Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

وو

[ocr errors]

obwalten kann, andre Stellen dagegen lassen die Treue vermissen, während die meisten von einer Unbehülflichkeit im sprachlichen Ausdruck zeugen, durch die man fast versucht wird, Hrn. R. für keinen Deutschen zu halten. Rec. hofft dies im Folgenden darthun und nachweisen zu können. S. 11 ,, Ist einer aber in diesen Umständen bewandert, so wird er auch die Beschaffenheit jeder Zeitfolge im Jahre bestimmen können” = Περὶ ἑκάστου δὲ χρό νου προσίοντος καὶ ἐνιαυτοῦ λέγοι ἄν, dem Texte getreuer: Man wird dann vorhersagen können für jede Zeitfolge und für jedes Jahr. ,,Auch Krankheiten, welche jedem einzeln gefährlich werden" = óxάoa Tε idia éxáoτw xírdvvos yiyveo9a, richtiger: welche besonderen (Krankheiten) ein Jeglicher zu bekommen Gefahr läuft. Denn ein im Wechsel der Jahreszeiten und in dem Auf- und Untergange der Gestirne Erfahrener wird das, wie jedes von diesen eintrete, wie das Jahr beschaffen seyn werde, voraussehen können" eidis yàp tv wotwv τὰς μεταβολὰς καὶ τῶν ἄστρων ἐπιτολάς τε καὶ δύσιας, καθότι ἕκαστον τουτέων γίγνεται, προειδείη ἂν τὸ ἔτος ὁκοῖόν τι μέλλει γίγνεσθαι, den Sinn ganz verfehlend durch willkührliche Verbindung der zum Vordersatze gehörenden Worte zadóti - γίγνεται, es heisst: Denn wenn man die Veränderungen der Jahreszeiten und den Auf- und Untergang der Gestirne kennt, und ein Jegliches von diesem sich ereignet, so wird man auch voraussehen können, wie das Jahr beschaffen seyn dürfte. ,,Wer auf diese Weise prüfend die Umstände der Jahreszeiten vorherbestimmt, der wird auch besonders die Eigenschaft einer jeden kennen meistens wird er die Heilung bewirken" ovτws uv Tis lov οὕτως ἄν τις έρευνώμενος καὶ προγινώσκων τοὺς καιροὺς μάλιστ ̓ ἂν εἰδείη περὶ ἑκάστου καὶ τὰ πλεῖστα τυγχάνοι τῆς ὑγιείης, richtiger und dem Texte entsprechender: Wer also die Zeiten beobachtet und vorhererkennt, der wird von jeder eine genaue Kenntniss erhalten und meistens die Gesundheit herbeizuführen im Stande seyn. S. 15 Tritt aus jeder Veranlassung allgemein der Brand ein" xai gayedaivas xavas Zyyívεodaι anò núons nooqúoios, besser: bei jeder Veranlassung. Uebrigens bedeutet,, qayedaivas" ,, payedaivas" umsichfressende Geschwüre, nicht,, Brand". Belegstelle aus Celsus ist vom Uebersetzer ganz missverstanden worden und passt nicht hierher. Denn,, payédava" und ",nigrities" bezeichnen auch bei diesem Schriftsteller ganz verschiedene Begriffe. (Der Beschluss folgt.)

=

[ocr errors]

Die

[blocks in formation]

