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Nothwendigkeit entwickeln, d. h. sie kann, ohne d. h. sie kann, ohne auf bestimmte Verhältnisse Rücksicht zu nehmen, entwickeln, was bei der Erziehung immer und überall in Betracht kommen muss, die Prinzipien der Erziehung. Was diese Pädagogik sagt, muss bei den Chinesen wie bei den Deutschen gelten, bei den Deutschen des 9ten wie des 19ten Jahrhunderts, bei den Süddeutschen wie bei den Norddeutschen, bei Katholiken wie bei Protestanten, bei der Erziehung des Bauern wie bei der des Fürsten, kurz unter allen Verhältnissen. Neben dieser allgemeinen, philosophischen Pädagogik würde es dann eine Menge besonderer Pädagogiken geben, die auf die jedesmaligen bestimmten Verhältnisse Rücksicht nehmen und zeigen, wie unter diesen erzogen werden muss, in China anders als in Deutschland u. s. w. Nimmt man dabei nicht blos auf die Gegenwart sondern auch auf die Vergangenheit Rücksicht, so bekommt man eine Geschichte der Pädagogik, d. h. der Erziehungswissenschaft, unterschieden von der Geschichte der Pädagogie, d. h. der Erziehung selbst, welche letztere zu zeigen hat, wie die in der allgemeinen Pädagogik aufgestellten und in den besondern Pädagogiken näher besimmten, individualisirten Prinzipien im Laufe der Zeit realisirt worden sind. Der letzte Abschnitt in der Geschichte der Pädagogie hätte zu zeigen, wie bei uns erzogen wird, der letzte Abschnitt in der Geschichte der Pädagogik dagegen, wie bei uns (d. h. jetzt in Deutschland) erzogen werden soll die Praxis der Erziehung entspricht nicht der Theorie, in der Erziehung findet sich auch manches Unangemessene. Das Moment des Einzelnen in der pädagogischen Wissenschaft wäre die Pädagogik für den einzelnen Menschen, für das einzelne Individuum (die historische Pädagogik ist jedoch auch schon individuell, die Individuen sind nur nicht einzelne Menschen, sondern ganze Völker oder dergl.). Dass die hier nothwendigen Modificationen der allgemeinen Bestimmung nicht vorgeschrieben werden können, dass eine solche individuelle Pädagogik demnach nur im Kopfe des einzelnen Erziehers existiren kann, liegt freilich auf der Hand; daraus aber folgt nicht, dass diese ,,concrete Individualisirung des abstracten Begriffs" Kunst sey, sie ist immer noch Wissenschaft, nur die auf diese Wissenschaft sich gründende Praxis ist Kunst. Dass R. dies nicht gesehen hat, dass er eine nothwendige Seite der pådagogischen Wissenschaft von ihr ausscheiden will (ausgeführt hat er es, wie schon bemerkt, allerdings

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nicht), ist nach des Ref. Ansicht eben daher gekommen, dass die Pädagogik zur Philosophie gehören soll.

