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Provisionen bei Klosterneuburg und Nußdorf zurückgehalten, trozdem er sich ämtlich über seine Individualität und die Bestimmung seiner Einkäufe für Kranke ausweisen konnte. Solches Verfahren, unter welchem auch eine ganz neutrale, aus Weibern, Alten, Kindern und Kranken bestehende Partei am meisten litt, mußte Erbitterung und deren traurige Folgen herbeiführen.

Die Truppen und Geschüße bei St. Mary und der Umgegend wurden gegen Schwechat und die Donau zurückgezogen, vermuthlich in der Abficht, um den etwa nahenden Ungarn zu begegnen, die sich jedoch Wien nicht näherten.

An das rustig und ausdauernd seine Berathungen fortseßende StudentenComitee wurde abermals ein dringendes Anfinnen gestellt, sich zu einer Collectivpetition mit dem demokratischen Vereine zu entschließen. Das Studenten-Comitee, fest haltend an seiner einmal bei ähnlicher Veranlassung ausgesprochenen Aeußerung, daß es seinen Weg, ungetrübt von jeglicher Beimischung, zu verfolgen gedenke, wußte unerschüttert an den ihm vorschwebenden Prinzipien festzuhalten.

Die Zufuhr an der Taborlinie war durch Abbrechen der Brücke eine unmögliche geworden, und man befürchtete die Uebelstände, die durch dergleichen Abschneiden der Consumtions-Gegenstände in kürzester Frist auf den schwächsten Theil der Bevölkerung Wiens hereinbrechen mußten. (W. 3.)

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22. October.

Wien belagert. Der Kaiser beruft den Reichstag nach Kremster. Windischgräß an den Gemeinderath. Der Reichstag erklärt den Belagerungszustand und das Standrecht für ungefeßlich. Der Gemeinderath an Windischgräk.

Nachts 1'/. Uhr. Ludwig Senger, Lieutenant der Maria-Enzersdorfer Nationalgarde, meldete beim Ober- Commando: daß den 21. Mittags ungefähr 1200 Mann Militär durch Brunn, Enzersdorf und Mödling zogen, und in der Klause anfingen, die Nationalgarden zu entwaffnen. Von dort begaben sie sich in die Vorder- und Hinterbrühl bis nach Gaden und Gieshübl; fie begnügten sich nicht mit Abnahme ärarischer Gewehre, sie nahmen auch sogar Privat-Waffen, Messer und Hacken weg. Bei dieser Gelegenheit haben sich zwei Mann vom Regimente Prinz Emil eines Diebstahls schuldig gemacht. Sie stahlen zwei Uhren im Werthe von 30-36 fl. C. M., wurden auf der That ertappt, und sogleich standrechtlich hingerichtet. - Der Berichterstatter stellte sich dem Ober-Commando zur Verfügung, und glaubte in Wien mehr wirken zu können als in Enzersdorf, da sein Leben ohnedies seiner Freimüthigkeit wegen, schon einige Male gefährdet war.

beschwichtigen, daß es ihm gelang den genannten Rittmeister aus dieser kritischen Situation zu befreien, worüber der genannte Feldwebel auch ein Dankschreiben von dem erwähnten Offizier erhielt.

Der interim. Bezirks-Commandant Bodnar machte die Anzeige, daß nach erhaltener Anzeige des Artilleriekasern-Verwalters, das in der Kaserne auf der Landstraße gewesene mobile Corps des Morgens um 4 Uhr abmarschirt sey, daß einige Quartiere erbrochen und verschiedene Gegenstände entwendet worden seyen. Abermals einer der vielen Beweise, daß in Wien den Proletariern das Eigenthum heilig und ein geseßlicher aber feineswegs anarchischer Zustand vorhanden war!

Desselben Tages ist Dr. Juris Xaverius Völkl zum Stabs-Auditor er nannt worden. Ebenso Lad. Pad u an als Auditors-Adjunkt.

