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als sich diametral gegenüber stehende deutsche. Da

nämlich es in dem Nationalcharakter der Franzosen

liegt, bei einer Philosophie vorzugsweise dies im Auge zu behalten, was dabei herauskommt, was für praktische Consequenzen sich daraus ergeben u. s. w., während dem deutschen Philosophen besonders daran liegt, wie es herauskommt, und ihm die Resultate ausser dem Resultiren selbst keinen

Französische Werke über deutsche Philosophie Werth haben, so muss der deutsche Philosoph sich

gewähren ein mehrfaches Interesse und ihr Studium kann uns in mancherlei Weise nützlich seyn. Erstlich sind sie vor Allem geschickt, uns mit dem Stande der Philosophie in Frankreich bekannt zu machen, indem sie zeigen, in wie weit das Philosophiren den Franzosen in Stand setzt, sich in einen andern Gedankenkreis zu versetzen, wie gründlich ferner die Studien sind, die dort der zu machen pflegt, welcher als Schriftsteller über einen Gegenstand auftritt, welches endlich die Principien, von denen man dort bei der Polemik gegen andere Ansichten, als von allgemein zugestandenen ausgehen kann. Doch aber ist dieses Interesse und dieser Nutzen ein untergeordneter gegen den zweiten, dass wir nämlich durch solche Werke uns über uns selbst und über unsere Philosophie orientiren lernen. Das beste Mittel, zu einer bestimmten Ansicht zu kommen, ist das Eingehen auf solche Angriffe, die von einem andern Standpunkt aus unternommen werden, nicht sowol deswegen, weil sie uns dahin bringen, unsere Ansicht zu modificiren

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dies geschicht, wenn man ein gewisses Alter erreicht hat, seltner als man meint sondern weil in der Vertheidigung seiner Sache man ihre Stärke kennen lernt. So selten man in einer Disputation den Gegner überzeugt, eben so oft sich selbst; die Stürme machen den Baum, indem sie ihn erschüttern, wurzelfest. Je weiter der Standpunkt des Gegners von dem eignen entfernt ist, desto instructiver wird der Versuch, sich zu verständigen. Darum aber ist kaum Etwas lehrreicher, als wo dies versucht wird zwischen deutscher und französischer Philosophie, die auch in ihren sich zunächst stehenden Systemen mehr von einander differiren,

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vorzugsweise in den fundamentalen (logisch-metaphysischen) Untersuchungen einbürgern, während der Franzose (das Beispiel des grössten französischen Philosophen, Descartes, bestätigt dies) schnell über sie hinweg, zu den concreteren Theilen der Philosophie, Physik, Psychologie u. s. w. übergeht. Er kann als Franzose für jene Untersuchungen keinen Sinn haben, und da zum Verständniss einer Sache der Sinn für dieselbe, unerlässliche Bedingung ist, so kann er jene Untersuchungen nur verstehen, in sofern er aufhört, als Franzose zu denken, d. h. indem er deutsch denken und (da Sprechen lautes Denken) deutsch sprechen lernt. Damit ist aber auch Etwas ausgesprochen, was in unsern Tagen häufig angeführt wird, um das Todesurtheil über deutsche Philosophie zu sprechen: die Unübersetzbarkeit ihrer Hauptwerke in andere Sprachen. Diese muss zugegeben werden, nicht aber was Ausländer und Deutsche (unter diesen namentlich die Gegner der Philosophie) daraus gefolgert haben, dass damit auch ausgesprochen sey, dass die Lehren der Philosophic nicht allgemeine (menschliche), sondern nur particulare (nationale) Geltung haben könnten. Da nämlich jeder Franzose und Engländer Deutsch lernen kann, so wäre jene Folgerung eben so unrichtig, als wollte man sagen: die höhere Analysis habe keine objective Geltung, weil ihre Sätze von dem, der die Buchstabenrechnung nicht lernen konnte oder wollte, nicht verstanden werden können. Die Sache ist diese: was in der Philosophie nur deutsch ist, d. h. die bis zu den letzten Abstractionen gehende metaphysische Begründung, dies kann auch nur deutsch dargestellt werden. Wie die deutsche Sprache einerseits durch

