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Für die Lösung der obigen Aufgabe konnte da- Pariser Cod. folgen. Leider scheint Leider scheint die Barbarei her auf folgende Weise gewirkt werden:

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I. In Bezug auf die gnostische Philosophie.

a. Das im britischen Museum zu London aufbewahrte, auf Pergament geschriebene, überaus alte Sahidische Manuscript von 346 Quartseiten: Pistis Sophia betitelt, wurde in einem solchen Umfang abgeschrieben, dass von den schwer zu lesenden Stellen kaum einige Worte der Conjectur übrig blieben. Nach einer sorgfältigen Vergleichung der Abschrift mit dem Original wurde wegen der notorisch grossen Schwierigkeit des Inhalts sofort in London eine lateinische Uebersetzung angefertigt, damit bei jeder schwierigen Stelle das Original aufs Neue eingesehen und dessen Inhalt vergewissert werden konnte.

b. Ein zweites der gnostischen Philosophie angehöriges sahidisches Manuscript befindet sich in Oxford. Auf Papyrus geschrieben, war es in Oxford bisher weder copirt noch verglichen worden, da der morsche Zustand der Papyrusblätter einen derartigen Gebrauch nicht zu gestatten schien. Eine im vorigen Jahrhundert von Woide gefertigte Copie desselben, 167 Ouartseiten stark, wurde von Prof. Schwartze abgeschrieben. Allein diese Copie enthält so viele Fehler und leidet so häufig an offenbarem Mangel des Zusammenhanges, dass eine Herausgabe der Schrift auf sie schlechterdings nicht zu begründen ist. Um zu einem solchen Resultate zu gelangen, wurde ihm von dem Vorstande der Bodleianischen Bibliothek die sorgsame Vergleichung der Papyrusblätter verstattet, wodurch es ihm gelang, Woide's Copie in 688 Stellen zu berichtigen, und durch Einschaltung der häufigen, von einzelnen Worten bis zu ganzen Zeilen gehenden Auslassungen zu ergänzen. Die 130. Seite, welche Woide als unlesbar hinwegliess, ist zum grossen Theil hergestellt worden.

II. In Bezug auf das memphitische Neue Testament.

Dreizehn Handschriften des Neuen Testaments wurden durchgängig verglichen. Bei seiner auf die Berliner Codices gestützten Ausgabe der memphitischen Evangelien hatte er die Vermuthung ausgesprochen (Vol. II. Praef. p. VIII.), dass Wilkins bei seiner Ausgabe des N. T. nicht die ältesten, sondern die am meisten interpolirten, jüngsten der Oxforder Handsshriften zu Grunde gelegt habe. Eine Vergleichung dieser Oxforder Codd. hat diese Vermuthung vollkommen bestätigt. Die Uebereinstimmung des ältesten Berliner Cod. mit den ältesten der in England (Oxford, Bedford) verglichenen Handschriften lässt eine ältere memphitische Text-Recension gewinnen, welche bedeutend von der jüngern Abfassung, die in der Wilkins'schen Ausgabe enthalten ist, abweicht. Jener ältern Recension wird ohne Zweifel auch der älteste

der Araber die memphitischen Handschriften so weit vertilgt zu haben, dass die ältesten der auf uns gekommenen nicht über das 10. Jahrhundert hinaus

gehen. Die Wichtigkeit der memphitischen Recension für die Kritik des biblischen Textes wird aller

dings hierdurch verringert, der Ausfall jedoch durch die sahidisshe Recension (s. III.) wieder ausgeglichen. III. In Bezug auf das Sabidische Alte und Neue Testament.

