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erleuchtet. Die sämmtliche Bevölkerung schmückte sich mit der weißen Kokarde. Die Anfänge der Bürgerwehr erfolgten. Am 21. vereinigte sich die galizische Bevölkerung zu einer Todtenfeier für das Andenken der in den Tagen des 13. und 14. März gefallenen Opfer der Freiheit. An das Linienregiment Hoch- und Deutschmeister erging die feierliche Einladung dem Trauergottesdienste mitanzuwohnen. Es wurde von der Behörde bewilliget. Nach beendigtem Seelenamte verfügte ich mich in meine Wohnung, um in einer halben Stunde wieder in die Stadt zu gehen, die Zeitungen zu lesen. Ich begegne einem Herrn Hauptmann meines Regiments. Dieser sprach zu mir: „Sie sind für das Comitee zur Organisirung der Nationalgarde erwählt worden Ich gratulire.“ Ein paar Schritte weiter überreichte mir der Diener eines Offiziers folgenden Zettel: „Du und Herr Oberst Bordolo seyd für das Comitee zur Organisirung der National, garde ernannt worden. Man erwartet dich auf dem Rathhause." Ich hatte keine dienstliche Verrichtung, ich verfügte mich unbedenklich dahin. Ich begegnete noch einigen Offizieren, die mir ebenfalls mit zustimmenden Gesichtern meine Wahl mittheilten, und sich in derselben wie selbst geehrt zeigten. Ich fand im großen Rathhaussaale eine große Versammlung der Notabeln der ganzen Stadt unter dem Vorsiße eines Stellvertreters des neuen Bürgermeisters und Gubernialraths, Grafen Golochowski. Herr Oberst Bordolo war nicht zugegen, die Gesellschaft schien ihn zu erwarten. Der Präsident sprach von der Einladung der Bürgerschaft an mich, und ich antwortete, daß mir, dem einsiedlerischen Literaten, diese Wahl sehr schmeichle, und ich keinen Eifer sparen würde, meine geringe militärische Erfahrung im Dienste eines so schönen, constitutionellen Zweckes praktisch aufzuwenden. Es wurde zur Tagesordnung übergangen. Ich betheiligte mich an jeder der vorkommenden Fragen, und sprach nach meinem besten Wissen und Gewissen, die Gesellschaft ehrte mich durch Aufmerksamkeit und Beifall. Dieses erwies sich durch zwei Thatsachen. Erstens: Für das Geschäft, die Nationalgarde zu organisiren, wurde aus der Gesellschaft ein Ausschuß von 9 Gliedern erwählt. In demselben erhielt ich dritte Mehrheit der Stimmen. Zweitens wurde ich, als beunruhigende Meldungen von Bürgern einliefen, daß auf den Straßen ungebührliche, anticonstitutionelle und antinationale Bewegungen einiger überspannter Gemüther stattfänden und um sich zu greifen drohten, wurde ich nicht allein zweimal zum Mitglied einer dießfallsigen Depu tation an den Herrn Landes chef, Grafen Franz Stadion, sondern sogar zu deren Sprecher gewählt. Ich habe Wort für Wort, was in der Gesellschaft ge= sprochen worden, und was ich selbst geredet, in treuem Gedächtniß. Wenn es nothwendig werden sollte, dieselben der öffentlichen Meinung, dem höchsten mo ralischen Gerichtshofe eines constitutionellen Staates, bekannt zu geben, so wird daraus hervorgehen, daß ich für Nuhe, Ordnung, Versöhnung der Nationali