Er behandelt so in dem ersten Theile, Ueber die Erkenntniss des Wesens der Menschen, das Wesen der Seele, des Herzens und des Geistes als der als der drei eigenthümlichen Gestaltungen des eigentlichen Wesens Gottes, welches im Innern des Menschen leuchtet, und zeigt die Stufen der Läuterung, auf welchen diese Gestaltungen bis zu dem Grade der Vollkommenheit gelangen, auf dem sie das eigentliche Wesen Gottes rein erkennen, sodann im zweiten Theile Ueber die Erkenntniss des Wesens Gottes des reinen, abstracten, immateriellen Seyns, welches Eins ist in seinen Handlungen, seinen Eigenschaften und seinem Wesen. Wir können hier auf eine genauere Darstellung der Lehre und des Systems des Vf.'s nicht eingehen und müssen unsere Leser deshalb auf das Buch selbst verweisen, welches gewiss niemand unbefriedigt aus der Hand legen wird, der überhaupt Sinn hat, nicht für das Leben des Orients allein, sondern für das höhere geistige Leben der Menschheit überhaupt. Die Darstellung des Vf.'s ist im Ganzen so klar und verständlich, als das Wesen des Gegenstandes zulässt und die Uebersetzung bis auf wenige Stellen, die der Uebersetzer in seinen Anmerkungen selbst verbessert, treu und wörtlich, und, was namentlich bei der Eigenthümlichkeit des türkischen Periodenbaues anzuerkennen ist, verständlich und deutsch. Man sieht es der ganzen Uebersetzung an, dass Hr. Krehl eben so vertraut ist mit dem Gegenstande selbst wie mit der Sprache, aus der er übersetzt, ein auf beiden Wegen, die zur Erkenntniss führen, wohlgerüsteter Führer. Dies zeigt sich namentlich in der treffenden und bündigen Weise, mit der er die zahlreichen Kunstausdrücke widergibt, zu deren Verständniss ihm wohl bei den wenigsten die Wörterbücher geholfen haben, so dass das Buch auch in philologischer Beziehung als ein Hilfsmittel zum Verständniss anderer Werke ähnlichen Inhalts zu empfehlen ist. Viele dieser Ausdrücke sind in den Anmerkungen noch besonders erklärt, wozu Hr. K. ausser den Definitionen Dschordschani's und Ibn Arabi's auch die des Abdel-razzaq

[graphic]

benutzte, die vor einigen Jahren in Indien gedruckt, bis jetzt aber nur in wenigen Exemplaren nach Europa gekommen sind. Der türkische Text, einer Handschrift der Leipziger Stadtbibliothek entnommen, ist correct, und durch ein Register ist die Auffindung der im Werke und den Anmerkungen erklärten technischen Ausdrücke erleichtert. Dass Hr. K. die Orthographie des Originals mit allen Unregelmässigkeiten und Inconsequenzen in der Schreibart der türkischen Worte, namentlich was den Gebrauch der Vocalbuchstaben anbelangt, unverändert beibehalten hat, können wir nur billigen, und würden es selbst nicht tadeln, wenn er diesen Grundsatz auch bis auf die arabischen Worte ausgedehnt hätte. Das Türkische hat einmal noch keine feste Orthographie und gerade die scheinbaren Unrichtigkeiten geben nicht selten einen Wink für die richtige Aussprache des Wortes, und warum sollten die Türken nicht dasselbe Recht haben, arabische Worte, die in ihrer Sprache eingebürgert sind, auch nach ihrer Aussprache zu schreiben, so gut wie wir im Deutschen die völlig eingebürgerten Fremdwörter nach unserer Aussprache schreiben?

genden Texte wollen wir auf seine Rechnung setzen, eine grosse Anzahl derselben lässt sich jedoch leicht als Irrthum des Uebersetzers erkennen und erklärt sich zum Theil aus der in der Regel etwas undeutlichen Nestalik-Schrift, womit die türkischen Handschriften häufig geschrieben sind. Manche Irrthümer würde Hr. P. gewiss vermieden haben, wenn ihm noch einige Handschriften desselben Werkes zur Vergleichung zur Hand gewesen wären, denn aus Einer Handschrift allein einen richtigen Text zu gewinnen, ist nur in den wenigsten Fällen möglich: theils aber scheint es auch, als ob Hrn. P. die zu einem richtigen Verständniss nöthige Sicherheit in der persischen und türkischen Grammatik und Metrik mangelte. An einigen Stellen hat er sogar die Verse gar nicht als solche erkannt, wenigstens nicht als Verse übersetzt, weil er das Wort, womit dieselben eingeführt werden, irriger Weise für eine Bezeichnung der gereimten Prosa hält (vgl. S. 54). Wir erlauben uns hier einige Proben seiner Uebersetzung mitzutheilen. Gleich im Anfange übersetzt Hr. P. die Worte

وجود أجود أوصاف مجاد و خصلت اولیاء و سیرت اوتاد در Weniger günstig können wir uns über dag 2

zweite der beiden vorstehenden Werke äussern.

