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selbst bemerkt gelegentlich, dass bei den Alten das Eigenthum der Republik gehört habe, in Asien den Despoten, im Mittelalter dem Oberlehnsherrn. So ohne Weiters konnte sich also Thiers gar nicht auf die Geschichte berufen, indem es ihm ausdrücklich darauf ankam, das Privateigenthum als wesentliches Gesetz der menschlichen Natur nachzuweisen. Für die vollständige Einsicht in die Bedeutung des Eigenthums wäre es entschieden von dem höchsten Interesse, die verschiedenen Formen desselben historisch zu verfolgen. Hier vor Allem zeigt es sich, wie das Eigenthumsrecht mit den politischen Institutionen und der ganzen sittlichen Gestaltung des Lebens in dem engsten Zusammenhange steht. Thiers lässt in seiner überwiegend praktischen Tendenz diese sehr wesentliche Seite der Sache so gut wie vollständig bei Seite liegen.

ten.

der Arbeit zu sparen; will man nicht fortwährend die Privatwohnungen durchsuchen lassen, ob sich nicht irgend wo aufgehäufte Reichthümer finden, so bleibt nichts übrig, als den Lohn auch gemeinsam consumiren zu lassen. Ferner ist es nun aber eine ausgemachte Thatsache, dass die Theilung der Arbeit das einzige Mittel ist, gut, schnell, viel und billig zu erzeugen. Will man daher nicht die ganze Kultur in ein rohes Hirtenleben zusammen sinken lassen, so muss der Communismus auch diese Arbeitstheilung einführen, also verschiedene Unterabtheilungen in den allgemeinen Werkstätten einrichSollte es nun unmöglich seyn, denen, welche ganz verschiedene Arbeit thun, ein schlechthin gleiches Leben führen zu lassen, so müsste doch die öffentliche Behörde das Mass dieser Ungleichheit fortwährend bestimmen. Auch dürfte es unmöglich der Willkühr des Einzelnen überlassen bleiben, sich einen Stand oder eine besondere Arbeit auszusuchen; denn ist er dieser Arbeit nicht gewachsen, so leidet nicht bloss er selbst sondern die ganze Gesellschaft Schaden. Die Behörde muss also auch über die Fähigkeiten aller Einzelnen entscheiden und ihnen hiernach ihre Arbeit anweisen. Die letze Consequenz des Communismus ist die Aufhebung der Familie. Freilich ist es möglich, dass auch in dem gemeinschaftlichen Leben Jeder seine Frau und seine Kinder behält; allein da Jeder nur für Alle zu arbeiten und zu sorgen hat, so würde es nur eine Qual seyn, wollte der Einzelne sein Herz noch an bestimmte Individuen hängen. Will man den Trieb nach einem besondern Besitz bis auf den Grund vernichten, so muss man auch den besondern Neigungen der Individuen zu einander kein weiteres Recht zugestehen. Das Widersinnige dieses consequenten Communismus besteht einfach darin, dass er die Arbeit, die Freiheit, die Familie zerstört. Er zerstört die Arbeit weil es der menschlichen Natur durchaus widerspricht, dass der Einzelne ohne Hoffnung auf eigenen Besitz, den er nach Belieben verwenden, seiner Familie, seinen Kindern übermachen kann, bloss zum Besten Aller mit Eifer arbeiten sollte. Er zerstört die Freiheit, weil er dem Einzelnen alle selbstständige Entscheidung über seine eignen Anlagen und geistigen Interessen nimmt, damit aber auch die Erfahrungen, durch welche der Mensch sich bildet und entwickelt, die Erlebnisse und Schicksale, welche ihn theils verschuldet theils unverschuldet treffen, und in deren Kampf er seine Freiheit zeigt, und seinen Charakter ausbildet. (Die Fortsetzung folgt.)

