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Der Prophet Ezechiel. Erklärt von Dr. Ferdi-, „Weide" verschmäht und auf das entleanand Hitzig u. s. w.

(Fortsetzung von Nr. 2.)

وضفة gene

,, Ufer" recurrirt wird, und mit dem

Dass rys c. 17, 3 nicht, wie man es gewöhnlich schwierigen 579 c. 27, 11, welches durch

وو

nimmt, auf, „Wolle," zurückgeführt und durch
"Belaubung" erklärt werden kann, scheint uns klar;
denn nach v. 4 bezeichnet das Wort ein,,Setzreis,"
bei dem der Begriff der Belaubung ganz zurücktritt.
Hitzig glaubt nun dem Worte die gewiss sehr pas-
sende Bedeutung,,Wipfel", ", oberstes der Reiser"
durch Zurückführung auf den Stamm,,, be-
decken", dann „, höher seyn", vindiciren zu können.
Unserer Ansicht nach mit Unrecht. Der Laut-
wechsel in und wäre zwar gerade kein
gewöhnlicher, aber doch auch kein unmöglicher;
dagegen passt die Bedeutung des letzteren Stam-
mes nicht. nämlich bedeutet nicht schlecht-
hin bedecken", oder
höher seyn", son-
gar nur
dern es bezeichnet eigentlich das Ueberfluthen einer
grossen Wassermasse,) und bedeutet
dann ,, zudecken",,, verdunkeln", demnach könnte
ein unserem entsprechendes wohl in
übergetragenem Sinne von der reich gewölbten,
weithin überschattenden Krone eines Baumes, nicht
aber von dem obersten der Reiser" stehn. Und
wozu diese vergebliche Anstrengung, da der so
nahe liegende Stamm eine so befriedigende

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„transfuga” erklärt wird. Viel wahrscheinlicher übrigens ist uns die Ansicht Hitzig's, dass dem Propheten die Stelle HL. 4, 4 vorschwebte und er statt des des jetzigen Textes ursprünglich geschrieben hatte. Was das schwierige b, c. 1, 4. 27; c. 2, 8 anlangt, so hat auch H. sich für den Zusammenhang des wir mit ausgesprochen; die Sylbe b aber durch Hinweisung auf das arabische ebensowenig befriedigend erklärt, als seinen Vorgängern eine solche Erklärung Unmöglichkeiten mehrt sich bedeutend, wenn die gelungen ist. - Die Zahl der Möglichkeiten und etymologische Forschung das semitische Sprachgebiet überschreitet, und man kann nicht sagen, dass H. bei diesem gefährlichen Hang für eine sichere Scheidung des Möglichen von dem Unmöglichen gesorgt habe, vielmehr hat er mit kecker Hand das Entfernteste verbunden. Beispielsweise sey hier nur auf die Erklärung des pipe c. 23, 23 hingewiesen, wo gewiss Jeder lieber zu einem bescheidenen „,non liquet" sich bequemen, oder mit der Tradition bei Aquila, Hieronymus, Raschi, Kimchi, nach welcher in jenen Worten drei verschiedene Bezeichnungen für Befehlshaber liegen, einfach sich begnügen, als mit H. annehmen wird, es Erklärung bot? Er bedeutet,, schlank seyn", das assyrische, oder das, welches in Gorsey das sanskritische bhavan (bhavat),

وو

دو

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ضمر

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ضمران

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5.00

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„ein schlankes Weib”, „eine Pflanzenart mit dünnem Stengel"; was liegt näher, als danach das verwandten das schlanke Wipfelreis des Baumes bedeutet, welche Bedeutung das erklärende pwx des folgenden v. und D. Kimchi bestätigt, welcher das Wort durch

3 erklärt? Aehnliche Bewandtniss hat es mit dem sogleich c. 17, 5 folgenden p, bei dessen Erklärung, weil was keine Weide ist, man nicht

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dschestan Herrschertitel ist, p das sanskrit. kâra oder türkische, wonach die drei dunklen Worte des Propheten allerdings ,,Edler, Fürst und Herr" zu übersetzen wären. Auch dass 2, womit 27, 17 doch offenbar ein palästinisches Landesproduct bezeichnet wird,,, vielleicht ein nichtsemitisches Wort des Landes am Chaboras" und dann wieder das sanskritische Panaga, Name eines wohlriechenden Holzes, seyn könne, will uns nicht einleuchten,

als auf einzelne Beispiele für diesen allgemein anerkannten Vorzug der exegetischen Arbeiten H.'s hier nur auf die grammatischen Bemerkungen zu c. 1, 26; 2, 2. 10; 15, 2; 16, 6; 26, 15 u. s. w. hin.