,,Freigebigkeit ist die beste der preisenswerthen Tugenden, das was die Vorfahren auszeichnet, die Muster des frommen Wandels", anstatt: Freigebigkeit ist die vorzüglichste der preisenswerthen Eigenschaften, eine Sitte der Vornehmen und eine Naturanlage der Grossen. Die Worte Lhas

sind offenbar gleichbedeutend, eine سيرت اوتاد und

in rhetorischen Werken gewöhnliche Wiederholung eines und desselben Begriffes mit verschiedenen Worten. Die Muster des guten Wandels aber scheint Hr. P. durch Umdrehung der Genitivverbindung in

Hr. P. theilt uns darin einige Capitel aus dem Enis el arifin des Pir Mohammed, gewöhnlich Azmi genannt, mit, nämlich das 21ste, welches von der Tugend der Freigebigkeit handelt, dem er das 20ste, von den guten Werken, und das 19te, von dem Mitleiden, als Ergänzung folgen lässt. Nach einem Nachworte, Anmerkungen und Verbesserungen, giebt er noch einige Bruchstücke aus der Sittenlehre des Mulla Ali, bekannt unter dem Titel Akhlaki ala'ï (bei Hadschi Khalfa No. 280). Von dem Enis el arifin (H. Khlf. Nr. 285), einer türkischen Bearbei- erhalten zu haben, obwohl s auch tung des Akhlaki Mohsini, deren Verhältniss zum persischen Original Hr. P. in der Vorrede kurz auseinandersetzt, wo er auch einige Bemerkungen über den Vf. und die Zeit der Abfassung des Werkes giebt, besitzt die Leipziger Stadtbibliothek eine Handschrift, die Hr. Prof. Fleischer in ,,Naumanni Catal. Codd. Mss. Bibl. Senat. Lips." S. 488 unter Nr. CCXXV beschrieben und die wir mit der vorliegenden Uebersetzung verglichen haben, um uns ein Urtheil über dieselbe zu verschaffen, weil Hr. P. den türkischen Text nicht beigegeben hat, was allerdings zu seiner eigenen Rechtfertigung wünschenswerth gewesen wäre; denn nicht alle Abweichungen seiner Uebersetzung von dem uns vorlie

dann noch nicht die Muster bedeuten kann. Zwei Zeilen weiter nach den Worten,, und erfreut sich glücklichen Ausgangs" hat die Leipziger Handschrift zwei Zeilen mehr, welche Hr. P. übergeht. Den hierauf folgenden Vers übersetzt Hr. P.: „Freigebigkeit ist Ruhm, Gott ehren Edelmuth, wem fehlen diese zwei, an dem ist gar nichts gut." Die Worte lauten:

هر

وكرامت بسجود شرف مرد بجود ست که این هر دو ندارد عدمش به زوجون

Der Adel des Mannes besteht in Freigebigkeit und die Würde im Niederfallen (Anbeten); jeder der diese beiden nicht besitzt, dessen Nichtseyn ist besser als das Seyn; d. h. für den wäre es besser,

[blocks in formation]

Diese Freigebigkeit ist ein Ast aus dem Garten des Paradieses; wehe dem, der dieses Astes Zweige (eigentl. Locke) loslässt; übersetzt Hr. P.:

"