Da die his jetzt noch nicht herausgegebenen memphitischen Bücher des A. T., soweit dieselben in England vorhanden, von Dr. Tattam im Laufe der nächsten Zeit veröffentlicht werden, so konnte Professor Schwartze seine Thätigkeit nur der Einsammlung zahlreicher, noch nicht herausgegebener, mehr oder minder umfänglicher Fragmente des sahidischen Alten und Neuen Testaments (Pentateuch, historische Bücher, Propheten, der grösste Theil der Psalmen *), Evangelien, Briefe) zuwenden, von welchen namentlich die Tattam'sche Sammlung eine reiche Ernte darbot. Ein nicht geringer Theil dieser auf Pergament geschriebenen Fragmente ist für die Kritik des biblischen Textes von hohem Werthe, da deren Abfassungszeit in die frühesten christlichen Jahrhunderte fällt, während die von Woide nach den Oxforder Codd. herausgegebenen sahidischen Fragmente des N. T. einer viel jüngern Zeit angehören. Die noch nicht benutzten grossen Sammlungen sahidischer Codd. zu Rom und Neapel stellen die Ergänzung der obigen Fragmente in sichere Aussicht.

IV. In Bezug auf nichtbiblische Bücher.

Das in England vorhandene koptische Material gab eine grosse Ausbeute an nichtbiblischen Schriften. Dieselben umfassen theils ganze Werke, theils mehr oder minder ausgedehnte Bruchstücke.

A. Ganze Werke.

chischen Alphabets von dem Presbyter Seba, 112 Oc1) Das sahidische Buch der Geheimnisse des grietavblätter enthaltend. Der Verfasser knüpft an die Gechischen Alphabets von dem Presbyter Seba, 112 Ocstalt des griechischen Alphabets seine philosophischen und theologischen Ansichten. So sieht er z. B. in den über einander befindlichen Fächern seiner Alpha-Zeichnung a das Leere, das Firmament, y die Erde der bewohnbaren Welt, & die Erde unterhalb der Tiefe etc.

2) Die sahidische Bearbeitung der apostolischen Canones und Constitutionen, 101 Octavseiten umfassend; bisher ganz unbekannt.

3) Die Thaten des heiligen Georg, memphitisch auf 185 Octavseiten. Für die memphitische Sprache wichtig.

*) Die Psalmen der obigen Fragmente, und die in der Pistis Sophia enthaltenen Psalmen, sind zum Theil die nämlichen, und beurkunden desshalb eine zweifache Uebersetzung derselben.

B. Fragmente *).

Zahlreiche sahidische Fragmente auf Pergament, seltener auf Papyrus, den Schriften der alten koptischen Scribenten und Kirchenväter angehörend, philosophischen, apologetischen, paränetischen, dogmatischen, weniger historischen Inhalts. Ein Theil derselben gehört den Werken des Besa, Athanasius, Basilius von Cäsarea an; ein anderer, und zwar bei weitem die Mehrzahl, bildet Bruchstücke grösserer Werke, deren Verfasser noch nicht ermittelt sind. Möglicher Weise bieten die in Neapel befindlichen Reste der ältesten sahidischen Litteratur Ergänzungen dieser Fragmente dar. Bisweilen bringen die letztern, z. B. 2 sogenannte Osterbriefe des Athanasius, die anderweit verloren gegangenen Schriften der ältesten christlichen Kirchenlehrer wieder zum Vorschein.

Die Summe der von Prof. Schwartze copirten, und sorgsam mit den Originalen verglichenen koptischen Schriften umfasst beinahe 450 eng geschriebene Folioseiten, welche bei weitem mehr Seiten in Druck füllen dürften, so dass das Ganze Zoëga's grossem Catalogus, der umfangreichsten bisher erschienenen koptischen Textsammlung, an Ausdehnung nicht nachstehen möchte.

