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und infusorienartige, ausschlüpfen. Indess enthält jede Mutter nur Embryone der einen Art, nie beide zugleich; sie ist also schon als Amme differenter Natur. Die infusorienartigen Embryonen sind herzförmige Körperchen von 0,014-0,016 Linien Länge mit Wimperbesatz, der sich nach hinten verlängert; sie enthalten in ihrem Innern eine Blase und zwei Kalkkörner und entstehen aus Keimzellen, die sich im hintersten Ende des Mutterschlauches bilden und sich von gewissen Bildungspunkten aus zu Embryonen nach entgegengesetzten Enden auf die Art gestalten, dass die vom Bildungspunkte fernsten die reifsten sind. Die wurmförmigen Embryonen sind zylindrische mit Wimpern bekleidete, 0,036 Linien lange Fäden von struktuöser, dem Ammenschlauch gleicher Masse, deren Inneres sich bald in viele Fächer mit klarer Flüssigkeit absondert. Sie entstehen in geringer Anzahl aus sparsamen Keimzellen und verlassen, wenn sie reif sind, gleich den infusorienartigen Embryonen, den Mutterschlauch. Die wurmförmigen verwandeln sich darauf durch langsames Wachsen in neue, den Mutterschläuchen ganz ähnliche Ammen; die infusorienartigen Jungen verlieren, wenn sie ausgeschlüpft sind, ihre Wimpern und bekommen statt derselben einen klaren Saum von gleicher Ausdehnung mit den Wimpern. Weiter konnte Vf. ihre Entwickelung nicht verfolgen. Er bespricht schliesslich die Bedeutung dieser Schläuche und lässt die Frage, ob es vollständige Thiere oder Ammen seyen, unentschieden. Dass sie aber nur Ammen seyn können, beweist schon die Abwesenheit jedes besondern Organes in ihrem Innern; denn mit den wirklich einfachen Organismen ohne innere Organe; den Infusorien, haben sie keine typische Verwandtschaft. Dagegen erinnert ihre ganze Natur unverkennbar an die Keimschläuche der Trematoden (Bucephalus, Leucochloridium, u. a. m.), und für dergleichen Gebilde muss Ref. sie erklären. In der neunten Abhandlung beschreibt Kölliker 2 neue Arten der von Cuvier zuerst als eine Trematoden-Gattung: Hectocotylus aufgestellten sonderbaren Thiere und weist durch eine Reihe scharfsinniger Combinationen nach, dass die drei bekannten Formen derselben nichts andres als die Männchen dreier Cephalopoden sind, was allerdings unser gerechtes Erstaunen erregen muss. Der Hectocotylus besitzt nicht blos äusserlich, sondern auch in Hinsicht auf die Histologie seiner Körperwand, ganz den Bau eines Cephalopoden - Arms und geht am Hinterende in einen besondern Anhang aus, welcher das z. Th. frei hervorragende männli

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che Geschlechtsorgan ist. Das bei den Weibchen so höchst vollständig entwickelte Darmsystem be-schränkt sich bei diesen Männchen auf einen einfachen Blindschlauch ohne alle accessorischen Organe; dagegen lassen sich am Gefässsysteme Arterien, Venen und selbst ein Herz, dessen Lage jedoch nicht sicher zu ermitteln war, unterscheiden. Manche, aber nicht alle Arten, haben auch Kiemen, welche als fadenförmige Fortsätze in doppelter Reihe truppweise auf der Körperoberfläche sitzen. Undeutlich hinsichtlich ihrer formellen Anlage, aber doch mit Bestimmtheit, liessen sich Theile des Nervensystems verfolgen, aber keine Sinnesorgane sicher erkennen. Die Genitalien bestehen aus einer Blase, worin sich die als Faden aufgewickelten Saamenelemente befinden, einem vas deferens und einer Ruthe, welche aus einer Scheide an der Bauchseite des Körpers zwischen den Saugnäpfen frei hervorragt. Beim Männchen von Tremoctopus violaceus, das eine Länge von nicht ganz 2 Zoll erreicht, liegt diese Mündung nahe dem Hinterende, eine kurze Strecke vor der freien Hodenblase; bei dem kaum einen Zoll langen Männchen von Argonauta Argo mündet die Ruthe ganz am äussersten Vorderende des Körpers.

