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überall richtig erkannt und mit der wünschenswerthen Genauigkeit behandelt hat, dass er sich dagegen mit Vorliebe und Erfolg der Erforschung der Dogmengeschichte zuwandte, „von welcher gewöhnlich weit mehr geredet als gewusst wird." Nimmt man hinzu, dass er von seinen Lesern einen sogar gewissen Sinn für historische Gestaltungen und Entwicklungen statt des blossen Haschens nach den letzten praktischen Resultaten" fordert, einen Sinn, den er bei dem Leserkreise, auf welchen jene Captationen der Vorrede berechnet sind, zuverlässig nicht antreffen wird, so kann man nur bedauern, dass er, anstatt den vorübergehenden Stimmungen und den Anmassungen des Tages Rechnung zu tragen, deren Nichtigkeit ihm einleuchten musste, nicht vielmehr der unvergänglichen Würde seiner Wissenschaft durch jene unabhängige Haltung gehuldigt hat, welche unter Anderm in Biener's eben erschienenen Abhandlungen so liebenswürdig und achtbar hervortritt. Ueberhaupt dürfte es in einer Zeit, welche die constitutionellen Freiheiten Englands erstrebt, eher anzurathen seyn, Englands religiöse Scheu vor dem Recht des Landes, scine Achtung der traditionellen Rechtselemente, seine Pictät vor der eigenen Geschichte, diese starken Garanticen ächter Freiheit zum Muster zu nehmen, als die nach gerade veraltete französische Codificationsidee des achtzehnten Jahrhunderts. Die Frucht der französischen Religions- und Gesetzmacherei ist eine Freiheit, die im Vergleich mit der englischen nur eine Scheinfreiheit genannt werden kann; und wo man in Deutschland in ähnlicher Weise die Verbindung mit unserer geschichtlichen Vorzeit zerstört hat, da ist die Haltung mancher Juristen der Art gewesen, dass Savigny's Ansichten über den legislativen Beruf unserer Zeit keine bessere Apologie hätte finden können, wenn sie nur weniger traurig wäre für ein vaterländisch gesinntes Gemüth. Möchten wir es doch nicht andern Völkern überlassen, unsere Ideen historischer Rechtserzeugung praktisch und fruchtbringend zu machen, wozu sogar die neueste französische Rechtsschule einen Anlauf nimmt. Möchten wir niemals vergessen, dass nichts mehr die Gesetzlichkeit untergräbt, als der leichtfertige Wechsel der Gesetzgebung, und dass unsers grössesten Dichters Wort, nach welchem sich die Rechte als eine ewige Krankheit von Geschlecht zu Geschlecht fortpflanzen, dem „, Junker Satan" als Lehrer der Weisheit in den Mund gelegt wird.

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Doch zur Sache. Die allgemeine Anlage des Buchs ist folgende. Der Vf. stellt zunächst die Gestaltung historisch dar, welche das römische Besitzrecht seit dem Mittelalter bis auf die neueste Zeit bekommen hat, um ihr Verhältniss zum römischen Recht zu bestimmen und für die philosophische Erkenntniss so wie für eine neue legislative Gestaltung des Besitzrechts eine vollständige Grundlage zu gewinnen. Diese historische Nachweisung füllt sieben von den acht Kapiteln, also den bei Weitem grössten Theil des Buches. Den Ausgangspunkt bildet das rein römische Recht, selbst das ältere Recht der Interdicte ist nicht ausgeschlossen, dem römischen Rechte wird das altersschwache und hinfällige byzantinische sofort angereiht. Die römische Besitztheorie ist von den Glossatoren in ihrer völligen Reinheit von Neuem ins Leben gerufen und erst später mit mancherlei Aenderungen und Zuthaten versetzt (Abschn. 2). Als Quelle dieser Zuthaten pflegt das canonische Recht angeführt zu werden. Es wird deshalb im dritten Abschnitt untersucht, in welcher Weise diese Modificationen im canonischen Recht sich ausgebildet und demnächst mit dem römischen verbunden haben. Es ergiebt sich, dass die Entwicklung der Form nach mehr oder weniger bestimmt an das römische Recht anknüpft. Ihr Inhalt dagegen ist theils rein zufälliger Natur, theils durch die eigenthümlichen kirchlichen und politischen Verhältnisse des Mittelalters hervorgerufen. Im spätern Mittelalter dringt diese in einigen Punkten noch erweiterte canonistische Theorie und Praxis in die weltlichen Gerichte Italiens ein (Abschn. 4). Von einem unmittelbaren Einflusse germanischer Rechtsideen hat sich bisher keine Spur gezeigt, die canonistische Rechtsbildung erscheint vielmehr als eine durchaus abstracte, über den Volksrechten stehende. Es bleibt jedoch die Möglichkeit, dass unter den römischen Formen germanische Volksansichten in's Leben getreten wären. Daher wird der Darstellung des Uebergangs des italienischen Rechts in die andern europäischen Länder vorerst im fünften Abschnitte cine selbstständige Untersuchung des nordischen und mittelalterlichen deutschen Besitzrechts vorausgeschickt. Sie ergiebt, dass der Einfluss desselben nur im Quasibesitz der Rechte von einiger Erheblichkeit ist, während im Uebrigen die Idee eines selbstständigen vom Petitorium getrennten possessorischen Schutzes dem germanischen Recht bis dahin ganz fremd blieb. Nachdem so die