Die obige Angabe des Inhalts und Umfanges der gewonnenen Texte verbürgt von selbst einen bedeutenden sowohl sachlichen als sprachlichen Gewinn für die Wissenschaft. Der sprachliche Gewinn für die koptische Paläographie und Grammatik ist um so höher anzuschlagen, als die copirten Dokumente mit geringer Ausnahme diplomatisch von überaus hohem Alterthume sind, ja theilweise die ältesten der auf uns gekommenen Erzeugnisse der koptischen Litteratur darstellen. Es würde allerdings von grossem Interesse für die Wissenschaft gewesen seyn, hätte Professor Schwartze die Reise von England nach Frankreich und Italien ausdehnen können, wo ein ausserordentlicher Reichthum noch unausgebeuteter koptischer Manuscripte aufgespeichert ist. Allein die Ereignisse, sowohl in jenen Ländern, als im eignen Vaterlande, schienen vor der Hand gebieterisch eine Fortsetzung dieser Studien im Auslande zu untersagen. Er kehrte demnach den 4. Juli 1848 von England nach Berlin zurück, und begann, da ihm die Herausgabe eines solchen Werkes noch am meisten für die jetzige Zeit geeignet schien, das Manuscript einer philosophisch bearbeiteten koptischen Grammatik, welche er schon früher verfasst hatte, noch mit Bemerkungen aus jenen alten Handschriften zu vervollständigen, in das Lateinische zu übersetzen, und für den Druck vorzubereiten. Allein die Cholera setzte, leider! seiner unermüdeten Thätigkeit ein zu frühes Ziel, und raffte ihn nach kurzem Krankenlager den 3. September 1848 hinweg. Friede seiner Asche!

Verzeichniss der von Prof. Schwartze hinterlassenen Handschriften.

A. In koptischer Sprache.

1. Acta St. Georgii descripta e cod. Ms. Memphitico in Dr. Tattami collectione numerum 45 referente. 20 Seiten in Fol.

2. E fragmentis antiquissimis Dr. Tattami in charta pergam. exaratis, quorum scriptura maxime accedit ad Zoëg. Class. III. No. XI. Luc. 3, 8-6, 36. 3. Fragmentum Sahidicum e codd. mss. Dr. Tattami in perg. exaratum. Scriptura simillimam Classi V. speciem a Zoëga exhibet. Luc. 17, 18-19,60. 4. Fragm. Sahid. e codd. mss. Dr. Tatt. in perg. exarat. Gal. 4, 14-6, 16.

5. Fragm. Sahid. e codd. Dr. Tatt. in perg. exar. Marc. 9. 19—14, 26.

6. Fragm. Sahid. e collectione Dr. Tatt. in perg. exar. 1 Sam. 28, 16-29, 5.

7. Sahidic fragment of the book of Exodus, copied from an ancient fragment on vellum.

8. Sahidic fragment of the book of Psalms, copied from an ancient fragment.

9. Fragmentum Sahid. e collectione Dr. Tattami in perg. exar.

10. Fragm. Sahid. e collectione Dr. Tatt. in perg. perscriptum.

11. Vita St. Georgii, fragm. Sahid. e coll. Tatt. in perg. scriptum. Excerpsit loca biblica. 12. Fragm. Sahid. e coll. Tatt. in perg. exarat. acta apost. Andreae continens.

14. Fragm. Sahid. e coll. Tatt. in perg. exarat. epi13. Fragm. Sahid. e coll. Tatt. in perg. exarat.

stolam Athanasii continens.

15. Fragm. Sahid. e coll. Tatt. in perg. exarat. 16. Fragm. Sahid. e coll. Tatt, in perg. exarat. 17. Fragm. Sahid. e coll. Tatt. in perg. exarat. 18. Ohne Ueberschrift: enthält Psalmen in 21 eng geschriebenen Seiten in Folio, mit Beziehung auf die Pistis Sophia.

19.

20.

21.

Fragm. Sahid. in perg. perscriptum e coll. TatFragmentum vetustissimum in perg. perscript. e tami. Martyr Plelemes.

coll, Tatt.

Fragm. Sahid. e coll Tatt. in perg. perscriptum.
Jerem. 39, 42-43, 4.

