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sich keine derartige Feindseligkeit gegen ihn und das Gesetz erwarten lässt; die Beschneidung ist nicht entfernt Bedingung der Theilnahme am Christenthum, sondern ein Präjudiz für die Loyalität gegen Petrus und Moses. Ebenso kann man von der Kirchenverfassung nicht sagen: dass sie in dem petrinischen Brief und der contestatio einfach sey gegenüber von den Angaben des klementinischen Briefs; es ist ja in erstern Documenten gar keine Veranlassung da, den Bischof von andern Personen als seinen Presbytern (von Diakonen und Katecheten) umgeben seyn zu lassen, und es ist wohl zu beachten, dass Jakobus in einem ganz autokratischen Verhältniss zu seinen Presbytern steht (s. c. 5 der contest.), und dass sowohl Brief als contestatio die apostolischen Schriften den Laien entziehen, nur den didúoxuv aiqovμévois, dem Klerus in die Hand geben wollen (namentlich contest. 2, wo sogar die Mittheilung derselben an Männer des Vertrauens wiederum von der Erlaubniss des Bischofs abhängig gemacht ist). Auch ist nicht richtig, dass Petrus in seinem Briefe Paulus als den einzigen Häretiker voraussetze; vielmehr ist an mehreren Stellen (εἰς πολλὰς γνώμας ὁ τῆς ἀληθείας ἡμῶν διαιρεθήσεται λογος· τοῦτο δὲ οὐχ ὡς ὁ προφήτης ὢν ἐπίσταμαι. Πόσῳ μᾶλλον μετ ̓ ἐμὲ ποιεῖν οἱ μεť ¿ μ è toλμńσovov ;) deutlich genug auf die grosse Zahl von Häresen hingewiesen, die aus dem paulinischen Antinomismus hervorgehen werden. Auch der Unterschied zwischen den Homilien und dem petrinischen Brief hinsichtlich der Geltung der Propheten hat seine Schwierigkeiten; von den vevovodi und deswegen leicht zur Ketzerei führenden γραφαὶ πολύσημοι φωναὶ τῶν προφητῶν c. 1 ist der Schritt nicht weit zu der untergeordneten Stellung, die der Vf. der Homilien den Propheten anweist, die er aber auch in den Homilien ungern und nicht überall ausspricht, weil er weiss, wie gewagt sie ist, die er somit gerade in der Weise des petrinischen Briefs anzudeuten und anzubahnen geneigt seyn konnte. Man könnte etwa noch darin einen bestimmten Unterschied finden, dass der petrinische Brief nicht wie Hom. 1, 20 und der klementinische Brief von einem Auftrag des Jakobus an Petrus spricht, ihm seine Lehrvorträge schriftlich zu übersenden, sondern in dem Briefe Petrus ganz frei zu handeln scheint; allein die Worte die ses Briefes: τῶν ἐμῶν κηρυγμάτων ἃς ἔπεμψά σοι βίβMovs (ebenso auch c. 3) schliessen einen solchen Auftrag nicht nur nicht aus, sondern setzen ihn eher voraus; gleichsam als Gegendienst dafür verlangt nun