Entstehung der modernen Gestalt des römischen Besitzrechts entwickelt ist, wird dessen Verbreitung über Spanien und Frankreich kurz, über Deutschland vom 16. bis 19. Jahrhundert ausführlicher nachgewiesen (Abschn. 6), und endlich die Wanderung durch die Litterar- und Dogmengeschichten mit einer Musterung der neuern Gesetzbücher Baierns, Preussens, Frankreichs, Badens, Oesterreichs und Hessens im siebenten Abschnitt beschlossen.

(Die Fortsetzung folgt.)

Ungarn.

Die Geschichte Ungarn's von den ältesten Zeiten bis zum Tode Franz I. In umfassender Kürze dargestellt von Joseph Chowanetz. gr. 8. X u. 213. S. Hamburg und Gotha, Fr. und Andr. Perthes. 1847. (11% Thlr.)

Constitution: Treue dem König und seinem Hause.
und Achtung den heimischen Gesetzen; er will die
Entwickelung ihrer Wohlthaten, er will Gerechtig-
keit für Alle, er verlangt trotz alles Widerstan-
des der unverbesserlicheu Aristokraten die Ein-
setzung des Bürger- und Bauernstandes in seine
geziemenden Rechte und den Antheil beider, be-
sonders aber des ersten, zu einer seiner Würdig-
keit entsprechenden Mitwirkung in den öffentlichen
Geschäften. ,, Bevor dies nicht geschehen ist,
steht es uns keineswegs zu, uns mit unserer alten
Constitution zu brüsten. Haben wir dann den Feu-
dalismus beseitigt, so wollen wir uns vor dem mo-
dernen Constitutionalismus hüten, wie ihn uns süd-
westliche Staaten von Europa zeigen, um nicht
aus der Scylla in die Charybdis zu kommen. Freuen
wir uns
unserer historisch begründeten Constitu-

Es ist immer ein gutes Zeichen, wenn ein Ungar tion, bauen wir sie treu und bedachtsam aus; und ist uns schon ein Vorbild nöthig, so sey dies England in seinem riesenstarken, altehrwürdigen Bau, dessen Gutes wir nachahmen können, ohne in des

für ein Buch über die Geschichte seines Vaterlan-
des sich einen deutschen Verleger wählt, und in
dem gegenwärtigen Falle ist es noch erfreulicher,
wenn wir am Schlusse des Buches lesen, wie er
den Geschichtschreiber Engel lobt, der ebenfalls in
deutscher Sprache geschrieben hat, und erklärt, dass
Ungarn zwar von Slaventhum nichts zu lernen habe,
dass es aber Deutschland nicht entbehren könne,
am wenigsten die Mitwirkung Deutscher Sprache
und Literatur. Müssen uns nun schon solche Ur-
theile für Hr. Chowanetz einnehmen, so geschieht
dies im gleichen Grade durch sein mit Fleiss und
Herzenswärme verfasstes Handbuch über die Ge-
schichte seines Vaterlandes, nicht minder durch
seine Unparteilichkeit, welche grade in der jetzi-
gen Zeit, wo Ungarn an den heftigsten inneren
Kämpfen darniederliegt, die höchste Achtung ver-
dient. So redet er in der Vorrede die Seinigen an:
Theure Landsleute! Hüten wir uns vor dem, was blos
glänzt. Nur zu sehr sind wir geneigt, ihm nachzujagen.
Wenn irgend eine, so ist es unsere Geschichte, die dies be-
weist. Gewiss, edel und hochsinnig ist des Ungarn Herz;
aber,
vom Sturm der Phantasie fortgerissen ist es unser
Geist, dem oft die kalte und gerechte Abwägung fehlt.
So wird unsre edle Absicht zur That, gegen die, befragten
wir jetzt unser Herz, dieses nicht selten heftigen Protest er-
hōbe. Dahin möge es kommen, dass immer mehr der

