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ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG

Monat Februar.

Völkerrecht.

1849.

Henry Wheaton, Éléments du droit international

etc.

(Fortsetzung von Nr. 43.)

Wir müssen demnach Wheaton gegen des vortrefflichen Roberts von Mohl (jetzigen Reichsjustiz-Ministers) Urtheil, als ob die Leistungen Wheaton's ohne praktischen Werth seyen, nachdrücklich in Schutz nehmen. Indess beschränkt sich dieser praktische Werth mehr auf die Details, und fürwahr alle praktischen Einzelnheiten wie die praktische Färbung des Ganzen sind nicht im Stande, das Werk zu einer wahren Theorie des Praktischen, zu einem organischen System des positiven Völkerrechts zu erheben. In jener praktischen Beziehung steht aber das Werk an Werth und Bedeutung für den praktischen Diplomaten weit über den, dem wissenschaftlichen Standpunkte des Systems und namentlich den Principien und der ganzen Anlage nach allerdings viel wichtigeren Deutschen Werken der jüngsten Zeit, namentlich auch über dem Heffter'schen und noch mehr über dem Oppenheim'schen Werk. Denn Heffter's Werk, so werthvoll es auch durch Anbahnung und theilweise Geltendmachung eines neuen wissenschaftlichen Standpunktes erscheinen muss, indem es mit philosophischem Geiste das positive Material zu durchdringen und zu einem geschlossenen Ganzen zu verbinden sucht, hält doch philosophisches und positives Völkerrecht viel zu wenig aus einander und leidet an Unsicherheit in Bestimmung positiver und philosophischer Satzungen. Der Praktiker wird es nur mit Vorsicht benutzen können, da beide Elemente nicht wie bei W. völlig getrennt neben einander liegen, sondern im ganzen Werke nach nicht recht ersichtlichen leitenden Ideen verschmolzen sind. Das Oppenheim'sche Werk ist aber blos eine lose und unvollständige Uebersicht des philosophischen Völkerrechts, wenn auch einzelne Partien mehr einen positiven und praktischen Charakter an sich tragen. Der Diplomat wird demnach, um die internationale Rechtspraxis der Gegenwart zu

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Halle, in der Expedition der Allg. Lit. Zeitung.

erkennen, zwar nicht umhin können, das Hefftersche,, Europäische Völkerrecht der Gegenwart" zu Rathe zu ziehen; dasselbe wird ihm eine Anleitung geben, um mit philosophischem Geiste cine principielle Theorie des Positiven zu gewinnen, wie sie Heffter zu Tage zu fördern anstrebt, ohne dabei gerade sehr glücklich zu seyn. Aber er wird neben dem Heffter'schen Buche das W''sche Werk zu Rathe ziehen müssen und daraus, trotz seines viel geringeren wissenschaftlichen Werthes, viel Praktisches entnehmen.

Besonders wird aber das Werk dem eigentlichen Praktiker, dem Kaufmanne, dem Schiffer, Rhe

der u. s. w. für seinen internationalen Verkehr von grösstem Nutzen und von wahrhaft praktischer Bedeutung seyn. Gerade die Partien des Werkes, welche vom Handel, ganz besonders vom Seeverkehre handeln, sind vortrefflich und ungemein praktisch. Ja in Bezug auf das Seerecht giebt W. viel Neues. Dazu ist die Form des Werkes sehr gefällig, die Sprache leicht fasslich und klar, die Raisonnements lichtvoll und überzeugend, die häufig gegebene historische Entwickelung der einzelnen Institute recht übersichtlich und immer hinlänglich. Auch durch diese gefällige Form nähert sich W's Werk sehr dem Vattel'schen. Beide Männer stehen sich hier ebenbürtig einander gegenüber; doch ist hierin dem Vattel noch in manchen Stücken der Vorzug zu geben.