Freigebigkeit, ein Zweig ist sie im Himmelsland, Auf! mach ihn niederfallen aus des Himmels Land!" Die beiden unmittelbar darauf folgenden türkischen Verse, die, obwohl in einem andern Metrum, doch auch in unserer Handschrift nicht durch eine besondere Ueberschrift als Mesnewi, wie man erwarten sollte, bezeichnet, sondern mit dem vorangehenden persischen Verse in ein Stück mit der Ueberschrift zusammengeschrieben sind, scheint Hr. P. gar nicht als Verse erkannt zu haben, sondern übersetzt in Prosa:,, Der, der von allem Fleische der Beste war, sprach: Siehe! Freigebigkeit ist ein Baum im Garten der Seligen, der seine Pracht und Herrlichkeit weit ausbreitet. Wer ihn zur Wurzel nimmt, ist edel und gerecht wie er." Die Verse besagen aber vielmehr Folgendes: Der, welcher unter den Sterblichen der Beste ist (Muhammed), hat gesagt: Freigebigkeit ist ein Baum im Paradiese, ausgebreitet nach Osten und Westen ist seine Wurzel; wer diesen Stamm festhält, der ist ein Genosse des Paradieses. Zwei Zeilen weiter übersetzt Hr. P.:,,Wie der Herr des Glanzes und der Ehre, der erhabene Moses, über welchen Gnade und Friede sey, von göttlicher Begeisterung erfüllt, befahl"; anstatt: die Majestät des Ruhmes und der Ehren (d. i. Gott) hat ferner zu dem heiligen Moses (wörtlich: der Erhabenheit des Moses) über den Gebet und Gruss sey gesagt und befohlen. Die Worte lauten im Original:

Hier hat Hr. P. anstatt gelesen, was in der Nestalikschrift allerdings leicht zu ver

- verwan نبويه سنده in نونيه سنده ,wechseln ist

delt, dabei aber das Possessivpronomen der dritten Verse selbst sind dem Sinne nach richtig übersetzt, Person gänzlich übersehen. Die beiden arabischen den zunächst folgenden persischen Vers aber hat Hr. P. wieder gänzlich missverstanden.

Die mitgetheilten Proben mögen hinreichen, um einen Schluss auf den Charakter der Uebersetzung zu ziehen. Der eigentliche Zweck des Hrn. Vf.'s scheint jedoch nicht sowohl der gewesen zu seyn, eine wortgetreue L'ebersetzung zu geben, als vielmehr zu zeigen, wie ungefähr die Muhammedaner die Sittenlehre auffassen und behandeln, und zugleich an einer der muhammedanischen und der christlichen Sittenlehre gemeinsamen Lehre den Unterschied der Auffassung beider Religionen darzuthun. Dies scheint wenigstens aus der Vorrede und dem Nachworte hervorzugehen, und es wäre gewiss nicht ohne Interesse, wenn Hr. P. tiefer auf Nachwort und die Anmerkungen zeigen eine gute die Sache eingegangen wäre als geschehen ist. Das Belesenheit des Hrn. P. und enthalten eine Menge von Notizen, Bemerkungen und Uebersetzungen zum Theil längerer Stücke aus anderen Schriftstellern, doch vermissen wir hier eine übersichtliche Anord

nung des Materials. Die am Ende mitgetheilten Bruchstücke aus dem Akhlaki Ala'i rechtfertigen das Urtheil Hadschi Khalfa's, der diesem Werke den Vorzug vor anderen gleichen Inhalts zugesteht. Wenigstens zeichnet es sich vor dem Enis el Arifin durch eine mehr philologische Behandlung des Gegenstandes aus und giebt schärfere Definitionen anstatt der mehr poetischen Schilderungen des andern Hr. P.

