schnell eine Handsprige herbrachte, um zu löschen sobald der Baron fort war, so wurde er nicht nur allein von einem zurückgebliebenen Soldaten daran gehindert, sondern erhielt auch von demselben einen Bajonettstich in die Schulter.

Das geflissentliche Anzünden dieses Stalles und mehrerer anderer Häuser, die noch angeführt werden, geschah auf Befehl dieses Offiziers, Baron Geu ßa u, und es ist dieses Verfahren um so empörender, da der Baron wahrscheinlich ein geborner Wiener ist; gewiß ist es, daß er ein Wiener Bürger ist, weil ihm das sogenannte abgebrannte Haus auf der Wieden gehört.

Das Haus Nr. 31, der Anna Holzmeister gehörig, ist nicht nur rein ausgeplündert, sondern auch geflissentlich vom Militär angezündet worden, und ganz und gar abgebrannt, selbst die Mauern find durch den Brand unbrauchbar geworden. Haus Nr. 32, der Katharina Daub gehörig, rein ausgeplündert, geflifsentlich angezündet und größtentheils ausgebrannt. Darin wurde der höchst lungensüchtige und ganz abgezehrte Sohn des Hausmeisters von den Soldaten erstochen.

Haus Nr. 33, dem Gärtner Andreas Mayer gehörig. Nachdem das ganze, mit vielen Hofgebäuden versehene Haus geplündert worden war, wurde das vordere einstöckige Gebäude in allen Zimmern angezündet, und drei Personen, Calabreserhüte tragend, die von Margarethen aus sich durch den Garten geschlichen, und hinter dem großen Thore des Hauses versteckt hatten, und diese, ungeachtet der Abmahnungen des Hausherrn', drei Schüsse nach den so eben von der Linie herabkommenden Soldaten machten, ohne zu treffen, und dann schnell wieder durch den Garten davon liefen. Dieses tollkühne Benehmen, was zu nichts fruchtete, brachte den Hauseigenthümer um seine Habe, und vielleicht auch um sein Leben,

hätte er sich nicht nach diesem Vorfalle sammt seinen Leuten sogleich geflüchtet *).

Das Haus Nr. 34 blieb sonderbarer Weise, mitten in brennenden Gebäuden stehend, vom Feuer verschont, und ist auch darin vom Militär kein Feuer angelegt, obwohl auch stark geplündert worden.

Haus Nr. 35, dem Hafnermeister Georg Schmauser gehörig. Nach der Plünderung ist das Haus angezündet worden, und sammt allen Hofgebäuden bis auf den Grund abgebrannt. Es ward ganz demolirt.

Haus Nr. 36, dem Postbeamten Anton Christmann gehörig, bewohnte es aber nicht. Die Parteien wurden geplündert, das Haus aber nicht von den Soldaten angezündet, sondern in der Nacht am 28. um 11 Uhr durch einen NaLetenschuß aus dem Lager. Das Feuer nahm aber so schnell überhand, daß in kurzer Zeit das ganze Haus in Flammen stand, und ganz ausbrannte.

Haus Nr. 37, zum schwarzen Bock genannt. In diesem Hause wohnten größtentheils alte Weiber, Pfründnerinen, meist gebrechliche Personen. Aus Wuth, daß man hier nicht viel zu plündern fand, forderte man, daß die Weiber selbst ihre Quartiere anzünden sollten. Ein gebrechliches Weib, das sich dessen am meisten widerseßte, erhielt mehrere Bajonettstiche.

Vom Hause Nr. 19, des Wenzel 3 auf, wurde blos ein gemauerter Schupfen geflissentlich angezündet, das Haus selbst aber geplündert.

Im Hause Nr. 34, der Anna Kierer gehörig, befand sich ein von derselben errichtetes Spital. Man kann nicht genau angeben, wie viel Verwuns dete in dem hiezu bestimmten Zimmer waren; es schwankt die Angabe zwischen drei und vier Personen, eben so weiß man nicht, auf welche Art fie verwundet wurden; doch ist dieses auf keinen Fall im Gefechte mit Soldaten geschehen, da fie schon vor dem Eindringen des Militärs durch das Linienthor, in dem besagten Zimmer gewesen find. Wahrscheinlich find sie durch Kartätschenschrott, so am Vormittag des 28. hereingeschickt worden, getroffen gewesen, vielleicht durch eigene Unvorsichtigkeit mit den Gewehren verwundet worden. Es müssen nur leichte Wunden gewesen seyn, weil mehrere davon, als sie vernommen hatten, das Linienthor sey vom Militär genommen, aus dem Zimmer durch den hinteren Garten gegen Margarethen zu fortlaufen konnten. Nur Einer, der Gärtner Leist, ein bürgl. Schüße, vielleicht schwerer verwundet, war zurückgeblieben, und von den eindringenden Soldaten heraus auf die Straße geschleppt und daselbst

