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So hatte nun Mecklenburg seine Kirchen- und Gottesdienstordnung. Sie bleiben das Verdienst Herzog Heinrichs, das der Rostocker Professor Chyträus in der Leichenrede 1552 also rühmt: ,Da er wußte, daß Gott von den Regenten diesen Dienst vor allen forderte, das reine Evangelium den Unterthanen zu überliefern und zu erhalten, da hat er mit allem Fleiß dahin getrachtet, daß der falsche Gottesdienst und die alte Religion beseitigt und dafür eine neue Ordnung geschaffen, eingeseßt, erhalten würde.“ 78)

Der Superintendent aber hielt Synoden mit der Geistlichkeit ab, um die Schwachen zu stärken, die Irrenden zu ermahnen, überhaupt Kirche und Schule zu dauerndem Bestand zu festigen. Für lettere schrieb er im Auftrage des Herzogs einen „Katechismus edder (oder) Kinderlehre“. 79)

Neuntes Kapitel.

Der Sieg über das Papsttum.

Friedlich verbreitete sich die evangelische Lehre und gewann immer größeren Anhang. Aber noch bestanden die Klöster, wenn auch die Bettelmönche zum großen Teil entlaufen waren, da die Gaben nicht mehr so reichlich flossen. Ja es lassen sich noch recht deutliche Spuren des Katholizismus erweisen, welche noch recht die zähe Kraft desselben bekunden. Der wismarsche Rat 3. B., derselbe, welchen Riebling im Namen des Herzogs freundlich ansprach, und welcher den Forderungen desselben zu entsprechen zugesagt hatte, präsentierte in demselben Jahre 1541 dem Bischofe von Razeburg einen katholischen Vikar zu einer Pfründe in der Stadt. Und gar noch 1548 wurde dem Administrator Magnus ein katholischer Vikar für eine Pfründe an der Heil. Geist-Kirche zu Rostock präsentiert und wurde von ihm investiert. 80)

Denn bei aller Verbreitung des Luthertums war doch dasselbe noch nicht als Bekenntnis des Landes im ganzen ange= nommen und anerkannt. Die Stimmung desselben allerdings war für das Evangelinm. Als nämlich Johann Albrecht, der Sohn

Albrechts, 1548 die Erbhuldigung vornahm, ließ im Lande Wenden der Sprecher der Ritterschaft, Dietrich von Malzan, sich also vernehmen: Die Landschaft lasse den Herzog bitten, das reine Wort Gottes im Lande verkündigen zu lassen und die Unterthanen bei der wahren Religion zu beschüßen, besonders Kirchen und Schulen mit gelehrten Leuten zu versehen, Pastoren und Schulmeister mit gebührendem Unterhalt zu versorgen und, da eine stattliche Anzahl von Kirchenlehnen und andern geistlichen Gütern im Lande vorhanden seien, solche allein zu Gottes Ehre und zur Unterhaltung gottesfürchtiger und gelehrter Prädikanten und Schulmeister, aber nicht zu eignem Nußen und Privatvorteil zu verwenden: denn was einmal Gott gegeben und geeignet, sollte billig Gott und der Kirche verbleiben; dann würde Gott J. F. G. und dem ganzen Lande Glück, Friede und Segen verleihen, andernfalls darüber zürnen. 81)

Troß dieser Stimmung des Landes hatte Herzog Albrecht es über sich gewonnen, seine Söhne Johann Albrecht und Georg im Dienste des Kaisers und unter den katholischen Fahnen an dem schmalkaldischen Kriege teilnehmen zu lassen. Johann Albrecht war Zeuge des Tages von Mühlberg gewesen und mußte auch nachher, da der Vater 1547 gestorben war, um die Gunst des allmächtigen Kaisers, des Siegers über die Protestanten, werben, nicht nur um die kaiserliche Belehnung zu erhalten, sondern auch um die Bezahlung der sog. dänischen Schuld am kaiserlichen Hofe auszuwirken. Denn Herzog Albrecht beanspruchte Ersatz seiner Kosten für seine dänischen Unternehmungen, welche er, wie er sagte, im Auftrage der habsburgischen Macht geführt hatte, und welche ganz und gar unglücklich für ihn verlaufen waren.