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Cuvier's Hectocotylus Octopodis ist offenbar das Männchen von Octopus granulosus Lam. Es ist dies um so werkwürdiger, als bei Octopus vulgaris Männchen von der Form der Weibchen, nur kleiner, vorkommen, während weder von Tremoctopus, noch von Argonauta andere Männchen als die beschriebenen Hectocotyli bekannt sind. Sie leben gleich Parasiten, auf den Weibchen und sterben in kurzer Zeit, wenn sie genöthigt werden, die Weibchen zu verlassen. Als Cephalopoden sind sie neben andern Charakteren auch ganz besonders durch die ihnen und nur Cephalopoden eigenthümliche Chromatophorenschicht kenntlich gemacht. Am Schluss des Heftes giebt endlich Osann eine tabellarische Uebersicht über die bisher bekannt gewordene Verbreitung der Pacinischen oder Vaterschen Körper. Dieselbe hat durch Herbst gleichzeitige Forschungen noch manchen Zuwachs erhalten. Mit Ausnahme des letzteren Gegenstandes sind die Formen aller früheren Abhandlungen auf 5 gut ausgeführten lithographirten Tafeln bildlich erläutert. Sie erhöhen, durch ihre Sauberkeit, den Werth dieser in jeder Hinsicht lehrreichen, des Neuen so vieles darbietenden Schrift.

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3) Supra un nuovo genere di Anellidi: Haementeria, della famiglia delle sanguisuche; osser

vaziani del Dr. Filippo de Filippi. Torino 1849. 4. 14. S. c. Tab. lith.

An die oben berührte Darstellung des Gefässsystems einiger Hirudineen mag sich hier der Bericht über die Beschreibung einer neuen Gattung derselben Familie schliessen, welche in genannter Abhandlung gegeben ist. Der Wurm ist ein Riese unter seines Gleichen, misst gestreckt wohl gegen einen Fuss und ist in seinem zusammengezogenen Zustande noch gegen 5 Zoll lang und beinahe 2 Zoll breit. Sein Körper hat die gewöhnliche Gestalt der Blutigel, ist aber relativ breiter und in einzelne grössere, an Zahl deshalb geringere (72) Ringe getheilt. Dieselben sind ungleich, schmälere wechseln mit breiteren auf die Art, dass zweien der letzteren immer einer der erstern folgt. Die Breiteren haben am Bauch eine tiefe Querfurche, und zerfallen dadurch einzeln in 2 Hälften von der Breite eines schmalen Ringes. Der Mund liegt nicht, wie gewöhnlich bei den Blutigeln, in der vorderen Sauggrube, sondern vor ihrem vorderen Rande; er ist zahnlos und bildet ein kurzes contractiles Rohr. Die Geschlechtsöffnung befindet sich in der Mitte des 28 sten Ringes und bildet ebenfalls ein starkes vorragendes Rohr, dessen Mündung von einer wulstförmigen Lippe umgeben ist. Am Hinterende ist der grosse, freie, kreisrunde Saugnapf sichtbar. Augen sind nicht erwähnt, das sehr entwickelte Nervensystem besteht aus 20 Ganglien. Der Schlund Der Schlund ist eng, aber auffallend lang, er beschreibt im Vorderleibe mehrere Wellenbiegungen, läuft dann nach vorn zurück und geht etwa auf halbem Wege, nachdem er sich zu einem birnförmigen Kropf ausgedehnt hat, in dem chylopoetischen Darm (Magen) über. Letzterer, ein weiter Schlauch, hat, wie bei Clepsine, zahlreiche Kammern; der Schlund nimmt hinter dem Kropf vier grosse Speicheldrüssen auf. Das Gefässsystem besteht aus einer grossen lacunalen Höhle, welche mittelst besonderen Communicationsöffnungen mit der Peritonnealhöhle, die den Darmkanal und das Nervensystem einschliesst, in Verbindung steht. Ueber denselben liegt ein kräftiges arterielles Gefäss, das hinter den Genitalien von einer dünnwandigen Höhle umschlossen wird, innerhalb welcher es sich zu einem doppelt S förmig gewundenen herzförmigen Organe umbildet, und dann wieder aus der Höhle heraustretend das Nervensystem bis zum Hinterende gradlinigt begleitet. Die Genitalien sind paarig und doppelt, münden aber nicht getrennt, obgleich die weiblichen entfernt vorn und hinter den männlichen liegen. Letztre

