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rich zu schreiben. Kurfürst Johann Friedrich wies auf die Wittenberger Konkordie hin, in der die „Zwinglischen“ in betreff der Abendmahlslehre Luther nachgegeben hätten, und forderte seinen Oheim Herzog Heinrich auf, den Prediger einzuziehen. Drei Tage später schrieb auch Luther, indem er den Fürsten ermahnte, mit Ernst dazu zu thun: Denn es sind nun so viele Exempel der Rottengeister für uns kommen, daß wir billig hirin solten schier aufwachen und munter werden. Der Teufel kan und will nicht aufhören, wie uns die Erfahrung über und neben der Schrifft beredet. Darum mögen E. F. G. wol mit Ernst hinzuthun und schaffen, daß dieser Prediger ablasse, oder seinen Stab anders wohin sehe, den er ist kein nüße und hat grillen im Kopff, die zuvor nie gehöret, noch gelesen, und ist eitel toll ding, ohne allen Grund der heiligen Schrifft. E. F. G. wollen Christo seine Ehre helffen fördern, wie wir alle schuldig, wieder solche Teuffels Bothen. Hiemit Gott befohlen. Amen. 48)

Der milde Herzog ließ Never dennoch im Amte; erst die Kirchenvisitation von 1542 beseitigte ihn; er starb 1553 als Privatmann in Wismar.49) Luther aber hatte zum zweiten Male ein Urteil in Glaubenssachen für Mecklenburg abgegeben; das erste Mal nämlich hatte er 1531 die Ordnung der Ceremonien, wie sie der Rostocker Rat gemacht hatte, begutachtet und anerkannt.50)

In den folgenden Jahren war der briefliche Verkehr zwischen Mecklenburg und Wittenberg besonders rege. Als äußeres Zeichen seines Dantes finden wir ein seltsames Geschenk angemerkt, das der Herzog 1539 Martin Luther durch den Hofbeamten Henning von Warburg machen ließ, der zur Neujahrsmesse nach Leipzig reiste und in Wittenberg bei Luther vorsprach. In seiner Rechnung heißt es:

„IX Groschen vor IIII brasszen (Brachsen) Doctori Martino gheschenckt." 51)

Der Rat der großen Reformatoren ist für Mecklenburg außerordentlich segensreich gewesen, zunächst in der Versorgung des Landes mit tüchtigen Predigern, Lehrern und Staatsbeamten.

Dietrich von Malzan soll der erste mecklenburgische Edelmann gewesen sein, der die lutherische Kirchenreformation annahm.

Er hatte das Patronat über die Pfarre zu Grubenhagen, und so ist es nicht zu verwundern, daß er bei seinem Freunde Martin Luther sich Pastoren erbat. Es liegen Briefe aus dem Jahre 1543 vor. In einem derselben lobt Luther den Malzan nicht nur wegen seiner Gelehrsamkeit, sondern auch wegen seiner Frömmigkeit und besonders deshalb, daß Gott ihn, wie eine Perle der Kirche, aus dem Haufen der Edelleute, welche wie Wilde gegen Gott und Menschen wüteten, auserwählt habe. Luther sandte den Magister Johannes Frisius, welcher früher Abt eines großen Klosters in Friesland gewesen war, aber bekannte, daß er lieber eine Herde Christi hüten als Würde und Wohlleben genießen, lieber mit dem Lazarus die Wahrheit bekennen als mit dem reichen Manne und dem Vater der Lügen in gefährlicher Üppigkeit leben wolle. Auf Melanchthons Empfehlung folgte ihm nach Grubenhagen der Pastor Sebastian Bock, sowie als Diakon Magister Joachim aus Magdeburg. 52)