und ebensowenig die Erklärung der n durch Jéganes, welche der Vf. statt der früher (zu Sach. 10, 2) gegebenen durch toúyos, jetzt empfiehlt. Wir haben den lexikalischen Theil des Buches mit einiger Ausführlichkeit behandelt, um zu beweisen, wie diese Partie, welche bei der Gelehrsamkeit, Belesenheit und Combinationsgabe des Vf.'s vielleicht die stärkste seines Werkes hätte werden können, dadurch, dass er es verschmähte, seiner Kraft den Zügel bestimmter Gesetze und Regeln anzulegen, die schwächste geworden ist, und wir können den Wunsch nicht verhehlen, dass der Vf. einen Weg verlassen möge, auf dem wir ihn schon in seiner Urgeschichte und Mythologie der Philistäer" fanden, die aber unserer Ueberzeugung nach nicht geeignet ist, für die Wissenschaft der Wortforschung, einen dauerhaften Grund" zu legen, zu legen, der vielmehr, wenn er in einem Buche betreten wird, das auch Anfängern zum Leitfaden dienen soll, diese in die Gefahr bringen kann, für eigne etymologische Versuche und für die Beurtheilung der etymologischen Combinationen Anderer jede feste Basis und sichere Norm zu verlieren.

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Dagegen erkennen wir, sobald das grammatische Gebiet betreten wird, sofort die feste Hand und den sicheren Blick des bewährten Meisters, der nicht blos Kunststücke, sondern solide Meisterstücke macht. Der Fehler, welchen wir bei dem Etymologen Hitzig zu bemerken glaubten, ist der Tugend des Grammatikers Hitzig geradezu entgegengesetzt. Hat er dort das Gebiet des Möglichen zu sehr erweitert, so ist es hier sein nicht hoch genug anzuschlagendes Verdienst, dass er nachgewiesen hat, wie in der hebräischen Sprache, deren Gesetze bei der lebendigen subjectiven Erregtheit, welche in ihr sich ausspricht und das Festwerden bestimmter Sprachformen weniger gestattet, bei der einfachen, elementarischen Satzbildung für manchen Ausleger eine wächserne Nase geworden sind, die er dem jeweiligen Bedürfnisse gemäss nach Belieben drehte, dass er nachgewiesen hat, wie denn doch auch in der hebräischen Sprache nicht. Alles möglich ist, dass er den Kreis der grammatischen Möglichkeit enger gezogen und fest geschlossen hat, und dass er nun mit unerbittlicher Strenge und schärfster Beobachtung wacht, dass nichts sich einschleiche, dem die Grammatik nicht den Pass ausgestellt hat. Es ist auch in dem vorliegenden Buche kaum eine Seite, die nicht in dieser Beziehung fruchtbare Belehrung darböte; wir weisen