bestehen aus längeren, spiralich aufgerollten Kanälen, deren Enden einzeln kolbig anschwellen und darauf sich verbinden; die weiblichen sind kürzere cylindrische Schläuche, die vor ihrer Mündung in einen gemeinsamen Uterus sich senken, woraus 2 Gänge, die das Nervensystem zwischen sich nehmen, entspringen und in die einfache Mündung übergehen. Vier Paare besonderer drüsiger Organe am Hinterende des Körpers zu beiden Seiten des Nervenstammes ist Vf. geneigt, für Nieren zu halten. Der Wurm hat eine grünliche Grundfarbe und ist mit zahlreichen rothen schwarzgesäumten Flecken in Querreihen geziert. Er fand sich im Amazonenstrom. Nach seinem Entdecker wird er Haementeria Ghiliani genannt.

4) Zur Lehre vom Bau und Leben der contractilen Substanz der niedern Thiere, v. Prof. A. Ecker. 4. 27 S. und 1 Taf. Basel. Schweighauser. 1848.

Diese interessante und lehrreiche Schrift giebt endlich einmal eine klare Einsicht in das Gewebe der Körpersubstanz bei den niedersten Thieren, den Infusorien und Polypen, und erläutert deren bisher so oft verkannte und missdeutete Structur an unserm Armpolypen (Hydra) auf eine sehr anschauliche Weise. Früher hatte man geglaubt, namentlich seit Corda's Schilderung, die Körpermasse dieses Thieres bestehe aus Zellen, und in der That ist es leicht, sich von der Anwesenheit zahlreicher abgeschlossener, zellenförmiger Höhlungen oder Bläschen in dem elastischen Stratum, woraus ihr Leib besteht, zu überzeugen; allein diese Lücken sind keine selbständigen Zellen, es sind eben nur Lükken in der „netzförmig durchbrochenen, weichen, theils klaren homogenen, theils fein körnigen (d. h. in der homogenen Masse gefärbte Körnchen von gleicher Grösse: 0,005 0,010 mm. umschliessenden) äusserst elastischen und contractilen Substanz," welche unter Umständen, zumal beim Zerreissen, zu selbständigen hohlen Bläschen sich gestalten, durch die Contractilität ihrer Umhüllungsmasse fortwährend ihre Form verändern und in dieser Masse, nicht aber in der hohlen, von einer klaren Flüssigkeit erfüllten Lücke, die beschriebenen Körnchen enthalten. Dies eigenthümliche elastisch maschige Gewebe bildet allein den ganzen Körper des Polypen, erleidet indessen an besonderen Stellen gewisse Modificationen, welche zur Annahme verschiedener Gewebe bei demselben geführt haben. geführt haben. 1) Die äusserste Schicht unterscheidet sich von der tiefer gelegenen nur durch