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ruhige Verstand unter uns walte; er ist der zuverlässigste Freund gegen uns wie gegen Andere. Nachdem unsere Phantasie uns schon so schlimme Dienste geleistet so dachte ich, dass wir sie für einige Zeit auf recht schmale Kost setzten; durch solche Diät würde Niemand mehr gewinnen als

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unser eigner und zwar der ganze Mensch." In demselben Sinne nennt er als die Grundsätze der Ungarischen

sen Fehler zu verfallen."

Allerdings ist das nicht die Sprache, welche die Ungarischen Radicalen und ihr eben so energi1. fühscher als fanatischer Führer, Kossuth, ren, aber sie ist die Sprache des rechtlichen und sein Vaterland aufrichtig liebenden Mannes, der frei von allen Nebenrücksiehten ist, ohne welche jene Partei niemals auftritt. Von dem Buche des Hrn. Chowanetz lässt sich nun weiter sagen, dass dasselbe auf umsichtiger Benutzung aller Quellenschriftsteller, deren Namen auch oft unter dem Texte genannt sind (wir halten dies jedoch bei einer so unbestimmten Citirweise für unnöthig) beruht, und dass es durch gedrängte Uebersicht und klare Darstellung den Erfordernissen entspricht, welche man jetzt an einen solchen historischen Abriss zu stellen gewohnt ist. Als Belege hierzu möchten wir die Regierungsgeschichten Arpad's, Stephan des Heiligen, Koloman's I., Ludwigs des Grossen, Matthias Corvinus, Joseph's II. und der Maria Theresia nennen. Ferner sind die oft so verwickelten Thronstreitigkeiten, wie z. B. die Ferdinand's I. und des Grafen Zapolya oder die der Oesterreichischen Erbfolge, mit Klarheit entwickelt und bei einzelnen kriegerischen Begebenheiten wird die Lebendigkeit der Darstellung nicht vermisst, welche bei wichtigen vaterländischen Begebenheiten einen so guten Eindruck zu machen pflegt. Wir führen hier nur die Belagerung Ofen's

im J. 1685 (S. 178 f.) an oder Eugen's v. Savoyen
Thatch bei Belgrad im J. 1717 (S. 187), und be-
merken, dass vom Blutbade zu Eperies (S. 179)
nicht die vielen Grausamkeiten aufgezählt sind,
in deren Anhäufung Hormayr in den ,, Lebensbil-
dern aus dem Befreiungskriege" und in den ,,Ane-
monen"
"eine besondere Meisterschaft bewiesen
hat. Dass dagegen auf S. 129 die furchtbare Hin-
richtung
des Kurutze-Anführers Dósa im J. 1514
an.
nicht übergangen ist, müssen wir als einen cha-
rakterischen Zug für die Geschichte jener Zeit bil-
ligen. Endlich hat die Enge der gesteckten Grän-
zen Hr. Chowanetz nicht verhindert, einzelne Puncte
der vaterländischen Alterthümer im Texte oder in

den Anmerkungen zu berühren. So finden wir
(S. 87), dass man die goldne Bulle des Königs An-
dreas sehr unrichtig die Magna Charta oder die
Habeas Corpus - Acte der Ungarn genannt hat; auf
S. 83 erfahren die Leser, dass bei der Krönung
Maria's I. 1382 zuerst der diplomatische Staatstitel
rex Hungariae für die regierende Königin von Un-
garn angenommen sey, woher denn auch für Man-
chen sich der bekannte Ausruf der Ungarn am 11.
Sept. 1741 Moriamur pro rege nostro Maria There-
sia erklären wird; auf S. 188 wird der Unterschied
zwischen den Ausdrücken,,Krönungsdiplom" und
,,Kapitulationsdiplom" erklärt, von denen jener seit
der Erbfolge Oesterreichs die von jedem Könige
ausgestellte Freiheitsurkunde bezeichnet, dieser in
die Zeit der Wahlkönige gehört, u. dgl. m.