22. Fragm. Sahid. in perg. perscript. e coll. Tatt.
23. Folium pertinens ad martyr. Plelemes. (v. No. 19.)
24. Fragm. Sahid. e coll. Tatt. in perg. perscriptum.
25. Ms. No. 17. Paris. Suppl. descript. a Dr. Tatt.
Matth. 17, 1-10.
26. E collectione Dr. Tattami: Sahidische Bearbeitung
der apostolischen Canones und Constitutionen. 26
eng geschriebene Seiten in Fol.
Bibliotheca Bodleiana:,, Codex bombycinus, Cop-

27.

tico-Arab. foliorum 118. exhibet tractatum de mysteriis literarum graecarum, ubi auctor Alexius presbyter. 29 Folioseiten.

* Von diesen umfasst nur No. 20. nicht mehr als eine halbe, die übrigen meistens 3-8 Seiten in Folio.

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Eine ziemlich vollständig ausgearbeitete koptische Grammatik in 2 Theilen der Anfang ist in das Lateinische übersetzt nebst den dazu gehörigen später gesammelten Notizen.

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Anmerkung. In einigen Briefen, welche Prof. Schwartze nach vollendeter Abschrift und Uebersetzung der Pistis Sophia zu Ende des vorigen und Anfang dieses Jahres von England aus geschrieben hat, sind kurze Beurtheilungen dieses gnostisch - philosophischen Gedichtes enthalten, welche vielleicht bei einer dereinstigen Veröffentlichung desselben mit benutzt werden könnten.

LITERARISCHE ANZEIGEN.

Ankündigungen neuer Bücher.

Im Verlage der Unterzeichneten erschien so eben und ist zu beziehen durch alle Buchhandlungen des In- und Auslandes:

Mercklin, L., Die Cooptation der Römer.
Eine sacralrechtliche Abhandlung. Gr. 8.

Geheftet 2 Thlr.

Den Gegenstand dieser Abhaudlung bildet die römische Priesterwahl, ein Problem, dessen Lösung die römische Verfassungsgeschichte bisher vermisste. Der Herr Verfasser hat durch die Berücksichtigung der

Im Veriage des Unterzeichneten erschien so eben, und ist durch alle Buchhandlungen zu erhalten:

Kritische

Prediger-Bibliothek

begründet

von

Dr. J. F. Röhr.

Fortgesett

von

Lobegott Lange,

verwandten Wahlformen der politischen Körperschaften der heil. Schrift Doctor und ordentl. Prof. d. Theologie zu Jena.

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Neue Folge.

1. Teiht. 1. Heft. gr. 8. geh. Preis 24 Sgr..

Die krit. Prediger Bibliothek wird in Zukunft die wissenschaftlichen Glaubenslehren der christlichen Religion beurtheilen; als kritische Zeitschrift wird sie prüfen, ed ein solches Werk die reinen Lehren des göttlichen Wortes wirklich darstelle und philosophisch weiter begründe; als Prediger-Bibliothek wird sie zeigen, ob dasselbe den kirchlichen Dienern des göttlichen Wortes zu empfehlen sei. Schon der Name des durch seine Schriften hinlänglich bekannten Herausgebers bürgt dafür, daß derselbe, wie sein würdiger Vorgänger, die Sache des Rationalismus mit unermüdetem Eifer zu vertreten bemüht seyn wird. Neustadt a. d. Orla, den 8. November 1848.

J. K. G. Wagner.

INTELLIGEN Z BLATT

ZUR

ALLGEMEINEN LITERATUR-ZEITUNG

Monat Januar.

Es

1849.

LITERARISCHE NACHRICHTEN.

Zur Gymnasial-Reform.