Von dem seit 1840 in der Völkerrechtswissenschaft in Deutschland eingetretenen Umschwunge hat W. keine Ahnung, namentlich weiss er den Werth des Heffter'schen Werkes gar nicht zu würdigen. I. gehört noch in jeder Beziehung zur alten Schule und schwankt eigenthümlich zwischen Vattel mit seiner abstract naturrechtlichen Weise und doch ungemein praktischen Zuthat auf der einen, und Martens mit seiner willkürlichen Systematik des Positiven auf der andern Seite, endlich auch zwischen Pölitz, auch wohl Klüber, Schmelzing u. s. w. mit ihren systematischen Constructionen des positiven Völkerrechts nach einer geistreichen Re

flexion im Sinne einer subjectiv - kritischen Rechtsphilosophie (Kant, Fichte), so dass diese W.sche Theorie auch als die eklektische Verbindung aller früheren Richtungen der älteren Schule genannt werden darf.

Die

Die Anerkennung der Nationalität als eines berechtigten organischen Ganzen scheint auch im Völkerrechtsleben in der jüngsten Zeit einen grossen Einfluss zu gewinnen. Das positive Völkerrecht nimmt eine entschiedne Richtung dahin, sich auf nationaler Grundlage aufzuerbauen und die alten historischeu Bestände der Staaten des internationalen Lebens durch die freiheitliche Stellung der Nationalität in jedem Staate und im Verkehr der Staaten unter einander zu veredlen. Freilich sind erst die blossen Anfänge eines solchen Völkerrechts vorhanden, und für's Erste ist das positive internationale Recht immer nur noch ein Recht unter Staaten, wie sie sich oft zufällig und gegen den Charakter und unter Vernichtung von Nationalselbstständigkeiten im geschichtlichen Leben gebildet haben. Das philosophische Völkerrecht wird aber, wenn es dem Höhepunkt des geschichtlichen Lebens entsprechen will, die nationale Grundlage zu seinem principiellen Ausbau verwenden müssen. W. aber hat in seinen allgemeinen (eben mehr philosophischen) Sätzen keine Spur von einer solchen Auffassung. Staaten sind ihm hier ganz abstract Gesellschaften von Menschen, und an die organische Erhebung des Staats aus der Nationalität wird durchaus nicht gedacht. Und wenn man auch einer Darstellung des positiven Völkerrechts der Gegenwart nicht zumuthen kann, solche erst werdende Umbildungen der Praxis, wie hier die Auferbauug des Staatensystems auf nationaler Grundlage, in den Bestand der Völkerrechtspraxis aufzunehmen und nach diesen neuen Ideen eine völlig neue Darstellung des Positiven zu geben, so hätten denn doch wohl Andeutungen dieses neuen Werdens und Gestaltens gegeben werden können, damit der Leser auch diesen werdenden Charakter der Praxis kennen lerne. Indessen bei W. sucht man vergeblich nach solcher Andeutung. Er gehört auch in dieser Beziehung zur alten Schule mit ihrem unverarbeiteten Dogmatismus des historisch Ueberkommenen. - Zu einer solchen principiellen Auffassung des positiven Völkerrechtslebens der Gegenwart, wonach man deren nächst böhere Gestaltung in der Zukunft zu bestimmen vermag, kann nur eine philosophische Erforschung der Völkerrechtsgeschichte befähigen. W.

