Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

herüber gekommen. Aber wir, die demokratische Bürgerwehr von Berlin, machen Eure Sache zu der unsrigen.

Bürger und Kämpfer von Wien, wir werden es nicht dulden, daß unsere Camarilla der Eurigen Soldaten schickt, wir werden uns zum Schuße Eurer Freiheit erheben, wenn Ihr siegt, und wir werden Euch rächen, wenn Ihr ein Unglück haben solltet. Euer Beispiel soll uns nicht verloren seyn. Wien und Berlin gemeinsam werden die deutsche Freiheit sichern und die deutsche Ehre retten; zählt auf uns. Berlin, den 13. October 1848.

"

Der demokratische Bürgerwehrverein."""" Kundmachung. Auf Befehl des hohen General-Commando im Belvedere wird der Herr Hauptmann und Bezirks-Chef Steydler beauftragt, den Garden des dortigen Bezirkes Herrn Dr. Julius C. Reiher, zum Werbungs-Commissär für die mobile Garde des Carolinen-Viertels ungesäumt zu verwenden.

Neber die Aufnahme ist gehörig Protokoll zu führen, und die Angeworbenen alsogleich an den gefertigten Corps-Commandanten im oberen Belvedere zu zuschicken. Wien, den 16. Octob. 1848. Wittenberg, m. p., Corps-Comm.“

,,Vollmacht. Im Auftrage des Ober-Commando's ist Hauptmann Wittenberg als Commandant der Mobil-Garde des Carolinen-Viertels beauftragt, die Werbung für dieses Corps im deutschen Hause fortzuseßen.

Wien, den 16. October 1848. Messenhauser, m. p., pr. Ob.-Command. L. S. Lager-Commandant: General Bem."

Vor Mittag kam die Bevölkerung in Folge der vom Stephansthurme gesehenen Truppenanmärsche im Norden in Bewegung, jedoch ohne Trommellärm. Der Anmarsch der Truppenmassen geschah ohne Benüßung der Bahn von Olmüß nach Wien. 12. Uhr Mittags wurden die Magazinsschlüssel des bürgerlichen Zeughauses an den Gemeinderath Khun ausgefolgt.

1 Uhr. Julie Weigl aus Sievering, machte beim Ober-Commando die Anzeige, daß man in der dortigen Gegend sehr viel Militär beschäftigt sieht, um das im Pulverthurme auf der Türkenschanze befindliche Pulver weg zu transportiren.

2 Uhr Mittag. Ein Befehl vom Ober-Commando ordnete an, daß 15 Mitglieder von der Permanenz des Verwaltungsrathes bestimmt und mit Vollmachten versehen werden, um Munition aufzufinden.

Von Schwechat rückte um 3 Uhr eine große Masse Reiterei hinter den LaaerBerg. Man sah nicht, von was für einer Gattung sie waren. Sie sahen ganz schwarz aus. Hinter Simmering schienen die Kroaten sich den Uebergang über die Donau in das Marchfeld sichern zu wollen; denn gestern wurden abermals am diesseitigen Ufer sechs Batterien Kanonen mit starker Infanterie und CavallerieBedeckung dahin gebracht.

Kundmachung an alle Nationalgarden der Umgebung von Wien. „Mitbürger und Waffenbrüder! Euere Lage ist eine peinliche. Sie ist der vollsten Sorge Eueres Ober-Commandanten nicht entgangen. Vergeßt nicht, daß Ihr niemals und in keiner Gelegenheit von dem Heere der Stadt verlassen seid. Einer für Alle und Alle für Einen ist unser Wahlspruch. Bis jezt hat der hohe Reichstag die ausdrücklichen Versicherungen empfangen, die Truppen des Banus von Kroatien und die Truppen des Feldmarschall-Lieutenants Grafen Auersperg wűrden nicht angreifen, wenn man sie nicht selbst durch einen Angriff herausfordere. Ich werde mir im Laufe des heutigen Tages von den Absichten des Banus Gewißheit verschaffen, und selbe auch auf den Feldmarschall-Lieutenant Grafen Auersperg ausdehnen. Nach den erhaltenen Aufklärungen, werde ich mit dem Aufgebote aller Kräfte und Mittel handeln.

