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Das thaten wir aber nicht von uns selbst, sondern aus Begehren und Bitte eines Burgermeisters und etlicher aus dem Rat; denn sie befürchten sich, daß Herr Antonius vielleicht eilend und heimlich sich würde verfügen zu E. G. und die Sach' anders angeben, denn geschehen ist, und besorglich, es möchte darnach ein Aufruhr durch ihn zu Parchim erwecket worden sein. Derhalben gaben fie ihren Boten dar und baten uns, wir wollten brieflich die Sache E. G. entdecken, wie sichs hat ergangen. Aber da wir von Parchim fahren wollten, sendet Herr Antonius den Tybald Schreiber an uns, daß Antonius alles wolle annehmen nach laut der Instruktion und sich mit dem Rat und Bürgern der Stadt brüderlich und christenlich vertragen. Der Brief war aber schon weg. Ob er nun solchem Folg' hat gethan, oder wie er sich mit den Bürgern vertragen hat, wissen wir nicht.

Der Kirchherr in der Neustadt zu Parchim blieb verstockt in seiner alten Heuchelei, nachdem wir ihn aufs allerfreundlichst und christlichst hatten vermahnet, und gab die Kirche auf für den Rat, weil er nun ein fast alter Mann ist, hatte sie für unser Zukunft auch refignieret. Wie es aber nun steht, ist uns unbekannt.

22. Grabow

Da hat der Kirchherrn ein Huren bei sich, sonst steht es wohl da.

23. Eldena.*)

Die Jungfrauen baten den Vogt zu Grabow, er sollt uns zu ihnen schicken. Alle Jungfrauen begehren aus Grund ihres Herzens das reine Wort Gottes und den rechten Brauch des Sakraments und beklagen sich fast höchlich, daß sie keinen evangelischen Prediger haben, bitten fleißig E. G. um einen ehrlichen, ältlichen, guten Prädikanten, der sie mit Lehre und rechtem Brauch des Sakraments könnte versorgen. Darauf hat auch die Priorin samt der ganzen Sammlung an mich einen Brief geben, E. G. deshalben anzulangen, usw. Ihr Prädikant, Beichtvater, Messehalter, sind alle Heuchler und Seelmörder und wollte keiner für uns erscheinen.

*) Eldena war ein Cisterziensternonnenkloster; s. dazu Jahrb. 26, S. 20.

24. Boizenburg.

Da stehts gut in der Stadt. Alda klaget der Kirchherr, auch Herr Johann Wetscht Zoldner, *) daß der Zustand ihrer Kirche ist entwendet worden, bitten E. G. woll' darein sehen, daß sie zu ihrer alten Bürung kommen mögen. Item der Stadt Burgermeister und auch Berthel, Vogt, beklagen sich der Unterthanen Ungehorsam, und wo sie einen ungehorsamen oder Übelthäter gerne wollten strafen, so dräuen etliche aus der Gemeine, sie wollten ihm den Hals entzwei schlagen. Das ist ein recht Wiedertäufer Stück. **)

25. Gressow.

Item allda haben wir auch für uns gehabt Herrn Johann, Kirchherr zu Gressau oder Greße, einen schwäßigen, verblendeten Menschen und ganz verstockt in der papistischen Weise und Lehre. Dieser mag merklichen Schaden thun unter dem gemeinen, unverständigen Haufen, und wär' zu raten, E. G. ließ ihn das ganze Land verbieten; denn wir haben in dieser Visitation noch sein gleich nicht gefunden.

26. Zarrentin. ***)

Der Weg war uns zu weit und die Zeit zu kurz, von Boizenburg gen Rehna zu fahren, darum mußten wir über Nacht zu Zarrentin hausen. Da ist ein Prediger, welcher nichts anders predigt, denn aus den Büchern Eckius und Cochläus, den Widersachern der Martinischen Lehre. Er will auch nicht anders predigen. Item das Sakrament versagt er den Jungfrauen und anderm Volk und dringet das auf ein Part (?), wider ihr Gewissen; [sie] bitten auch um einen andern Prediger.

27. Rehna.****)

Die Priorin und Jungfrauen bitten und begehren in Herrn Fabiani Stätte einen andern Prediger. Item die Prediger allda *) Der Name ist nicht weiter zu erklären, da sein Träger sonst nicht bekannt ist.

**) Weil die Wiedertäufer die Obrigkeit als göttliche Institution verwarfen, wurden sie überall verfolgt. Die Greuel von Münster waren auch in Meckl. bekannt.

***) Zarrentin war ein Cisterziensernonnenkloster.
****) Rehna war ein Prämonstratenserinnenkloster.

beklagen sich, daß sie nicht ein ziemlich Auskommen und Nahrung haben. Die Jungfrauen im Kloster sprechen, sie sind stets arm, und der Vogt zieht ihnen viel ab, darum mögen sie von dem Ihren nicht Prediger halten.

28. Grevismühlen.

(Bei dieser Stadt ist nichts vermerkt, nur von den benachbarten Dörfern:)

29. Bossow.

Nahe bei der Stadt ist im Dorf Bossow ein Kirchherr, Herr Kurt, ein grober, unverständiger Mann, welcher noch nicht recht den Glauben kann sprechen, ist darzu ein öffentlicher Hurer und grober unbeschnittener Papist.

30. Mummendorf.

Ein ander, Herr Nicolaus Lutke, Kirchherr zu Mummendorf, klaget wider einen Mitgesessenen in seinem Kaspel (= Kirchspiel), daß er einen Acker und Wiese, welche erblich zu seiner Kirche gehören, entziehen will.