Die Wissenschaft der Pädagogik gliedert sich nun nach R. in 3 Theile, deren erster den allgemeinen Begriff, der zweite die besonderen Elemente, der dritte die einzelnen Systeme der Erziehung enthält. Wir haben schon vorher unsere Ansicht über die Momente des Allgemeinen, Besondern und Einzelnen in der Pädagogik gesagt. Darnach enthalten die beiden ersten Theile bei R. das Allgemeine, und es wird keines Beweises bedürfen, dass das, was im 2ten Theile besprochen wird, die Orthobiotik, die Didactik, die Pragmatik, immer und überall bei der Erziehung beachtet werden muss, demnach zur allgemeinen Pädagogik gehört. Wenn ich die besondern Momente angebe, welche in dem allgemeinen Begriffe enthalten sind, so bleibe ich doch immer noch im Allgemeinen. R.'s 3ter Theil enthält nicht das Moment des Einzelnen, sondern das des Besonderen. Wenn aber dieses Besondere, die einzelnen pädagogischen Systeme, aus dem Begriffe der Erziehung abgeleitet werden sollen, so müssen wir uns einen bescheidenen Zweifel an der Ausführbarkeit erlauben. Die einzelnen Systeme ergeben sich hauptsächlich aus den Verhältnissen, welche die Erziehung vorfindet; diese Verhältnisse bestimmen das Ideal des erzogenen Menschen und ein anderes Ideal giebt allemal ein anderes System der Erziehung. In zweiter Linie wirken darauf die Ansichten über Psychologie. Sollten die einzelnen Systeme aus dem Begriff der Erziehung hergeleitet werden, so könnte dies nur so geschehen, dass die einzelnen Momente des Begriffs für sich gesetzt, dass ein einzelnes als das Ganze oder wenigstens als die Hauptsache angesehen würde. Worin R. diese Ableitung sieht, können wir auch im Einzelnen nicht sehen; die drei Hauptsysteme der nationalen, theocratischen und humanen Erziehung z. B. ergeben sich nach ihm daraus, dass der Begriff der Menschheit zuerst sich in der natürlichen Form des Volkes darstellt, dass die Freiheit des Geistes von der Natur aber dem Geist auch ausdrücklich in der transcendenten Form der abstract theistischen Religion erscheint, und dass die Einheit der abstract natürlichen und abstract geistigen Bestimmtheit die concrete Einheit des Geistes mit der Natur ist, d. h. sie werden aus dem Begriffe der Menschheit, aber nicht aus dem der Erziehung hergeleitet. Bedenklich ist es dem Ref. auch, dass

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die Pädagogik mit ihrem Ende wieder in ihren Anfang zurückkehren soll, der erste und zweite Theil soll schon den Begriff des für die Gegenwart nothwendigen Systems enthalten. Wenn das wirklich der Fall ist, so enthalten diese Theile nicht das, was sie enthalten sollen, die pädagogischen Bestimmungen nach ihrer Allgemeinheit und Nothwendigkeit; denn sonst wären sie für die Gegenwart nicht mehr Anhalt als für die Vergangenheit, sie müssten in der Gegenwart nach den gegenwärtigen Verhältnissen eben so modificirt werden, als sie in der Vergangenheit nach den jedesmaligen Verhältnissen modificirt worden sind. Die philosophische Padagogik ist in Frage gestellt, sie wird zum letzten Gliede der historischen degradirt.

Der allgemeine Begriff der Erziehung (§§. 12— 50.) hat 1) das Wesen der Erziehung überhaupt; 2) ihre Form; 3) ihre Grenzen auseinander zu setzen. Wie die Grenzen der Erziehung in gleichen Rang mit ihrem Wesen und ihrer Form kommen, sieht Ref. nicht ein; sie liegen ja auch nach §. 46. im Begriff ihres Wesens, darnach dürfte 3) nicht 1) nebengeordnet, sondern müsste ihm untergeordnet seyn.

Das Wesen der Erziehung überhaupt ist die Menschlichkeit als die Verwirklichung der dem Geist nothwendigen Freiheit, die Entwickelung der dem Menschen immanenten theoretischen und practischen Vernunft. Nur der Mensch ist daher Gegenstand der Erziehung. Im weitesten Sinne sprechen wir von der Erziehung der Menschheit, wo der Weltgeist selbst der Pädagog ist; im engern Sinne erziehen Natur, Volkssitte und Schicksal; im engsten Sinne, der aber der gewöhnliche geworden, erzieht ein einzelner Mensch, indem er einen andern auf eine bewusste und methodische Weise auszubilden strebt. Mit der fortschreitenden Cultur muss die pädagogische Arbeit an verschiedene Personen und an verschiedene Bildungsanstalten vertheilt werden. Das Wesen der Erziehung scheint uns nicht richtig angegeben zu seyn. Ihr Ursprung liegt nach §. 4. im Begriffe der Familie, weil in die ser der Unterschied der Mündigen und Unmündigen ganz unmittelbar gesetzt ist. Das ist ganz richtig und davon ist auch bei der Bestimmung des Wesens auszugehen. Der Begriff der Mündigkeit ist in verschiedenen Beziehungen relativ, nach R. wäre nur der mündig, der im Hegelschen Sinne durch sich selbst zum wirklichen Menschen geworden ist. Der Erzieher soll (§. 19.) den Zögling mit