I. Geschichtliches.

A. Preussen.

war im Herbst des Jahres 1847, als zuerst in den öffentlichen Blättern die Nachricht erschien, das Preussische Ministerium der Unterrichts-Angelegenheiten beabsichtige eine Zusammenkunft der Directoren höherer Lehranstalten zu veranstalten, um durch dieselben die Verhältnisse dieser Schulen berathen zu lassen. Diese Maassnahme erregte allgemeine Aufmerksamkeit unter den Betheiligten. Konnte man es als einen grossen Fortschritt gegen das früher beobachtete Verfahren betrachten, dass man den Rath Sachverständiger zu benutzen sich entschlossen hatte, so war man doch mit Recht unzufrieden, dass dabei nur von Directoren, nicht auch von Lehrern die Rede war. Hatten sich doch Manche von jenen so in die bureaukratischen Maximen der damaligen Verwaltung eingelebt, dass sie sich als nicht zu dem Lehrer - Collegium gehörig betrachteten und gerade den Theil ihrer amtlichen Wirksamkeit, der sich auf Unterricht und Erziehung bezieht, der administrativen Thätigkeit unterordneten. Inzwischen war jene Nachricht nicht einmal richtig. Es ist, wie glaubwürdig versichert wird, dem Eichhornschen Ministerium nicht eingefallen sämmtliche Directoren nach Berlin zu berufen, sondern es wollte nur eine Auswahl treffen, deren Wirksamkeit, wenn sie nach dem Sinne jenes Ministeriums gewesen wäre, nur mit Misstrauen aufgenommen werden konnte. Die Berufung verzögerte sich, weil die Vorarbeiten nicht so schnell vollendet werden konnten; sie wurde weiter aufgeschoben, als der Sturm der Märztage des vergangenen Jahres mit der Entlassung des bisherigen Ministeriums am 18. März auch den Rücktritt des Minister Eichhorn herbeiführte.

Unter dem Vorsitze des Grafen Arnim ward am 19. März cin nenes Ministerium gebildet und in demselben die Leitung der geistlichen, Unterrichtsund Medicinal-Angelegenheiten dem Grafen Schwerin übertragen. Die Berufung dieses Mannes wurde freudig im Lande begrüsst. Die gute Meinung, welche der durch verwandtschaftliche Verhältnisse mit Schleiermacher verbundene Mann auf der evangelischen Landes-Synode für sich erweckt hatte, war durch sein

Halle, in der Expedition der Allg. Lit. Zeitung.

Auftreten auf dem Vereinigten Landtage vergrössert und bekräftigt. Denn mit edler Freimüthigkeit zeigte er sich dort als einen rüstigen Kämpfer für die gedeihliche Entwickelung der ständischen Verhältnisse, indein er, festhaltend an dem Rechtsboden, gleich in der ersten Sitzung den Antrag auf eine an S. Majestät den König zu richtende Adresse stellte, am 31. Mai die feierliche Erklärung abgab, dass das Recht des Volkes durch mehrere Bestimmungen der Verordnungen vom 3. Februar 1847 wesentlich alterirt sei und in consequenter Verfolgung dieses Grundsatzes die Zustimmung der Stände zu Staatsgarantieen, ihre Mitwirkung bei der Feststellung des Haupt-Finanz- Etats, vornemlich die regelmässige jährliche Einberufung des vereinigten Landtags beantragte. Entschieden hat er sich stets für den Fortschritt ausgesprochen, den,, christlichen Staat" mit Offenheit bekämpft, die Staatsgrundlagen in Recht, Gesetz und Sitte gesucht, den Verfassungsstaat angebahnt und jeglicher Beschränkung, wie bei der ständischen Gesetzgebung in Bezug auf die Dissidenten, bei den Vorlagen über die Verhältnisse der Juden und anderen mehr, sich widersetzt. Mitglied der Pommerschen Ritterschaft gehörte zu den hervorragenden Rednern der damaligen Opposition; mit mehreren seiner früheren Collegen trat er in das neue Ministerium. Allerdings wurde die angestrengteste Thätigkeit desselben durch die allgemeinen Landesverhältnisse, namentlich durch die Verfassungsarbeiten, in Anspruch genommen, allein unter dem geschäftserfahrenen Director des Cultusministeriums wurde schnell eine Anzahl von Plänen und Vorschlägen veröffentlicht, welche alle Zweige dieses Ministerii berührten. Unter dem 11. April trat eine Kommission zur Berathung einer neuen Verfassung der Kirche zusammen und veröffentlichte etwas schnell am 26. d. M. den Entwurf einer Verordnung wegen Berufung einer Landes-Synode, der vielen Angriffen ausgesetzt war. Am 16. April erschien das Rescript an die Universitäten, bezüglich auf deren Reform; endlich am 8. Juni folgendes Circulare über die Reform der höheren Lehranstalten:

