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welchem Grade diese Volksmasse fanatisirt gewesen seyn mußte. Und wenn erwogen wird, daß von allen diesen eben erzählten Vorgängen, von halb zu halb Stunden dem Reichstags- Ausschusse genaue Berichte erstattet worden sind; so überläßt man es der Beurtheilung jedes Einzelnen, ob nicht schon, abgesehen von Latour's Ermordung, am 6. und 7. October Beweise genug vorgelegen sind, daß alle Bande der geseßlichen Ordnung zerrissen, und Anarchie in der Residenz herrschte, — indem sogar die zum Schuße und zur Aufrechthaltung der Ordnung bewaffnete Volkswehr, den Befehlen des Ober- Commando und des Reichstages zuwider, mit den Waffen in der Hand den Beschlüssen aller geseggebenden Organe Hohn sprach.

Uebergabe und Plünderung des Zeughauses.

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Nach 6 1hr Morgens im Zeughause. Endlich kam neuerdings der Abgeordnete Kudlich und brachte dreierlei Plakate und Aufforderungen, in denen der Besaßung Amnestie, Sicherheit des Eigenthums — und weiß Gott noch was zugesichert wurde. Der Hauptmann K a stell fand es aber pflichtgemäß, den Lieutenant Schädelbauer mit einem Fiaker zu dem commandirenden Generalen um die legten Verhaltungsregeln zu schicken, welche Sendung aber sich bis gegen 8 Uhr unter immer drohenderen Auspicien verlängerte, da schon vor 7 Uhr Morgens die Barrikaden in der Zeughaus- und Renngasse, dann jene in der Wipplingerstraße, und besonders aber die Schottenbastei mit Massen von Garden beseßt waren, deren Ungeduld endlich ein Ziel zu erreichen, nach welchem sich ein Theil der Bevölkerung Wiens schon seit dem 13. März sehnte, von Minute zu Minute stieg, und immer drohender und gefährlicher wurde.

Da keine Antwort erfolgte, und der Pöbel durch Garde- Offiziere am hinteren Thor des Armatur - Zeughauses den Einlaß stürmisch begehrte, und der Andrang in der Wipplingerstraße und Renngasse am offenen Thore unter einer Menge von Leichen sich immer empörender zeigte; so zog es der Commandant vor da an ein längeres Halten bei fast gänzlichem Mangel an Munition im Armatur Zeughause nicht zu denken war die Beseßung der drei kaiserlichen Zeughäuser, nach dem Sinne der Reichstagsbeschlüsse, erfolgen zu lassen.

Bald darauf stürmte das Volk unter guter Anführung von Garden und Studenten über die rauchenden Brandstätten in die Waffenkammer und in die rückwärtigen Werkstätten, und die Vertheidiger mußten hierauf ein Haus verlassen, welches reich an Waffen, und noch reicher an historisch - militärischen Merkwürdigkeiten und Raritäten- troß der verheißenen Sicherheit und Ueberwachung sowohl des Aerarial - Gutes als auch des Eigenthums der vielen Offiziere und Mannschaft — eine Beute der rohesten Raublust wurde! — — —

Die Besaßung des Zeughauses erhielt freien Abzug *) und vereinigte sich mit der Garnison im Schwarzenberg'schen Garten. Lieutenant 2. A. Frankl esfortirte mit Nationalgarden unter Drohungen des Volkes den Commandanten des Zeughauses, Hauptmann Kastell, in's bürgerliche Zeughaus.

Im k. k. Beughanse wurden blessirt:

Oberarzt Lieutenant Römer, durch ein 3 löthiges Kartätschenschrott.
Kanonier, Anton Heimerl, schwer blessirt.
Büchsenmachergesell, Josef Rath maier, blessirt.

Büchsenmachergesell, Johann Kratoch will, lebensgefährlich verwundet.
Kanonier, Johann Lügstein, blessirt.

Unter-Kanonier, Franz Prach, blessirt.

Unter-Kanonier, Josef Horrak, blessirt.

Von Kaiser-Grenadieren, Grenadieren Dostal blessirt.

In Folge der ausgezeichneten Vertheidigung des kaiserlichen Zeughauses erhielten nachst hende Militärs Belohnungen; und zwar :

Hauptmann, Ferdinand Kastell, der Garnisons-Artillerie, das Ritterkreuz des österreichischen Leopold - Ordens.

Hauptmann, Georg Rath; Lieutenant, Ciril Nehr, vom 2. ArtillerieRegimente; Hauptmann, Josef v. Möse, von E. H. Ludwig Grenadieren ; alle drei den Orden der eisernen Krone 3. Classe.

Die filberne Tapferheits- Medaille 1. Classe erhielten :

Kanonier, Karl Braun; Büchsenmachergesell, Wenzel Tobolarz; Zimmergesell, Mathias Dorn; vom Artillerie Districte.

Korporal, Großberger, v. E. H. Ludwig Grenadieren; Grenadier, Greiner, von Deutschmeister-Grenadieren.