ihr unbeschränktes Recht, Infinitiven, Präpositionen, ja ganze Phrasen substantivisch zu nehmen, neue Composita einzuführen u. s. w., mehr als irgend eine andere gemachte Abstractionen im Ausdruck fixiren kann, so gibt ihr andererseits die Leichtigkeit, mit der sie Fremdwörter aufnimmt, eine Menge, ursprünglich gleichbedeutender, Ausdrücke, welche, da am Ende keine Aussprache völlige Synonyma duldet, allmählig feine Unterschiede andeuten oder wenigstens beliebig zur Andeutung derselben verwandt werden können (z. B. ethisch, moralisch, sittlich u. dgl.). Endlich aber kommt die Menge von Worten, welche dem Anschein nach verschiedene, doch aber verwandte, Begriffe bezeichnen, dem Philosophen zu Statten, wo er zumuthet, zwei von dem isolirenden Verstande getrennte Vorstellungen zu einem Begriff zu verbinden. Die Appellation an diese Doppelbedeutung, die dem Ausländer als ein blosses Wortspiel erscheint, hat die ernste Seite, dass sie zeigt, wie der Schöpfer unserer Sprache, der Geist unseres Volks instinctartig verband, was die Vernunft zu verknüpfen vorschreibt. Alles dieses findet in andern Sprachen nicht Statt, ja die französische bildet in vieler Hinsicht darin gerade den Gegensatz gegen die deutsche; darum ist sie nicht fähig, dass in ihr Untersuchungen angestellt werden, wie in Kants Kritik der reinen Vernunft oder in Hegels Logik.

(Die Fortsetzung folgt.)

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Wenn hier die israelitische Religion der ersten, die griechische der zweiten, die germanische der dritten Stufe zugetheilt ist, so haben wir gegen diese Anordnung bereits in der Recension des ersten Theiles von dem Buche desselben Vf.'s: Mythologie und Offenbarung, 1845 (A. L. Z., 1846 Juliheft) Protest eingelegt. Auf jeden Fall wird das Judenthum den Uebergang zum Christenthum bilden müssen, und die germanische Religion weiter rückwärts, etwa bei der persischen, ihren Sitz einnehmen, während die griechische mit der egyptischen die meiste Verwandtschaft zeigt, und die persische wohl unmittelbar vor die jüdische gehört. Die historischen Beziehungen sprechen offenbar mehr für unsere Anordnung als für die des Vf.'s. Indessen verzichten wir gern auf die vollkommene

Fähigkeit innerhalb des Gebietes der sogen. vorchristlichen Religionen, welche im Einzelnen sich in sich selbst oft stark verändert haben, eine unumstössliche Reihenfolge, von der niederen zur höheren, herzustellen. Es ist kein Unternehmen gewagter als dieses, einen begrifflichen Fortschritt nachzuweisen, wo man mit dem historischen in unlösbaren Konflikt geräth, und umgekehrt. Oder sollen nicht mehrere Völker zu gleicher Zeit auf einer und derselben Stufe stehen können, namentlich da die vorrömische Zeit die Völker noch gar nicht in einen weltgeschichtlichen Fluss, in eine processirende Kontinuität gebracht hatte? Dieser Mangel zieht durch die Trichotomie des Vf.'s einen starken Strich, welcher keineswegs der rothe Faden der Verbindung ist. Wir wollen übrigens den Verdacht, dass N. die Dreitheilung der unmittelbaren, reflektirten und freien Naturreligion seinem trichotomischen Schema zu Liebe gemacht, und die einzelnen Religionen in der angegebenen Weise untergebracht habe, hier nicht ausgesprochen haben, weil wir keinen Raum haben, denselben zu beweisen. Nur kurz und beispielsweise wollen wir erwähnen, dass es uns nicht eingeleuchtet hat, warum die mindestens ebenso abstrakte chinesische Religion der unmittelbaren, die indische aber der reflektirten Naturreligion angehören soll. In moralischer Hinsicht steht erstere wol unbezweifelt über der letzteren.