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Petrus die Geheimhaltung seiner Schriften. Ich glaube daher, dass der Vf. des klementinischen Briefs und der Homilien auch den petrinischen Brief fingirt hat, um die zŋovyuara, von denen Klemens eine nivou liefert, als schon geschrieben erscheinen zu lassen, und um für die Ubersendung dieses Auszugs an Jakobus das Beispiel des Petrus voranstellen zu können, d. h. um auch diesen Auszug (die Homilien) in die Reihe heiliger, auf Petri Wunsch nur bewährten Klerikern mitzutheilender Schriften zu bringen. Die Angabe des Photius (Cotel. P. ap. 1. p. 483), dass er die 2 Briefe nicht beisammen, sondern in verschiedenen Exemplaren immer nur bald den einen, bald den andern voranstehend gefunden, würde, falls sie ganz genau ist, mit seiner weitern Angabe, dass alle diese Exemplare denselben Inhalt und denselben Anfang,Eyw Khuns x. t. 2." gehabt, zu kombiniren seyn und dann beweisen, dass auch Exemplare, die blos mit dem Brief Petri versehen waren, doch schon die Homilien und Rekognitionen selbst (,, die mit 'Eyw K. beginnende Schrift”), also klementinische, nicht petrinische Schriften (nicht ein petrinisches zýovyμa) waren (und zugleich beweist auch diese Angabe des Photius, dass der Brief des Klemens an Jakobus vor dieser „μυρίων ἀτοπημάτων γέμουσα πραγματεία” gestanden, gegen die Annahme, er gehöre zur Epitome, zu dieser ganz orthodox zugeschnittenen Heiligenlegende). Die Existenz eines I, 27-72 erhaltenen petrinischen Kerygma kann also weder aus 3, 74 der Rekognitionen noch aus den Briefen des Petrus und Klemens geschlossen werden; ja die Begründung der Hypothese auf diese beiden letzteren stösst sie selbst unmittelbar wieder um; denn haben, wie dieselben vorgeben, die Vorträge des Petrus auf seinen Bekehrungsreisen wirklich schriftlich existirt, aus welchen man der Gegenpartei beweisen konnte, dass Petrus nicht eine antinomistische, sondern überall eine vollkommen gesetzliche Lehre gepredigt, so mussten sie ja gerade die Predigten des Petrus in der Heidenwelt, nicht aber privatim gehaltene Ausführungen, wie I, 27-72, enthalten; mithin wäre die Grundschrift Κήρυγμα Πέτρου viel mehr in Buch 2-7 der Rekognitionen zu suchen und nicht in Buch 1 (das vielmehr, wie wir später sehen werden, auf andere ebionitische Schriften hinweist). Doch wir kommen auf die Frage nach der Existenz eines petrinischen Kerygma nachher zurück; die Hauptsache ist für uns hier, dass es nicht in den 3, 75 genannten 10 Büchern zu suchen ist, wie denn auch (was der Vf. S. 98 f. selbst

anerkennt) die Einreihung dieser 10 Bücher in den Abschnitt I, 27—72, welcher jenes Kerygma enthalten soll, unmöglich ist und sich vielmehr fast Alles, was sie enthalten in der Disputation mit Simon vorfindet.

Dass nun der Hauptinhalt von Buch 2 und 3, die Bekämpfung Simon's des Magiers, von dem sogenannten K. II. nicht getrennt werden kann, gibt auch der Vf. S. 48 zu. Was aber diese Bekämpfung selbst betrifft, so fasst er sie als Polemik gegen Basilides, auf dessen System namentlich die Virtus immensae et ineffabilis lucis, cujus magnitudo incomprehensibilis habeatur (2, 41; vgl. den deòs űbóŋtos, ázatovóμaotos des B.), die Auffassung des Judengottes als des höchsten unter den Engeln (2, 39) zutrifft. Aber schon S. 111 gibt der Vf. zu, dass die Schilderung der Person Simon's und der (Sophia-) Helena, wie sie in den Rekognitionen vorliegt, nur auf das valentinische System zu beziehen sey, und von S. 139 an zählt er selbst eine ganze Reihe von Lehren Simons auf, die nicht auf B. passen, und schliesst S. 145 damit, „wir sehen, die ursprüngliche Polemik gegen Basilides ist fast überall durch Aenderungen einer weit spätern Zeit verdrängt, und nur die Disputation des ersten Tages ist in ihrer ächten Gestalt auf uns gekommen." Aber dadurch schrumpft der Antibasilides auf ein so kleines Ganze zusammen, dass kein Grund mehr da ist, einen besondern Antibasilides anzunehmen; man konnte ja auch noch zur Zeit Valentin's und Marcion's auch auf Basilides Rücksicht nehmen. Nach unsrer Ansicht geht der Vf. auch hier zu sehr auf Eruirung historischer Data los, er sucht in Simon die gnostischen Systeme in ihrer unveränderten historischen Bestimmtheit und Wirklichkeit nachzuweisen, ohne zu bedenken, dass dieser Simon zunächst eine mythische Gestalt ist, an der das innere heidnische Wesen der Gnosis, die paganistische antichristliche Konsequenz derselben, wie sie nicht unmittelbar ausgesprochen war, sondern vom Ebionitismus in ihr gefunden wurde, gezeichnet werden soll, indem dieser Simon ursprünglich ein Magier und ein nach der Meinung der Ebioniten von seinen Landsleuten als Gott verehrter Samariter ist, der sich zu Gott aufgeworfen und damit auch Jesum verdrängen gewollt hat. Eben diess, das nicht unmittelbar hingestellte, sondern in der heidnischen Selbstvergötterung des Judenfeinds Simon gezeichnete antijudische und antichristliche Element der Gnosis, liefert das Bild des Magiers wie es in den Rekogni