Bewusstseyn und Voraussicht einem bestimmten Ziele entgegenführen: für wie viele Erzieher ist denn das mit Bewusstseyn erstrebte Ziel die Verwirklichung der dem Geist nothwendigen Freiheit? Vielleicht nur für den Weltgeist selbst, bei der Erziehung der Menschheit. Für die Erziehung des einzelnen Menschen kann diese Bestimmung schon deshalb nicht allgemein seyn, weil nach R. selbst (§. 177.) der freie, sich nach der Vernunftnothwendigkeit selbst bestimmende Mensch erst durch das Christenthum das Ideal der Erziehung geworden ist, gewiss aber doch auch vor dem Christenthume stattgefunden hat.

(Die Fortsetzung folyt.)

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(Beschluss von Nr. 139.)

S. 251. Auch wir sind durch die zuvor nie geahnte Erscheinung fünf erwachsener Söhne Adelheids Tochter Ludwig des Saliers, Gemalin des im J. 1112 verstorbenen Grafen Ulrichs zu Weimar, überrascht, welche in dem Dokumente ohne Datum, N. 41., ihre Zustimmung zu einer dem Naumburgischen Georgenkloster von derselben gewidmeten Schenkung erklären, da wir über Adelheids Ehe bisher nicht mehr wussten, als dass sie von ihrem Gatten verstossen worden war.

Wir wenden uns zu dem aus 84 Nummern bestehenden Urkundenbuche (S. 171-328.), um einige dieser Dokumente, von welchen wir unmittelbar aus den Originalen genommene Abschriften besitzen, mit denselben zu vergleichen und die in dem Abdrucke entdeckten Abweichungen und fehlerhaften Lesarten möglichst zu verbessern. Leider müssen wir dabei den, wie es scheint, unwiederbringlichen Verlust der Urschriften manches wichtigen Stückes beklagen, wodurch sich der Vf. genöthigt sah, spätere, oft nicht von bewährten Kennern der Schriftzüge und diplomatischen Schreibart des Mittelalters herrührende Kopien zu Grunde zu legen. hätten wir wenigstens in manchen Fällen gewünscht, dass die alten Inhaltsanzeigen, welche oft zu besserem Verständnisse dienen, beigefügt worden wären. Dass die in diesen Denkmälern vorkommenden Ortschaften weit richtiger und ansprechender als in Schultes Direktorium Diplomatikum gedeutet und nach ihrer eigentlichen Lage mit den jetzt

Auch

gewöhnlichen Namen genau bezeichnet werden würden, liess sich von dem mit der Beschaffenheit dieSer Gegend innig vertrauten Gelehrten unbedingt

erwarten.

S. 187. Diese aus Strauss diss. de Rudolpho Anticaesare p. 29. N. I. abgedruckte Urkunde, deren Original nicht mehr aufzufinden ist, wird auch in Moebii Chronic. Merseburg. Ms. L. II. c. 7. und in de Berbisdorf annotat. ad. Chron. Merseb. in Ludewig Reliqq. mstor. etc. ad p. 347. erwähnt.

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S. 188. Z. 1. muss redimentes u. Z. 4. Lostataua gelesen werden. Treben im Kreise Weissenfels, jetzt nur eine einzelne Kirche, ehedem civitas und burgwardum. Die Flur des Dorfs, angeblich von 17 Hufen und 21/2 Acker Feld, die Hufe zu 18 Acker, besitzen meistens die Lösauer. S. auch J. F. Kratzsch Verz. der in dem Sprengel des Oberlandsgerichtes zu Naumburg gelegenen Städte.- Dörfer u. s. w. 1. Th. S. 430. 2. Th. S. 148 f. Da man Tuchamuzi schwerlich für Taucha halten kann, so möchten wir annehmen, dass entweder Tuchauuzi (Tuchawiz) Tauchwiz?) gesetzt, oder dieser Name in zwei Worte Tucha u. Uuz (Wuz) getheilt, und alsdenn an Taucha und Wuz (Wuiz, Wüz bei Zeiz, Wozh im J. 1152, Wza 1147, Wuicitz 1242) gedacht werden müsse. S. 231. N. 30. v. J. 1089. Z. 1. von unten I. futurę-ętatif. S. 232. Z. 1. epifcopuf pater. 2. meuf comef GERO pariterq; (que) 3. willehelmuf. 4. comitiffe. 5. BERTHEN niuenburgenfif. 6. ecclefię Guntheruf. 10. dominę BERTHE, 11. fcafeftete. 17. donationif et confirmationif auctoritaf. 19. paginam inde iuffi. 22. Arnolfuf. Nach Odelricuf folgt ein in dem Original unleserliches Wort, das in der Nachbildung unseres Abschreibers für Prepetim oder Prepecum gelten könnte, aber keinen Sinn und zu wiederholter Prüfung seiner Züge Anlass giebt. 27. Egelo. hefeco. confanguineuf. 28. Erchenbh't (Erchenbehrt.) 29. Manegoldus. Luithardus. Bernolt. friRegenfriduf. 31. Volckwin dericuf.