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Auf dem Grunde kritischer und lexikalischer Untersuchungen und der Grammatik ruht die Auslegung im engeren Sinne, das Verständniss einzelner Stellen. Wie die kritischen Bemühungen des Vf.'s, so haben auch seine Erklärungen an manchen schwierigen Stellen mehr die Unzulänglichkeit der bisherigen Deutungen nachgewiesen, als dass sie durch die neue Deutung vollständig befriedigten. So hat uns die Deutung des schwierigen up, c. 16, 47, noch nicht genügt, und auch der schwierige Vers c. 23, 43 scheint die abschliessende Erklärung noch zu erwarten. Andere Stellen sind sogar bisher schon befriedigender erklärt worden; c. 1, 15 z. B. ist die Art, wie schon J. H. Michaelis die Beziehung des Suffixes in durch totius quadrigae et currus" erklärt hat, der Hitzig'schen Deutung vorzuziehen, welche durch die Beziehung des Suffixes auf diesem Worte, welches sonst in adverbialem Sinne gebraucht wird, eine durch den Sprachgebrauch nicht zu rechtfertigende Selbstständigkeit giebt. Auch c. 3, 6 scheint die Maurer'sche Erklärung, welcher auch Hävernick und Umbreit folgen, der Hitzig'schen vorzuziehen. Ebenso ist c. 18, 7 die alte Erklärung von ,, Schuld" der von H. durch Schuldner' "" gewiss vorzuziehen; vgl. noch die Deutung des c. 25, 16, des p c. 39, 9, des 13 c. 39, 11. Zuweilen scheint auch auf diesem Gebiete der Vf. durch sein Talent und seine Lust Schwieriges zu schlichten, verleitet worden zu seyn, Stellen schwieriger zu machen, als sie eigentlich sind. Wir rechnen hierher c. 16, 31, wo das letzte Glied ohne Schwierigkeit den Sinn angiebt:,, du warst nicht wie eine Hure in Bezug auf Verschmähen des Lohnes", d. h., du machtest es nicht wie eine Hure in diesem Stücke, du verschmähtest den Buhlerlohn, den jene annimmt. Hier hätte es Hitzig's gewaltsamer Aenderung und Erklärung gewiss ebenso wenig bedurft, wie c. 19, 5 der Setzung eines für das einen ganz befriedigenden Sinn darbietende ; c. 21, 3 ist

durch הוב

שארית

, seiner üblichen Bedeutung gemäss, ganz einfach auf Menschengesichter zu beziehen, und wenn H. dazu sich nicht verstehen will, go geschieht dies nur, weil er das hier herrschende Bild vom Walde zu streng eingehalten wissen will, wie denn

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überhaupt H. seine Logik dem bewegten Gedankengange des Propheten zu oft unterschiebt und zum Nachtheile der Erklärung vergisst, was er zu c. 4, 2 z. B. zugegeben, dass es der Darstellung des Propheten zuweilen an Präcision und Anschaulichkeit mangele, und was er zu c. 19 bemerkt, dass die Anwendung eines Bildes auf die Wirklichkeit nicht zu sehr urgirt werden soll. Weitere Beispiele solcher unnöthigen Erschwerungen dürften zu c. 8, 3. 9, 1. 10, 11. 5, 11. 21, 31. 24, 17. 25, 4. 27, 8 f. 28, 10. 12 sich finden.

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Weniger als die Erklärung des Wortsinnes ist die Sacherklärung befriedigend, indem hier dem Vf. nicht selten Hypothesen die Stelle erwiesener Thatsachen vertreten müssen, und zwar zuweilen ganz ohne Grund; wozu z. B. zu c. 27, 6 die Behauptung,,, aus Basan bezogen die Tyrer gewiss kein Bauholz", da doch eben die fragliche Stelle deutlich genug das Gegentheil aussagt? Besonders unglücklich scheint uns der verehrte Vf. in seinen mythologischen Combinationen zu seyn, welche mit seinen etymologischen auf gleicher Stufe stehen. Mit dem Excurs über die Cherubs z. B. (S. 15 ff.) wird rücksichtlich dessen, was über ihre Viertheiligkeit und die Tendenz, das Wesen der Gottheit zu symbolisiren, gesagt ist, Jederman übereinstimmen; aber ein unglücklicher Gedanke ist es, dass Ezechiel, der gegen Götzendienst überhaupt, und gegen die Menschenopfer des Molochdienstes (c. 16, 21; 20, 31. 39; 23, 37. 39) so oft und so entschieden eifert, das Rind vom ägyptisch ephraimitischen Bilderdienste und zugleich vom Stierkopfe des Moloch entlehnt habe, so dass damit Jehova als Schöpfer und Zerstörer" bezeichnet wäre. Nicht minder verunglückt scheint uns der Versuch, den ganzen Cherub als aus Göttern des altarabischen Naturcultus combinirt nachzuweisen. Die Götter, an welche H. erinnert, sind die im Koran, Sur. 71, v. 23 f. erwähnten, und seine Combination gründet sich auf die Angabe Zamachschari's, dass Wadd unter dem Bilde eines Mannes, Suwaa unter dem einer Frau, Jaguth unter dem eines Löwen, Jaûk unter dem eines Pferdes, Nasr unter dem eines Adlers verehrt worden sey. Vgl. auch die Scholien zum Hariri S. 313. Beidhawi, auf welchen H. sich beruft, hat davon nichts, vielmehr giebt er an, dass jene fünf Götzen fromme Männer gewesen seyen aus den Tagen zwischen Adam und Noah, welchen man später göttliche Verehrung gezollt habe (in Fleischer's