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Im zweiten Buche handelt Thiers über den Communismus. Im ersten Buche ist direct bewiesen, dass ohne Eigenthum die Ordnung der bürgerlichen Gesellschaft nicht bestehen kann; jetzt will Thiers hiervon den Beweis per absurdum führen d. h. er will hypothetisch das Eigenthum aufheben und aus den Consequenzen dieser Aufhebung die Widersinnigkeit derselben darthun. Im Allgemeinen ist es der Communismus, welcher das Eigenthum aufhebt; und zwar kommt es hier darauf an, das Princip des Communismus in seiner ganzen Strenge in Untersuchung zu ziehen; also nicht die mannichfachen Abarten des Communismus, die gelinden, mehr oder weniger inconsequenten Formen desselben sollen betrachtet werden, sondern der absolute, keine Consequenz scheuende Communismus. Nur in diesem absoluten Communismus kommt das Indem wahre Wesen desselben zum Vorschein. der Communismus dem Einzelnen nicht das Recht eines besondern Besitzes zugesteht, so ist ein vollkommen gemeinschaftliches Leben die nothwendige Consequenz desselben. Jeder arbeitet nicht für sich, sondern für die Gesellschaft, und diese ist es, welche das Erzeugte an sich nimmt und damit für den Unterhalt Aller sorgt. Soll nicht sogleich wieder eine Ungleichheit entstehen, so müssen die Arbeiter je nach dem sie fleissig gewesen sind, einen Um aber ihren Fleiss zu gleichen Lohn erhalten. controlliren, muss in Gemeinschaft gearbeitet werden. Eben so muss auch die Erholung von der Arbeit, das Vergnügen in Gemeinschaft genossen werden. Denn sonst würde sich sogleich wieder der unwiderstehliche Trieb geltend machen, den Lohn

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auch unter den Gelehrten, Aerzten, Advokaten. Vor Allem sind aber die Arbeiter den Wechselfällen des Glücks am meisten ausgesetzt. Sie beziehen einen viel höhern Tagelohn als früher, dadurch haben sich aber auch ihre Bedürfnisse sehr gesteigert, und steigern sich fortwährend, indem sie den Luxus Tritt nun irgend eine Kri

Bis zur Auflössung alles Familienlebens fortzugehen, immer um sich sehen.

wagen die wenigsten Communisten, weil hier der Widerspruch, in welchem der Communismus mit der ganzen Natur des Menschen steht, am entschiedensten, empörendsten hervortritt. In der Familie hört der Mensch auf, Egoist zu seyn, und nur in dieser Aufopferung seiner eigenen Interessen hat er eine dauernde Befriedigung. Darum ist auch das Darum ist auch das Familienleben eine wesentliche Vorbereitung für die Liebe zum Vaterlande, zum Staate, zur Menschheit; nimmermehr aber kann man vom Menschen fordern, dass er alle individuellen Neigungen der Familie von sich werfe, und nur für die Gesellschaft, deren Mitglieder ihm nicht speciell angehören, seine Kräfte opfre.

Das dritte Buch, welches den Socialismus zum Gegenstande hat, ist ohne Zweifel mit dem grössten Fleisse gearbeitet. Der Communismus ist zu unpractisch, und findet in den meisten Klassen der bürgerlichen Gesellschaft eine zu entschiedene Opposition, als das Thiers auf die Bekämpfung desselben viel Mühe verwenden sollte; der Socialismus dagegen sucht die offenbaren Extravaganzen des Communismus zu vermeiden, und gewinnt eben dadurch eine viel grössere praktische Wichtigkeit. Thiers unterscheidet drei Systeme des Socialismus, das System der Association, der Reciprocität und des Rechts auf Arbeit. Die mannichfachen Leiden der bürgerlichen Gesellschaft sind nicht zu leugnen. Wir finden in allen Klassen derselben Unglückliche, welche durch noch so angestrengte Arbeit nicht im Stande sind, sich ein einiger Massen gemächliches Leben zu verschaffen, ja welche sich kaum vor der bittersten Noth zu schützen vermögen. Wir finden solche auf dem Lande und in der Stadt, und zwar nicht bloss unter den Arbeitern, sondern eben so