Die äussere Ausstattung empfiehlt gleichmässig mit dem Inhalte dies der allgemeinern Belehrung gewidmete Buch.

anjalo Exegese des Alten Testaments.

Der Prophet Ezechiel. Erklärt von Dr. Ferdi-dinand Hitzig u, s, w.

(Beschluss von Nr. 3.) Dass eine solche Darstellung sich nicht,, bequem liest", sondern stete Wachsamkeit und eignes Nachdenken fordert, wäre, wenn überhaupt einer, ein Nachtheil, den man mit ihren reichen Vorzügen gern in den Kauf nähme. An einzelnen besonders schwierigen Stellen, welche eben darum. nur kritische und exegetische Ansichten des Vf.'s in besonders grosser Zahl hervorgerufen haben, hätte er übrigens seinen Lesern die Sache doch etwas leichter machen sollen; hier kann man oft nur mit wahrer Anstrengung den Schlag auf aus den Schlag auf Schlag sich folgenden Sätzen von wahrhaft räthsel

hafter Kürze, deren jeder eine neue kühne Combination enthält, die Ansicht des Vf.'s sich klar machen. Als ein Beispiel solcher wirklich allzuschwierigen Darstellung führen wir nur die Bemerkung zu c. 7, 3-11 an. Zuweilen selbst streift, wie auch sonst Gegensätze sich berühren, der Bürger der Republik Zürich in seinem Streben nach prägnanter Kürze des Ausdruckes ganz nahe an den königlichen Lapidarstyl der Walhallagenossen So steht gleich im ersten S. der Vorbemerkungen der Satz:,,Durch die Geburt zum Priester bestimmt, wurde er Prophet erst, nachdem er darauf priesterliche Functionen auszuüben verzichten gemusst, und zwar im Raume fern von der bestehenden Theokratie, welche bald vollends zusammenstürzte", und bald darauf: Weiland endlich im Lande der Sieger mag er seine Rede- und Schreibfreiheit beschränkt gesehen haben; denn nirgends bedroht er sie, die ihm am nächsten zur Hand waren, deren sein theokratischer Eifer am wenigsten schonen sollte, die Chaldäer", und zu 6, 11 ff.: ,, Klagen soll der Prophet über das Unheil, welches dreigestaltet Israel betrifft, und es, wer Jehova sey, lehren wird, wenn die Götzendiener am Orte selbst ihres Cultes erschlagen liegen und das Land eine Wüste geworden ist." Als eine stylistische Absonderlichkeit ist uns die c. 5, 1 und c. 22, 13 vorkommende Verbindung „, aber nämlich" aufge

fallen.

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Der Druck ist ausgezeichnet correct, die Ausstattung, wie bekannt, vortrefflich.

Das ist es, was Ref. über das Werk eines anerkannten Meisters der alttestamentlichen Wissenschaft sagen wollte, mit der Gewissenhaftigkeit und Aufrichtigkeit, welche ihm durch seine Achtung vor dem Vf. zur Pflicht gemacht wird, und wofür er auch seinerseits Anerkennung in Anspruch nehmen zu dürfen glaubt. Die ganze Haltung der Recension wird beweisen, dass ihre Ausstellungen nicht von dem Bestreben ausgingen, durch kleinliches Mäkeln an anerkanntem Verdienst die eigne Kraft etwa zu beweisen, sondern von dem Wunsche, ein ausgezeichnetes Werk, das von allen bis jetzt erschienenen für das gründliche Verständniss Ezechiel's nicht nur entschieden am meisten gethan, sondern eine gründliche Kritik und Exegese des ganzen schwierigen Buches eigentlich erst begonnen hat, von einzelnen seine zahlreichen Vorzüge, wie es uns scheint, verhüllenden Unvollkommenheiten gereinigt zu sehen. Dr. Gustav Baur.

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ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG

Monat Januar.

Jurisprudenz.

1849.

Das Recht des Besitzes im Mittelalter und in der Gegenwart. Von D. C. G. Bruns u. s. w. (Fortsetzung von Nr. 4.)