31. Gressow.

Ein ander bei Grevismühlen, zu Gressow, klaget wider die Parkentinischen,*) eine Witwe, daß sie ihm jährlich von dem Zehnten innenhält 3 lübische Mark.

32. Dassow.

Ein ander, zu Dassow, klaget, daß die Kaspelleute sein Wohnung und Haus ganz verfallen und vergehen lassen, so sie doch das billig bauen sollen.

33. Klüb.

Ein ander, Henricus, Kirchherr zum Klüß, ein fein Mann, beklagt sich des Edelmanns, des Namens Bernhard von Plessen, zu Arpshagen gesessen, *) daß er ihm an seiner Kirchenbürung etwas verkürzt, dräuet ihm am Leben zu schaden, und bei viermal tötlichen gesucht und überfallen hätte.

*) Die Adligen im Klüßer Winkel zeichneten sich durch besondere Gewaltthätigkeit aus; siehe Jahrbuch 16, S. 59 f.

34. Wismar.

Henrich Never *) hat auf unser Anlangen und Frage in Gegenwärtigkeit des Rats nichts wollen mündlich antworten, sondern sprach und verhieß, er wolle seinen Glauben auf die gefragten Artikel schriftlich in kurzer Zeit E. G. zuschicken, was er halte von Glauben, der Kindertaufe, dem Abendmahl Christi, der Menschheit Christi, weltlicher Obrigkeit.

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Item ein ander Prediger, des Name ist Heinrich Zimmermann, gefragt, was er hielte und predigte vom Sakrament des Altars, ob er auch glanbe, daß da sei der wahrhaftige Leib und das wahrhaftige Blut Christi wesentlich u. s. w., da antwort er also: Ich sag nicht, daß der Leib und Blut Christi da sei leiblich, wahrhaftig und wesentlich, sondern ich sprech und bekenne, wenn man das Abendmahl des Herrn brauchet, daß alsda sei das Sakramente des wahren Leibs und Bluts Christi als auch sein eigen Handschrift ausweiset. Da merk E. G. wohl auf, daß er bekennet, es sei da das Sakramente des wahren Leibs und Bluts Christi, das ist, allda da ist, spricht er, allein das Zeichen und Bedeutung des wahrhaftigen Leibes und Blutes Christi; aber der Leib Christi und sein Blut seien nicht im Abendmahl wahrhaftig noch wesentlich. Das ist nun der Irrtum und Grund des Zwingels (Zwingli), dadurch der große Hauf von Wismar verführt ist. Ich halt' auch, daß Herr Never auch der Meinung sei und ist sach (-Ursache?), daß er sein Bekenntnis nach seinem Verheißen E. G. zuschicket, so bewahr' dasselbig E. G. wohl und laß das lesen und richten, die rechten Grund und Verstand haben der Schrift, und gedenken E G., daß solcher Irrtum ausgerottet werde.

(Es folgt dann der Vorschlag der Disputation, siehe S. 38 im Text.)

Zulegt heißt es:

Umgeschrieben und einträchtig übersehen durch uns Visitatores, wollen wir uns da mit ganz unterthäniglichen E. G. befohlen haben, in Gnaden solches gegen uns zu erkennen.“

*) Siehe im Tert S. 28.

H. Schnell, Heinrich V.

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Daß Herzog Heinrich Kenntnis von dem Bericht nahm, zeigt seine Handschrift auf der Rückseite: „Her Egidii Fabern. 35.“ Daß der Bericht Eindruck auf ihn machte, zeigt der zweite An= griff auf das Papsttum.

Achtes Kapitel.

Der zweite Angriff auf das Papsttum.

Die Gefahr der Sektenbildung in zwinglianischem und wiedertäuferischem Sinne war doch zu groß; nur ein energisches Kirchenregiment konnte Wandel schaffen und ferneren Gefahren vorbeugen. In der That beabsichtigte Herzog Heinrich im Sommer des Jahres 1537 die Anstellung eines Superintendenten, welcher in den Kirchen „eine gute christliche einträchtige Ordnung aufrichten“ und über deren Innehaltung wachen sollte. Der Herzog hatte im Frühjahr auf einer Reise in Braunschweig einige Predigten des Magisters Johann Riebling gehört, welche ihm so sehr ge= fallen hatten, daß er im Juli den Rat von Braunschweig bat, ihm Riebling für das Superintendentenamt auf einige Zeit zu „leihen“. In der That kam Riebling nach Mecklenburg und begann seine Wirksamkeit. Wir haben keine Zeugnisse von ihr; groß und umfangreich und einschneidend kann sie nicht gewesen. sein, da er bald nach Braunschweig zurückkehrte.70)

Da hat der Herzog und Administrator Magnus auf einem Konvokationstage zu Parchim 1538 wesentlich zur weiteren Entwicklung beigetragen. Er verzichtete darauf, in seiner Eigenschaft als Administrator die Frage des Kirchenregiments zu lösen, indem er in Gegenwart der Landräte an die beiden herzoglichen Brüder die Frage richtete, ob die Landesherrschaft die Ordnung der Kirche in die Hand nehmen wollte. Denn niemand anders gebühre, hierin Anordnungen zu treffen, als der Landesherrschaft." Wir sehen, wie Magnus der kirchenpolitischen Entwicklung völlig ge= recht wird. Nur das bedingt er sich aus, daß er die gelehrten und trefflichen Leute erfordern will, die Verstand in solchen Sachen haben, also die Theologen. Denn es ist ein innerkirchliches Amt,

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