sis in der Gesellschaft ein, so werden die Fabriken
geschlossen, die unternommenen Arbeiten eingestellt,
und die Arbeiter verlieren im Moment allen Ver-
dienst. Das System der Association soll vor
Allem Schutz gewähren gegen den Krieg der Con-
curenz und die Tyrannei des Kapitals. Thiers zeigt
zunächst, wie die Ausführung dieses Systems nur
denkbar ist bei grossen industriellen Unternehmun-
gen, wie also in Frankreich von 36 Millionen etwa
nur 2 Millionen davon Nutzen ziehen würden. Wei-
ter geht er speciell auf alle möglichen Erfolge und
Consequenzen dieser Association ein, und deckt,
von praktischen Erfahrungen unterstützt, mit dem
grössten Scharfsinn die Schwierigkeiten auf, wel-
che von den verschiedensten Seiten bei jedem Ver-
such einer Verwirklichung sich aufthun. Die Ar-
beiter verbinden sich, um den ganzen Gewinn ih-
rer Thätigkeit allein zu ziehen; sie wollen nicht den
Unternehmer oder müssigen Aktionär bereichern, son-
dern in der Gemeinschaft selbst Herr ihrer Arbeit
seyn. Wie aber verschaffen sie sich Kapital? Da
der Erfolg des Unternehmens nicht im Entferntesten
sicher ist, so wird ein reicher Kapitalist sich nicht
leicht dazu verstehen, das Kapital vorzuschiessen,
zumal da er das ganze Kapital verlieren kann, aber
nur einen Theil des Gewinnstes haben soll; giebt
er nun vollends allein für das ganze Unternehmen
das Kapital her, so wäre er eigentlich auch Herr
desselben und hätte das Recht der obersten Leitung.
Man wird vom Staate das Kapital erlangen.
fragt es sich zunächst: soll der Staat für alle In-
dustrien das Kapital liefern oder nur für einige?
Fordert man das Erste, so entsteht, ganz abgese-
hen davon, dass sich kein Staat denken lässt, der
nicht für seine eigne Rechnung thätig ist und da-

Da

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bei doch allen Unternehmungen das Geld vorschiesst, das Widersinnige, dass der Erfolg aller Arbeiten, auch der sichersten wie z. B. des Ackerbaus, gleich unsicher wird, indem jeder mit dem Kapitale des Andern speculirt, wodurch offenbar auch die associirten Arbeiter aufhören das zu seyn was sie seyn wollen, nämlich Eigenthümer ihrer eignen Unternehmungen. Soll nun aber der Staat nur für einige Industriezweige das Kapital liefern, so entstände die offenbare Ungerechtigkeit, dass eine begünstigte Klasse von Arbeitern mit dem Gelde aller andern Arbeiter in der Stadt und auf dem Lande speculirt. Will man aber ferner das Kapital dadurch herbeischaffen, dass man den Arbeitern selbst einen Theil ihres Lohnes vorenthält, so können, bei der Unsicherheit des Unternehmens, die Ersparnisse der Arbeiter auf keine unklugre und unmenschlichere Weise angewendet werden. Weitere Schwierigkeiten entstehen bei einer gesellschaftlichen Vereinigung aus der Leitung und Verwaltung des Unternehmens. Thiers nimmt alle möglichen Formen derselben durch. Das Resultat der Betrachtung ist: Eine gesellschaftliche Leitung ist so gut wie unmöglich, und gerade das Privatinteresse, welches dadurch gewahrt werden soll, ist darin am allerwenigsten gesichert. Das einzige Mittel, dem Arbeiter an dem Gewinnste des Kapitals Theil nehmen zu lassen, und ihm eine selbstständige Stellung zu verschaffen, ist das Arbeiten auf Verding. Die Association soll nun ferner der Concurrenz entgegen treten. Die Feinde der freien Concurrenz übersehen, dass die nothwendige, durch Erfahrung vollkommen bestätige Folge derselbe ist: das Sinken der Preise, die Vermehrung des Lohns für die Arbeiter, und die Abnahme der Gewinnste der Fabrikanten; dass also gerade durch die Concurrenz das bewirkt wird, was man durch Aufhebung derselben erlangen will. Da nun aber ferner eine Association nur bei wenigen industriellen Unternehmungen möglich ist, so würde es eine offenbare Vernichtung aller Gerechtigkeit seyn, wenn diese Associationen wenn diese Associationen den Preis ihrer Produkte willkürlich bestimmen könnten, in allen andern Zweigen des bürgerlichen Verkehrs aber der Preis durch die Concurrenz selbst bestimmt würde. Neunzehn Zwanzigtheile des ganzen Volkes würden durch ein Zwanzigtheil tyrannisirt. Dass die freie Concurrenz Krisen in dem Verkehr herbeiführen kann, welche namentlich eine Anzahl von Individuen in die traurigste Lage versetzen, soll nicht im Entferntesten geleugnet wer