Die Folge des schmalkaldischen Krieges war das sog. Augsburger Interim von 1548. In demselben wurde den Protestanten zwar der Kelch und die Priesterehe zugestanden. Aber die Messe, die fieben Sakramente, die Heiligenverehrung, die Brotverwandlungslehre, die katholischen Gebräuche beim Gottesdienst blieben erhalten. Die Stellung des Papstes als obersten Bischofs wurde. anerkannt, ebenso die der Kirche als Auslegerin der heiligen Schrift. Wo das Interim angenommen wurde, bedeutete es für das Luthertum den Todesstoß.82)

Der Kaiser übersandte an Herzog Heinrich ein deutsches und ein lateinisches Exemplar des Interims und begehrte in 30 Tagen Antwort, ob er es annehme oder nicht. 83) Für letteren stand alles in Frage. Sein Land war evangelisch, er selbst für seine Person nicht minder! Auch der andern Seite drohte der mächtige Kaiser. Sollte Herzog Heinrich das Los des unglücklichen Johann Friedrich teilen?

Einstweilen versuchte er Zeit zu gewinnen. Da die Pest außerordentlich stark im Lande wütete und jede Versammlung verhinderte, bat er um Frist, um die Landschaft zunächst befragen zu können. Denn das wollte er. Handelte es sich doch um eine Angelegenheit, die das Wohl und Wehe des ganzen Landes anging!

Aber bald traf ein Mahnschreiben des Kaisers ein, ein zweites folgte. Der Kaiser wollte sich nicht mehr mit „geschickten Worten und Listigkeiten aufziehen lassen", sondern begehrte „eine Antwort auf kurze Wege, auf ja oder nein".

Die Entscheidung also mußte schleunigst getroffen werden. Und sie wurde auf dem Landtage zu Sternberg am 20. Juni 1549 getroffen. Hierhin berief der Herzog im Verein mit seinem evangelisch erzogenen und gesinnten Neffen Johann Albrecht die Stände des Landes, „um in dieser der Seelen Seligkeit betreffenden Sache Beschluß zu fassen“. Und da die Sache der Kirche angehörte, so waren als Vertreter derselben die Geistlichkeit und die Universität geladen.

Der verdienstvolle Kanzler, Johann von Lucka, der vor dem Interim aus Sachsen geflohen und in Mecklenburg freundlich aufgenommen worden war, eröffnete im Beisein der beiden Herzöge die vollzählig besuchte Versammlung. Es bedurfte nicht erst seiner mahnenden Worte; nur drei Personen, welche der papistischen Lehre zugethan waren, widersprachen. Die übrigen waren bereit, für die Erhaltung des Evangeliums Gut und Blut daran zu sehen, und baten die Herzöge, das Interim abzulehnen.

Das geschah. Johann von Lucka verlas ein Bekenntnis, welches dem Kaiser überreicht werden sollte, das erste Glaubensbekenntnis des mecklenburgischen Landes. Auch darin willigte

man. Im August überbrachte ein Sekretär die ablehnende Erklärung sowie das Bekenntnis nach Brüssel an die Adresse des Kaisers.

Der 20. Juni 1549 ist der Geburtstag der mecklenburgischen Landeskirche. Das ganze Land hatte sein evangelisches Bekenntnis abgelegt; dadurch fand die Reformation in Mecklenburg ihre landesgeseßliche Grundlage, die auf die Bildung einer lutherischen Landeskirche zielende Entwickelung ihren Abschluß. Mecklenburg wurde auch im rechtlichen Sinne ein lutherisches Land. Die Unterschrift, welche Herzog Heinrich 1530 zu Augsburg nicht gegeben hatte, holte er hier vor und mit seinem ganzen Lande nach; er bekannte seinen Glauben vor Kaiser und Reich.