Thomas Roth, Franz Brauneis und Josef Rigelnegg, Garden des V. Bezirks, erschienen am 22. October, 7 Uhr Abends beim Ober-Commando in der Feldadjutantur und zeigten an, es sehen ihrer 8 Mann unter dem Commando des Lieutenants Pest in der Brigittenau aufgestellt und wollen bemerken, daß sich das Militär von Nußdorf durch die Holzlegstätten zur kleinen Linie ziehe, auch einen Generalen mit mehreren Offizieren gesehen haben; daß ferner, obgenannter Lieutenant bereits mündlich die Anzeige im Hauptqartier gemacht habe, und stellen in Anbetracht der offen ins Auge springenden Gefahr rücksichtlich der Möglichkeit, daß das Militär ungehindert bis in die Leopoldstadt dringen kann, die Bitte: man möge eiligst die Verstärkung der in der Brigit tenau aufgestellten Mannschaft veranlassen.

,,An den Gemeinderath der Stadt Wien.

Hauptquartier Stammersdorf am 22. October 1848.

Kraft der mir von Sr. Majestät verliehenen Vollmacht übermittle ich dem Gemeinderathe der Stadt Wien 1000 Exemplare sowohl von dem Manifeste Sr. Majestät, als von der von mir selbst erlassenen Proklamation mit dem Auftrage, dieselben alsogleich zu veröffentlichen. Ich mache den Gemeinderath für alle aus der Nichtverlautbarung dieser Proklamationen entspringenden Folgen auf das Strengste verantwortlich, indem ich die energischsten Maßregeln ergreifen werde, um im entgegengeseßten Fall das von mir Angeordnete in Vollzug zu seßen.

Fürst Windischgräg, m. p.“

Ignaz Eschenbacher, Chef des 1. Bat. des Bezirks Wieden, sendete ein Manifest ein, welches in Inzersdorf, und wie er vermuthete, in der ganzen Concurrenz von Wien in unzähligen Exemplaren verbreitet worden ist, sich sei nem Wortlaute nach von allen in Wien erscheinenden derlei Manifesten auf die auffallendste Weise unterscheide, ja sogar Stellen enthalte, welche Aufregung

und Erbitterung erzeugen, so machte derselbe diesen Umstand dem Ober-Commando zu weiteren Verfügung bekannt.

Als Rittmeister Martinig mit der Deputation des Gemeinderathes von Olmüz zurückkehrend, aus Stammersdorf, dem Hauptquartiere des Fürsten Windischgrä ß, die Proklamation wegen Uebergabe der Stadt brachte, berief er die Nationalgarde- Cavallerie, welche Tag und Nacht im Liechtensteinischen Palais und in der Stallburg konfignirt waren, und eröffnete ihnen, daß er eine Proklamation vorzulesen habe. „Die wissen wir schon," rief eine Stimme, und mit den Worten: „Ich bitte um das Wort," trat ein Garde aus dem Kreise hervor, und fragte Martinis: „Herr Rittmeister, wollen Sie uns führen gegen die Truppen, oder nicht?" Martinis: „Ich habe Sie niemals zu Etwas Schlechtem geführt, und werde Sie auch jeßt nicht dazu verleiten; fragen Sie jedoch Ihr Herz und Ihre Ehre, was Sie zu thun haben!“. Der Garde G....: So ist die Division aufgelöst!". Martinis:,,Weder ich, noch Sie haben die Division kreirt, daher haben wir auch nicht das Recht, die Divifion_aufzulösen!*)" Derselbe Garde wußte sich noch an diesem Tage den Befehl beim Ober-Commando zu erwirken, daß die Errichtung eines berittenen Ordonnanz-Corps für Bem angeordnet wurde. Zu diesem Corps ließen sich jedoch nur 6–8 Ultra der Cavallerie anwerben, und seßten überdieß fest, statt der Pickelhaube, welche bei dem Proletariat nicht beliebt war, und nur Gefahr brächte, deutsche Hüte zur Cavallerie-Uniform zu tragen. Ein lächerlicher Gedanke, welcher vom Commandanten Martinig dem Ober-Commando angezeigt, und selbst von Messenhauser gerügt wurde. Jene abtrünnigen Garden rissen den Adler von den Kartuschen und alle übrigen Berzierungen von ihren Monturstücken herab, und sahen ziemlich abenteuerlich aus.