ist wichtig für die Geschichte des Völkerrechts durch das oben genannte Werk (Histoire du droit des gens), aber seine geschichtliche Wissenschaft ist nichts weniger als philosophisch und principiell. Das Material ist in seiner Geschichte des Völkerrechts (vom Westphälischen Frieden bis zur Gegenwart) vollständig zusammengetragen, an eine tiefere Auffassung der Geschichte aber, an eine Auferbauung des geschichtlich Gewordenen nach leitenden Ideen ist nicht zu denken. Es wird blos eine gute Uebersicht der einzelnen Verträge und Verhandlungen, der einzelnen Ereignisse und Schicksale der Staaten im internationalen Leben jener Zeiten gegeben, nicht die allmählige Erstarkung und Entfaltung der Völkerrechtsidee genetisch nachgewiesen. Demnach erscheinen auch die periodischen Abtheilungen des geschichtlichen Stoffes bei W. willkürlich, während sie als Stufen der allmähligen Entwickelung des Rechtslebens der Völker hätten aufgefasst und auseinandergehalten werden sollen. Kurz, es wird hier blos eine durch eine geistreiche Reflexion getragene Uebersicht der einzelnen Facta geliefert. Doch ist selbst in dieser unvollkommenen Weise das Werk hochzuschätzen, denn es giebt bis jetzt noch nichts Besseres der Art, ja das W.'sche Werk ist das einzige auf diesem Gebiete erwähnenswerthe Product. Auch wird es gerade dem praktischen Diplomaten von dem grössten Nutzen seyn, da es das positive Material vollständig und genau, übersichtlich und klar, besonders auch mit einer recht praktischen Färbung darlegt, so dass Miruss mit Recht erklärt: W's histoire gibt eine so klare und übersichtliche Darstellung der Fortschritte des Völkerrechts seit dem Westphälischen Frieden, dass in dieser Hinsicht dem Bedürfnisse (nämlich doch nur dem praktischen, keineswegs dem wissenschaftlichen) genügt ist." Die Anforderungen, welche die Wissenschaft, namentlich die Deutsche Geschichtswissenschaft der Gegenwart macht, sind nicht erfüllt. Uebrigens ist selbst die historische Entwicklung der einzelnen Völkerrechtsinstitute in dem Werke nur theilweis gegeben. Das allmählige historische Wachsthum des Interventions- und zum Theil Gesandtschaftsrechts, des Zollwesens, des Fremdenrechts, ist schlecht berücksichtigt. Endlich ist die den einzelnen Perioden angehängte Geschichte der Literatur zwar als eine willkommene Beigabe besonders in der zweiten vollständigeren Ausgabe zu betrachten und muss nothwendig als Ergänzung der Éléments du droit international benutzt werden, da

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in dieser Französischen Umarbeitung jede Uebersicht der Literatur weggelassen ist. Doch ist diese sog. Literärgeschichte des Völkerrechts überall nur fragmentarisch, stellt die einzelnen Theorien nur in ihrer Vereinzelung dar, ist sodann in der vorletzten Periode schon dürftig, in der letzten aber sogar kärglich.

Es ist zwar, wie gesagt, in den Éléments du droit international W's die Uebersicht der völkerrechtlichen Literärgeschichte leicht zu entbehren, da sie in W's histoire du droit des gens steht. Ungern vermisst man aber darin den gelehrten Apparat, genügende Citate über die Literatur der einzelnen Materien, damit der Leser in jedem einzelnen Falle sich weiter zu belehren in Stand gesetzt werde; sogar die Angabe der benutzten Autoren fehlt. W. gibt im Ganzen nur wenige Beweisstellen und diese noch dazu fast ausschliesslich besonders in den Details aus den älteren Werken

eines Grotius, Vattel, Lampredi, Pufendorf, Wolff (er schreibt immer Puffendorf und Wolf); auf neuere Autore, namentlich auf die neuere Deutsche Literatur seit Georg Friedrich von Martens, nimmt er nur selten Bezug. Selbst Martens und Klüber werden nicht häufig, die neuesten Deutschen Bearbeiter der Völkerrechtswissenschaft, wie Pütter (mit seinem Fremdenrecht und mit seinen Beiträgen zur Völkerrechtsgeschichte - und Wissenschaft), Oppenheim (mit seinem System des Völkerrechts), Miruss (mit seinem grossen Werke über das Gesandtschaftsrecht) u. s. w. werden nicht einmal mit Namen genannt. Kurz, die literärischen Nachweisungen können dem gelehrten Forscher gar nicht genügen und haben höchstens durch einige Citate aus weniger bekannten Englischen und Nordamerikanischen Werken einigen Werth, und selbst den blossen Praktiker, den eigent lichen Diplomaten können sie schon deshalb nicht befriedigen, weil in ihnen meist veraltete Autoritäten der Völkerrechtswissenschaft herangezogen werden und allzuwenig auf die Gegenwart Bezug genommen wird. Jedenfalls ist hier wiederum Heffter's treffliches Werk von dem Manne der Wissenschaft wie von dem Manne der Diplomatie als eine durchaus nothwendige Ergänzung zur Hand zu nehmen. Heffter gibt einen ungemein reichhaltigen und wirklich vollständigen gelehrten Apparat.