täten und für die gute österreichische Sache nach meinen besten Kräften gewirkt, ohne deßhalb wissentlich meiner militärischen Pflichterfüllung untreu geworden zu seyn. Von diesem allein wahren und vernünftigen Gesichtspunkte wurde meine Annahme der Einladung der Lemberger Bürgerschaft von meinen Herren Obern nicht angesehen. Nach der Auflösung des Comitees durch den Herrn Grafen Stadion, um am folgenden Tage von ihm wieder berufen und förmlich eingeweiht zu werden, verfügte ich mich zu meiner Truppe, die mittlerweile nebst der ganzen Garnison auf den Plägen und in den Straßen Stellung genommen hatte. Verschiedene Beobachtungen drängten mich zu dem Entschluß, zu Hause angetommen, sogleich meine Entlassung einzureichen. Ich sprach mich hierüber gegen meinen Herrn Hauptmann noch auf der Stelle aus. Ich entwarf am 22. um 9 Uhr Morgens in meinem Zimmer das erforderliche Conzept, hatte aber kaum die erste Zeile in das Reine geschrieben, als ich eine Vorladung erhielt, mich in drei Viertelstunden bei meinem Herrn Interims-Regimentscommandanten einzufinden. Ich ahnte sogleich, um was es sich handeln würde. Herr Oberstlieutenant Bubna tadelte mein gestriges Verhalten und benachrichtigte mich, zu Sr. Excellens dem Herrn Landes commandirenden Freiherrn von Hammerstein beschieden zu seyn. Se. Excellenz unterrichteten sich nun vollkommen aus meinem Munde von der Art und Weise, wie ich, der k. k. Oberlieutenant, an Verhandlungen, die Organifirung der Nationalgarde betreffend, habe theilnehmen können, und sprach, ich hätte sogleich zum 3ten Bataillon nach Wien abzugehen. Ich sprach von meiner Quittirung. Die wollte man hier nicht annehmen, ich möge sie in Wien einreichen. Man ließ mir eine offene Ordre zustellen, die mir die Weisung gab, mich bei meiner Ankunft in Wien bei dem Plaßcommando zu melden.

Ich erstattete dieser löblichen Behörde unmittelbar nach meinem Eintreffen folgende Anzeigen: Ich seh krank. Ich könne mich nur in Civilkleidern vorstellen. Ich båte, das Gesuch meiner Quittirung und ein anderes Gesuch, auf daß mir gestattet würde, meine Quittirungs-Bewilligung in Wien abzuwarten, meinem vorgeseßten 3. Bataillon geneigtest zustellen zu wollen. Abends erhielt ich folgende Vorladung des löbl. Plaß-Commando's: „Morgen, den 28. März 1848 gegen 10 Uhr Vormittags haben dieselben auf jeden Fall in Uniform sich bei Gefertigtem in der k. k. Plaß-Commando-Kanzlei in der Salzgries-Caserne im 3. Stock mit Vorweisung dieser Vorladung einzufinden. Gezeichnet Matauschel, Generalmajor.“ Ich werde mich daselbst einfinden. Allein nicht in Uniform, sondern in Civilkleidern. Ich bin krank, wirklich und in der That krank, freilich nicht physisch, aber krank an meiner Ehre durch die willkührliche Bestrafung Seitens Sr. Excellenz des Herrn Feldmarschall-Lieutenants H ammerstein. Ich kann nach meiner Bestrafung, denn meine Transferirung

Knall und Fall, verbunden mit Verlusten an meinen Habseligkeiten ist eine solche kann ich noch weniger auch nur auf eine Minute lang die äußeren Abzeichen einer Körperschaft tragen, deren Dienst meine tiefsten Ueberzeugungen ständlich in die größte Gefahr zu sehen die Lage hat. Ich theile Ihnen, Herr Doktor, meine Besorgniß mit, daß man gegen mich Gewaltmaßregeln in der Ge stalt eines polizeilichen oder gerichtlichen Verhörs vornehmen könne. Ich werde gewiß mein gutes angebornes Natur- und Menschenrecht mit aller Kraft eines constitutionellen Charakters, der es seit dem 18. März 1848 geworden, verthei digen. Da die Macht reactionärer Behörden aber weiter reicht, als die Macht des Einzelnen, so erlaube ich mir, Sie zu meinem Vertheidiger zu wählen, auf daß Sie freundlich darüber wachen, daß man zum mindesten in den vollen Formen der durch die neue Staatsentwicklung zum Provisorium gebrachten Geseße gegen mich verfahre. Nimmt man meine Quittirung nicht an, bringt man mich, aus Anlaß der Ihnen des Langen und Breiten erzählten Thatsache zur Haft, wie ich fie seit der Zeit des 13. März her kenne und tief verabscheuen gelernt habe, so erkläre ich hiemit unwiderruflich, fest und feierlich: daß ich gegen einen derartigen Eingriff in die Freiheit und Sicherheit meiner Person dadurch Berufung einlegen werde, daß ich jede Lebensnahrung verschmähe, bis ich entweder meinem constitutionellen Recht zurückgegeben werde, oder das erste Opfer eines constitutionellen Justizmordes am Fuße des Thrones durch den Tod endige. Ich handle nach kalter unabwendbarer Ueberzeugung.