Sind wir nun mit der Religionsgeschichte fertig? Es scheint so. Denn wir sind am Ende der ,,philosophischen Religionsgeschichte" oder der „Ethnographie des religiösen Geistes" angekommen. Aber soll denn die vorchristliche Religionsgeschichte mit der philosophischen Religionsgeschichte überhaupt identisch seyn? Soll die Naturreligion über die Zeit der Erscheinung Christi hinaus bis in unsere Tage keine Geschichte und das Christenthum keine historische Entwicklung haben? Wir müssen Jenes wie Dieses behaupten, so wie, dass bis jetzt auch das Christenthum einen ethnographischen Charakter trägt, obwol wir zugeben, dass es mehr als andere Religionen eine universelle Aufgabe verfolgt. Indess über das Mehr, über den relativen Unterschied zu einem absoluten hinauszugehen können wir uns nicht entschliessen. Jede Religion hat ihre über die Volksgrenze hinausgehende Propaganda, und nach dem Vf. selbst ist das Wesen der Religion so wie Gottes stets und überall sich gleich. Ja S. 150 gibt zu, dass das Christenthum zum Theil ,, das Resultat einer vorausgegangenen geschichtlichen Vermittlung" sey, und S. 151 lässt es der

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realen Möglichkeit nach" vom Anfang der Welt an gesetzt seyn.

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Christenthum ist laut anderweitiger Erklärungen noch bis auf diesen Tag mit Mythen u. s. w. behaftet, also eine Stufe in der Phänomenologie. Denn (§. 161),,die Grundidee des Christenthums, die Einheit Gottes in der menschlichen Persönlichkeit, trat darum, sobald sie sich in die entzweite, zerrissene Welt einbilden sollte, vorerst wieder als der Gegensatz ihrer Elemente hervor, und stellte sich als theoretischen und praktischen Dualismus dar." Indem uns nun die Entwicklung durch das Urchristenthum und den Katholicismus zu dem Protestantismus führt, setzt N. zum dritten Male seine Ansicht von dem schleiermacherschen, hegelschen und anderen Standpunkten, an welche sich „, die Vollendung des Christenthums in der Zukunft" (§. 189

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So sind wir also zu dem zweiten Theile, zu der,,Ideologie des religiösen Geistes" oder zu der ,, absoluten Religion" gekommen, mit andern Worten zum Christenthume. Der Knotenpunkt liegt unzweifelhaft in der Person Christi. Von ihr sagt N. (S. 155):,,Als die geistige Entwicklung der vorchristlichen Menschheit bis zu demjenigen verschwindenden Punkte gediehen war, wo einestheils das Werden der Gottesanschauung nur noch Eines Schrittes bedurfte, um zur wahren Offenbarung Gottes in der Menschheit umzuschlagen, andererseits die Idee der menschlichen Persönlichkeit im Begriff stand, sich wahrhafte Realität zu geben, wo also die Versöhnung der Menschheit in Gott, die Erlösung der-215) anschliesst, auseinander. Als Ziel dieser selben von der Endlichkeit und dem Zwiespalte des sinnlichen Lebens wirklich werden konnte: da ward erfüllt, was die jüdische und heidnische Welt bisher vergeblich erstrebt hatte, als eines Menschen Sohn den Sprung in Gott wagte, und die Kraft des Bewusstseyns und Willens besass, um sich in Gott zu erfassen und festzuhalten." Dass Christus der absolute Mensch, dass er absolut mit Gott versöhnt, dass sein Leben und Leiden ein absolutes" war (S. 157) u. s. f., ist nur Gegenstand und Inhalt des Glaubens, welcher übrigens gegen den,,Sprung in Gott" protestiren wird. Der haltbare Beweis eines so oder so beschaffenen historischen Christus ist nicht zu führen, und N. hat ihn auch nicht versucht zu führen. Da er übrigens die Wunder, die Auferstehung Christi und Anderes leugnet, so bleibt ihm neben dem Faktum, dass er wirklich gelebt hat, wesentlich nur der ideale Christus, von welchem er §. 147 sagt: „Der zum allgemeinen Leben der Menschheit sich erweiternde und die Weltgeschichte durchdringende Christus, als die wahrhafte Persönlichkeit des Geistes, bildet den Mittelpunkt der Kirchengeschichte." Will er dieses geistige Lebensprincip den geschichtlichen Christus nennen, so hat er in sofern ganz Recht, als dieses Leben eine objektiv-geschichtliche Macht, wenn auch nicht die empirische Person Jesu von Nazareth ist.