*) Durch derartiges muthwilliges Schießen auf die k. k. Truppen, wurde die höchste Erbitterung bei den Soldaten hervorgerufen; und ist es zu wundern, wenn der Soldat den Mord seines Kameraden, wenn auch auf eine furchtbare Art rächte? Den Gutgesinnten, welche zum Frieden mahnten, schenkte das fanatisirte Volt tein Gehör, wohl aber den Wühlern und erkauften Revoltirern, welche dasselbe zur Schlachtbank schickten, selbst aber seige sich verkrochen und versteckt hatten.

erstochen worden. Der ledige ärztliche Gehilfe, Carl genannt, mochte wahrscheinlich auch in dem Spitalzimmer gewesen seyn; man kann nicht genau angeben, ob er den Schuß eines Soldaten im Arm durch das Fenster im Zimmer, oder auf der Flucht durch den Hof nach dem Garten zu, erhalten hatte; man fand ihn jedoch am 29. im Garten todt an Verblutung.

In demselben Hause wohnte ein Milchmaier, der bedeutend krank war, und den Kopf mit wärmenden Tüchern umbunden hatte. Auch dieser wurde herausgeschleppt und sollte getödtet werden, ungeachtet die Hausfrau Kierer seine Unschuld betheuerte, seine kranke Lage vorstellte, und um sein Leben bat. Aber erst dann, als die Frau Kierer vor den Soldaten auf die Knie niederfiel und um Gottes Willen bat, den Unschuldigen nicht zu ermorden, besann man fich, und in diesem Augenblicke suchte der Milchmaier zu entwischen, was ihm auch gelang. Brave Hausfrau!

Auf das Haus des Baron Dietrich waren zwar mehrere Brandraketen gefallen, die zum Theil nicht zündeten, zum Theil gelöscht wurden. Es blieb auch vom geflissentlichen Anzünden verschont, allein es hat durch die Plünderung und muthwillige Verwüstung gelitten. Nicht nur, daß die Menge von Fenstern, die das Haus mit seinen vielen Glasgängen oder Gallerien hat, alle zerschlagen wurden, (was auch in allen übrigen schon besprochenen Häusern der Fall war), so wurde in den fürstlich eingerichteten Zimmern nicht nur sehr viel geplündert, sondern auch das ganze herrliche, höchst kostspielige Porzelän, Spiegeln :c., dann Möbel, zerschlagen und zertrümmert, obschon der Baron, der gichtkrank im Bette lag, Alles, was seine Küche und Keller vermochten, hergab, und auch sehr viel Geld unter die Soldaten austheilen ließ, um sie vor Verwüstungen abzuhalten. Es half dieses alles nicht nur nichts, sondern man that diesem Hause noch den Schandfleck an, (was den Baron am meisten ärgerte), daß man mehrere der schönsten Zimmer als Abort verunflathete. Der Binder des Hauses, welcher den Keller zu besorgen hatte, wurde, nachdem er schon außerordentlich viel Wein für die Soldaten heraufgebracht hatte, später, als er eben wieder ein großes Schaff Wein aus dem Keller brachte, unter der Kellerthür von einem Soldaten mit dem Bajonette durch den Leib gestochen, daß er gleich todt zur Erde fiel.

Dem Gärtner Johann Karlinger, nächst Furchheimer's Gasthause, wurden durch das Bombardement alle Fenster in den Dünger- und Glashäusern zerschmettert, und die Gebäude ruinirt. Eben so dem Gärtner auf der Siebenbrünner-Wiese, Joseph Baumgartner (welcher am Hunds. thurm im Hause Nr. 34 vom Militär erschlagen wurde), dem auch noch sein Haus und mehrere Glashäuser abbrannten.

Im Gasthause des Adam Nunner, Nr. 103, war der mit seinen Leuten daselbst eingefallene Offizier einer der Schlimmsten. Er selbst durchwühlte die

wegen Feuersgefahr in den Keller gebrachte Wäsche, nahm das Beliebige, und gab das Uebrige seinen Leuten; er ließ Alles, was an Getränken und Speisen da war, forttragen. Der Wirth selbst, obschon krank, mußte Vieles nach dem Piquet am Walle tragen, und als nichts mehr da war, befahl er die Hütte anzu zünden. Seine Leute waren barmherziger, und befolgten den Befehl nicht.

Das nebenstehende große Haus Nr. 102, dem verstorbenen Franz Macht 3, Plattirwaaren-Fabrikanten gehörig, wurde wohl stark beschossen, und wurde nicht angezündet, wohl aber stark geplündert. Dagegen mußte der Gärtner Georg Savonith, Nr. 101, mit seiner ganzen Habe herhalten. Die Soldaten hatten sich aus dem Gasthause Nr. 103 geflissentlich Kerzen mitgenommen, um die niedrige Wohnung dieses Gärtners, nach vorhergegangener Plünderung, anzuzünden, und es brannte dieses Haus vom Grunde aus ab.

Es ist sonderbar, daß die beiden nachbarlichen, und dem Linienwalle näher liegenden Gärten der Gärtner Berger Nr. 130, und Kaltenhauser Nr. 131 außer vielen durch das Bombardement zertrümmerten Gartenhaus-Fenstern nichts zu leiden hatten; in diese beiden Häuser, welche etwas tiefer im Graben stehen, ist kein einziger Soldat gekommen.