tionen erscheint; und es ist für die Tendenz des Schriftstellers, in demselben eben die innere auf reines Antichristenthum hinausführende heidnische Konsequenz der Gnosis hervortreten zu lassen, namentlich diess ganz charakteristisch, dass er Simon zuerst als Halbjuden das Gesetz (2, 39), einen höchsten Gott (c. 49) und die Unsterblichkeit (3, 39) noch anerkennen und erst am Schluss (c. 47) geradezu als Heiden mit der Sprache herausgehen, sich selbst für jenen höchsten Gott (Summa virtus) und Jesus, den er vorher blos dialektisch bestritten, für einen Magier erklären lässt. Zu diesen heidnischen Zügen gehört die Leugnung eines andern als des sichtbaren Himmels, die Leugnung der Unsterblichkeit (welches Beides der Vf. S. 140. 144 von seiner Basilideshypothese aus nicht zurechtlegen kann), und die Bezeichnung seiner selbst als 'Eotus, d. h. die Behauptung ewiger Fortdauer der irdischen Persönlichkeit, dieses gerade Widerspiel des Judenthums und Christenthums; ebenso die ganz heidnische (mittelst des nicht gnostischen, sondern ethnischen Begriffs des Faktums geschehende), vom Vf. S. 141 gleichfalls auffallend gefundene Leugnung der Freiheit (3, 22), ferner die keinem Häretiker unmittelbar, sondern nur aus Konsequenzanziehung zuzuschreiben mögliche Herabsetzung Jesu, und endlich der von Simon producirte homunculus, an welchem nur das „opus conditore Deo multo nobilius" direkt der Guosis entnommen ist, während die Sache selbst wie alle sonstigen Zaubereien Simon's seinen Magiercharakter zur Voraussetzung hat. Repräsentant des Heidnischen ist Simon als Samariter, der jüdische Hass gegen diese macht sich zugleich in seiner Schilderung Luft; er ist der am Gesetz noch festzuhalten vorgebende, in Wahrheit aber Gott leugnende, rein heidnische Samariter. Und so ist denn auch hier nicht etwa eine wirklich eingehende Bekämpfung eines bestimmten gnostischen Systems der Zweck des Schriftstellers-in diesem Fall hätte er seine Sache schlecht gemacht die Hauptsache ist vielmehr diess, dass Petrus von Simon bekämpft und in seiner Wirksamkeit gestört wird, aber ihn siegreich aus dem Felde schlägt, dass die von Simon repräsentirten, dem Judenchristenthum feindlichen Elemente der Macht der Wahrheit und insbesondere der sittlichen Wahrheit des Evangeliums, ohne einen irgend bedeutenden, achtungswerthen Widerstand auch nur leisten zu können, unterliegen; der Sieg ist durch die Zeichnung der beiderseitigen Charaktere und Lehren schon zum Voraus entschieden, er liegt nicht in