Kanonier, Josef Linhart, vom 2. Artillerie-Regiment.

Die filberne Tapferkeits-Medaille 2. Classe erhielten :

Expr. Korporal, Franz Habrich; qua Feldwebel, Josef David; Korporal, Josef Pawelczik; Kanonier, Johann Maurer; Kanonier, Johann Muthsam; Kanonier, Füsselberger; Obermeister, Albert Roubin; qua Obermeister, Karl Meißner; Büchsenmachergesell, Josef Bondrich; alle 9 vom Artillerie-District.

Hurrah und Vivat!

*) Lügenhafte Zeitungs-Berichte behaupteten, das Militär sey ohne Waffen abgezogen. Die heldenmüthigen Vertheidiger des Zeughauses zogen mit ihren Waffen ab. Man rief sogar, als sie abgezogen was sich jedoch ebenso auf die Anerkennung der Tapferkeit derselben, als auf den erreichten Zweck bezogen haben dürfte.

Korporal, Meister; Feldwebel, Dworzaczek; Grenadier, Voyta; Grenadier, Czapp; alle 4 vom E. H. Ludwig Grenadieren.

Feldwebel, Kocher; Grenadier, Kappenberger; Grenadier, Kammerzell; Grenadier, Strauß; alle 4 von Deutschmeister-Grenadieren.

Karl Slovatzek, von Kaiser-Grenadieren; Korporal Stoiber, vom 2. Artillerie-Regimente.

Oberlieutenant Pa a r, von Deutschmeister-Grenadieren, wurde zum Hauptmann in der Compagnie ernannt, und erhielt im Dezember den Orden der eisernen Krone.

Der Abgeordnete Scherzer, der am vorhergehenden Tage Abends das Ober-Commando übernahm, erließ folgende Ansprache an die Nationalgarde, Bürger und Legion :

,,Kameraden! Berufen durch das Vertrauen der hohen Reichsversammlung, in diesem schwierigen Zeitpunkte das Ober-Commando der gesammten Volkswehr Wiens provisorisch zu übernehmen, komme ich dieser schweren Aufgabe im Bewußtseyn meiner Vaterlandspflicht nach, und wende mich deßhalb an Euch, Kameraden, daß Ihr mir auch Euer Zutrauen in vollem Masse zuwendet, indem nur dieses mir die Erfüllung meiner schwierigen Sendung möglich machen kann.“

,,Ich ersuche daher sämmtliche Volkswehrmänner, sich so viel als möglich in ihren Bezirken aufzuhalten, damit sie im Falle einer Allarmirung sogleich die ihnen angewiesenen Posten auch vollzählig einnehmen können.“

„Nur auf diese Art wird es möglich seyn, die Ordnung und geseßliche Freiheit gegen Angriffe, fie mögen von was immer für einer Seite kommen, zu bewahren."

Wien, am 7. October 1848. Vom provis. Ober- Commando. Scherzer, m. p." Die Postverbindung ist heute in Folge der vorhergehenden Ereignisse nicht* unterbrochen worden.

Der Reichstag war fortwährend in Communication mit dem Ober-Commando der Nationalgarde.

General Graf Auersperg war mit seinen Truppen bis zum Belvedere im Schwarzenberg'schen Garten und in dessen Nähe am Glacis — aber bloß zu eigener Bertheidigung aufgestellt

Abreise Sr. Maj. des Kaisers und des kaiserlichen Hofes von Schönbrunn.

Des Morgens am 7. verbreitete sich die Nachricht, Se. Majestät der Kaiser habe Schönbrunn verlassen.

Die Tags vorher angelangte Nachricht von der Ermordung Latour's,

dann die in der Nacht vom 6. auf den 7. gehörten häufigen Kanonenschüsse in der Stadt, und die Feuersbrunst des t. t. Zeughauses, erzeugten eine große Bestürzung bei den Bewohnern des k. k. Luftschlosses Schönbrunn. Die wirklich nicht zu große Besagung des k. f. Militärs wurde erst in derselben Nacht durch 10 Compagnien Infanterie von St. Pölten und Stockerau verstärkt, war jedoch durch den angestrengten Eilmarsch gänzlich erschöpft, und bedurfte Ruhe zur Erholung. Es war somit vorauszusehen, daß, wenn das Proleta= riat, wie es vermöge allgemeinen Gerüchten hieß, daß sie das Schloß zu zerstören beabsichtigen und sogar drohen, die Person Sr. Majestät und der übrigen a. h. Herrschaften nicht zu schonen, man nicht lange im Stande wäre, sich mit günstigem Erfolge zu halten. Zudem kam gegen Morgen die Nachricht, daß das t. t. Zeughaus schon in Bälde durch die Proletarier beseßt — und sich alle nach Belieben bewaffnen werden. In Folge dessen waren Se. Majestät genöthiget eiligst Schönbrunn zu verlassen, welches auch den 7. um halb 8 Uhr Früh in Begleitung von 6 Escadronen Cavallerie, 20 Compagnien Infanterie und 8 Geschüßen, in leichten Wagen ohne allem Gepäcke erfolgte, woraus zu ersehen ist, daß nur die größte Eile obwaltete, und zuvor nicht die geringsten Vorbereitungen zur Abreise getroffen waren.