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Ausg. II, S. 325), und damit stimmt überein, dass auch der Kamus den Jaûk als frommen Mann bezeichnet; es ist uns unter diesen Verhältnissen nicht unwahrscheinlich, dass die Angabe Zamachschari's über die Gestalt jener Götzen erst auf einer durch die wenig unterschiedene Zahl und das gemeinschaftliche und nahe gelegten Combination derselben mit den viergestaltigen Cherubim beruht. Jedenfalls findet Hitzig's Ansicht in Zamachschari's vereinzelter Angabe eine sehr schwache Stütze, der letzte kleine Rest von Wahrscheinlichkeit aber wird ihr durch die Bemerkung Beidhawi's, Firuzabadi's und Abulfeda's geraubt, dass jene Götzen an eine bestimmte Oertlichkeit geknüpfte Idole waren, die einzelnen Stämmen angehörten, und da diese Stämme sämmtlich den Süden Arabiens bewohnten, so fällt die Möglichkeit hinweg, dass Ezechiel an der äussersten Nordostgrenze Arabiens, bis wohin Araber mit ihren Herden kamen", Kenntniss ihrer Religion erlangt und „, in seinem Cherub die altarabischen Götter combinirt habe", abgesehen von der vollständigen inneren Unwahrscheinlichkeit einer solchen Combination. Nicht viel besser können wir von dem denken, was zu c. 8, 13-15 über den Thammus-Dienst gesagt ist. Es ist um diesen Thammus allerdings eine missliche Sache, aber soviel steht doch fest, dass jener Name auch der syrische des Monats ist, in welchen das Sommersolstitium fällt, dass diesemnach Thammus, wie Adonis, die Sonne und zugleich das durch sie erweckte Leben der Natur und die frische Jugendkraft des Menschen personificirt, und die Klage um ihn theils auf die sinkende Sonne, theils auf die Abnahme der Lebenskraft sich bezieht und, jenachdem jene oder diese Seite besonders berücksichtigt wird, entweder sofort nach dem Sommersolstitium oder erst im Herbst angestellt werden kann, wo nach Vollendung der Ernte die Natur in das traurige Wintergewand sich zu kleiden beginnt. Dass aber auch in Jerusalem die Adonisklage im September gefeiert warden sey, aus dem Umstande zu schliessen, dass die Vision, in welcher ihrer gedacht wird, in den September verlegt wird, das heisst unseror Meinung nach die Freiheit der Fiction allerdings zu sehr beschränken, und zugleich kommt dadurch Hitzig mit sich selbst in Widerspruch, da er,, eine Gegenwart des Götzendienstes," unter Zedekia gar nicht will gelten lassen, der Schriftsteller also auch in dem Falle, dass

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zu mehrende Israel bezieht, steht diese Vorstellung so unvermittelt und in so abenteuerlicher Gestalt da, dass sie selbst für die vielvermögende Phantasie Ezechiel's als unausführbar erscheinen muss, und in dieser Form als Hauptbeweisstelle für die Auferstehung der Todten im christlichen Sinne niemals würde benutzt worden seyn. Der Vf. hat gewiss Recht, wenn er ,, als Exeget um eine fertige Dogmatik sich nichts annimmt", die überall im alten Testamente nur ihr Spiegelbild wieder finden möchte; aber die weltgeschichtliche Mission des israelitischen Volkes bezog sich einmal auf die Förderung der religiösen Entwicklung, dem religiösen Gebiete gehören fast alle alttestamentlichen Schriften, insbesondere auch die prophetischen an, und so liegt es nicht blos im Interesse des Theologen, sondern auch in der Aufgabe desjenigen, der nur als Philologe oder Historiker an die Auslegung jener Schriften sich begiebt, bei diesem Geschäfte der Erkenntniss und Darstellung ihres religiösen Gehaltes besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Wie der Ausleger des Homer sich zum letzten Ziele setzen muss, die poetische, der des Demosthenes die rhetorische, der des Plato die philosophische Bedeutung seines Schriftstellers anschaulich machen, so hat der Ausleger eines alttestamentlichen Propheten seiner Aufgabe erst dann vollständig genügt, wenn aus seiner Auslegung zugleich hervorgeht, was die religiöse Bedeutung seines Schriftstellers ist, welche Stellung dieser innerhalb der religiösen Entwicklung überhaupt einnimmt. Wir finden, dass H. in dieser Rücksicht hinter seiner Aufgabe zurückgeblieben ist.