einer überlegnen Polemik, sondern in der Superio-
rität des Petrus über seinen namentlich des sittli-
chen Elements gänzlich entbehrenden Gegner, die
Polemik selbst ist, was ihre materielle Durchfüh-
rung betrifft, Nebensache. Allerdings werden die
Grundzüge einzelner gnostischer Systeme, und so
namentlich des (mit dem Samaritanismus wegen
seiner theilweisen Anerkennung des Judenthums
verwandten und daher auch sonst auf Simon und
Menander zurückgeführten) basilidianischen, auf
Simon übergetragen, damit man in den Gnostikern
gleich den Simon und in Simon gleich die Gno-
stiker wiedererkenne; aber unmittelbar passt auf
Simon kein gnostisches System, wie auch in den
Homilien der Ausspruch des Paulus gegen Petrus
Gal. 2, 11 dem Simon in den Mund gelegt wird,
nicht um dadurch geradezu Simon und Paulus zu
identifiziren, sondern um die paulinischen Aussprü-
che durch ihre Uebertragung auf Simon, durch ihre
Ineinssetzung mit der widergöttlichen Person und
Lehre des Magiers sich selbst richten zu lassen.
Der Schriftsteller befolgt hier dasselbe Verfahren,
wie andere Vff. späterer Schriften, die in die Zeit
des Urchristenthums zurückdatirt wurden; er will
die Ketzereien seiner Zeit niederschlagen, aber weil
er das Ganze in einer andern Zeit spielen lässt,
trägt er ihre Züge nur ganz allgemein auf den Sa-
mariter über. Dass Justin die Beziehung des Si-
mon auf Paulus noch gewusst (S. 319), möchte
sich so leicht nicht behaupten lassen es ist al-
lerdings sehr zu bedauern, vielleicht auch verdäch-
tig, dass man Justins Schriften gegen die Gnosti-
ker, besonders gegen Marcion, wo er sich über
Paulus äussern musste, hat verloren gehen lassen
und ebensowenig möchten wir die ganze Gestaltung
der Simonssage mit dem Vf. schon aus der vorgno-
stischen Zeit ableiten; sie ist vielmehr dadurch am
ehesten erklärlich, dass mit dem Erstehen der auf
Paulus basirten gnostischen Systeme, als bereits
(vielleicht seit den jüdischen Kriegen, in welchen
die Samaritaner, wie auch sonst es klug gefunden
haben mochten, nicht Juden, sondern Heiden zu
seyn) der samaritanische Kult des Gottes Semo (s.
Baur's Gnosis S. 304 ff.) mit der historischen Per-
son Simons in Verbindung gesetzt werden konnte,
bei den Ebioniten ihrer ganzen sonstigen, allen Ab-
fall von einzelnen historischen Personen ableitenden
Geschichtsanschauung gemäss (s. Rekogn. 1, 30 ff.
und die Syzygientheorie) die gesammte von Paulus
ausgegangene gotteslästerliche antijudaistische Be-
wegung auf den Samariter zurückgeführt und da-

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durch sattsam in partem pessimam charakterisirt oder vielmehr karrikirt wurde. So war denn die Gestalt des Simon nicht gerade eine Substitution für Paulus, so materiell ist die Sache nicht; dieser kann nur immer auch in ihr mitgemeint seyn, wo man gerade gegen ihn polemisiren will, aber überall ist dies nicht der Fall, heute ist Paulus, ein ander Mal Basilides, dann wieder Marcion, hie und da auch die Vertreter der Logoslehre unter ihm versteckt. Die Behauptung des Vf.'s S. 80), dass in einigen Stellen des ersten Buchs Paulus als Simon, als Stimmführer der Samariter bezeichnet werde, ist nicht richtig; die Rekognitionen, weil sie nicht vorzugsweise Marcion bekämpfen, haben in ihrem Simon nicht wie die Homilien ihn und Paulus direkt im Auge, sondern begnügen sich, am Letzteren sich dadurch zu rächen, dass durch seine Verfolgungen Petrus zum Verlassen Judäa's, zum Hinausgehen unter die Heidenwelt veranlasst und so dem Paulus sein Verdienst der Heidenbekehrung genommen wird. Hingedeutet ist in der Angabe, dass Simon Christen zum Abfall verleite (1, 72), allerdings auch auf Paulus; aber die Charakteristik des Verführers wird den Gnostikern entnommen, Paulus soll nicht unmittelbar bekämpft, sondern nur durch eine kurze Andeutung als Urheber der Apostasie bezeichnet werden. Diese Betrachtung der Sache ist allein sowol den vorliegenden Dokumenten als den Grenzen, welche auch die Fiktion sich setzen muss, wenn sie nicht gar zu materiell, zu plump verfahren will, angemessen; nur bei ihr erledigen sich die Schwierigkeiten und Widersprüche der Angaben über Simon, welche namentlich die S. 191 citirte Stelle der Homilien enthält, wo die Verfechtung des samaritanischen Lokalkultus gegen den jerusalemischen mit den gnostischen und heidnischen Elementen bunt durcheinander gemischt ist; nicht Paulus ist das ursprüngliche Subjekt, auf das dann die Züge des Heidenthums und der Gnosis, sondern das ursprüngliche ist der Samariter, auf den die Züge des Paulus u. s. w. übergetragen werden; Paulus und die Gnostiker sind dadurch gerichtet, dass sie dieselben Behauptungen aufgestellt, wie der sich selbst vergötternde, von Petrus schon längst überwundene Magier. Nimmt man die Schilderung Simons geradezu historisch, so ist sie wirkliche Geschichte, und es bleibt, da sie auf ein bestimmtes gnostisches System nicht passt, nichts übrig als eine eigene von der sonstigen Gnosis verschiedene Lehre Simon's anzunehmen.