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S. 234 ff. Urk. N. 32. v. J. 1103. S. 235. Z. 4. cui. 16. videlicet et mol. 30. pertrahendum. 37. Löf.

S. 238. N. 34. v. J. 1122. Z. 10. von unten Turaui (?) 241. 35. v. J. 1119 (1118) Z. 8. von unten conferri 242. Z. 5. Grisoboni 7. M. C. XVIII. 251. N. 41. o. Datum. Z. 10. mansum unum in villa od. in campis ville que (?)

wird.

255. N. 45. v. J. 1164. s. auch Lang Regefta rerum Boicarum I. 251, wo hymmenftat durch Himmelstat erklärt S. 265. N. 49. v. J. 1195 fehlerhaft in Schmid's Lobdeburg. S. 61f. Z. 3. pervenerit. S. 266. nach Z. 2. sind die Worte: Notum etiam esse uolumus quod talentum predictus hermannus predicte ecclesie contulit de quodam predio quod soluit in pisces (prisces) weggelassen. In unmittelbarer Beziehung mit diesem Lausnizer Klosterbriefe steht ein zweiter vom folgenden Jahre, den wir nach seinem wesentlichen Inhalte hier einschalten wollen: Conradus Mogunt. Archi-episcopus notum fieri uolumus quod Hermannus de Tucherde allodium suum in Brisez et Chemeriz et Polep situm XII. talenta persoluens) annuatim Moguntine contradidit Ecclesie et illud de manu nostra recepit in feodum pro custodia nostre ciuitatis Erphfurdie. Nos vero post modum partem eiusdem allodii in Polep situm, IIII talenta annuatim persoluentem tradidimus monasterio sancte Marie in Luse

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niz, bonis que idem monasterium possederat in villis Wichelburnen et Bechenbech (Rechenbech, Rethenbech?) nobis assignatis in concambio. Que predictus Hermannus item de manu nostra recepit nomine feodi bona predicta in Polep nobis resignans, ut ea libere prefato monasterio possemus in concambio assignare. Acta sunt hec anno M. C. XC. VI. Indictione XIIII etc. Polep eine Wüstung unterhalb Groizschen (Graizschen) an der Gleise, ist bei den neusten Grenzberichtigungen zwischen dem Grossherzogthum S. Weimar und dem Herzogthum Altenburg ausgetauscht worden. Briesez, jetzt Priessnitz, Chemeriz an der Wethau, Wichelborn und Rechenbech sind unbekannt, doch könnte man das letzte in Reichenbach zwischen Hermsdorf und St. Gangloff wieder erkennen.

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S. 273 ff. N. 53. v. J. 1225 Z. 3. von unten Ludewicus 2. Lantgrauius S. 274. 1. Saleke. 2. in manibus nostris. 6. coertionibus johanni. 7. abb. beati G. 20. Withawe. 23. dimidius. 24. Kitsin dimidius. 26. in hominibus et b. 30. Tantam. 37. roborandam. 39. Gerlagus. 43. Lubiniz. 44. parrochiani. S. 275. Z. 4. Kirchberch. 5. Zaggenberch 6. Volcmarus. 8. wirchhusen Walterus. 9. sillesin. 10. grobiz.