Das

,, Für die Erörterung der in dem Ministerium der geistlichen Angelegenheiten schon früher angeregten und in der neuern Zeit in veröffentlichten Vorschlägen und Petitionen einzelner Lehrer zur Sprache gebrachten Fragen, inwieweit die höheren Lehr-Anstalten einer der freien Gestaltung des

Staatslebens entsprechende Reform bedürfen und wie diese zu bewirken sein wird? ist es von grosser Wichtigkeit, die Ansichten und Wünsche aller an diesen Anstalten fungirenden Lehrer im Allgemeinen zu kennen und das Urtheil erfahrener Schulmänner zu benutzen. Der Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten hat deshalb die Vernehmung der sämmtlichen Lehrer - Collegien an den Gymnasien und den zu Entlassungs-Prüfungen berechtigten höhern Bürger- und Realschulen veranlasst und zur weiteren Berathung über die Angelegenheiten dieser Schulen eine aus Directoren und Lehrern derselben bestehende Commission berufen, welche sich im Laufe des künftigen Monats hier versammeln wird." Diese Commission ward für den 25. Juli nach Berlin berufen. Ohne dass sie irgendwie in ihren zur Sache gehörenden Anträgen beschränkt sein sollte, waren doch als Hauptpunkte der Berathung hervorgehoben: 1) die Aufgabe und die Stellung der Gymnasien und der höhern Bürger- und Realschulen und ihr Verhältniss zu einander; 2) der Lectionsplan der Anstalten beider Kategorien, wobei in Erwägung zu ziehen, ob es möglich sein wird den Lectionsplan der drei untern Klassen so zu ordnen, dass den Schülern, welche von der einen zur andern Anstalt übergehen wollen, der Uebertritt nicht erschwert wird. Zu dem Behufe wird auch die Frage zu erörtern sein, ob es zweckmässig sei den Unterricht in der Griechischen Sprache erst in der Tertia beginnen zu lassen; 3) die Maassregeln, welche für die Erziehung, Zucht und Ordnung zu treften sind; 4) die Rücksichten, welche bei der Vertheilung der Lectionen auf die Stellung und Eigenthümlichkeit der Lehrer genommen werden müssen; 5) die Vorschriften, welche die Versetzung der Schüler, die Abiturientenprüfungen bei den Gymnasien und die Entlassungsprüfungen bei den höhern Bürger- und Realschulen betreffen; 6) das Prüfungs- Reglement für die Candidaten des höhern Schulamts; 7) die practische Vorbereitung dieser Candidaten; 8) die Beaufsichtigung der höhern Lehranstalten durch die Directoren und die Staatsbehörde.

Zur Theilnahme an den Berathungen hatte der Minister einberufen die Directoren Dr. Meineke, Bonnell und Dr. August, Professor Dr. Wiese, Director Krech, Professor Kalisch sämmtlich in Berlin, Director Dr. Ellendt in Königsberg, Director Dr. Strehlke in Danzig, Director Dr. Kiessling in Posen, Director Dr. Klettke in Breslau, Director Dr. Wentzel in Glogau, Rector Dr. Eckstein in Halle, Director Dr. Ledebur in Magdeburg, Professor Bonitz und Director Dr. Scheibert in Stettin, Director Dr. Stieve in Münster, Director Dr. Kapp in Hamm, Director Dr. Suffrian in Siegen (jetzt nach Minden versetzt), Director Dr. Kiesel in Düsseldorf und Director Dr. Kribben in Aachen also 17 Directoren und 3 Lehrer und unter 20 Mitgliedern der Commission 6 aus Berlin, während jede andere Provinz nur einen Vertreter für die Gymnasien und einen für die Realschulen, die Provinz Posen überhaupt nur einen einzigen erhalten hatte.