Wenn ich um 12 Uhr Mittags nicht bei Ihnen bin, um Ihnen von dem Erfolg meiner Vorladung beim löbl. Plaß-Commando zu berichten, so haben Sie die Güte, sich daselbst von meinem Schicksal unterrichten zu lassen. Ihr Kunstgenosse und Mitarbeiter wird dann den Trost haben, zu wissen, daß es zum Aeußerften aus dem geringfügigen Anlaß doch nicht kommen wird. Mit herzlichem Gruß ganz der Ihrige.

Wien, am 28. März 1848.

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W. Messenhauser.

Messenhauser erschien in einem grauen Lodenrod und einer mit dem deutschen Bande verbrämten Studenten Sammtkappe. Er war kleiner Statur, etwas gebückt, sprach scharf betonend, konnte nicht ins Antlig sehen, lächelte immer in der ersten Periode seiner neuen Stellung, rieb sich fortwährend beim Sprechen die Hände, und war im Allgemeinen herzlich und wohlwollend gegen Alle.

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12. October.

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Das Volk Spihhitl wird pr. Ober

Auersperg verläßt mit seinen Truppen das Lager im Pelvedere u. Schwarzenberg-Garten. Der Kaiser in Bnaim. Brauns Abschiedsworte. Mef= senhauser als Ober-Commandant vorgeschlagen. Neue Truppen. trägt einen verstümmelten Leichnam durch die Stadt, Commandant der Nationalgarde. Landgarden werden entwaffnet. vom Stephansthurm und des Ober-Commando. des bewaffneten Proletariats. wird prov, N. G. - Ober-Commandant.

Spihhitl dankt ab.

- Berichte

Löhnung

Steyermärkische Aufwiegler. Messenhauser
Adressen von Eger, Leitmeriz, Rzeszow

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Klagenfurt.

12 Uhr Mitternacht. Lieutenant St. meldete beim Ober-Commando, daß der Hausmeister des Schönbrunnerhauses mehrere Male aus den Fenstern geschoffen habe, ergriffen wurde und bereits aufgehoben sey.

Padovani, Adjutant der akad. Legion, gab beim Ober-Commando an, daß er im Zeughause bei 100 Fäßchen blinder Patronen, und bei 200,000 Zünder aufgefunden habe, daß er ein eigenes Depot dazu errichtet, und das Aufgefundene zur Verfügung stelle.

1 '/. Uhr. Ein Mann von Penzing meldete beim Ober-Commando, daß die Kroaten und faiserlichen Dragoner die Nationalgarden in Hegendorf, Altmannsdorf und Enzersdorf bereits entwaffnet haben, und daß die Penzinger Garde anfragen läßt, ob sie die Waffen abgeben solle, oder ob sie Hülfe aus Wien zu erwarten hätte.

6 Uhr Morgens verließ Graf Auersperg mit der gesammten Truppenmacht seine feste Stellung im Schwarzenberggarten und im Belvedere.

Johann H. von Altmannsdorf sagte beim Ober-Commando aus, bei Meidling seyen 5 Jellačič'sche Reiter gefangen. Ihre Pferde wurden dem Nationalgarde Ober-Commando überbracht.

7 Uhr. Vom Stephansthurme wurde gemeldet: Das Militär aus dem Belvedere ziehe längs der Brucker-Eisenbahn hinunter. Ein Theil ziehe auf den Marrer Friedhof rechts. Im Lager bei Klederling stehe das Jellačič'sche Militär in Bereitschaft.