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den; ohne diese Krisen ist aber eine freie Entwikkelung der bürgerlichen Gesellschaft unmöglich, sie müssen also ertragen werden wie der Landmann den Hagel, die Dürre, die Ueberschwemmung erträgt. Unter dem System der Gegenseitigkeit versteht Thiers die Vorschläge Proudhons, welcher, um der Noth der bürgerlichen Gesellschaft abzuhelfen, zunächst fordert, dass die gesetzgebende Gewalt eben so sehr alle Einkünfte, die man aus Wohnungsmiethen, verpachteten Landstücken, angelegten Kapitalien, an Gehalt und Lohn in den verschiedenen Gewerben zieht, herabsetze, als auch den Werth der Gegenstände im gleichen Verhältnisse erniedrige. Eben in der Erniedrigung sowohl der Einnahme als auch der Preise für die Lebensbedürfnisse besteht die Gegenseitigkeit. Abgesehen aber davon, dass es der Regierung gar nicht möglich ist, in der Weise, wie es hier verlangt wird, das ganze Leben zu durchdringen und zu beherrschen, was wäre damit geholfen, wenn Jeder an Einnahme soviel verlöre, als er durch Herabsetzung aller Preise gewinnt? die Sache bliebe vollkommen beim Alten. Ausserdem geht es auch gar nicht an, den Werth aller Lebensbedürfnisse zu fixiren; sie lassen sich so wenig fixiren, als die Gedanken, Wünsche, der Geschmack und der Wille des Menschen, wodurch eben die Werthe bestimmt werden. Ferner will Proudhon, um die Tyrannei des Geldes von Grund aus zu vernichten, das Geld überhaupt abschaffen, und dasselbe durch Errichtung einer Bank ersetzen, welcher die Production des ganzen Landes als Bürgschaft dient, und von welcher jeder eine Summe Papiergeldes erhalten kann, die seinem Bedürfniss entspricht, und in einem gewissen Verhältnisse mit dem stünde, was man bei einer gewöhnlichen Bank an Conto bewilligt hätte. Auch dieser zweite Vorschlag ist, zumal in der Unbestimmtheit, in welcher Proudhon ihn hingestellt, so durchaus unpraktisch, dass er kaum eine weitere Bekämpfung verdient. Soll denn die Bank Jedem unbedingten Kredit eröffnen? Soll sie eine polizeiliche Aufsicht führen über Alle, welche Papiergeld von ihr erhalten? Soll sie ihre Bankzettel auch verweigern können? Dann wird aber das Papiergeld eben so schwer zu erlangen seyn, als jetzt das andere. Muss aber die Bank Jedem ihre Bankzettel bewilligen, so ist nicht einzusehen, wie diese ihren Werth behalten sollen. Vielleicht soll aber nur demjenigen ein Kredit er

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öffnet werden, welcher Waaren, d. h. schon wirklich erzeugte Produkte in Pfand giebt. Dann wäre die Bank eine Art Leihamt für den Handel. In Zeiten einer Krise hat man solche Institute wiederholt eingerichtet; sollen sie immer bestehen, so bekäme die Bank den ganzen Handel in die Hände, welcher nur unter der Leitung der einzelnen Individuen gedeihen kann. Was endlich die Forderung des Socialismus betrifft, es solle, um der Noth der bürgerlichen Gesellschaft entgegen zu treten, der Staat verpflichtet seyn, Jedem Arbeit zu verschaffen, so haben die Nationalwerkstätten bereits gezeigt, wohin dieses System nothwendig führt. Im Allgemeinen fehlt die Arbeit nur sehr selten; am meisten werden die Fabrikarbeiter durch dies Unglück betroffen, indem indem die Fabriken durch mannichfache Umstände in die Nothwendigkeit versetzt werden können, zu feiern. Vor Allem entsteht diese Nothwendigkeit durch Ueberfluss der erzeugten Produkte. Sollte nun in einem solchen Falle der Staat Fabriken in Thätigkeit setzen, so würde er durch die ununterbrochene Erzeugung des Ueberflüssigen, wenn auch momentan einzelne Arbeiter dadurch beschäftigt würden, doch zuletzt das Uebel nur noch grösser machen. Fordert man aber nur, der Staat solle die arbeitslosen Individuen irgend wie beschäftigen, nicht etwa ihnen die Arbeit geben, die sie verstehen, so wird nicht blos die ungewohnte Arbeit missglücken, sondern die auf diese Weise verwendeten Individuen werden ein solches Recht auf Arbeit für eine Grausamkeit achten. Soll hier überhaupt von einem Rechte die Rede seyn, so muss der Staat dem Individuum auch die Arbeit liefern, welche seiner Gewohnheit, seiner Lebensweise, seinem Talente entspricht, welche den Arbeiter nicht zwingt, seine Familie, sein Vaterland zu verlassen. Auch müsste sich dieses Recht auf alle Zweige der bürgerlichen Thätigkeit erstrecken; es müssten also auch die brodlosen Literaten, Aerzte u. s. w. vom Staate die ihrer Geschicklichkeit entsprechende Arbeit fordern dürfen; dass dies unmöglich ist, liegt auf der Hand. Was man vom Staate einzig und allein fordern kann, ist die moralische Verpflichtung, Mittel zu ersinnen, um das gefährliche Feiern zu verhindern. Eine geschickte Verwaltung wird also, so viel wie es angeht, in den verschiedensten Zweigen der Industrie Arbeiten in Bereitschaft halten, wenn die Privatindustrie ihre Arbeiten einstellt, den arbeitslosen Individuen zu Hülfe zu kommen; ein wirkliches Recht kann aber auf diese Humanität der Verwaltung nimmermehr gegründet werden.