Mitbürger und Waffenbrüder der Umgebung Wiens! Ihr seid vor den Mündungen der feindlichen Batterien nicht verlassen, das Auge des Ober-Commandanten und seines Generalstabes ruht auf Euch, wie auf der Wache vor dem Gebäude der Reichstagsfißung. Wien, am 16. October 1848.

Messenhauser, m. p., prov. Ober-Commandant."

4 Uhr Nachmittag. Vom Stephansthurm wurde dem Ober-Commando gemeldet: Bei der Spinnerin am Kreuze fieht man deutlich Schanzen aufwerfen. Auf dem Saum des Berges bis zur Laxenburger-Allee steht auf 1000 Schritte Entfernung Infanterie. Beim Laaerwald ziehen sich die Truppen des Banus zusammen. Wachfeuer in dem Hohlweg und auf dem Laaerberg sind sichtbar. Am Wiener-Canal ist in der Vorpostens-Aufstellung keine Veränderung eingetreten.

4 Uhr. Vom Studenten-Comitee wurde dem Ober-Commando gemeldet: Heute Vormittag 10. Uhr wurden drei schwer beladene Wagen als verdächtig angehalten, visitirt und mit Pulver und Blei bepackt gefunden.

Ferner wurde angezeigt, daß um dieselbe Zeit vom Laaerberg 200 Packwas gen unter starker Bedeckung nach Schwechat abgezogen sind.

4. Uhr. Math. Hausschneider mächte beim Ober-Commando die Anzeige: daß aus dem Dornbacherwalde, in der Richtung gegen den Pulverthum auf der Türkenschanze, fich ungefähr 1000 Mann Infanterie mit einigen Wagen hinziehen.

4. Uhr. Vom Stephansthurme langte beim Ober-Commando die schriftliliche Meldung um 12 Uhr Mittags geschrieben an: Ungefähr 1000 Schritte hinter der Spinnerin am Kreuß steht ein Cavallerie-Vorposten, wahrscheinlich von den Auerspergischen Truppen; gegen den Laaerberg zu steht wieder ein Vorposten, und weiter oben wieder einer; dann kommen Infanterie - Vorposten; hinter diesen auf ungefähr 500 Schritte Entfernung Feldwachen in der Stärke von halben Compagnien, vermuthlich Gränzer.

Auf dem Lazerberg ist vom Militär nichts zu sehen. Bei den Ziegelöfen sieht man sehr viele Truppen, auch Kanonen, bei mehreren Lagerfeuern.

Gegen den Neustädter-Canal stehen viele Packwagen mit vielen Truppen. Das Hauptlager ist nicht zu sehen. Im Prater fallen immer noch einzelne Schüsse.

Um dieselbe Stunde wurden drei Burschen auf die Nationalgarde-Hauptwache in's bürg. Zeughaus gebracht, weil sie aus einem in der Nähe des Pulverthurmes befindlichen Gestrüppe auf die Militärposten mit scharfen Schüssen gefeuert haben. Solche wurden der Stadthauptmannschaft übergeben.

4. Uhr. Josef Landl, wohnhaft in der Alservorstadt, zeigte beim OberCommando an, daß die Vertheidigungsanstalten in der Währingergasse sehr schlecht seyen, keine Barrikaden gebaut werden, und die Garden zum Dienste sehr schwach ausrücken.

41⁄4. Uhr. Josef Mink, Garde-Lieutenant, meldete beim Ober-Commando, das er an diesem Tage Mittags in der Vorstadt Landstraße, in der k. t. ArtillerieCaserne mehrere Kisten mit 6- · 12pfündigen Kartätschenbüchsen gefunden habe.

5 Uhr Ab. Franziska Vogl, von Fünfhaus, zeigte beim Ober-Commando an, daß 500 Arbeiter und 4 Studenten über den Semering von Mürzzuschlag in Baden ankamen, nach Wien wollten, und alle, sammt ihrem Bruder, dort in einer Reitschule eingesperrt wurden, und zwar von Jellačič'schem Militär, und es wurde ihnen bedeutet: die Wiener, dieses Gesindel, brauchen keine Hülfe mehr. 6 Uhr. Wurde beim Ober-Commando gemeldet, daß Fürst Windischgräß in der hintern Brühl, in seinem eigenen Hause gesehen worden sey.