[graphic]

حضرت

Werkes. . . hat sich benaht, den Ursprung الجلال (ذ. الجلال (1) والاكرام حضرت موسايه عليه الصلوة د ذو والسلام. دخى ایدوب بیوردی

Hier hat Hr. P. die

[ocr errors]

Dativbezeichnung in übersehen; von der göttx lichen Begeisterung aber ist wenigstens in unserer Handschrift nichts zu lesen. Auf der folgenden Seite lesen wir: Ein Sonnit hat aus einem Gedichte des Propheten folgende zwei Verse zu kosten gegeben, anstatt: Busti (Abu'l Fath Ali ben Muhammed el Katib aus Bust in Sidschestan) hat in seinem auf den Buchstab Nun gereimten Gedichte folgende

zwei Verse recitirt. Die Worte lauten im Texte:

بستی قصیده نونیه سنده بو ایکی بیتی انشاد اتمشدر

einzelner Definitionen desselben aus der Ethik des Dschelaleddins und Nureddins in das Werk des Aristoteles nachzuweisen, die aus den Schriften Mulla Ali übergegangen sind.

Zum Schlusse können wir den Wunsch nicht unterdrücken, Hr. P. möchte, wenn er gesonnen ist, noch mehrere Capitel des türkischen Werkes mitzutheilen, doch wenigstens noch eine Handschrift sich bemühen, statt der Form lieber den Sinn des desselben neben der seinigen zu Rathe ziehen und Originals in der Uebersetzung wiederzugeben.

ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG

Monat Mai.

Norddeutsche Sagen.

1849.

Norddeutsche Sagen, Mährchen und Gebräuche aus
Meklenburg, Pommern, der Mark, Sachsen,
Thüringen, Braunschweig, Hannover, Oldenburg
und Westfalen.

Aus dem Munde des Volkes gesammelt und herausgegeben von A. Kuhn und W. Schwartz. gr. 8. XLII u. 560 S. Leipzig, Brockhaus. 1848. (212 Thlr.)

Zuvörderst

Halle, in der Expedition der Allg. Lit. Zeitung.

Fúi, indem er in den Gebräuchen Nr. 179 180 S. 414 Nachricht darüber giebt, wo sie sich finden, und sich in den Anmerkungen dazu S. 519 über ihre Identität ausspricht. Bei Sammlung der Sagen und Gebräuche war nämlich, was diese Sammlung so schätzbar macht, das Hauptziel der Sammler, alles, was sich noch an Glauben aus der heidnischen Zeit zu uns herüber gerettet hat, zu sammeln. Daher richteten sie natürlich zunächst auf mythologische Punkte vorzugsweise ihr Augenmerk. Da sich jedoch häufig von vorn herein nicht bestimmen lässt, ob nicht einer Sage irgend ein Mythos zum Grunde liege, indem nicht selten die Vergleichung mit Sagen älterer und neuerer Völker einen solchen mythischen Gehalt derselben ergiebt, so haben die Sammler ihre Aufmerksamkeit auch von andern Seiten nicht ganz abgelenkt. Die Sammlung norddeutscher Sagen, welche sich im Ganzen an die von Hrn. K. herausgegebenen märkischen Sagen anschliesst, unterscheidet sich von diesen wesentlich nur darin, dass sie mit Ausnahme weniger Stücke durchweg aus mündlicher Ueberlieferung geschöpft ist. Die Sammler schöpften nämlich stets aus der grossen Masse des Volks als der eigentlichen Trägerinn der unverfälschten Sage, indem sie sich bei ihren Forschungen vorzugsweise an die niederen Stände wandten, da bei ihnen die Sage sich in einer oft bewunderungswürdigen Reinheit fortpflanze; dieselben Wörter und Wendungen gehen hier meist von Geschlecht zu Geschlecht, und man halte mit einer Treue daran fest, dass man oft glauben möchte, alle hätten ihre Erzählungen nach einem gemeinsamen Berichte auswendig gelernt. In den mittleren und höheren Ständen mische sich dagegen schon zu oft subjective Ansicht und willkürliche Umbildung in die Auffassung der Sage, so dass sie meist für keine treuen Bewahrer des ursprünglichen Gehaltes mehr gelten können. Dieses ist zwar in vieler Beziehung sehr richtig, und wird z. B. durch den Fall veranschaulichet, welcher unter Nr. 247