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Thiers zieht aus seiner Betrachtung des Socialismus das Resultat: der Socialismus ist in seinen verschiedenen, und einander widerstreitenden Systemen im Grunde ebenso unpraktisch, als der Communismus; auch liegt in der Verwirklichung seiner Vorschläge eben so sehr ein Angriff auf das Eigenthum, als in den communistischen Forderungen, wenn dieser auch nicht so offenbar, so rücksichtslos hervortritt.

Das letzte Buch handelt von den Abgaben. Thiers will diesen an und für sich höchst verwikkelten Gegenstand nicht erschöpfend behandeln, vielmehr nur die wichtigsten Momente hervorheben. Er bestimmt zunächst das allgemeine Princip der Abgabe. Die bürgerliche Gesellschaft bedarf des Schutzes; dadurch entstehen zwei verschiedene Formen der Arbeit. Der Arbeit, durch welche die umittelbaren Bedürfnisse des Lebens herbeigeschafft werden, tritt die Arbeit des Schutzes gegenüber. Dieser ist nicht blos ein militärischer, sondern auch polizeilicher, juridischer, politischer. Das Geld der Steuern ist der Lohn für diejenigen, welche ihre Arbeit eben diesem Schutze widmen. Aus diesem allgemeinen Principe folgt, dass die Steuer im Allgemeinen im Verhältniss zu dem Vermögen bezahlt werden muss. Es wäre ungerecht, wenn der Aermere ebenso viel zahlen sollte als der Reichere, weil dem ersteren nur ein geringeres Eigenthum vor dem Verluste geschützt wird als dem zweiten. Die Entschädigung muss den geleisteten Diensten angemessen seyn. Zu dem Eigenthum ist auch hier die Arbeit selbst zu rechnen, welche also im Verhältniss zu ihrem Gewinnste versteuert werden muss. Im Staate gilt dasselbe Princip, wie in den Versicherungsanstalten gegen Feuersbrünste, welches darin besteht, dass man für den verbürgten Werth eine zu der Gefahr, welcher er ausgesetzt ist, verhältnissmässige Summe zahlen muss, gleichviel wie dieser Werth auch beschaffen seyn möge. Aus demselben Princip erklärt sich Thiers gegen die Progressivsteuer. Diese ist ebenso ungerecht als es die Forderung des Kaufmanns seyn würde, es solle ihm der Reiche, welcher mehr Waare von ihm kauft, diese theurer bezahlen als der Arme. Weil die Progressivsteuer an und für sich ungerecht ist, so giebt es für ihre weitere Bestimmung auch unmöglich einen objectiven Massstab; nach welchem Verhältniss man also die Abgaben steigern will, bleibt willkührlich. Durch die Einführung der Progressivsteuer wird also die Willkühr, von dem Reichen nach Belie

ben Geld zu erpressen, zum Gesetz erhoben. Thiers nimmt dann weiter die wichtigsten Formen der Steuern durch; hebt die Schwierigkeiten und mannichfachen Verwickelungen hervor, welche einer durchaus gerechten und zugleich billigen Erhebung der Steuern entgegentreten, und zeigt das Unhaltbare so vieler Vorschläge, welche gegenwärtig ohne Einsicht in die ganze Breite ihrer Rückwirkungen und ohne praktischen Sinn gestellt werden. Indem die Steuer im Allgemeinen die Tendenz hat, sich in das Unendliche zu verzweigen und zu zersplittern, und so in den Preis der Gegenstände aufzulösen, so giebt Thiers der indirecten Steuer den Vorzug gegen die directe. Freie, reiche Länder, in welchen der Kredit ungeschwächt ist, sollen immer die indirecte Steuer, so viel es angeht, festhalten, wogegen theils eine tyrannische Regierung und Verwaltung, theils weit verbreitete Noth und geschwächter Kredit der Grund der directen Steuer seyn soll.