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die Abwesenheit der gefärbten grünen oder braunen Körner, welche in der festen Substanz um die Lücken, nicht aber in diesen, enthalten sind, und durch die Anwesenheit der eigenthümlichen angelförmigen Hautorgane. Eine besondere Epidermis. ist aber nicht vorhanden. Die Angeln stecken darin eingestülpt, wie umgekehrte Handschuhfinger, und erfüllen die Substanz selbst, nicht aber die eine oder die andere Lücke, welche stets nur klare oder leicht getrübte Flüssigkeit enthalten. - 2) Die mittlere Schicht besteht aus demselben Grundgewebe, aber ihre Lücken sind durchgehends etwas kleiner und in der festeren dickeren Zwischensubstanz finden sich die bereits erwähnten gefärbten Körner, während die Angelorgane fehlen. Die Körner sind nicht kugelig, sondern flach oder biconcav, wie die Blutkörperchen; sie scheinen Zellen mit gefärbtem Inhalt zu seyn. 3) Die innerste Schicht ist ebensowenig ein eigenthümliches Gewebe, wie die beiden vorigen; sie unterscheidet sich von der mittleren nur dadurch, dass ihre Lükken grösser sind, so gross wie die der äussern Schicht, dass sie aber doch gefärbte Körnchen, wenn auch in geringerer Menge enthält und dass diese Körnchen tief braun oder schwarz sind. Ein Flimmerepithelium, das v. Siebold darauf gesehen haben will, ist nicht vorhanden, möglicher Weise könnte jedoch die freie Oberfläche des Gewebes selbst Wimpern tragen, wie das bei den Infusorien wirklich der Fall ist. Aus diesen drei Schichten und aus keinem andern Gewebe, besteht der Körper des Polypen und mit eben diesem Gewebe verrichtet er alle seine Funktionen. Einen besondern Magen, den mehrere Beobachter annehmen, hat er nicht, seine innere Körperhöhle ist der Magen, der im Vorderende vorzugsweise digerirend, hinten mehr assimilirend wirkt. Während dieses Geschäfts füllen sich zuerst die Lücken der innern Schicht mit Fetttropfen und Tropfen einer eiweisartigen Masse, welche der Polyp aus den Nahrungsmitteln abscheidet; die innere Schicht erhält dadurch einen getrübteren Farbenton und stellt dann die als Leberzellenschicht beschriebene Form ihrer innern Oberfläche dar. Die Lücken entsprechen den mit Farbenstoff sich füllenden Vacuolen, sogenannten Magen, der Infusorien, deren Körper völlig aus demselben Gewebe besteht. Vf. vergleicht es sehr passend mit der weichen Krume Lockeren Brodes, obgleich dessen Maschen mehr und allgemeiner in einander fliessen, als die Lücken im Gewebe der Polypen. Dass übrigens die Fäden, Balken und Wände der Gewebe keine Muskelfasern oder Bündel sind, leuchtet von selbst ein; nirgends sieht man deren Faserung oder Streifung, alles ist überall dieselbe homogene oder granulirte Substanz. Auch sind besondere Muskelfasern ohne besondere

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Nerven nutzlos, und letztere fehlen aufs Entschiedenste, wie alle Beobachter einräumen.

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Nachdem Vf. auf diese Weise den Bau der Hydra geschildert hat, vergleicht er denselben mit den Geweben anderer niederer Thiere, und gelangt zu dem Schluss, dass zuvörderst die contractilen und veränderlichen Infusorien ganz aus demselben Material bestehen. Am bestimmtesten zeigen dies die durch ihre veränderlichen ausschiebbaren Fortsätze bekannten Amöbäen, deren Leib gleichsam. ein Fetzen von Polypensubstanz für sich selbstständig bestehend ist. Die darin sichtbaren hohlen Räume, Dujardin's Vacuolen, sind ebenfalls mit Flüssigkeit gefüllte Lücken des Gewebes, welche theils starr bleiben, also ihre Form nicht ändern, (Ehrenberg's Magen), theils an der Contractilität Theil nehmen. Eine besondere Haut mit Zellen und Wimpern haben diese Thiere so wenig, wie die Hydern; ihre Bewegungsapparate sind unmittelbare Fortsetzungen des Körpergewebes, der Sarcode Dujardin's. Vf. schlägt dafür die Bezeichnung: ungeformte contractile Substanz vor und giebt als Grundmerkmale folgende 5 Puncte an: 1) Die Substanz ist weich, eiweissartig, durchsichtig, homogen oder feinkörnig; 2) sie enthält bläschenartige Lücken, welche entweder durch Wassereinsaugung oder durch Trennung löslicher Bestandtheile von unlöslichen entstehen; 3) sie ist im höchsten Grade elastisch oder contractil; 4) sie löst sich in Wasser nicht auf, wird aber isolirt durch Wasser nach und nach verändert; 5) sie löst sich, obgleich nicht vollkommen, in Kali und erhärtet langsam in kohlensaurem Kali. Diese Substanz ist das alleinige Material des Körpers aller ächten sogenannten polygastrischen Infusorien und wahrscheinlich auch aller Polypen ohne besondere Muskelfasern, welche indess bei den Bryozoen, Actinien und höhern Anthozoen schon nachgewiesen sind. Sie bildet die Grundlage der Räderorgane der Räderthiere und wahrscheinlich auch der Muskelbündel der Tardigraden, welche Dujardin für ächte Muskeln hält, obgleich ihnen die histologischen Charaktere der Muskelsubstanz abgehen. Demnächst möchte sie auch bei den Helminthen (Cestoden wie Trematoden) vorkommen und überall die Stelle der Muskeln bei solchen niedern Thieren einnehmen, denen gesonderte Muskelbündel noch abgehen. Vf. bespricht diese Ansicht am Schluss unter allgemeinen Gesichtspunkten und meint, dass vielleicht die materielle Grundlage bei beiden Geweben dieselbe seyn könnte und nur ihre formelle Anordnung eine verschiedene. Darnach wäre das contractile Gewebe in ungeformtes und geformtes (aus Primitivfasern gebildetes) zu unterscheiden. Br.