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Es ist bei N. eigentlich nur der Eine Punkt der historischen Person Christi, welcher in den Process der Geschichte nicht aufgehen will, sondern einen festen Knoten, das erreichte Ziel aller religiösen Entwicklung zu bilden scheint. Denn sofort hinter diesem Damm fängt die Geschichte wieder an zu fliessen, und die Apostel haben nach NV. offenbar den Sprung in Gott nicht mitgemacht. Ja das

Vollendung ist die freie und selbstbewusste Versöhnung der Welt mit Gott" oder die Ueberwindung der Einseitigkeit (S. 189) hingestellt, und diese in S. 191 näher so erläutert:,,So besteht nun die Aufgabe der Philosophie als Religionsphilosophie darin, das Wesen der Religion als dem wahren Wesen des Menschen immanent und mit demselben identisch aufzuzeigen. In sich selbst ist aber das Subjekt die tiefste Entzweiung, die sich nur dadurch lösen kann, dass es sich mit seinem ganzen Selbst einem Anderen hingibt, das an sich kein Selbst, kein Ich ist, und in diesem sich selbst und seine Freiheit wiederfindet." Ueber dieses selbst- und ichlose Andere haben wir uns schon erklärt, und N. selbst weiss mit ihm um so weniger etwas anzufangen, als ihm die Idee der Religion die konkrete Idee der Menschheit ist (S. 192). Ist auch diese letztere näher" als Gottmenschheit" bezeichnet, so ist dieses doch nur ein anderes Wort, wenn anders damit nicht gesagt seyn soll, dass die Menschheit der Gott sey. Aber freilich gegen diesen Pantheismus wehrt sich das Buch auch hier wieder; es gibt zwar zu, dass Gott ohne Welt nicht Gott sey, fügt aber sofort (S. 196) hinzu: „Dies heisst aber nicht etwa, als ob die Welt das Wesen in seinen besonderen Inhaltsbestimmungen entfalte; was sie entfaltet, ist vielmehr ihr eignes Weltwesen; sie legt nur den Inhalt ihrer eignen in Gott ruhenden Substanz auseinander." Gott, heisst es ferner, ist an sich ewig über die Welt hinaus, aber sein an sich seyendes einfaches Wesen,, unerfassbar." Da haben wir's: Gott ist unbegreiflich und N.'s Gott für unsere Kritik unangreifbar.

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Indess N. besinnt sich; er fühlt, dass es nothwendig sey, Gott auf eine andere Weise mit der

Welt zu vermitteln, und greift deshalb nach dem ,,Logos" oder der ,,konkreten Entwicklung der Welt in Gott." Sonderbar freilich, dass er den Logos auch das Ich nennt, welches die Welt oder die Natur (acc.) schafft, und dennoch behauptet, dass Gott kein Ich sey. Es fällt also auch hier wieder Gott als ein irrationales Moment ganz aus der Dialektik der Gegensätze, resp. des religiösen Verhält nisses heraus. Diese Gegensätze sind nach N. Freiheit und Nothwendigkeit (d. h. doch wol: Ich und Nichtich), und haben ihre Versöhnung in dem Zeugungs- oder Gattungsprozesse, welcher indess noch nicht die freie vermittelte Versöhnung, der absolut sittliche Organismus des Gottesreiches ist. Dieses Gottesreich fällt nach N. in die Zukunft; ob aber in die Zukunft der Geschichte oder des Ideals, bleibt unentschieden, und auch der dritte Theil: Die Pragmatologie der religiösen Idee oder der praktische Organismus der absoluten Religion, führt uns nicht weiter. Nur das tritt in diesem Abschnitte deutlich heraus, dass N. unter diesem Organismus den socialen Humanitätsstaat, den absoluten Völkerbund versteht (vgl. S. 222 u. §. 230).