8 Uhr. Haid, Bürger-Grenadier 3. Comp., berichtete beim Ober-Commando, daß er am Kriegsgebäude auf dem Hofe Wache gestanden und gesehen habe, daß 5 Individuen mit Gewehren und Pistolen bewaffnet, in allen Kaufläden sammeln gingen; wo sie kein Geld bekamen, Eßwaaren verlangten, und angaben, sie sehen von der Mobil-Garde-Abtheilung, die beim Carolinenthor aufgestellt sey. 8. Uhr. Kupka, von der bürgl. Cavallerie 2ten Division, und Anführer

von 150 Freiwilligen, berichtete beim Ober-Commando, daß der Sekretär des Fürsten Clary in der Herrengasse, die untere Etage dieses Hauses zur Verfügung stelle, falls ein Spital für Verwundete zu errichten für nothwendig befunden würde. Johann Krausholz zeigte an, daß der Schwarzenberg-Garten unterminirt sey, und daß die Nationalgarden denselben beseßt haben — er solle sogleich un tersucht werden.

Stephan P., Patental-Invalide, berichtete in der Permanenz des Verwaltungsrathes, es sey gestern Abends um 6 Uhr ein bespannter Hofwagen zum Belvedere gekommen, den die Wiener Garnison mit Bivats begrüßte, und in Folge dessen ihr Abmarsch, der einer Flucht ähnlich sah, am andern Morgen, nähmlich heute Morgens von 4-7 Uhr erfolgte. Diese Truppen haben die mehrste Bagage zurück gelassen. Die Studenten haben einen solchen Wagen und eine Fahne von dort bereits nach der Stadt gebracht. Auch bei der Belveder-Linie auf dem Felde liege eine nicht unbedeutende Bagage ohne Bedeckung und Bewachung. Wurde dem Ober-Commando berichtet.

Später wurde eine Kundmachung der neuen Münzsorten angeklebt, und an sehr vielen Orten herabgerissen.

8 3⁄4 Uhr. Friedrich G., Feldwebel 6. Bez., 4 Comp. brachte zum OberCommando einen Arretirten, welcher ihm von mehreren Arbeitern, die ihn an der Marker Linie festgenommen hatten, übergeben wurde. Es soll der Arretirte bei den Kroaten gewesen seyn, und ihnen einen Weg angegeben haben, auf welchem sie ihre Bagage und Munition retten konnten, die sonst in Wiener Hände gekommen wären. In demselben Augenblicke kommt Josef Lubich, Maurer aus der Fasangasse Nr. 651, bestättigt diese Aussage als Augenzeuge. Der Arretirte, Joh. Nep. Kupak, gab an, daß er Commis in der Eisenhandlung Wanicschek und Schneller in der Kärnthnerstrasse sey, und in der Alleegasse auf der Wieden wohne, daß er als geborner Warasdiner der Sprache kundig sey, und mit den Kroaten über ihre heimathlichen Zustände gesprochen habe. Ohne zu fragen haben ihm die Kroaten entdeckt, daß die Armee 100,000 (!) Mann stark sey, darunter 40,000 (!) Husaren, daß sie den Banus gebeten hätten sie nach Wien zu commandiren, damit sie die Studenten zusammenhauen können, weil sie so übermüthig sehen. Herr Lubich, ein Ohrenzeuge dieses Gespräches mit den Kroaten, bestätigte die Aussage des Arretirten, sagte aber zugleich, daß derselbe mehreres leise gesprochen habe, was er nicht verstehen konnte. Der Arretirte ward dem Gemeinderathe übergeben.

9 Uhr. Bon der Leopoldstädter Garde find zwei Wagen in Beschlag genommen worden; der eine war mit Munition und Kartätschen beladen, der zweite mit Bitriol. Der erstere wurde im Zeughause abgeladen, der lettere zur BärenApotheke gefahren, und das Vitriol dort übergeben.

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