Durch Melanchthons Empfehlung kam sein eifrigster Schüler, Simon Leupold, in mecklenburgische Staatsdienste, in denen er dreißig Jahre ununterbrochen thätig gewesen ist. Des Herzogs Leibarzt hatte den jungen Gelehrten bereits 1539 für eine Hauslehrerstelle bei einem mecklenburgischen Adligen empfohlen. Aber das wüste Leben in dem Hause des Ritters sagte Simon Leupold nicht zu; er nahm gern den am Hofe des Herzogs angebotenen Dienst an, besonders weil, wie er schrieb, „sein lieber Präceptor Philipp Melanchthon es für gut eingesehen und geraten habe, obgleich er gerne noch eine Zeitlang in Wittenberg studiert hätte". Für die Hauslehrerstelle empfahl Melanchthon einen Magister Jost und führte es dem Ritter zu Gemüte, daß es Gottes Wille und Befehl sei, daß man die jungen Leut, besonders so zu den Regimenten etwa sollen kommen und gebraucht werden, zur Erkenntnis christlicher Lehre, zu allen Tugenden und Verstand des Rechten aufziehen soll.“

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Ein ehrendes Universitätszeugnis, von Melanchthon ausgestellt, folgte Leupold nach Mecklenburg in seinen reich gesegneten Wirkungskreis. Simon Leupold hatte den Titel eines Sekretärs. Als solcher hat er Bedeutendes für Mecklenburg, namentlich in kirchlicher Hinsicht geleistet. Er war bei den großen Kirchen

visitationen Sekretär und fürstlicher Geschäftsführer, ein Amt um so verantwortungsvoller, als der Zustand der Kirche hinsichtlich der Lehre nicht nur, sondern auch des Kirchenvermögens ein sehr trauriger war. Zum Dank präsentierte der Herzog, der noch nicht mit dem Pfründensystem gebrochen hatte, ihn zu mehreren Kirchenlehnen. Ich übergehe hier die Verdienste Leupolds, welche er durch seine Gesandtschaftsreisen, durch politische Geschäfte mancher Art, sowie endlich auch durch den Betrieb der Universitätsbuchdruckerei für Mecklenburg sich erwarb.

Leupold benutzte auch seine Verbindungen in Wittenberg dazu, seiner neuen Heimat andere gelehrte Männer zu gewinnen. Führte er doch einen regen Briefwechsel mit Melanchthon! Auch Luther gedachte seiner im Drange der Geschäfte und bediente sich seiner, um eine Bekanntschaft mit dem ersten mecklenburgischen Superintendenten, Johann Riebling, anzuknüpfen. Simon Leupold zog seinen Oheim Wolfgang ins Land, der den jungen Prinzen Christoph, den Sohn Herzog Albrechts, zu unterrichten hatte und hernach das Rektorat der Güstrower Domschule verwaltete. Vorher war schon Friedrich Winkler von Simon gewonnen worden; leider war seine Wirksamkeit an der Domschule von nur kurzer Dauer. Ich nenne noch die Empfehlung des Georg Amylius seitens Leupolds, als Herzog Heinrich einen sprachgewandten Mann für das Gesandtschaftsfach zu haben wünschte. 53)

Von besonderer Bedeutung ist die Einwirkung der Witten= berger auf die Universität Rostock geworden. Das Gedeihen derselben lag Herzog Heinrich sehr am Herzen. Die Anstalt war ziemlich verödet, denn der Zug der Studenten nnd Lehrer ging nach Wittenberg. Dazu versuchte der Rat der Stadt Rostock Herrschaftsrechte über die Universität sich anzueignen, die in ihrer Freiheit bedroht war.54)

Pegel und Buren waren die Männer, welche nach Vollendung ihrer Erzieherthätigkeit am Hofe zu Schwerin auf das Katheder zurückkehrten. Pegel lernten wir schon kennen; Arnold Buren, gebürtig aus dem Städtchen Büren bei Lingen im Münsterschen, hatte seit 1508 in Wittenberg studiert und in fünfzehnjährigem Lernen und Studieren sich den Ruhm großer philosophischer und philologischer Gelehrsamkeit erworben. Er stand mit Luther und

Als Herzog Magnus hernach sein Bistum in Ruhe und Friede zur Reformation hinüberführte, gratulierte Melanchthon. 63)

Auch zu Martin Luther stand Magnus in freundschaftlichen Beziehungen. Er erbat seinen Rat, als die Reformation nicht so schnell von statten gehen wollte. Der Kurfürst von Sachsen freilich antwortete, er möge die widerspenstigen Prediger abschaffen oder in den Bann thun. So er aber dergleichen sich nicht unterstehen dürfe, thäte er besser, sein Bistum fahren zu lassen, als durch Verabsäumung seines bischöflichen Amtes sich zu versündigen. Martin Luther aber antwortete, daß Magnus genug gethan habe, wenn er, soviel in seinen Kräften stehe, für das Wort Gottes sorge; die Macht zu zwingen habe er nicht. 64)