Die Definition W.'s vom Völkerrecht entspricht ganz seinem unwissenschaftlichen Schwanken zwischen einer Deduction aus allgemeinen Sätzen des natürlichen Rechts und positiven Satzungen

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des wirklichen Völkerrechts, ohne irgend einen höheren Maasstab der Vermittelung zwischen beiden. On peut donc en somme dire, heisst es I. p. 24. 25, que le droit international tel qu'il est compris par les nations civilisées, est l'ensemble (also doch nur ein Aggregat, etwas Willkürliches) des règles de conduite que la raison déduit, comme étant conformes à la justice, de la nature de la société qui existe parmis les nations indépendantes, en y admettant (also weiter nichts und so ganz zufällig) toutefois les définitions ou modifications qui peuvent être établies par l'usage et le consentement général. Das Vertragsund Gewohnheitsrecht erscheint bei W. überall nur als ein gewisser zufälliger Annex dessen, was aus der Natur durch die Vernunft gefunden werden soll. Dazu erwäge man, dass W. das Naturrecht, etwa im Geiste der veralteten orthodoxen Naturrechtslehrer des 17. Jahrh. als das göttliche Recht auffasst, was dem Menschen durch die Vernunft und durch die Bibel offenbart sey und die Regeln für das Verhalten der Menschen als moralischer und socialer Wesen auf

stelle, und man wird sich sogleich vorstellen können,

wie mangelhaft die naturrechtlichen Dictamina W.'s, wie mangelhaft aber namentlich deren Anwendung auf das Völkerrecht seyn müsse. Das philosophische Völkerrecht fasst er wesentlich als Völkermoral (morale internationale), die man eben auch droit des gens naturel nenne. Das Princip des natürlichen Völkerrechts ist W. (nach Leibnitz, Cumberland und Bentham) bonheur général. Es leben aber alle Staaten wie alle Menschen nach W. eigentlich noch in dem sog. Naturstande. Ein allgemeines (positives) Völkerrecht gibt es nicht, sondern nur eins unter gesitteten und christlichen Völkern: ein Ausdruck, den schon Pölitz gebraucht hat und der hier völlig nichtssagend ist, sobald keitsgebiet des praktischen Völkerrechts nach dem man nicht principiell den Umfang und das Gültigwahren Rechtscharakter der es übenden christlichen Staaten zu bestimmen weiss. Es heisst sodann, mit dem Vorigen nicht in rechter Uebereinstimmung, das Völkerrecht dehne sich auch noch über die christlichen Völker hinaus. Wie das möglich sey, in welcher Weise, in welchem Grade das internationale Recht von den nicht christlichen Völkern (z. B. von den Türken) anerkannt und geübt werde (nämlich doch jedenfalls z. B. gegen den Geist des eroberungssüchtigen Staatsprincips der Türken), wird durchaus unbestimmt gelassen. Ueberhaupt werden im ganzen Werke alle eigentlichen Principienfragen völlig unbeantwortet gelassen; höchstens dass W. in vielen kitzlichen Fällen, die er mit sei