Die Plünderung und Verwüstung ging auf der Hauptstraße bis Nr. 16; weiter hinab ist kein Soldat gekommen, nur ein einziger, schon halb betrunkener Nassauer hatte sich bis in Nr. 10, einem Wirthshause, gewagt, wo er in der Gaststube Wein verlangte, den ihm aber der Wirth, der nur mit noch einem Gaste allein in der Stube war, vortrinken mußte. Darauf trank der Soldat das ganze Glas auf einmal aus, und als er fort ging, mochte er im Taumel nicht wissen, woher er gekommen war, ging zu seinem Unglücke weiter gegen die Kirche hinab, und ein Schuß, der von der Barrikade nächst der Kirche kam, streckte ihn zu Boden.

Die nächst der Kirche zu beiden Seiten errichteten Barrikaden mochten Ursache seyn, daß das Militär nicht weiter als bis zum Hause Nr. 16 drang; denn hinter der Barrikade standen Nationalgarden und Freiwillige, welche stets, obwohl nur einzeln, den ganzen Nachmittag und die folgende Nacht hindurch feuerten, und das Militär mochte glauben, daß hinter der Barrikade eine starke Abtheilung verborgen sey.

Am 29. Nachmittags wurden in Mazleinsdorf die Leichen zusammen ges sucht, und in der Todtenkammer der Kirche ausgestellt, damit jede Familie ihre Vermißten dort suchen konnte. Es waren neunzehn Leichen.

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Ein Arbeiter, dem es am 30. gelungen war, zur Linie hinauszukommen, und Fischer aufzufinden, erstattete ihm den Bericht über die Zustände des Hauses.

Während Fischer sich auf die berichtete Weise mit seiner Familie geflüch.

tet, erschienen in der Nacht vom 28. auf den 29. October in seinem Hause Schaaren Militärs, auch Offiziere, und hatten das Unterste zu Oberst gekehrt, und Alles umwühlt, alle Schränke, Kisten und Kasten geleert, aus den Wand- und Stockuhren die Werke herausgerissen, und die Bücher der Bibliothek, und die Briefschaften lagen in Haufen in den Zimmern umher; Spiegel und Bilder blieben ganz (wahrscheinlich hat das Bild eines Onkels diesen in Armee-Uniform darstellend, sie in Respekt gehalten), nur ein Sekretär und ein Schreibpult, nebst mehreren Kästen, wurden gewaltsam erbrochen und beschädigt. Im Keller, wo kostbare Maschinen standen, und auch die Wäsche und die Kleider der Familie aufbewahrt waren, — und zu ebener Erde, wo fiá die Fabriks-Werkstätte befand, war Alles ausgebrannt, sammt Maschinen, Werkzeugen, Regalen 2c. Das Waaren-Magazin war unversehrt, nur die Waaren wurden daraus fortgeschleppt. Der erste Stock hatte vom Feuer nichts gelitten, auch das Dach nicht. Später hörte man von einem Soldaten, der in dieser Nacht in diesem Hause war, daß nach der Plünderung von einem Soldaten das im Maschinen-Lokale befindliche Bett angezündet worden sey; ein Feldwebel habe aber das Feuer gelöscht, der Brandleger habe aber zum zweiten Male das Bett angezündet, und mittelst vorgehaltenem Bajonette den Feldwebel verhindert, es nochmals zu löschen, worauf der lettere hätte die Flucht ergreifen müssen, da mehrere Bösgesinnte dazu gekommen waren.

Als der Hausbesizer heimkehrte, fand er unter den von seinem Schwiegersohne nur einigermaßen geordneten Papieren und Büchern, welche meistens Pothig waren, da man mit schmußigen Stiefeln über die am Boden liegenden Sachen gegangen war, auch sein Adels-Diplom mit Koth besudelt, und das daran hängende große Staatssiegel in einer stark vergoldeten Messingkapsel abgerissen. So hat hier das Militär das Dokument des höchstseligen Kaisers Franz, und das Staatswappen geehrt, und die eigenhändige Unterschrift des Kaisers mit Kothstiefeln getreten! - Vermuthlich hielt man die Messingkapsel für Gold. — Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Mittheilungen, welche Fischer dem Generalen Grafen Colloredo gemacht, wie man mit vielen unschuldigen Menschen, die dem Militär mit Freundlichkeit entgegen kamen, solches für die Retter Wiens hielten, doch so rachsüchtig verfuhr, die Veranlassung war, daß das Plakat: „Heilig ist das Eigenthum" gedruckt, und zum Ankleben an alle Häuser vertheilt wurde. Allein ehe es kam, war alles Unheil bereits geschehen. Die Geschichte erzählt den grausen Tod Latour's und Lam berg's, sie erzählt auch das Morden im Kriege. Die Geschichte wird ges schrieben — nicht gemacht. Wenn auch Einzelne, wuthentbrannt über die Schandthaten der fremden Revolutionäre, Barbareien begingen, so kann solches der glorreichen Armee keine Unehre machen; denn râudige Schafe gibt es überall,

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