S. 276 N. 54. v. J. 1234. Z. 11. Heinricus. 13. omnem benedictionem. 13. supplicatione. 20. ac etiam remou. 27. mundiburdus. 28. nichil. 33. Aldemburg.

S. 301. N. 69 b. v. J. 1239, Original in dem K. Sächs. geheimen Staats- Archive zu Dresden. Die Varianten, welche wir mittheilen, rühren aus einer Heydenreichischen Abschrift zu Weimar her. Z. 19. communio (?). 23. iniuria vel viol. inf. et astabunt. 38 nobis, ecclesie nostre nec nonS. 302. Z. 2. veritatem euidentem vel 4. obs. et nos s. s. i. omnia integr. 12. Pl. etiam ciuit. 16. ad. c. Ceicze noue (?) 22. Bei den Worten: si quas etiam literas domino marchioni contrarias habemus, ist von alter Hand am Rande hinzugefügt: imo absque dubio ab imperio. 24. Wolftitz.

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Der Anhang von S. 329-359 enthält weitere Ausführungen der im Texte nur kurz berührten Gegenstände, unter diesen Ueberschriften: 1) die Stellung der Markgrafen aus dem Hause Wettin zu dem Hochstift Naumburg, als Stiftsvögte und Landesherren S. 331-342.- 2) Eintheilung der Naumburger Diöces in Archidiakonate S. 343-350.3) Berichtigungen und Zusätze S. 350-355. 4) Zur Erklärung der diesem Bande beigegebenen Siegelzeichnungen S. 355-359. Den Schluss machen übersichtliche Zusammenstellungen als Register S. 360-369; und auf der letzten Seite: Versehen in den Abschriften und Druckfehler, zu denen ausser häufigen Verwechselungen der Buchstaben noch folgende kommen: S. 152. Anm. 1. Guelf. Anm. 138. Eckstorm. S. 157. Anm. 190. Z. 6. Aufnahme. 164. st. 509 1. 309. 169. st. 400 b. l. 400 a. 174. Z. 7 von unten bonis st. S. 122. u. 123 l. 222 u. 223. 223. Z. 27 ebendas. 225. Z. 8 B v. u. Mansfelder 229. Z. 12 st. VI 1. IV. 66. Z. 19. Diplomatarium 281 ist in der Zahl der Anmerk. 35 weggelassen

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312. Z. 11. Ludolph.

ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG

Monat Junius.

Pädagogik.

1849.

Die Pädagogik als System. Ein Grundriss von
Dr. Karl Rosenkranz u. s. w.

(Fortsetzung von Nr. 140.)

Halle, in der Expedition der Allg. Lit. Zeitung.

die Strafe selbst als Realnegation berechtigt. Die pädagogische Strafe erregt dem Zögling absichtlich einen Schmerz, um ihn zum Insichgehen zu bestimmen, sie ist wesentlich correctiv, sie will bessern, wogegen die Strafe im öffentlichen Rechts

Die allgemeine Form der Erziehung folgt nach system zunächst die Gerechtigkeit befriedigen soll.

R. aus dem Wesen des Geistes, dass er zwar an sich schon Geist ist, sich aber seiner selbst entfremden muss, um für sich, wirklicher Geist zu werden. Diesen Prozess der Entfremdung und ihrer Aufhebung soll alle Bildung, welches auch ihr besonderer Inhalt sey, zu durchlaufen haben. Von einem Prozess der Entfremdung weiss Ref. nichts. Dass Kinder lieber die abenteuerlichen Reisen Sinbads hören, als vaterstädtische Heimathskunde und Landesgeschichte, folgt keineswegs aus dem Drange des Geistes, sich selbst zuerst von sich zu entfremden; diese Abenteuer sind gerade dem Kinde viel näher als die Landesgeschichte, leibliche und geistige Nähe ist gar nicht dasselbe. Ja wenn die Ja wenn die Kinder lieber etwa russische Landesgeschichte hörten! Der Hang zur Ferne, zum Fremden, zum Wunderbaren kommt daher, dass dort mehr Nahrung für die Phantasie geboten wird, als in der langweiligen Heimathskunde. - In der weitern Entwikkelung hat R. die Entfremdung auch unbeachtet gelassen. Die allgemeine Form der Erziehung ist die Arbeit, welche jeden Zustand zur Gewohnheit, das Selbstgefühl identisch mit der Particularität jedes Thuns oder Leidens machen muss. Da die Gewohnheit dem Inhalte nach erlaubt oder unerlaubt, nützlich oder schädlich, gut oder böse, der Form nach passiv oder activ seyn kann, so muss sowohl das positive Moment der Angewöhnung als das negative der Entwöhnung berücksichtigt werden, damit der Zögling sich auch umgewöhnen kann. Die Erziehung kann auch misslingen, es kann sich eine Missbildung im Zögling realisiren. Geschicht dies durch Schuld des Zöglings, so tritt von Seiten des Erziehers die Negation ein, zuerst einfach, dann mit kurzer Begründung, daun mit Androhung der Strafe; bleiben diese Bemühungen fruchtlos, so ist