Diese Maassregel unterlag gar verschiedener Beurtheilung. Die Einen fanden sich vollkommen dadurch befriedigt, dass sämmtliche Lehrercollegien und somit jeder einzelne Lehrer seine Ansichten und Wünsche zur Kenntniss der obersten Unterrichtsbehörde bringen konnte und überliessen es dem verantwortlichen Minister nach eigenem Belieben sich die Männer zu wählen, deren Rath er benutzen wollte. Indessen diese waren die ruhigen; lanter trat die Zahl der Gegner hervor, welche vornehmlich den Grundsatz der Ernennung der Commissions - Mitglieder nicht im Einklange fanden mit den politischen Fortschritten, mit den Märzerrungenschaften, mit den in Bezug anf Synoden und Volksschullehrer bereits bewilligten Rechten, welche das Missverhältniss in der Zusammenstellung derselben, die Zurücksetzung der Provinzen gegen die Hauptstadt, der Lehrer gegen die Directoren, sogar die Abwesenheit gebildete Männer, die ausserhalb der Schule stehen" tadelnd hervorhoben und allgemein auf freie Wahl und gleichmässige Vertretung der verschiedenen Interessen drangen. Selbst in der National- Versammlung wurde der Gegenstand zur Sprache gebracht; Bedenken, Beschwerden, Proteste kamen von Vielen Seiten dagegen ein, von denen die des rheinischen und des pommerschen Lehrstandes vom 15. Juni, die des Vereines von Lehrern westpreussischer höherer Bildungsanstalten vom 18. Juni erwähnt werden können. Gegen die berufenen 20 Schulmänner selbst ist kein Einspruch erfolgt.

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Unterdessen war am 20. Juni das Ministerium Camphausen zurückgetreten und D. Hansemann mit der Bildung eines neuen beauftragt, bei der die Erlangung einer Kammermajorität, also die Gewinnung einflussreicher Abgeordneten bezweckt wurde; anf specielle Kenntnisse des betreffenden Departements schien es nicht anzukommen. Das Cultusministerium übernahm am 25. Juni der General - Landschaftsrath Rodbertus, gleichfalls ein Pommer, und verwaltete es bis zum 3. Juli. Obgleich er einem Autrage über die Berathungen der Volksschullehrer entschieden entgegen trat, so gab er doch den Petitionen in Betreff der höhern Lehranstalten nach, hob die Commission auf und bestimmte, dass dieselben durch freie Wahl des Lehrerstandes zusammengesetzt werden sollte. Nähere Verfügungen über die Wahl der Abgeordneten, die Zeit der Versammlung, die Zahl der Mitglieder sollten baldigst erlassen werden. Dies ward an demselben Tage bekannt gemacht, an welchem der Minister seine Entlassung gab; es verlautete nur seine Absicht sei gewesen, dass sich je 30 Lehrer benachbarter höherer Lehranstalten zu einem Wahlcollegium vereinen und einen Vertreter ernennen sollten.

Als Ministerialverweser fungirte darauf der bisherige Ministerial - Director v. Ladenberg, unter dem auch diese Gymnasialfrage eifrigst gefördert wurde. Am 24. August erschien eine Am 24. August erschien eine Ministerialverfügung, welche folgende Bestimmungen enthielt: 1) die Gesammtzahl der Einzuberufenden ist, theils um die Berathung und die Vernehmung der Einzelnen zu erleichtern, theils um die Kosten nicht über Gebühr zu er

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