Muvörderst müssen wir das Verhältniss der beiden Sammler und Herausgeber bei Ausarbeitung dieses schätzbaren Werkes angeben. Die schliessliche Ausarbeitung des Ganzen hat Hr. Kuhn allein besorgt, so wie auch das in den Anmerkungen Beigebrachte zunächst von demselben herrührt. Jedoch haben sich viele in den Anmerkungen ausgesprochene Ansichten aus gemeinsamer Besprechung entwickelt. Aeusserst förderlich für die Zwecke der Sammlung war die Art der gemeinsamen Wanderung und Forschung der beiden Herausgeber. Wenn sie an eine reichlich fliessende Quelle gekommen waren, und der eine schon alle Kapitel der Mythologie durchlaufen zu haben meinte, brachte oft der andere einen neuen Punkt, welcher häufig etwas Neues und Wichtigeres ans Licht stellte, zum Vorschein. Unter demjenigen, was Hr. Schwartz vornehmlich zu Tage gefördert hat, ist vor allem die ihm allein gebührende Wiederauffindung der Frigg zu nennen. Beide Sammler hatten nämlich zuerst gemeinsam von einem alten Gärtner aus Gramzow vernommen, wenn man in den Zwölften (den zwölf Nächten) spinne, der Fui in den Rocken komme, und ahnten das darunter Verborgene noch nicht, als Hr. Schwartz zuerst in Buchholz im Gespräch mit einer am Waschfass stehenden Bäuerinn die Form mit k, nämlich Fuik, ans Licht brachte. An diese reihten sich dann bei dem weiteren Vordringen die übrigen Ergebnisse. Aehnlicher Weise entdeckte Hr. Schwartz zuerst die Frau Freen im Halberstädtischen, und Hr. Kuhn, durch Berufspflichten zurück genöthiget, sicherte nur diese For-,,Sagen vom Kyffhäuser" Nr. 9 S. 222 angegeben men, nämlich: Fricke, Freke, Frêen, Frien, Fuik, wird. Ein Knabe aus Frankenhausen habe nämlich

ihres Wesens ist unter einander gemengt, sondern auch ihre Namen sind vertauscht. Daher ist den Herausgebern in vielen Fällen unmöglich gewesen, die ursprünglich verschiedenen Gottheiten in den jetzigen Sagen gehörig zu sondern. Ja, selbst in sprachlicher Beziehung zeigen sich die Angaben der Ungebildeten als sehr unzuverlässig, indem sie auch hier die Sache leicht verstümmelt oder entstellt geben. So z. B. Nr. 36. ,,De Unnerartschken. Münd36.,,De lich von einem Bauer aus Thomsdorf in der U. M. und einer alten Frau aus Schwinemünde" lautet N. 4 (S. 39) der Vers: Bün doch so old, as Böhma gold, und Nr. 2 (S. 31): Nu bün ik so old, as Boehman gold. Hier wird man sogleich vermuthen, dass es verdorben aus Böm un Gold (Bäum' und Gold). So findet man denn auch Nr. 120. ,,Unterirdische." Nr 2. Schriftlich von Herrn Schullehrer Hille in Linpe" (S. 105):,,Ik bün so old, as böm un gold." Böhma gold (S. 30) und Boehmen gold (S. 31) hat Hr. K. in den Anmerkungen nichts bemerkt. Böhmisches Gold hat auch wohl keine sagliche Bedeutung, aber wohl die Redensart so alt als Bäume und Gold, welches letztere für Steine steht.