Denn das Glaubensbekenntnis ist sein persönliches Bekenntnis. Auf sein Alter (70 Jahre) bezieht er sich, wenn es in dem Bekenntnisse heißt: „Kaiserliche Majestät wolle uns bei unserm wahren christlichen Glauben und der unzweifelhaften bekannten und erkannten Lehre verbleiben lassen und unser zum Teil graue Haupt nicht ferner beschweren". Aber es ist auch das Bekenntnis des Landes. Denn mit dem Wörtchen „Wir“ sind die Herzöge und die Landeskinder verstanden. Wir und unsere Unterthanen verhoffen in aller göttlichen Furcht und Demut, dieselbe unsere Lehre, die wir mit unserm Herzen glauben und in unsern Kirchen bekennen und halten, durch göttliche Verleihung vor Gott, seinen lieben Engeln und den ganzen himmlischen Heerscharen iu dem zukünftigen großen Tage, auch vor Ew. Kais. Maj. als unserm allergnädigsten und einigen irdischen Herrn und aller Welt zu verantworten.“

Mit diesem Bekenntnis war der Sieg über das Papsttum im Lande errungen. Aber drohte nicht von außen Gefahr? Der Kaiser konnte und durfte die Nichtbeachtung seines Interims nicht ungeahndet vorüber gehen lassen. Zwar der Widerstand gegen dasselbe war im Norden Deutschlands fast allgemein, und besonders um Magdeburg, das Bollwerk des Protestantismus, vereinigte sich aller Widerspruch gegen des Kaisers Gesetz und Befehl. Schwer seufzten auch die deutschen Fürsten über die verlorene deutsche Libertät"; der Kurfürst von Sachsen und der Landgraf von Hessen nämlich wurden in entehrender Haft gehalten.

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Da hat auch Herzog Heinrich in seinem hohen Alter an dem großen Fürstenbunde teilgenommen. Seinem Neffen, Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen, schenkte er zur Erleichterung seiner Haft 2000 Gulden. Seinem Neffen und Mitregenten Johann Albrecht ließ er freie Hand, als dieser mit Albrecht von Preußen und Markgraf Johann von Küstrin das geheime Bündnis einging. Zwar zögerte er anfänglich, dem Bündnis beizutreten, bis der alte Dietrich von Malzan ihn überredete. Er verpflichtete sich zur Stellung von 200 Reitern. 84) Am 29. April 1551 gab er dann seinem Neffen Johann Albrecht und dem Markgrafen Johann Vollmacht; was dieselben zur Erhaltung der wahren christlichen Religion, auch sonsten zum Schuß des Vaterlandes, der Freiheit und Abwendung unbilliger Überwältigung bei andern Königen, Fürsten, Potentaten, Grafen, Herren oder gemeinen Ständen handeln und zusagen, das gelobte er bei seinen fürstlichen Ehren und Würden beständig und unverbrüchlich zu vollziehen. 85)

Zwar war Heinrich nur für die Abschließung eines Verteidigungsbündnisses und für dieses bewilligte er 383 Reiter in schwerer Rüstung auf drei Monate, sobald es not thue; Markgraf Johann war persönlich zu Mirow anwesend. 86) Aber als dieser vom Bündnisse abfiel, sowohl aus persönlicher Feindschaft gegen Kurfürst Morig von Sachsen, als auch weil er in die Offensive nicht willigen wollte, blieb Herzog Heinrich dem Bündnisse dennoch treu. Am 3. November 1551 verpflichtete er sich zur Beschüßung von Land und Leuten in Abwesenheit seines Neffen Johann Albrecht. Dieser zog in Person mit den mecklenburgischen Truppen ins Feld und half den Vertrag von Passau erzwingen. — Herzog Heinrich hat den Erfolg der Waffen nicht mehr gesehen. 87)

Zehntes Kapitel.

Lob des Herzogs.

Die Bestrebungen des Herzogs zur Förderung des allgemeinen Wohlstandes sind zuerst zu rühmen; sie ergeben sich aus der 1516 zuerst veröffentlichten und 1542 verbesserten Polizeiordnung. Der

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