ner eigenen Theorie nicht beherrschen zu können rakter der einzelnen Europäischen und Amerikanieinsehen musste, statt eigener Forschungen weit- schen Staaten wird hier gut und weitläufig geschilläufig die Worte fremder Autoritäten, namentlich dert. Besonders werden die eigenthümlichen, staatsvon Grotius, Pufendorf und ganz besonders von und völkerrechtlich modificirten Verhältnisse des Bynkershoek, den er fortwährend citirt, endlich von bisherigen,,Deutschen Bundes" sehr detaillirt (S.56Vattel ausschreibt. Besonders zeigt sich die Man- 68) und mit sichtlicher Vorliebe in gefälliger Dargelhaftigkeit der W'schen Wissenschaft in seiner stellung geschildert, da die ähnlichen Verhältnisse Darlegung der Quellen des Völkerrechts, die jegli- des Schweizerischen und Nordamerikanischen Buncher Begründung entbehrt und ohne allen wissen- des nur in einer kurzen Uebersicht dargelegr werschaftlichen Werth ist. Er nennt sechs Quellen den. Dies behagliche Verweilen eines Ausländers, des Völkerrechts: 1) die Schriften der Publicisten eines Nordamerikaners, bei der Darstellung eines besonders über natürliches Völkerrecht, 2) Frie- Deutschen Instituts, welches gerade unmittelbar nach dens-, Allianz – und Handelsverträge, 3) Ver- dem Erscheinen des W.'schen Werkes in das Grab ordnungen einzelner Staaten zur Regelung des hinabzusteigen sich bereitete und bei seinem UnterPrisenwesens in Kriegszeiten, 4) Urtheilssprü- gange von einem grossen Theile gerade der Deutche internationaler Gerichtshöfe, 5) les opinions schen selbst in wilder Leidenschaft mit Hohngeécrites et données confidentiellement par des lé- lächter und Verwünschungen begleitet wurde, als gistes à leur gouvernement, 6) Geschichte der ob es das grauenvollste Institut der Knechtschaft, Kriege, Verhandlungen, Friedensverträge und an- eine Ausgeburt des schändlichsten Absolotismus gederer iuternationaler Transactionen. Man sieht, wesen sey, da es doch nur eine, gewissen Zeiten hier wird Alles bunt durch einander geworfen, äus- angemessene, allerdings unvollkommene Geburt posere und innere, unmittelbare und mittelbare Quel- litischer Ordnung Deutschlands war, muss fürwahr len des Rechts. Nirgends findet sich ein höherer eine gewisse Rührung erwecken und hat einen geleitender Gesichtspunkt, um das Alles zu ordnen wissen Beigeschmack der bittersten Ironie. Die Geund das Verhältniss und das Gewicht der einzelnen schichte wird richten, und gewiss werden Zeiten komTheile zum Ganzen zu bestimmen. Bestimmte ober- men, wo man im Stande ist, unparteiisch zu erkennen, ste, das wirkliche internationale Leben der Staaten dass dieser sogenannte Deutsche Bund eben als eierfüllende Principien hat W. nicht aufgestellt. Die ner der Fürsten (nicht auch der Völker) ein nothganze Darlegung des wissenschaftlichen Stoffes ist wendiger und vernünftiger Durchgangspunkt zum eine principienlose. Dies zeigt sich in der Behand- allerdings freiheitlicheren, nationaleren, vernünftilung aller einzelnen Institute, namentlich auch in geren Deutschen Bunde der Völker, zu einem volksder Anordnung der Materien, die freilich nichts freien Bundesstaate gewesen ist und, trotz seiner weniger als eine organische Gliederung des inter- absoluten, allzu fürstenmässigen Form, in jener nationalen Rechtsstoffes darbietet, sondern ziem- Uebergangsperiode des ehemaligen Deutschen Reichslich willkürlich, aber selbst gegenüber den neue- lebens durch die mehr völkerrechtlichen Bildungen sten Versuchen einer völkerrechtlichen Systematik, des Rheinischen wie des Deutschen Bundes hindurch die namentlich auch bei Heffter sehr schwach aus- zu einer neuen einheitlichen, wieder mehr staatsgefallen und bei Oppenheim ohne allen Werth sind, rechtlichen und reichsähnlichen Umgestaltung des immer eigenthümlich und berechtigt genug, um sie Deutschen politischen Gesammtkörpers, keineswegs hier noch besonders durchzusprechen. Der ganze als eine Wiege der Tyrannei und ein Grab der FreiStoff wird in vier Hauptgruppen dargestellt. heit sich charakterisirt hat. Der Deutsche Bund hat schnitt I. ist eine Art von allgemeiner Einleitung eine wichtige, aber nur vermittelnde Aufgabe in und handelt 1) von den Quellen des Völkerrechts, der weltgeschichtlichen Entwicklung des Deutschen und 2) von dessen Subjecten, den souverainen Lebens zu erfüllen gehabt, er sollte Deutschland vom Nationen und Staaten. Der positive Staatscha- alten Reiche zum neuen führen. (Der Beschluss folgt.)

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ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG

Monat Februar.

Französische Sprache.

1849.

Der Franzos und seine Sprache. Von Dr. K. J.
Clement. gr. 8. IV und 146 S. Frankfurt a. M.,
Brönner. 1848. (% Thlr.)