6 Uhr. Eduard Pisko von der 6. Compagnie des Juristen-Corps, berichtete beim Ober-Commando, daß in Wülfersdorf 800 mährische Jäger und 6 Kanonen heute Nacht einquartirt worden, und in Doppelmärschen nach Wien zu gehen beordert sehen. In Nikoleburg sey starke Einquartirung mit 18 Kanonen angesagt. In Gaunersdorf waren Soldaten des Beschäll-Departements abmarschirt, und sollen von den Ungarn abgeschnitten seyn. Der Berichterstatter kam aus jener Gegend, war beordert den dortigen Landsturm zu organisiren und bürgte für die Wahrheit seiner Angaben.

,,Telegraphische Depesche von Olmüß nach Floridsdorf. Reichstags-Deputirter Fischer an den permanenten Ausschuß des hohen Reichstages. Gestern um 6 Uhr 30 Minuten Abends war die Audienz. Seine Majestät gab der Deputa tion folgende Antwort: Aus der mir überbrachten Adresse des Reichstages ersehe ich mit Vergnügen, daß derselbe das Gesammtwohl aller Völkerschaften des österreichischen Kaiserstaates vor Augen habe, und die Bemühungen des Reichstages, der drohenden Anarchie entgegen zu wirken, erhalten meine vollkommenǝ Anerkennung. Ich werde meinerseits alles aufbieten, um die so nöthige Ruhe und Sicherheit in der Hauptstadt wieder herzustellen, und den constituirenden

Reichstag die mögliche Gewährschaft für seine ferneren ungestörten Berathungen zu verschaffen. Floridsdorf, am 16. October 1848. Nachmittags 2 Uhr.

A. Schefzit, m. p., Ingenieur-Assistent der Nordbahn."

In der Nachmittags-Sißung der Reichsversammlung theilte der Präsident Smolla mit, daß bereits 221 Quittungen über, für die zweite Hälfte Octobers von Abgeordneten zu beziehende Laggelder eingelaufen gewesen, und auf 202 die Geldbeträge bereits behoben worden seyen, daß daher jedenfalls eine mehr als beschlußfähige Anzahl von Mitgliedern in Wien anwesend seyn müsse; und daß sich der Finanzminister einverständlich mit der permanenten Commission des Reichstages veranlaßt gefunden habe, wegen Mangel einer Antwort von der neuerlich an Se. Majestät gesendeten Reichstags-Deputation, eine neuerliche Vorstellung durch den Abgeordneten und Schriftführer Wiser abzusenden, welHer Leßtere mit einem Seperat-Train bereits abgegangen sey; seitdem sey übrigens auch von der Deputation selbst Nachricht eingelangt.

Abgeordneter Schuselka berichtete darauf Namens der permanenten Commission: Von der Reichstags-Deputation sey folgende telegraphische Depesche eingelangt: Der Abgeordnete Schneider habe von Bieliz aus der Commistion berichtet, daß die dortige Einwohnerschaft das vollste Vertrauen zu den Verfügungen des Reichstages hege; die Städte Komotau, Leitmeriß und Rzeszow hatten drei Adressen eingesendet. (Siehe Seite 348, 349, 385.)

Ein Landmann aus Markersdorf in Nieder-Desterreich habe den Betrag von 58 fl. 28 kr. als Ergebniß einer Sammlung im Orte für mittellose Studenten und Nationalgarden in die Commission gebracht, und eine Frau 10 fl. CM. für verwundete Studenten eingesendet.