Ueberhaupt können wir in diesem letztern Abschnitte kein treibendes dialektisches Fortschrittsprincip erkennen; er enthält nur Wiederholungen von schon Dagewesenem, welchem hier vorzugsweise das Prädikat des absoluten in reicher Fülle beigegeben ist. Damit haben wir zugleich die ganze formelle Darstellung des Vf.'s kritisirt. Sie besteht in der unverdrossenen Durchführung der Dreitheilung von These, Antithese und Synthese, und zieht das Goldstück des konkreten Stoffes in einen theoretischen Draht auseinander. Durch die unendliche Reihe der abstrakten Kategorien und Wiederholungen wird das Studium abgespannt, und kommt am Ende todmüde an. Man wird allerdings durch die gelungene Durchführung eines konkreten dialektischen Princips in einzelnen Partien recht sehr befriedigt; aber im Ganzen muss man den mühsamen Fleiss beklagen, welcher so viel Zeit und Papier auf Form und Ueberschriften verwendet hat. Hätte er sich mehr koncentrirt und alle die Wiederholungen vermieden, so würde er nicht die Hälfte des Raumes gebraucht und die Lektüre anziehender gemacht haben. Das Buch will nun aber freilich nicht blos die Anregung zu einer Neugestaltung im Ganzen, sondern auch zugleich den Abschluss und die Darlegung einer Dogmatik im Einzelnen geben.

N. nimmt, dem abstrakt- objektiven hegelschen Standpunkte gegenüber, seinen Ausgang sehr richtig von der Subjektivität oder Anthropologie; aber da er aus Furcht vor dem Pantheismus nicht zu dem Nichtich, dem Universum konsequent fortschreitet oder vielmehr nicht sofort als ein Moment in dem Prozesse setzt, so bleibt Gott ein nur äusserlich Hervorgebrachtes, das mit dem Ich keine organische Verbindung hat. Damit wollen wir ihm keineswegs den Vorwurf machen, dass er über den Dualismus nicht hinausgekommen sey. Keine Redensart ist heut zu Tage wohlfeiler als diese, und dennoch eine Entwickelung ohne Dualismus ganz unmöglich. Sobald Jemand alle Gegensätze überwunden hätte, wäre der Tod, das Ende der Geschichte, des Denkens da.

Wir glauben mit N., dass eine richtige Darstellung des Wesens der Religion nur genetisch – anthropologisch verfahren kann, ohne freilich das Nichtich vernachlässigen zu dürfen; aber von dem Individuum der einzelnen Menschen müssen die einzelnen Völkerindividuen schärfer gesondert werden. Nur so erweist es sich klar, dass eine von aller Geschichte unabhängige Darstellung der Religion ein nichtiges Abstraktum ist; nur so kann das Bleibende (wenn es ein solches gibt) von dem Wechselnden gehörig unterschieden werden. - Wir anerkennen vollkommen, dass N.'s Werk durch seinen Versuch, einen organischen Zusammenhang in die gesammte Religionswissenschaft nicht blos in die christliche Theologie - zu bringen, im Gegensatz zu den bisherigen theologischen Encyklopädien einen Fortschritt gemacht hat, allein diese behaupten den Vorzug, praktischer zu seyn, d. h. genügendere Nachweisungen über die Literatur u. s. w. zu geben.

Schliesslich können wir nicht unterlassen, uns einigermaassen darüber zu wundern, dass das vorliegende Buch, welches nur eine Umarbeitung des Buches von demselben Vf.: Mythologie der Offenbarung, ist, sich nicht vielmehr eine zweite Auflage desselben genannt hat. Wenn uns aber die erste Auflage wir wollen das Buch so nenmehr genügt hat, so liegt der Grund vielleicht darin, dass die Sache bei der zweiten Ausgabe den Reiz der Neuheit verloren hat. Die Sprache in der,, Mythologie und Offenbarung" ist indess unzweifelhaft frischer und schwunghafter.

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ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG

Monat März.

1849.

Halle, in der Expedition der Allg. Lit. Zeitung.