Wir gestehen, dass wir für ein Buch von dieser

Tendenz eine Gruppirung, wie sie neuerdings z. B. Planck für die Lehre vom Beweisurtheil gewählt hat, ungleich natürlicher gefunden hätten. Der Vf. hätte vom ältern deutschen Recht, welches einen besondern Besitzschutz noch nicht kannte, ausgehen, hieran die fremden Rechte, das römische und canonische nebst der romanischen Doctrin anknüpfen und schliesslich das Eindringen in die einzelnen europäischen Länder und die Mischung mit den einheimischen Rechtsansichten in der neuern Wissenschaft und Gesetzgebung darlegen sollen. Dadurch würde die oft leere und unerquickliche Litterargeschichte der romanischen Doctrin abgekürzt, Wiederholungen und Unterbrechungen vermieden und das germanische Recht (für welches übrigens, neben Albrecht's Gewere, Kleinrath's treffliche Arbeit über die saisine nach den coutumes - Revue de legislation 1835 p. 356 — fleissiger zu benutzen war) eine ganz andre fruchtbringendere Stellung erhalten haben.

Dadurch

Anstatt des blos negativen Resultates nämlich, dass das germanische Recht an den Neuerungen des canonischen und der italienischen Doctrin unschuldig ist, da es noch gar kein Possessorium kannte, wäre eben dieser Mangel eines besondern Besitzschutzes als eine nothwendige Folge seiner damaligen Entwicklungsstufe und die Reception der romanischen Doctrin mit ihrem ausgedehnten Besitzschutz als eine consequente Fortbildung des deutschen Rechts erschienen, wie einst im alten Rom die Aufstellung der possessorischen Interdicte einen. ähnlichen Fortschritt bezeichnete. Denn der Vf. scheint gar nicht, einmal bemerkt zu haben, dass auch der altrömische Vindicationsprocess der Legis Actionen für Recht und Besitz der Sachen und Rechte nur ein und dasselbe Schutzmittel dargeboten hatte.

Halle, in der Expedition der Allg. Lit. Zeitung.

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Das Resultat der ganzen historischen Entwicktrostlos." lung des Besitzrechts findet der Vf. Gesetzgebung, Wissenschaft und Praxis, sagt er, bieten eine Zerfahrenheit und Zerrissenheit der Ansichten in den Grundprincipien wie den Consequenzen dar, dass man in der That rath- und hülflos vor der wirren Masse steht und sich zweifelnd fragt, ob denn wirklich diesem Chaos von Bestimmungen eine an sich vernünftige und erkennbare Idee zum Grunde liege oder Alles rein nur ein Spiel des Zufalls und der Willkür sey. Da nun die bevorstehende Gesetzgebung „, einen Begriff und einen Schutz des Besitzes gleichmässig durch ganz Deutschland fordert und es einfach für eine Thorheit erklärt, dass der preussische Volksgeist ein anderes Besitzrecht verlange, als der würtembergische und der bairische", so bleibt nach des Vf.'s Dafürhalten nichts Anderes übrig, als dass die Rechtsgeschichte ihre Schwäche eingestehe, ihre viel verachtete und angefeindete Schwester, die Rechtsphilosophie zu Hülfe rufe, ihr die eigentliche Entscheidung übertrage und ihr dabei nur mit gutem Rathe aus dem Schatze ihrer Erfahrung an die Hand gehe." Diese viel verachtete barmherzige Schwester ist jedoch nach dem Vf. nicht blos die schulgerechte Philosophie eines bestimmten Systems, sondern überhaupt „jede apriorische Aufstellung von Rechtsprincipien mit einer Begründung aus an sich vernünftigen Gründen." Daher, Daher, meint er, werde. auch der philosophische Naturalist, dem durch natürliches juristisches Talent oder durch praktische Erfahrung vielleicht tiefere Blicke in den Schacht des vernünftigen Rechts eröffnet sind, als der Philosoph vom Fach mit aller Speculation gewinnt, von der Rechtsgeschichte mit offenen Armen als Helfer und Führer in der Noth begrüsst werden.

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So aufrichtig wir Hrn. B. Dank wissen, dass er, von der Erscheinung des Besitzes in der Erfahrung ausgehend, unser Ohr mit dem unangenehmen Gerassel der Begriffe verschont hat, von welchem die speculative Thätigkeit der Philosophen vom Fach, namentlich gewisser Schulen und Systeme