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ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG

Monat April.

Kirche und Staat.

1849.

Ueber die deutsche Kirchenfreiheit. Sendschreiben an den Hrn. Prof. Dr. O. Mejer in Königsberg u. s. w. von Dr. Jos. Ign. Ritter, Domdechanten u. Prof. d. Theol. 8. 34 S. Breslau, Aderholz, 1848.

Katholische Kirche und katholische Partei. Ant

wort an den Hrn. Domdechanten Dr. Ritter in Breslau auf sein Sendschreiben zur Beleuchtung meiner Schrift: Die deutsche Kirchenfreiheit, von Dr. O. Mejer, Prof. d. R. 8. 32 S. Leipzig, B. Tauchnitz jun. 1848. *)

Indem

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Indem Recens. sich anschickt, über die literarische Fehde zu berichten, welche durch die in der Allg. Lit. Zeit. 1848 No. 175 178 beurtheilte Schrift vom Prof. Mejer: Die deutsche Kirchenfreiheit und die künftige katholische Partei. Mit Hinblick auf Belgien: veranlasst worden ist, fällt ihm eine Nachricht aus Brüssel in die Hände, deren Mittheilung für die vorliegende Sache nicht ohne Gewicht ist. Es heisst darin: Es hat sich ein wichtiges Ereigniss im Schoosse der sogenannten katholischen Partei zugetragen. Das Hauptorgan derselben, das Journal historique von Lüttich, hat den Wunsch geäussert,,, die Katholiken möchten aufhören, eine politische Partei zu bilden.... Es dürfe fortan keine religiöse Partei geben, welche als solche im Staate herrsche und die weltliche Gewalt der geistlichen zu unterwerfen suche. Die Priester hätten zwar dieselben Rechte, wie die anderen Bürger, es wäre aber im Interesse des Friedens besser, dass sie weder ihre Stimmen noch ihren Einfluss geltend machten". Abstrahiren wir ganz von den Motiven, welche diesen Wunsch hervor

Halle, in der Expedition der Allg. Lit. Zeitung.