Seine Achtung vor dem großen Reformator bezeugte der Administrator auch, als ihm der Kurfürst 1546 den Tod Luthers meldete. Da wird Luther reverendus et doctissimus, pater noster carissimus, bonus ille senex et vir Dei genannt, und Magnus.sucht darin Trost zu finden, daß „treue und thatkräftige Schüler dieses Helden zurückgeblieben seien, welche in seinen Spuren wandeln würden". 65)

Siebentes Kapitel.

Der erste Angriff auf das Papsitum.

Als Herzog Heinrich zu Anfang des Jahres 1533 sich offen zum Luthertum bekannt hatte, blieben dennoch die Anfeindungen seines Bruders bestehen. In den Städten, welche ihm und seinem Bruder gemeinsam gehörten, vertrieb letterer die Prediger, welche jener einseßte, und in dem Landesteil, welcher ihm allein gehörte, herrschte naturgemäß der Papismus uneingeschränkt. Aber die dänischen Unternehmungen Albrechts waren bis zu dem Punkte gediehen, daß er der Hülfe seines Bruders und der evangelischen Hansestädte sich versichern mußte. Im Anfang des Jahres 1534 vertrug er sich mit Herzog Heinrich dergestalt, daß er in den gemeinsamen Städten den evangelischen Prädikanten die Freiheit gab, alle Sonntage des Vormittags zwei Stunden die Kirchen zu

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gebrauchen, und zwar von 6-8 Uhr; in ähnlicher Form sollte es an Fest- und Bettagen ebenfalls gehalten werden. 66) Doch machte er zur Bedingung, daß sie göttliche Schrift „lauther und reyn“ predigten und „niemand schmähen, schelten und verachten.' Und im November desselben Jahres verpflichtete er sich den Hansestädten gegenüber: Gottes Wort und das Evangelium lauter und rein, wider die Lehre der Papisten und der Schwärmer, in Dänemark und in Mecklenburg, gemäß der Nürnberger Ordnung, predigen und halten zu lassen und alle dawider bestehenden Mißbräuche abzuschaffen, ja sogar den Städten, wenn sie um der Religion oder anderer Sachen willen angegriffen werden, Hülfe zu leisten. 67)

Herzog Heinrich hatte nun freie Hand, den ersten planmäßigen Angriff auf den Papismus zu unternehmen. Er bestellte nach dem Vorgange Kursachsens für das Jahr 1535 seinen Hofprediger Magister Egidius Faber und den Prädikanten Nikolaus Kuzke zu Neubrandenburg zu Visitatoren und gab ihnen folgende Instruktion mit. 69)

Weil erstens an vielen Orten deutscher Nation viele Leute der Zwinglischen und wiedertäuferischen Richtung sich eingeschlichen hätten und es zu besorgen wäre, daß das reine Wort Gottes nicht gepredigt werde, so sollen die Visitatoren die Pfarrer und Prädikanten zusammenrufen, sie in der Lehre examinieren, nach der Beobachtung der Gottesdienstordnung fragen und die Verwaltung der Sakramente erfunden.

Zweitens, wenn Irrlehrer betroffen werden, soll man sie ihres ungöttlichen Thuns überführen, auch ihnen anzeigen, daß die Landesherrschaft ihr Treiben nicht dulden werde; man soll ihnen befehlen, von ihrem Irrtum abzustehen und nur nach der heiligen Schrift zu richten, „ohne alle Vermischung menschlicher Lehre". Es wird ihnen ferner eine gedruckte Ordnung überreicht, nach der sie sich richten sollen. — Die Ordnung war die nürnbergische, welche in 311 Exemplaren verteilt wurde, laut einem im Geheimen und Hauptarchiv zu Schwerin erhaltenen Register.

Drittens sollten die Visitatoren erkunden, ob die Pastoren auch tüchtig zum Amte wären; die Namen der untüchtigen sollten fie verzeichnen, damit der Herzog andere Pastoren an ihre Stelle seße.

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