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In der Sigung der Reichsversammlung am 22. October verlas der Präsi

*) Ich habe, so wie wenige, häufig Gelegenheit gehabt, die gesinnungstüchtigen, so wie die ultraradikalen Individuen und ihre Wirksamkeit während der Schreckensperiode zu würdigen, und muß mit manchem meiner braven, gesinnungsverwandten Kameraden fragen, wie es denn komme, daß gerade die ausgezeichnetsten Männer des Octobers, Männer, die für Recht, Staat und den Thron eingestanden, teinerlei Anerkennungen wenigstens gleich Andern theilhaftig geworden sind! Oben ist die Ursache gewiß nicht zu suchen. Man erstattete keinen, oder nur einen Bericht über sich selbst! Es thut nichts; denn allen Jenen, die sich als gesinnungstüchtig und thatkräftig bewiesen hatten, werde ich ein Denkmal in der Geschichte sezen um daß sie noch ferner dem Vaterlande, dem Throne und tem Rechte energisch ihre Kräfte weihen. Das Vaterland ist nicht undankbar, noch weniger der Staat; denn der Staat braucht wackere Staatsbürger! Am Schlusse dieses Werkes werde ich nicht nur die Namen der Bestraften, sondern auch jene der Belohnten anführen. Dunder.

dent eine Zuschrift der Reichs-Commissäre Welder und Mosle, dd. Krems, 21. October, an das Präsidium des Reichstages.

Der Präsident las ferner eine Eingabe von mehreren Bürgern, Nationalgarden und Studenten aus Graz vor, in welcher gebeten wird, die allfällig ungeseßlich abwesenden Reichstags-Abgeordneten aus Steyermark zur augenblicklichen Rückkehr aufzufordern, und den nicht Zurückkehrenden das Mandat abzu nehmen, mit 106 Unterschriften, und schlägt dann vor, die eingelaufenen Eingaben vorzulesen, was seit 6. October unterlassen wurde.

Mit Zustimmung der Kammer las hierauf Schriftführer Cavalcabó diese Eingaben vor, nach deren Beendigung Abgeordneter Schufelka Namens des permanenten Ausschusses Bericht erstattete.

Er. schickte voraus, daß von der Stadt- und Landgemeinde Bielig in Schlesien 200 fl. für unbemittelte Garden eingesendet worden; daß von Linz 120 Garden und Studenten zur Unterstüßung der hiesigen angekommen seyen, welche nur mit Mühe auf Umwegen zu Fuß hieher gelangten, und bemerkte dann, um den vielen falschen Gerüchten zu begegnen, daß von dem gewesenen Minister Hornbostel die briefliche Nachricht eingelangt sey, er befinde fich wohlbehalten in Oberösterreich; ferners widersprach er im Namen des Comitees, welches zur Vertheilung der vom Reichstage bewilligten zwei Millionen an kleinere Gewerbtreibende niedergesezt ist, der Angabe, daß dieses Comitee seine Arbeiten eingestellt habe, vielmehr sey solches fortwährend aktiv, und gebe täglich Unterstüßungen an nicht waffenfähige dürftigere Gewerbsleute, er erwähnte dann der vielen anonymen Zuschriften an den Reichstag, den Reichstags-Vorstand und den permanenten Ausschuß, die mitunter nachdrückliche Drohungen enthalten, insbesondere wegen Nichtzuhülferufens der Ungarn. Schließlich aber habe ein sehr wichtiger Gegenstand die Aufmerksamkeit des Auschusses in Anspruch genommen; der Gemeinderath habe nämlich mitgetheilt, daß die an Se. Majestät gesendete Deputation des Gemeinderathes von Olmüß zurückgekehrt, ohne von Sr. Majestät empfangen worden zu seyn, dieselbe habe nur vom Minister, Baron Wessenberg, die Seite 593 vorkommende Antwort erhalten.

lleber diesen ungünstigen Erfolg sey der Gemeinderath sowohl als auch der Ausschuß sehr betroffen, da man auf diese, aus politisch Unbetheiligten, gleich: fam Vätern der Stadt Wien bestehende Deputation, die besten Hoffnungen gebaut habe.