gerufen haben, da der gegenwärtige Sieg der sogenannten liberalen Partei über die sogenannte katholische Partei in Belgien den besten Aufschluss giebt und die Fabel vom Fuchs und den Trauben den Rückzug vollständig erklärt **), so ist doch die Anerkennung der religiösen Partei als einer politischen, von Seiten des Journal historique de Liége

sehr beachtenswerth. Darum handelt es sich nämlich vor Allem in der Angelegenheit, auf welche sich die vorliegenden Brochüren beziehen. Mejer hatte in seiner Schrift: die deutsche Kirchenfreiheit u. s. w. über die Bildung einer katholischen Partei in Deutschland seine Ansicht dargestellt und aus den Belgischen Verhältnissen die sich darbietenden Vergleichpunkte entlehnt. Dagegen erhob sich Ritter in seinem Sendschreiben. Er erklärt, Mejer scheine durch ,, den Titel seines kleinen Werks die Absicht anzudeuten, Bedenklichkeiten und Besorgnisse in der Brust der deutschen Volksvertreter zu erwecken, als könnte die Freiheit der katholischen Kirche der deutschen Nationalsache gefährlich werden. Warum sagen Sie nicht: die deutsche Kirchenfreiheit und die künftige katholische Kirche?" Die Parteien in der katholischen Kirche sind vorübergehende Erscheinungen, die entweder ausgeworfen werden, oder die der Strom wieder verschlingt." Dazu macht er die Anmerkung: Katholische Partei ist ein Widerspruch in Adjecto. Hr. Ritter erklärt sich also aus Gründen der Sache und der Sprache gegen die Annahme einer katholischen Partei. Was jene betrifft, so haben wir darüber noch weiterhin zu sprechen; zunächst wollen wir beim Worte stehen bleiben. Dem Ausdrucke nach ist allerdings: katholisch allgemein und: Partei= Theil ein Widerspruch. Allein derselbe rechtfer

*),,Die Redaction hat diesem Aufsatze eines ihrer ältern Mitarbeiter zwar den Platz nicht versagen mögen, ist aber der Meinung, dass confessionelle Streitigkeiten jetzt am wenigsten an der Zeit seyn dürfen."

**) Uebrigens fehlt es auch an reineren Motiven nicht, durch welche einzelne Glieder der römischen Kirche zu einer Trennung der Politik von der Religion veranlasst werden. Wir erinnern an den Aufruf an die Belgische Geistlichkeit von Dr. Franz Schollärt, Professor des Criminalrechts zu Löwen: Belgische Priester! Wollt ihr den moralischen Einfluss auf die Seelen, der Euch entflieht, wieder gewinnen, so opfert der Religion einen Theil Eurer politischen Rechte. Bekümmert Euch weder um die Wahlen, noch mischt Euch unter die Wahlmänner; weiset Staatsämter von Euch; traget auf Eurer Brust keine andere Kreuze, als das Kreuz Christi und das Volk wird Vertrauen zu Euch haben u. s. w.”

وو

tigt sich vollkommen, wenn wir erwägen, dass ein gleicher Widerspruch sich auch bei andern derartigen Zusammensetzungen findet, vornämlich bei dem Ausdrucke: katholische Kirche: selbst. Katholische Kirche" kann nämlich in verschiedenem Sinne gebraucht werden. Es wird einmal damit die Kirche bezeichnet, insofern sie identisch ist mit der Kirche Christi überhaupt, zerstreut auf dem ganzen Erdboden, verbunden in Einheit durch Christus selbst. In diesem Sinne nennen schon die ältesten Väter der Kirche dieselbe katholisch. So sagt Ignatius im Sendschreiben an die Smyrnäer Cap. VIII: Wo Jesus Christus ist, da ist die katholische Kirche (ὅπου ἂν ᾖ Χριστὸς Ἰησοῦς, ἐκεῖ ἡ ἐκκλησία και Jox). In diesem Sinne umfasst die katholische θολική). Kirche verschiedene Kirchen oder Kirchenparteien, welche sich sämmtlich das Prädikat katholisch: beilegen, insofern sie Theile der Gesammtkirche sind. So die griechisch-katholische, die evangelisch-katholische, die römisch-katholische.