Wer frühere schriftliche Arbeiten des Vf.'s kennt,

der findet dessen Vor- und Darstellungs-Weise, seine Manier (die verleugnet sich bei ihm nirgends) oder, wenn man ja lieber will, seinen Stil, das heisst also auch, falls die Büffon'sche Bemerkung wahr ist, Hrn. Clement, diesen ganzen Menschen selber, in gegenwärtigem Büchelchen wieder. H. C. ist bekanntlich lange und viel (insbesondere in Grossbritannien) gereist: und, überhaupt wohl kaum von der Natur zu einem homo sedentarius im strengeren Sinne des Worts geschaffen oder jener Menschen,, mit chernen Eingeweiden" Einer, besitzt er eine Lebendigkeit und Erregtheit des Geistes, die mitunter seine Schriften (nicht etwa blos die reisebeschreibenden) - wie fortgesetzte Reisen erscheiwie fortgesetzte Reisen erscheinen lässt. Herrscht doch in ihnen für gewöhnlich nicht die bequeme häusliche Ruhe eines Daheimgebliebenen oder Eingewohnten; vielmehr öfters jener heftige Drang, welcher vom Gestern und

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Halle, in der Expedition der Allg. Lit. Zeitung.

Heute unbegnügt, zu stets am morgenden Tage erneueter Fahrt treibt und zu unermüdet frischer, wenn auch zuweilen etwas eiliger und nicht allzu ordnungsgemässer Beobachtung an immer anderem Ort und anderen Gegenständen. Anderseits schreibt unser Vf., Landes und der Leute nicht blos aus Büchern, sondern meistens zugleich aus der Anschauung, und, wo es sich, wie hier um Sprachen handelt, auch dieser mit durch den unmittelbaren Verkehr kundig: ein Vortheil, dessen sich nicht Jeder zu berühmen weiss! und gern leiht man daher dem vielbewanderten und nie langweiligen Erzähler sein Ohr, mag auch der Sinn des Hörers, die Dinge nicht immer mit des Erzählers Augen zu sehen, sich beigehen lassen.

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*) So sagt Hr. C. noch wieder anderwärts (in seinem Aufsatze: Ueber die deutsche Rechtschreibung, Herrig u. Viehoff Archiv Bd. IV. Heft 1. S. 83.): Germaniens älteste Wurzeln liegen an der Nordsee, nicht an der Ostsee, und die frisische Sprache ist unleugbar die älteste (?!) germanische, die es giebt. Die Völkerwanderung nach dem jetzigen Deutschland ging grösstentheils von den Nordsee - Ebenen aus." Sollte, was ich jedoch nicht annehme, mit diesem Machtspruche gesagt seyn: die frisischen Sprachdenkmale reichten über die aller übrigen germanischen Stämme an Alter hinaus; so wäre das (bekanntlich sind sogar die ältesten darunter, aus Rechtsquellen bestehend, vergleichsweise äusserst jung) eine offenkundige Unwahrheit. An der grossen Alterthümlichkeit der Frisischen Mundarten, trotz der aber theils spricht Hr. C. ausdrücklich vom grossen Zeitnähe, in der sie uns erst entgegentreten, zweifelt Niemand: Alter, nicht von Alterthümlichkeit, theils muss er dem Zusammenhange nach etwas Anderes meinen, was jedoch, vermuthe ich, besinnt er sich ernstlicher auf den Ausdruck, ihm selber als im Grunde sinnlos, mindestens nichtssagend vorkommen muss. Man hört oft von alten, älteren und ältesten Sprachen und Völkern reden. Was bedeutet aber das? Ich bekenne, das ohne nähere Erläuterung nicht zu verstehen. 1st z. B. Neugriechisch jünger als Altgriechisch? Gewiss, und doch kann ich mit vollem Rechte gleichfalls sagen: Es ist älter, um so viel Jahrhunderte älter (geworden), als es über jenes hinaus in die Gegenwart herein ragt. Frage ich aber weiter, etwa ob Griechisch oder Latein älter? dann verläuft sich der Gedanke im Abgeschmackten; denn die Frage enthält eingewickelt die grundfalsche Voraussetzung, als sey eins von jenen beiden Idiomen (man bildet sich gewöhnlich ein: das gerade viel alterthümlichere Latein) eine Entwickelung aus dem andern: während vielmehr die Einheit beider, das a und b, nicht in a oder b, sondern jenseit ihrer in einem c gelegen ist, das für sie, als Zinken, den Gabelpunkt bildet, der mit der Abtrennung gleich alt. Es sind also, denke ich, Latein und Griechisch Was der Zinken in sie aufgeht und sich verliert. meint nun der Vf. mit seinem hohen Alter des Frisischen? Lässt sich aus der, his auf die neuesten Zeiten herab be

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