Für das Kindesalter eignet sich die sinnliche Strafe, für das Knaben- und Mädchenalter die Strafe der Isolirung, für das Jünglings- und Jungfrauenalter die Ehrenstrafe.

Die Grenze der Erziehung soll eine subjective, eine objective und eine absolute seyn. Die subjective liegt in der Individualität des Zöglings, die objective in den Mitteln, welche verwandt werden können, die absolute ist das Ende der Erziehung, die Selbstständigkeit des Zöglings, mit welcher die Selbsterziehung an die Stelle der absichtlichen Einwirkung des Erziehers tritt. Wir glauben, dass hier Dinge zusammengestellt sind, welche nicht zusammengehören. Die angegebene subjective und objective Grenze sind Schranken der Erziehung: es könnte mehr geleistet werden, wenn etwa das Subject mehr Anlagen hätte, oder wenn die vorhandenen Anlagen mehr gepflegt werden könnten. Die absolute Schranke der Erziehung ist die Zeitbildung, es kann Niemand über seine Zeit hinaus. Es wird z. B. jetzt aus einem Zögling mit den besten Anlagen, auf dessen Erziehung auch alle möglichen Mittel verwendet werden, nicht das, was aus ihm werden würde, wenn unsre Erziehungswissenschaft weiter wäre, wenn der Erzieher nicht so oft im Dunkeln tappte und experimentiren müsste. Das Ende der Erziehung ist keine Schranke, wenn auch eine Grenze; diese Grenze darf nicht mit denen, welche Schranken sind, zusammengestellt werden. Von dem Anfang der Erziehung zu sprechen, hat R. unterlassen, er steht aber vielleicht weniger fest als das Ende.

Die meiste Belehrung hat Ref. im zweiten Theile (die besondern Elemente der Erziehung, $$.51 -174.) gefunden. Es wird sich aus der folgenden Uebersicht von selbst herausstellen, dass ein