Französische Werke über deutsche Philosophie. Die Gedanken, welche zuerst nur in der grössten

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Eine wichtige Instanz dagegen scheint zu seyn,

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dass doch nicht nur Decartes, sondern einer der tiefsinnigsten Philosophen Deutschlands, Leibnitz, in französischer Sprache philosophirt haben. Man vergisst aber dabei, dass die Periode der Philosophie, in der wir stehen, neben vielen andern Aufgaben, welche für die frühern Philosophen die einzigen waren, auch die hat, die spinösesten metaphysischen Untersuchungen der Vorzeit, namentlich auch die, welche in griechischer Sprache (die in vieler Beziehung der deutschen verglichen werden kann) angestellt wurden, sich einzuverleiben, und dass derselbe Leibnitz, auf den man sich beruft, diese Aufgabe divinirend, geweissagt hat, die deutsche Sprache sey die eigentliche Sprache der Philosophie. Er fühlte, dass für dieselbe bald neue Aufgaben würden gestellt werden, zu deren Lösung die von ihm gebrauchten Idiome nicht ausreichen würden, und dieses Gefühl hat vielleicht mit dazu beigetragen, ihn nach einer Universalsprache suchen zu lassen, welche, wie Schleiermacher in seiner trefflichen Abhandlung über Sprachmengerei angedeutet hat, in der Alles verbindenden deutschen Gelehrtensprache gegeben ist. Wir wiederholen daher: die metaphysischen Fundamentaluntersuchungen, die dem Deutschen in der Philosophie als die Hauptsache erscheinen, und die er eben deswegen als die „tiefsten" zu bezeichnen pflegt, diese sind mehr oder minder das rein Deutsche darin und darum unübersetzbar ins Französische. Aber nur dieses. Die praktischen Folgerungen aus jenen Principien kann, weil er für sie Sinn hat, der Franzose sehr wohl fassen, ohne seine Nationalität bei Seite zu legen. Daraus aber folgt noch Weiteres: Ein jedes philosophische System wird praktisch, indem es den streng wissenschaftlichen Charakter aufgibt und in die Vorstellungen aller Gebildeten aufgenommen wird.

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Strenge genommen wurden und darum an ihre bestimmten Termini gebunden erschienen, werden, indem sie Gemeingut auch Solcher werden, die nicht gewohnt sind, bewusste Abstractionen zu machen, in weniger schulmässiger Weise ausgesprochen: eine Veränderung, die eben wegen der zurücktretenden scharfen Begriffsbestimmungen eine Verflachung des Ursprünglichen ist, zugleich aber ein Fortschritt, weil aus diesen allgemein herrschenden Vorstellungen neue philosophische Systeme hervorgehen, gleich neuen und schönern Pflanzen, die zu ihrem Boden verrotteter, minder edler Vegetabilien bedürfen. Je mehr nun eine Philosophie diesen populären Charakter angenommen hat, um so weniger wird, was oben das ächt Deutsche in der Speculation genannt wurde, Statt haben. Die Deutschen selbst werden sich gewöhnt haben, verschiedner Worte für einen Begriff sich zu bedienen, wenn sie nur ungefähr ihm entsprechen, strenge Terminologie wird allmählig als gegen den guten Ton erscheinen, die geistreiche Conversation den streng methodischen Fortschritt vertreten. Dann ist die Zeit gekommen, wo man der Philosophie, da sie doch einmal ihre Sprache aufgegeben hat, auch zumuthen kann, eine fremde zu sprechen. Und hierin liegt ein drittes Moment, warum französische Werke über unsere Philosophie uns fördern können. Sie zeigen uns, in wie weit ein philosophisches System den Schulcharakter abgelegt hat; so weit ist dies geschehen, als die Untersuchungen, die ursprünglich sich an den deutschen Sprachgebrauch anlehnten, in wirklichem Französisch wieder gegeben werden können. Weiter, indem wir beim Lesen eines solchen Werks, auch wo sein Vf. das Deutsche sehr gut versteht, immer wieder auf Stellen stossen werden, wo wir von ihm den ursprünglichen Gedanken anders ausgedrückt wünschen, ist dieses innerliche ins Französische Uebertragen für uns selbst ein Mittel, jene eben charakterisirte Verwandlung vorzunehmen; denn was wir im Stande sind französisch zu expliciren, das vermögen wir

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