Das Se. Majestät und die a. h. Herrschaften auf der Reise zu beschüßende Militär bestand aus nachstehenden Truppengattungen, als:

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Heß Infant., 3. Landwehr-Bat. von St. Pölten mit

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und

Die beiden Majestäten und Se. kais. Hoheit E. H. Franz Carl sammt Ihrer kais. Hoheit E. H. Sophie und die durchlauchtigsten Prinzen fuhren in den Wagen. Se. kais. Hoheit Erzherzog Franz Josef*) aber begleitete den Wagen Sr. Majestät des Kaisers Ferdinand zu Pferde, nebst Sr. Durchlaucht dem Fürsten Lobkowiß, dann dem Obersten Freiherrn C. Reich ach und den übrigen Hof-Cavalieren, durch die Hiezinger Allee, den Auhof hinter Hütteldorf nach Purkersdorf, und sofort auf der später beschriebenen Route nach Olmüş.

*) Nunmehr Se. Majestät Kaiser Franz Josef der Erste.

Der größte Theil der Bewohner des t. k. Luftschlosses Schönbrunn verließ dasselbe aus Furcht vor den Mörderbanden in Wien, und ergriff die Flucht nach verschiedenen Richtungen; blos der Schloßhauptmanns - Adjunkt Tapp von Tappenburg blieb anwesend, und traf die nöthigen Anstalten zur Sicherung desselben. Der Nationalgarde - Oberlieutenant Zehkorn übernahm im Auftrag Sr. Excellenz des Grafen von Dietrichstein das Controllor - Amt alldort, und besorgte zugleich, nachdem das ganze k. k. Militär und die dort auf der Hanptwache anwesend gewesene Nationalgarde abgezogen waren, durch den E. f. Hofprofoßen und nunmehrigen Lieutenant S. Stangelmayer die nöthigsten Beseßungen der Posten durch die zurückgebliebene t. t. Hofburgwache. Er selbst zog an der Spige, vereint mit einigen Bewohnern und Garden von Hizing, auf die benannte Hauptwache, nahm ein Gewehr zur Hand und bezog den Schnurposten alldort. Mit gleichem Diensteifer ermangelten nicht nachfolgende in Schönbrunn Zurückgebliebene dem Wach- und Patrouillen-Dienst zum Schuße des f. f. Luftschlosses bis zum Anlangen der k. k. Truppen thätigst beizutreten, die k. k. Angestellten: Hofgärtner Carl Rauch, Hofbauübergeher Josef Settele, Hofbauplag- Controllor Carl Dorfmeister, HofcontrolloramtsRechnungsführer Wilhelm Zehkorn, Hofküchen-Inspektor Alexander Narciß Taigny, die Kammerheißer Johann Zeitler, Blascheck und Bauer sammt seinem Sohne, aus der Hofküche, dann die k. k. Zimmer- und Maurer-Poliere Franz und Hellauer.

Ferner leisteten thätige Dienste *) in der t. t. Hofwirthschafts-Officin abermals der Rechnungsführer Wilhelm Zehkorn, Hofküchen-Inspektor Alexander Narcis Taigny, Hofsilber- und Tafelkammer - Inspektor Joseph Pertazzy, Hofzuckerbäcker Ernst Heumann, Hofkeller - Offiziant Philipp Löw, so wie auch die beiden Zimmeraufseher Winkler und Jordann.

*) So sehr ich mit Vergnügen die Leistungen genannter Herren der Oeffentlichkeit anerkennend überliefere, so kann ich umhin die Bemerkung nicht zurückhalten; daß dieselben für die erfüllte Pflicht verdienter Weise belohnt zu werden hinreichende Geleger heif haben, da sie bei Hofe größtentheils angestellt und besoldet sind. Für die Anerkennung sorgen ohne Zweifel ihre Chefs; — aber wer denkt daran, wer macht geltend jene Verdienste, die über die Pflicht hinaus, nicht angestellte und nicht besoldete Private als Offiziere beim Ober-Commando, die so vieles Gefährliche schadlos zu machen wußten, sich unter lebensgefährlichen Momenten erworben haben! — Suppliken um Anerkennungen widerstreben der Bescheidenheit und ohne mächtige Verwendung oder ämtliche Gewogenheit ohne Eifersucht — entbehren sie nur zu oft des Erfolg8. Wird irgend Jemand darauf verfallen, von freien Stücken Gerechtigkeit üben, und so wie gedachte Offiziere ohne Anregung handeln? — Ich zweifle daran, ungeachtet sowohl Strafen als Belohnungen gleichmäßig unerläßlich sind.

Dunder.

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