Der Berichterstatter versicherte ferner, daß troß dieser vielen Beweise von Anerkennung und Sympathie, die Commission sich habe nicht einschläfern oder abhalten lassen, Alles anzuwenden, was zur kräftigsten Vertheidigung von Wien dienlich seyn könnte; die Commission habe sich rein auf Vertheidigungs- Maßregeln beschränkt, da sie vor Allem das Prinzip einer aufrichtigen Politik festhalte, welche nicht den Angriff bereite, während sie über Friedens - Maßregeln verhandle; nach der Aussage von Sachverständigen sey Wien bei einem kräftigen Zusammenhalten aller Wehrhaften auch beinahe unüberwindlich (?); hingegen wäre es aufs Tiefste zu beklagen, wenn die Kampfs luft einzelner Körper zu einem angriffsweisen Verfahren hinreißen sollte, da in diesem Falle ein günstiges Resultat nicht gewärtiget werden könnte *).

Die Armeen vor Wien hätten ihre Stellungen nur höchst unbedeutend geändert, die ungarische Armee habe die Gränzen nicht überschritten; über den In

*) Während Offiziere des Generalstabes die Ueberzeugung hatten, daß Wien nicht zu halten sey, sagte Schufelta das Gegentheil.

[ocr errors]

halt der Sendung, welche vor einigen Tagen von der ungarischen Armee in das Lager des Commandirenden, Grafen Auersperg, abging, sey der Commission nichts bekannt geworden. Schließlich empfahl der Berichterstatter eine DisciplinarBerordnung für die neugebildeten mobilen Corps. Diese erschien am 18. October.

Die Bemerkung des Abgeordneten Polaczek, daß wegen der durch die Berichte der czechischen Deputirten in ganz Böhmen hervorgerufenen Aufregung es nöthig seyn dürfte, eine getreue Darstellung der in den leßten Tagen vorgefallenen Thatsachen und eingetretenen Verhältnisse in allen Ländern der österreichischen Monarchie in den dort gangbaren Sprachen zu veröffentlichen, wurde durch den Präfidenten dahin beantwortet, daß, falls der Herr Abgeordnete dießfalls einen schriftlichen Antrag zu stellen für nöthig fände, solcher auf die nächste Tagesordnung zu stellen seyn dürfte. Der Präsident verlas sodann eine Adresse des permanenten Ausschusses des provisorischen Landtages in Kärnthen (siehe Seite 349.), welche, nachdem ein Antrag des Abgeordneten Borrosch auf dieselbe eine Erwiederung zu erlassen, in der Minorität blieb, zur Kenntniß genommen wurde.

Am 16. kam die Präsidentin des ersten demokratischen Wiener Frauen-Vereins, Caroline Perin geborne Pasqualati, in Begleitung zweier Damen des genannten Vereins in das k. k. Tabak- und Stämpel-Administrationsgebäude, und forderte die daselbst auf der Wache befindlichen Garden des Stuben-Viertels auf, ihre Frauen zu bewegen, daß solche eine Petition an die hohe Reichsversammlung wegen Aufbiethung des Landsturmes unterzeichnen möchten. Dieses absurde Anfinnen wurde jedoch von allen Garden unter dem Vorwande abgelehnt, daß sie unvereheligt seyen. Diese Petition wurde jedoch am 17. October dem Reichstage unterlegt.

Es ist eine große Erfahrung, daß die magyarischen Anarchisten auf die blöde Leichtgläubigkeit des Wiener Volkes spekulirten, um sich so schnell als möglich der sie hart bedrängenden Armee Jellačič's in der Nähe ihrer Hauptstadt zu entledigen; es ist eine große Erfahrung, daß Wien in die Falle ging. Mit der October Revolution lockten die Ungarn den Ban von Pesth weg vor die Mauern von Wien; und wenn diese Erfahrung unvergessen bleibt, so wird das Wiener Bolt die erste aller politischen Tugenden, das Mißtrauen gegen die Gassenkönige und politischen Marktschreier sich erworben haben. Hierzu gehörte auch die Perin. Wenn fremde und einheimische Emissäre Unruhe zetteln, wird das Bolk wissen, daß es nur der Narr fremden Eigennußes, fremder Zwecke sey, und daß diejenigen, welche immer sich mit des Volkes Wohl den Mund am meisten voll nehmen, dabei auf des Volkes Unwohl hinarbeiten. Nachdem die Wiener in die Falle gegangen sollten auch noch die Bauern in die Falle gehen und als Landsturm kommen!

-

M. 3.

« ZurückWeiter »