begleitet zu seyn pflegt, so sehr bedauern wir, den Vf. in den Reihen Derer zu erblicken, welche, statt für die ratio insita rebus (nach Cicero's glücklichem Ausdruck), nur für die eigene subjective Vernunft Herz und Ohr haben und keinen geringern Anspruch machen, als mit ihren Aussprüchen die Mannigfaltigkeiten aller deutschen Länder zu überfluthen und wegzuschwemmen. Dergleichen Anmassungen gemahnen fast unwillkürlich an die Aufführung von weiland Sibeth's natürlicher Freiheit, welche,, Alles zu Boden schlug", nach einem halben Jahrhundert aber billig zu anständigerer Haltung gekommen sein sollte. Besonders auffällig aber erscheint das Erstaunen über die Leistungen der eigenen Vernunft bei einem Schriftsteller, der ausdrücklich daran erinnert, wie die philosophische Besitztheorie von Gans, welche einst den Anspruch machte, eine neue Aera in der Wissenschaft zu beginnen, im Laufe der Zeit zu einer gewöhnlichen Schulcontroverse zusammenschrumpfte und der nicht den geringsten Anstand nimmt, Savigny's Werk als eine abgeschlossene der Geschichte verfallene Erscheinung und seinen in gewohnter Rüstigkeit fortarbeitenden Vf. bei lebendigem Leibe ohne viele Umstände als einen bereits im Anfang des Jahrhunderts Verstorbenen zu behandeln. Es mag nun allerdings einige Selbstverläugnung kosten, die historische Betrachtungsweise gegen sich selbst und das eigene Geistesproduct zu kehren; dafür aber erspart diese Operation der Kritik die traurige Pflicht, die sich selbst vergötternde, allein seligmachende Philosophie des erborgten Königsmantels zu entkleiden und auf das zurückzuführen, was sie ist: des Vf.'s eigene Ansicht über den Besitz nebst scinen Vorschlägen für die Gesetzgebung. Manche wenigstens würden diese Ueberschrift nicht nur wahrheitgetreuer, sondern auch geschmackvoller gefunden haben, als die prunkvolle, welcher Hr. B. den Vorzug gab.

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Buche gänzlich. Was es enthält, beschränkt sich auf eine mit legislativen Vorschlägen begleitete Literatur- und Dogmengeschichte der possessorischen Rechtsmittel. Der entsprechende Titel würde nicht ,, das Recht des Besitzes", sondern ,, das Recht des Besitzschutzes gewesen seyn.

Die eigenthümlichen Ansichten nun, welche Hr. B. über das Wesen des Besitzes und Quasibesitzes zu Tage fördert, lassen sich auf folgende Sätze zurückführen:

1) Das äussere physische Gewaltverhältniss einer Person über eine Sache kann nicht ohne Weiteres, sondern erst dann, wenn es von ihr gewollt wird, als Inhabung aufgefasst werden. Als selbstständiger Begriff hingestellt würde die Detention dem Einwand unterliegen müssen, welcher einst gegen die Definition des preussischen Landrechts erhoben und von Gossler für,, nicht ganz unbegründet" erklärt wurde: dass Jeder, der mit einer Axt allein durch einen Wald geht, Inhaber dieses Waldes sey.

2) Die Inhabung kann nur dann als eigener Besitz betrachtet werden, wenn man sie für sich vollständig wie ein Eigenthümer, ohne die Verschlechterung und Zerstörung der Sache auszuscheiden, haben will. Sobald man sie für einen Andern beabsichtigt, sey es auch unter dem Besitz eines Rechts an der Sache, ist sie Stellvertretung fremden Besitzes oder blosse Inhabung. Die Auffassung des preussischen Rechts, welches die wegen Rechts an fremder Sache Detinirenden als unvollständige Besitzer" betrachtet, ist deshalb verwerflich, weil das Recht, welches der Defensor für sich ausübt, nicht Bestandtheil sondern Beschränkung des Eigenthums ist.

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3) Die Ausschliessung des Besitzes bei rechtlich Willensunfähigen, ist deshalb eine unnatürliche und unzweckmässige, wenigstens eine bedenkliche Bestimmung des positiven Rechts, weil nach ihr jeder Dritte die einem Kinde in Abwesenheit der Aeltern und Vormünder geschenkten Sachen ohne Unrecht zu thun, mit Gewalt nehmen könnte.

4) Das Verhältniss des Besitzes zum Eigenthum ist nicht das der Ausübung. Der Besitz ist nicht einmal eine Voraussetzung der Ausübung, denn man kann fremde Sachen zerstören und dadurch Eigenthumsrechte ausüben, während sie ein Dritter besitzt. Nur das kann man zugeben, dass der Besitz als eine Art der Einwirkung auf die Sache eine Form der Ausübung des Eigenthums

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