habe, es seinen jedesmaligen Bedürfnissen anzupas sen. Wer vollends zugibt, dass Recht und Eigenthum dasselbe sind, (was der Vf. behauptet), kann nicht zweifelhaft seyn, dass das Eigenthum der Bürger den Verfügungen des Staats unterworfen sey. Der Staat muss doch in der Lage seyn, Gesetze zu geben; er gibt aber keine Gesetze als solche, die Rechte geben, nehmen oder beschränken. Ohne das Recht, Gesetze zu geben, wäre der Staat durchaus unpraktisch; er müsste in der That aufhören zu existiren. Behauptet man dagegen, das Eigenthum fusse in der Natur der Sache, so ruft man dadurch die weitere Frage hervor, ob das Eigenthum vom Staate so unabhängig seyn könne, dass der, Staat es nicht beschränken, nicht verkleinern, die Arten seiner Erwerbung und seines Verlusts nicht abändern dürfe. Dies wäre eine Unabhängigkeit, wie sie in einigen Staaten der Kirche und der Schule zukommt. Eine solche völlige Unabhängigkeit hat nun aber noch Niemand behauptet. Niemand will, dass ich das Recht habe, mein Haus einzureissen, und so eine Stadt zu entstellen; auch darf ich aus meinem Keller kein Pulvermagazin machen. "Ist aber das Eigenthum vom Staate nicht unabhängig, so ist es abhängig. Die Abhängigkeit wird dadurch praktisch, dass der Staat im Interesse der Mehrzahl seiner Bürger über das Eigenthum verfügt. Diese Verfügung kann allerdings nicht weiter gehen, als soweit sie Mittel zum Zwecke ist. Die unverrückbare Richtung, in welcher sich der Staat zu bewegen hat, ist das rechtmässige, nachhaltige Interesse der Mehrzahl seiner Bürger. Wo die Mehrzahl in der Lage ist, rechtmässig auszusprechen, was sie will, dort kann über das was zu thun ist, kein Zweifel seyn. Wo also keinerlei Einrichtungen hindern, dass sich die Mehrheit und die Minderheit offen aussprechen, dort kann die Mehrheit über das Eigenthum verfügen." Darüber scheinen auch alle Staaten einig. Denn sie verfügen über die vornehmsten Güter der Bürger, über ihr Leben und ihre körperlichen Kräfte, sie verfügen über alle materiellen Staatskräfte, unter die das Eigenthum als Gattung fällt, sie verfügen endlich über den Staat selbst, indem sie je nach Umständen ihm Länder zuschlagen und Länder von ihm abtrennen. Natürlich müssen diese Verfügungen des Staats über das Eigenthum mit der möglichsten Schonung der Besitzer vorgenommen werden. Dubivibal (Der Beschluss folgt.)

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Wenden wir uns zu der Schrift des Hrn. Tebaldi. Auch diese hat ausdrücklich eine praktische Tendenz. Der Vf. schildert die sociale Noth des gegenwärtigen Lebens ins Ueberschwengliche, und stellt eine Menge von Vorschlägen, um dieser Noth abzuhelfen. Zugleich schickt er aber diesen praktischen Vorschlägen allgemeine Reflexionen voraus: Ueber das Recht zu leben, über Gleichheit der Menschenrechte, über den Begriff und Ursprung des Eigenthums, über das Verhältniss des Staats zum Eigenthum u. s. w. Was zunächst diese Reflectionen betrifft, so sind sie durchaus dürftiger Natur; es sind hingeworfene Behauptungen, ohne wissenschaftliche Bestimmtheit und Klarheit, ohne innern Zusammenhang und Consequenz; specieller auf diese Reflexionen einzugehen, wäre ohne allen Gewinn. Besonders wichtig für die weitern praktischen Vorschläge des Vf.'s ist es, dass er die Behauptung aufstellt:,,Keiner habe das Recht, die Mittel zu existiren aufzuspeichern und mit ihnen zu wuchern", weil dadurch die Rechte Anderer auf den Besitz der Erde angegriffen würden. Ferner von besonderer praktischer Wichtigkeit ist es, dass der Vf. das Eigenthum,,den Verfügungen des Staats un terworfen" wissen will. Das Eigenthum heisst es kann nur auf zweierlei Weise angeschaut werden. Einmal als in der Natur der Sache gegründet; auf andre Art, als eine Staatseinrichtung. Ist das Eigenthum eine Staatseinrichtung, so kann kein Zweifel darüber seyn, dass der Staat das Recht

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