:

Wie

die griechische, hat auch niemals die evangelische Kirche auf das Beiwort katholisch: verzichtet. Dem Lehrbegriff der Lutheraner und Reformirten gemäss haben die Stände beharrlich bei den Religionsverhandlungen daran festgehalten und selbst gefordert, dass in den Friedensinstrumenten statt : katholisch: für die ältere Confession : römisch: gesetzt werde. Hier tritt uns zugleich die andere Bedeutung des Ausdrucks entgegen, nach welcher nämlich katholisch und römisch: identisch seyn soll, was jedoch eben so faktisch, als rechtlich unwahr ist. Die römische Kirche ist katholisch, aber sie ist nicht die katholische Kirche, sondern nur ein Theil derselben, sie ist also eine katholische Partei. Ritter's Behauptung ist also ungegründet, selbst wenn wir der katholischen Kirche das Beiwort Partei geben. Mejer gegenüber erscheint sie aber noch viel wcniger gerechtfertigt, da jener den Ausdruck: die katholische Partei: gar nicht von der katholischen Kirche braucht, sondern nur von einer Fraction derselben, welche über die kirchlichen Grenzen hinaus ins politische Leben eingreift. Dies bestätigt der ganze Inhalt seiner Schrift und mit Recht macht er dies jetzt in seiner Antwort an Ritter geltend. ,, Sie schreiben, als hätte ich die katholische Kirche angegriffen, während ich doch blos vor der ultramontanen Partei gewarnt habe" vgl. S. 8. 9. 10. 22. 23. Mejer nennt nicht die Kirche eine Partei, sondern unterscheidet Beide aufs Bestimmteste. Das kann oder will Ritter freilich nicht zugeben und

kommt daher zu einer Deutung einzelner Stellen der Schrift seines Gegners, die man verwerflich finden muss. Mejer sagt S. 1. 2.,, Diese Partei (der strengen römischen Katholiken) wird ... ihre Religionsfreiheit ins Leben zu führen suchen, nämlich die Herrschaft der Kirche über den Staat. Ungegründet kann man ihr Verlangen nicht nennen. Sie hat niemals ein Geheimniss daraus gemacht, was sie unter der Unabhängigkeit vom Staate verstand u. s. w." (Die Fortsetzung folgt.)

Persische Sprache.

Grammatik der lebenden persischen Sprache, von Mirza Mohammed Ibrahim, Prof. des Arabischen und Persischen am East - India - College zu Halleybury. Aus dem Engl. übersetzt, zum Theil umgearbeitet und mit Anmerkungen versehen von Dr. H. L. Fleischer, ord. Prof. der Morgenländ. Sprachen an der Univ. Leipzig. gr. 8. XVIII u. 276 S. Leipzig, Brockhaus u. Avenarius. 1847. (3 Thlr.)

Der leichteste, kürzeste und zugleich angenehmste Weg zu Erlernung einer fremden Sprache, wenn man irgend mehr bezweckt als ein mühsames Verständniss der Litteraturwerke und sich insbesondere einige Fertigkeit und Sicherheit im Ausdruck, mündlichem sowohl als schriftlichem, anzueignen wünscht, ist unbedingt der Umgang mit Landeseingeborenen, namentlich mit solchen, die sich selbst eine gründlichere Kenntniss ihrer Muttersprache erworben haben; nur sie sind im Stande auf die Schwierigkeiten und Eigenthümlichkeiten derselben, sowie auf die Feinheiten des Ausdrucks aufmerksam zu machen, von ihnen allein können wir die von den strengen Regeln der Schriftsprache oft abweichenden Ausdrucksweisen erlernen, die in der Sprache. des gewöhnlichen Lebens gebräuchlich sind, den Gelehrten aber in der Regel weniger beachtet werden als sie es verdienen, da nicht selten gerade in der Redeweise des alltäglichen Lebens das Ursprüngliche sich reiner erhalten hat und manche nationaleigenthümliche Wendung gebraucht wird, welche die Schriftsteller und die Muster des poetischen und rhetorischen Stiles als unedel mit möglichster Sorgfalt vermeiden oder die Nationalgrammatiker, als den von ihnen aufgestellten Regeln zuwiderlaufend, geradezu verdammen. Letztere aber sind es hauptsächlich, aus deren Werken europäi– sche Gelehrte, welche bisher die Grammatik der persischen Sprache zum Gegenstande ihrer wissenschaftlichen Bemühungen machten, ihre Kenntniss

von

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