man in Jerusalem die Adonisklage wirklich im Sep- das durch den Krieg geminderte und nun wieder tember gefeiert, doch behaupten würde, etwas gesehen zu haben, was nach Umständen der Zeit, oder des Ortes zu sehen unmöglich war." Namentlich scheinen uns auch an dieser Stelle die zur Erklärung des Mythus vorgenommenen etymologischen Combinationen missrathen (S. 62). Wenn wir oben die Ansicht aussprechen mussten, dass H. nicht mit rechter Hingebung auf die Eigenthümlichkeit Ezechiel's eingehe, um den Propheten aus sich selbst heraus zu verstehen, zu erklären und zu würdigen, so müssen wir hier Aehnliches in Bezug auf Auffassung und Deutung der bei Ezechiel vorkommenden israelitischen Religionsansichten behaupten: es sind diese oft zu äusserlich und zu vereinzelt und zu wenig im Zusammenhange mit der eigenthümlichen religiösen Grundanschauung der Israeliten aufgefasst. An einzelnen feinen Bemerkungen fehlt es zwar auch in dieser Beziehung nicht, man vgl. z. B. wie in der Einleitung zu c. 18 trefflich nachgewiesen ist, dass în Absicht auf moralische Zurechnung bei Ezechiel zuerst,, die Subjectivität zu ihrem Rechte kommt", während sie früher in der Gesammtheit des Volkes unterging. Namentlich können für die, welche geneigt sind, das alte Testament vollständig zu christianisiren, Hitzig's eher nach der entgegengesetzten Seite sich neigende Andeutungen als heilsame Mahnung an das richtige Maass dienen. So ist in der Einleitung zu c. 24, 1 die Ansicht, dass bei Ezechiel sogenannte vaticinia post eventum vorkommen, mit einleuchtenden Gründen verfochten; nur ist, was hier gilt, nachher mit Unrecht auf die Weissagungen in diesem Buche überhaupt ausgedehnt, obwohl H. selbst, vgl. zu c. 17, 22 ff., in allgemeiner gehaltenen Verkündigungen wirkliche Weissagungen anerkennt. Umgekehrt scheint sichs mit seiner Auffassung von c. 37 zu verhalten. Ref. ist in Bezug auf dieses Cap. mit Ewald der Ansicht, dass es im grossartigen Bilde die zu erwartende geistige Wiederherstellung der geistig todten israelitischen Gemeine darstelle, dass es im Grunde um keine andere Auferstehung sich handle, als die, welche auch mit der Vertauschung des steinernen Herzens in ein fleischernes (c. 36, 26) gegeben ist. Hitzig dagegen denkt mit den Kirchenvätern hier an eine wirkliche leibliche Auferstehung. Die damit gemachte Concession ist aber eine nur scheinbare; denn indem er die Auferstehung lediglich auf

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Nach diesen Bemerkungen über den Inhalt des Commentars, noch ein Paar Worte über seine Darstellung. Einen so ins Einzelne eingehenden, so ausserordentlich reichen Commentar über eine so schwierige Schrift auf den engen Raum von 380 Seiten zusammenzudrängen, dazu bedurfte es jener Kunst gedrängter und kurzer Darstellung, worin Hitzig unübertrefflicher Meister ist, und jener ihm eignen Selbstverleugnung, womit er sich darauf beschränkt, selbst neue und höchst fruchtbare Gedanken, die ein Anderer mit Behagen ins Breite ausgeführt hätte, nur ihrem Wesen nach kurz anzudeuten und die Ausführung den Lesern zu überlassen. (Der Beschluss folgt.)

ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG

Monat Januar.

Jurisprudenz.

1849.

Das Recht des Besitzes im Mittelalter und in

der Gegenwart. Von D. Carl Georg Bruns, Prof. in Tübingen. Tübingen 1848. Verlag d. H. Laupp'schen Buchh. Laupp u. Siebeck. XII u. 507 S. 8.