(Die Fortsetzung folgt.)

ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG

Monat April.

Patristik.

1849.

Die clementinischen Recognitionen und Homilien, nach ihrem Ursprung und Inhalt dargestellt von Dr. Adolf Hilgenfeld u. s. w.

(Fortsetzung von Nr. 75.)

Auf seinen Antibasilides lässt der Vf. nun wieder einen ältern, vorgnostischen Theil, eine Bearbeitung der auch sonst bekannten ebionitischen Пpíodo Пétqov folgen (Rekogn. 4-7 und die entsprechenden Abschnitte der Homilien). Es erhebt sich hier die Frage: sind nicht unsre ganzen Rekognitionen (oder auch die Homilien) die Iegíodo Πέτρου αἱ διὰ Κλήμεντος γραφεῖσαι, wie sie Epiphanius haer. 30, 15 nennt? Der Vf. widerlegt diese Annahme S. 25 nicht genügend; für ihn sprechen. kann allerdings, dass er S. 176 f. aus Hieronymus einige in unsern Rekognitionen nicht zu findende Angaben der nɛgíodo, wie sie H. vorlagen, beibringt, welche jedenfalls beweisen, dass diese nɛpíodo verschiedene Bearbeitungen erhalten haben, so dass dem Vf. der Rekognitionen eine ältere Gestalt derselben vorliegen konnte, wofür auch noch angeführt werden kann, dass er 4, 36 von 190 Geboten für das christliche Leben spricht, ohne sie näher anzugeben, wie wenn er sie vor sich gehabt, aber der Kürze halber übergehen gewollt hätte (unter den Citaten aus der Passahchronik S. 245 ist das erste der verdorbene griechische Text unsrer Rekognitionen, wie namentlich aus dem Schluss hervorgeht, vgl. Recogn. 4, 13 init.). S. 172 bemerkt nun der Vf., „dass diese negíodo nie als eine besondere Schrift, sondern nur als Anhang und Fortsetzung der Grundschrift existirt haben, welche dann selbst diesen Titel erhalten konnte." Er ist aber auf das innere Verhältniss seiner Grundschrift und der Ilegíodo nicht eingegangen, und doch ist hier zu bemerken, dass die Lehre von Christus (4, 9 vgl. I, 52) und besonders den messianischen Weissagungen (5, 10. 11 vgl. I, 50), vom Urzustand und Sündenfall, vom Ursprung und Ueberhandnehmen des Götzendienstes, von der sündentilgenden

Halle, in der Expedition der Allg. Lit. Zeitung.