وو

erzählt, wie er in einer Beschreibung gelesen, dass Frau Holle mit der wilden Jagd ziehe, und einmal einen Eber angeschossen habe, der wüthend auf sie losgegangen; da hätte sie sich schnell in eine Eiche verwandelt, in welcher der Eber mit den Hauern sitzen geblieben sey, da habe sie ihn todtgeschossen. Bei dieser Erzählung ist in Betreff der Verwandlung der Frau Holle in eine Eiche wohl griechische Mythologie eingemischt, entweder vom Knaben selbst, oder er hat diese Einmischung gefunden. Hr. K. giebt hierbei ein Beispiel seines lobenswerthen kritischen Verfahrens, indem er in den Anmerkungen S. 497 zugleich in Beziehung auf die vorhergehende Nr. 8 sagt, ob das Versetzen des Schmieds von Jüterbog in den Kyffhäuser und namentlich der Name Boldermann volksthümlich, oder nur gelehrter Dichtung entsprungen sey, sey nicht zu ermitteln gewesen; eben so wenig, ob die in Nr. 9 mitgetheilten Züge ächt und alt seyen. Sehr richtig bemerkt Hr. K. auch (S. 560) zu Nr. 277 Irmensaul. Mündlich, S. 24, in welcher Sage das Dorf Irmensaul mit der von Karl dem Grossen zerstörten Irminsul in Verbindung gebracht wird,,,die ganze Sage scheint gelehrten Ursprungs." Es ist nämlich derselbe Fall wie z. B. mit der Sage zu Fallrum in Betreff der Hermannschlacht, und mit dem Namen Heerdasee des Secs auf Rügen. Gelehrte Muthmassung ist zur Sage geworden. Desshalb ist das kritische Verfahren der Sammler der norddeutschen Sagen sehr zu loben. Doch ist ihr Grundsatz, nach welchem sie die grosse Masse des Volkes als die eigentliche Trägerinn der unverfälschten Sage ansehen, und das ihnen von Leuten der gebildeten Stände Mitgetheilte, welches sie meist durch,, schriftlich" bezeichnen, als Gegensatz zu dem aus den Erzählungen stets der niederen, meist der untersten Stände geschöpften, durch ,,mündlich" Bezeichneten annehmen, nicht in allen Fällen anwendbar; denn die Ungebildeten verderben wegen ihres engeren Gesichtskreises nicht selten die Sage, und legen an alles nur einen Maassstab und gestalten aus allem neue. So z. B. in Betreff von Nr. 10 der Sagen vom Kyffhäuser:,,Mündlich aus Straussberg in der Mark" muss Hr. K. S. 497 bemerken: Die Erzählerin hatte die Sage von ihrem Mann, der aus Nordhausen gebürtig war, erzählen hören; da sie eine Märkerinn war, ist der Markgraf Hans sehr natürlich an Kaiser Friedrichs Stelle getreten." Aehnlich ist es auch mit den Namen der Götter und Göttinnen ergangen, nicht nur die Bedeutung

[graphic]
[ocr errors]
[ocr errors]

Zu

In der Vorrede", welche zugleich zur Einleitung dient, wird, nachdem der Zweck der Sammlung und die Grundsätze des Verfahrens der Sammler bei der Aufzeichnung der Sagen auseinandergesetzt sind, Einiges über das Leben der Sagen und des Aberglaubens im heutigen Volke gesagt, und zunächst der scharfe Unterschied zwischen dem nach den Freiheitskriegen herangewachsenen jungen Geschlechte, und dem älteren Geschlechte, dessen Jugend vor dieselben fiel, besprochen, und bemerkt, dass auch selbst unter dem älteren Geschlechte die Zahl derer nicht klein sey, welche nicht mehr mit voller Gläubigkeit an den alten Ueberlieferungen hangen. Ein halberstädtischer Bauer, welchen fast sein ganzes grosses Dorf Vetter nannte, drückte dieses so aus: ,, Der alte Fritz hat die Zwerge verjagt, aber Napoleon hat allen Spuk aus dem Lande getrieben." Doch passt dieser Ausspruch nur im Allgemeinen, nicht für alle einzelnen Gegenden. Vorzugsweise treu dem Alten hangen in dem von den Sammlern durchwanderten Gebiet die Altmark und die Ukermark, das Salmland und das nördliche Westfalen, und von dem Harz vorzugsweise blos der rauhere und desshalb auch mehr in seiner Abgeschlossenheit beharrende Oberharz. In diesen Gegenden gehören zuweilen die Gestalten der Sage und des Aberglaubens gewissermassen

« ZurückWeiter »