Der letzte Zweck dieser durch Talent und Gelehrsamkeit ausgezeichneten Schrift ist cin prakti

scher. Sie soll eine Vorarbeit bilden für ein vaterländisches Gesetzbuch, dessen Abfassung durch die cinzelnen Staaten Deutschlands oder noch besser durch die Centralgewalt dem Vf. als eine nicht länger abzuweisende Nothwendigkeit erscheint, die nur noch vom Standpunkt bureaukratischer Rechtspflege nicht recht erkannt werde. Hr. B. sieht und räumt zwar ein, dass es eine thörichte Hoffnung seyn würde, wenn man den Erfolg eines solchen Reichs - Civilgesetzbuchs so dächte, als ob durch dasselbe das Recht wieder ein Gemeingut des ganzen Volksbewusstseyns und die gelehrte Jurisprudenz entbehrlich werden könnte. Allein er glaubt doch durch jenes Unternehmen das natürliche und gesunde Verhältniss herstellbar, in welchem die Wissenschaft des Juristenstandes nicht in absoluter Trennung vom gemeinen Volksbewusstseyn steht, sondern in ihm wurzelt und nur seine feinere Ausbildung in sich schliesst.

Die Vorbereitung des in dieser Weise wirkenden vaterländischen Unternehmens hält der Vf. um so mehr für Sache der Wissenschaft, als seit Thibaut's erstem Vorschlag, wenn auch die Schwierigkeiten vermehrt, doch zugleich die Kräfte bedeutend gewachsen seyen. Die Wissenschaft, meint er, dürfe daher die Vorarbeiten um keinen Preis einer kleinen Commission überlassen, sie dürfe nicht wie bisher ruhig zuwarten, bis diese ihr Werk vollbracht habe, um sich dann darüber her zu machen, es zu commentiren, zu bekritteln und das Alte zu preisen. Sie müsse vielmehr das Recht auch vom Standpunkte der Gesetzgebung nach Ver

A. L. Z. 1849. Erster Band.

Halle, in der Expedition der Allg. Lit. Zeitung.

nunft und Zweckmässigkeit kritisch beurtheilen, mit andern Rechten vergleichen und die Gründe für Beibehaltung, Aufhebung oder Modification des Bestehenden zur gründlichen Prüfung bringen. Durch diese Betheiligung an der Aufgabe werde sie dem richtigen Verständniss des bestehenden Rechts, mithin sich selbst den grössten Gewinn bringen, während im andern Fall dem Vorwurf der Werthlo

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sigkeit der Jurisprudenz" ein schwer zu beseiti–

gender Vorschub geleistet wäre.

Vor Allem müsse die römische Rechtswissenschaft, anstatt auf die grossartige Ausbildung und innere Vortrefflichkeit des römischen Rechts zu pochen und in stolzer Selbstüberschätzung die reine Erkenntniss desselben ohne Weiteres als die beste Vorarbeit für jede Gesetzgebung anzusehen, sich vielmehr obiger Aufgabe unterziehen. Denn das römische Recht habe seine Schwächen, der alte Respect vor demselben habe sich bedeutend vermindert, in den Germanisten und den neuen Gesetzbüchern stehen ihm und dem Romanisten scharfe und kräftige Gegner gegenüber, und es könne geschehen, dass dem römischen Rechte, wenn man es nicht mit den Waffen der Gegenwart, Vernunft. und Zweckmässigkeit vertheidige, sein gebührender Antheil im Kampfe über die neue Gesetzgebung gar sehr geschmälert werde.

Nach diesen Geständnissen der Vorrede erwarteten wir eine Arbeit, die, in unbedingter Abhängigkeit von den Zeitansichten, unter dem Einfluss der Hoffnungen auf ein allgemeines deutsches Nationalgesetzbuch, in der Furcht vor dem naturalistischen Vorwurf der Werthlosigkeit aller wissenschaftlichen Bestrebungen und vor den Uebergriffen der Germanisten entstanden, nur etwa für das Reichsministerium der Gesetzgebung eine ephemere Bedeutung, für die Wissenschaft dagegen keinen Werth hätte. Allein das Buch selbst vernichtet einen grossen Theil jenes unangenehmen Eindrucks, welchen das Vorwort zurücklässt. Man überzeugt sich allmählig, dass der Vf. nur das römische Recht nicht 4

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