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zelne Abschnitte entschieden einen Fortschritt der Pädagogik enthalten; geistreiche und schlagende Bemerkungen finden sich in allen. Die Systematik freilich, worauf R. vielleicht den meisten Werth legt, genügt uns nicht, die unvermeidliche Dreitheilung scheint uns Vieles verdorben zu haben. So unterscheidet R. als besondere Elemente der Erziehung die physische, intellectuelle und practische (ethische) Erziehung, Orthobiotik, Didactik, Pragmatik. Wir wollen diese Eintheilung nicht deswegen anfechten, weil alle drei Elemente in der Wirklichkeit ungetrennt sind und mit rastlosem Fluss dialektisch in einander übergehen; wir wollen zugeben, dass sie sich nichtsdestoweniger in ihrer Folge bedingen und ein relatives und periodisches Uebergewicht über einander haben. Aber was in der Pragmatik behandelt wird (sociale, moralische, religiöse Bildung), und zum Theil auch das in der Orthobiotik Behandelte, sind doch eigentlich Erziehungszwecke; die Didactik dagegen, die Kunst zu lehren, behandelt ein Erziehungsmittel. Die Eintheilung hat sich auch nicht durchführen lassen, bei der religiösen Bildung ist der theoretische Prozess in einem besondern Abschnitte behandelt (und das hätte auch bei der socialen u. s. w. geschehen müssen) was ist dieser theoretische Prozess anders als intellectuelle Bildung? Wenn als besondere Elemente der Erziehung die physische, intellectuelle und practische Bildung angegeben werden, so heisst das, die Erziehung hat diese 3 Richtungen, sie hat ein Ziel in diesen 3 Beziehungen: dieses Ziel ist zunächst anzugeben, und dann der Weg, wie dieses Ziel zu erreichen ist. Da aber ein und dasselbe Mittel, z. B. der Unterricht, zu verschiedenen Zwecken dient, zur physischen und practischen (sittlichen) Bildung ebenso wie zur intellectuellen, so darf nicht Beides zusammengeworfen werden, die Lehre vom Ziele ist für sich, die Lehre vom Wege zu diesem Ziele auch für sich zu behandeln. Die richtige Gliederung der Pädagogik hat nach unserer Meinung Mager gegeben, wir verweisen der Kürze wegen auf ihn, Pädag. Revue, B. XII, S. 37 ff. Auch an der weiteren Gliederung der Haupttheile bei R. hätten wir Manches auszusetzen; so enthält z. B. das Capitel vom Unterricht I. die Subjecte des Unterrichts; II. den Act des Lernens; III. die Modalität des Lehrprozesses, was wir nicht für eine logisch nothwendige Eintheilung halten. Doch lassen wir dergleichen Aeusserliches; überblicken wir den Inhalt dieses Theiles etwas aus

führlicher führlicher Bemerkungen zu einzelnen Sätzen wollen wir an betreffender Stelle gleich in Klammern beifügen.

Erster Abschnitt. Die Orthobiotik. Sie unterscheidet sich als die Cultur der reproductiven, irritablen und sensiblen Thätigkeit 1) in die Diätetik; 2) die Gymnastik; 3) die Sexualpädagogik. — Die Diätetik ist die Kunst, die normale Reproduction des Organismus zu erhalten. Die Pädagogik als Wissenschaft könnte nur die allgemeinen Grundsätze wiederholen, da der Organismus in concreto ein durchaus individueller ist; daher nur einige Bemerkungen über Nahrung, Schlaf, Kleidung, Reinlichkeit der Kinder. Die Gymnastik ist die Kunst der normalen Cultur des Muskelsystems. Sie hängt immer mit der Kriegsart zusammen. Der Grundbegriff ist die Herrschaft des Geistes über seine Natürlichkeit. Die gymnastischen Uebungen bilden eine Stufenfolge vom Einfachen zum Zusammengesetzten; die Bewegungen sind nämlich Fussbewegungen (Gehen, Laufen, Springen), Armbewegungen (Heben, Schwingen, Werfen), Bewegungen des ganzen Körpers (Schwimmen, Reiten, Fechten). Die Zeit der reifenden Pubertät erfordert eine besondere Sorgfalt. Die allgemeine prophylactische Sorge liegt in der vernünftigen Diatetik und Gymnastik, eine besondere besteht darin, dass das Gehirn nicht überfrüh angestrengt wird. Mit dem Eintritt der Pubertät ist physiologische Aufklärung über das Mysterium der Zeugung erforderlich, ferner Bildung der Phantasie durch Anschauen des Schönen (Malerei, Plastik; durch Anschauung der Nacktheit wird der Reiz der Formen gemildert und gereinigt), und ausreichende Beschäftigung. Alle diese Sorglichkeiten muss die Schaam besiegeln, welche gleichweit von der Profanation als von der Prüderie entfernt ist der Mensch soll nicht naturlos seyn wollen, er soll naturfrei werden. Die Erziehung hat Alles, was sich auf die Propagation bezieht, mit höchstem Ernst zu behandeln; aber die Naivetät der paradiesischen Unbewusstheit ist von keinem Culturmenschen zu fordern. Den, der sich verirrt hat, darf man nicht durch ein absolutes Anathema moralisch vernichten, vielmehr muss man ihm zur rechten Erkenntniss und zur nöthigen Stärke des Willens zu verhelfen suchen.

[Wenn auch das in diesem Abschnitt Behandelte gar nicht alles zur physischen Erziehung gehört, wenn namentlich das unter dem Namen

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