Kraft der Taufe (namentlich 4, 32), von der Identität des Christenthums und Judenthums (4, 5), von der Bestimmung des Christenthums für die Heiden (5, 11. 12 vgl. I, 50) in den hier berichteten. Reden an die Heiden ganz dieselbe mit der im ersten Buch, oft fast blosse Wiederholung davon ist, obwohl sie einige eigenthümliche geschichtliche Notizen und beim Sündenfall (s. S. 168) mehr Annäherung an die Erzählung der Genesis enthält, auch keinen Werth auf die (übrigens schon I, 33 nicht als Bedingung des Heils, sondern nur geistig als Reinigkeitssymbol gefasste, somit schon dort gerade wie 5, 31 behandelte) Beschneidung legt; ein Umstand, welcher (die Selbstständigkeit, das frühere Vorhandenseyn der лnεíodo und einer im ersten Buch benützten Grundschrift vorausgesetzt) nur so zu erklären ist, dass diese beiden Schriften Eine Schrift sind, oder Eine gemeinschaftliche Quelle haben, oder der Vf. der Rekognitionen in Buch 1 dieselbe Quelle benutzt wie der ursprüngliche Vf. der nɛíodo. Im ersten dieser 3 Fälle ist geradezu anzunehmen möglich, der Vf. der Rekognitionen habe von Buch 1. 7 gar nichts Anderes als die nepíodo zu seiner Quelle gehabt; und dazu hinzugenommen, dass wir nach Epiphanius diese nɛgioSo nur als eine Schrift des Klemens kennen, hätten die nɛoíodo von Anfang an auch die dvayvwououoi, die Erzählung von Klemens und seiner Familie, in sich enthalten; unsre Rekognitionen wären also, etwa abgesehen von Buch 8-10, ihrem Hauptinhalt nach, nichts als cine der verschiedenen Bearbeitungen, Recensionen der лɛρíodo, die vorhanden gewesen seyn müssen. Jedenfalls sind die Ideen des ersten Buchs dieselben wie die des vierten und der folgenden, nur dort in Anwendung auf das Judenthum, hier auf das Heidenthum; und eben so gewiss mussten die Κηρύγματα Πέτρου, von denen der klementinische Brief spricht, wenn sie existirten, namentlich auch Reden des Petrus an die Heidenwelt oder doch gegen Simon enthalten, wie wir schon gesehen haben. Für die Identificirung der regíodo und dvayvwqioμoi aber scheint diess zu spre

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chen, dass wir uns auch abgesehen von Epiphanius, die erstern nicht ohne die Mittelsperson des Klemens abgefasst denken können, da sie eines beglaubigten Gewährsmanns bedurften. Die Zeitunterschiede, die der Vf. S. 171 und 186 zwischen den περίοδοι und αναγνωρισμοί festzusetzen sucht, beruhen auf keinen festen Daten, da die Bücher 4-6 ihres Inhalts wegen die Gnosis nicht berücksichtigen; und wenn der Vf. so weit geht, ausser dem Vf. der Anagnorismen S. 186 noch einen weitern anzunehmen, der erst die Einführung des Klemens in die ganze Erzählung vollendet habe, weil in den Anagnorismen (Recogn. 7, 5) Klemens nicht durch Barnabas bei Petrus eingeführt werde, so ist Letzteres aus der angeführten Stelle keineswegs zu folgern; sie erwähnt zwar diese Einführung nicht, aber setzt sie voraus, indem in ihr Klemens seinen Umgang mit Petrus offenbar in eine frühere Zeit zurückdatirt als in die, da Petrus cine allgemeine Aufforderung an seine Umgebung gerichtet hatte, ihm auf seiner Bekehrungsreise zu folgen; und es ist auch kaum glaublich, dass der Vf. der Anagnorismen oder wer überhaupt den Klemens in Verbindung mit Petrus brachte, dieses ihm jedenfalls so wichtige, providentielle Ereigniss nicht bestimmter motivirt hätte, als (S. 173) durch eine blosse allgemeine Aufforderung des Petrus an zufällig Anwesende, ihn zu begleiten, unter welchen sich denn auch Klemens befunden hätte, wozu überdiess kommt, dass weder 7, 5 noch 3, 72 (auf welche Stelle 7, 5 zurückweist) von einer ,,Aufforderung", sondern nur von einer Erlaubniss die Rede ist; daher auch nicht (wie S. 173) angenommen werden kann, dass diess die ursprüngliche, den zeоíodo eigene Art gewesen, dem Petrus Begleiter zuzuführen. Ist ferner Klemens erst später in die Erzählung der 6 ersten Bücher hineingebracht worden, so fehlt ihr namentlich auch das beschreibende Element, die Angaben des Klemens über Sitten, Charakter, häusliche Gespräche des Petrus, was Alles in einem nur unter dem Namen des Petrus selbst verfassten, abhandelnden xrovyua nicht anzubringen war. Ich glaube daher, dass auch die neplodo eine klementinische Schrift sind; dass, die ausführlichen philosophischen Erörterungen der letzten Bücher abgerechnet, die Rekognitionen ein jedenfalls in Bezug auf Charakter und Zeit der einzelnen Theile zusammengehöriges gleichartiges Ganzes sind; und dass sie allerdings in Buch 1 mit einer ebionitischen "" Grundschrift" sich berühren mögen, nämlich mit