Dadurch sey es zum zweiten Male dem Ausschusse zur Kenntniß gekommen, daß Fürst Windischgräß Oberfeldherr aller um Wien lagernden Truppen sey, wovon jedoch officiell noch nichts bekannt wurde; es müsse sich diese Ernennung auf ein nicht publicirtes, von Sr. Majestät und Minister Wessenberg gefertigtes Manifest gründen, welches unter dem Militär zahlreich ver

breitet, und auch dem Ausschusse zu Gesicht gekommen sey, welches jedoch als hier nicht officiell bekannt gemacht, auch nicht als hier constitutionell giltig angesehen werden könne.

Der Ausschuß fand es angemessen, es dem Gemeinderathe, der an Fürst Windischgräß gewiesen worden sey, zu überlassen, in Erfahrung zu bringen, auf welche Vollmacht derselbe seine jezige Stellung gründe; zugleich habe er auch an Minister Krauß, der von einer solchen Vollmacht ebenfalls nichts weiß, ersucht, sich dießfalls um so mehr beim Minister Wessenberg anzufragen, da eine solche Vollmacht von einem einzelnen Minister nicht füglich ausgehen könne; ferner habe man durch Letteren angefragt, welche friedliche Maßregeln bis jezt fruchtlos gewesen seyen, da man militärische Maßregeln doch offenbar erst dann ergreifen könne, wenn die friedlichen erschöpft sind.

Der Präfident eröffnete schriftlich, daß wichtige Gegenstände beim permanenten Ausschusse angelangt seyen, welche eine reifliche Berathung erfordern, und vertagte um halb 2 Uhr die Sißung auf 4 Uhr Nachmittags.

Der Präsident nahm die Sizung um halb 5 Uhr wieder auf, und forderte nach der Erklärung, daß die zur Eröffnung und Schlußfassung erforderliche Anzahl vorhanden sey, den Berichterstatter des permanenten Ausschusses auf, seinen Vortrag zu halten.

Abgeordneter Schuselka berichtete, der Gemeinderath habe mitgetheilt : a) Eine Zuschrift des Fürsten Windischgräß an ihn, (Seite 598), und b) eine Proklamation des Fürsten Windischgräß (Seite 560).

Ueber den Inhalt dieser beiden Aktenstücke habe sich der Gemeinderath nun an den permanenten Ausschuß gewendet, mit der Bitte, vom Reichstage als dermalen obersten Behörde einen dießfälligen Beschluß zu erwirken, der die Stadt Wien vor der ihr drohenden Gefahr bewahre. Der Ausschuß habe nun nach Erwägung, was im vorliegenden Falle zu thun seyn dürfte, mit Rücksicht auf die, von den Generalen wiederholt gegebenen friedlichen Versicherungen, mit Rücksicht, daß in Ermanglung einer bereits bestehenden Constitution, die allge= mein geltenden constituirenden Principien als Norm dienen müssen, nach diesen ein Belagerungszustand, d. h. die Suspension aller geseßlichen Gewalten und Unterordnung aller Behörden unter das Militär, nur unter den legalen Formen geschehen könne; mit Rücksicht auf den Inhalt des Manifestes Sr. Majestät vom 19. d. M., daß den Oesterreichischen Völkern alle Freiheiten unverkümmert erhalten bleiben, und der Reichstag frei und ungehindert berathen solle, der Reichstag unter dem Eindrucke des Belagerungszustandes und Standrechtes aber nur dann unbehindert berathen könnte, wenn derselbe den Belagerungszustand selbst zu seiner Sicherheit angeordnet hätte; mit Rücksicht, daß militärische Maßregeln erst dann angewendet werden können, wenn alle friedlichen erschöpft sind,

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