den ebionitischen zouğaç únoσтóλwv, in welchen nach Epiphanius 30, 16 besonders von den åvaßaðμol und gynous 'Iaxúßov gegen Tempel und Opfer die Rede war (wie Recogn. 1, 36-71). Gerade das erste Buch mit seiner Rechtfertigung des Bruchs der Apostel mit den Juden, mit seiner ausführlichen Behandlung der Genesis des Heidenthums, mit seiner Idee, dass Christus die exspectatio gentium, weist auf die Heidenbekehrungen (nɛpíodo), weist auf Klemens und die Schicksale seiner Familie hin, und kann von Anfang an nur als ein Theil einer Schrift wie die ,,néqodo", nicht als selbstständige Grundschrift existirt haben, auch dem ersten Buch liegt die Zerstörung Jerusalems durch Titus in mythischer Ferne, wenn es der Taufe die Kraft zuschreibt, die, welche sie empfangen, bei dieser Katastrophe unverletzt zu bewahren; auch sonst, z. B. in der ganzen falschen Erzählung des Verhältnisses zwischen den Aposteln und der jüdischen Hierarchie, sowie insbesondere in der Angabe, dass, wenn Paulus nicht dazwischen getreten wäre, das ganze Volk sich hätte taufen lassen (I, 70), im Auftreten der Samaritaner zu Jerusalem, in der Auffassung Gamaliel's als Spions der Apostel, in den 72 Jüngern, in der Beschreibung der Wunder bei dem Tod Christi, liegen seinem Vf. die wirklichen historischen Verhältnisse in ebenso dunkler Ferne als dem der Homilien. Die Religionsgeschichte des ersten und vierten Buchs (diese yɛvɛahoyíaı ảnéqavtoi) gehört ganz in die gnostische Zeit man denke insbesondere an die Propheten des Basilides, an die Tendenz der Ophiten, mittelst der Religionsgeschichte ihr System zu begründen ; die gänzliche Verwerfung des gegebenen Judenthums, die gar nicht mehr essäische Anerkennung der Unvollkommenheit des Moses, setzt eine bedeutend später als der Hebräerbrief anzusetzende Emancipation des Ebionitismus vom Mosaismus voraus; das strenge Urtheil über das Auseinandergehen des jüdischen Volks in verschiedene Sekten ist wie bei Hegesipp nur ein Nachklang der Unzufriedenheit mit den christlichen Häresen, wie im petrinischen Brief die Stelle, wo auf die strenge Einheit des jüdischen Volks im väterlichen Glauben als auf ein Muster für die Christenheit hingewiesen wird, deutlich genug die Zeit der gnostischen Spaltungen voraussetzt. Die Lehre Justin's über das gegebene Judenthum, über Tempel- und Opferdienst ist noch ganz dieselbe mit der des ersten Buchs der Rekognitionen; auch Justin (dial. 25. 64. 45) lässt die unbekehrten Juden,

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