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Auch den Alkohol des Conylens darzustellen ist es Wertheim gelungen und die Existenz des Äthers hat er wenigstens sehr wahrscheinlich gemacht.

Neben diesen Arbeiten über das Coniin und die daraus abgeleiteten Verbindungen hat Wertheim auch noch eingehende Studien über das Piperidin und Nicotin unternommen. Die ersteren hat er der Akademie in ihrer Sitzung am 27. Februar 1863 (Bd. XLVII. der Sitzgsb.) vorgelegt und darin gezeigt, dass durch Einwirkung von salpetriger Säure auf Piperidin ein Körper gebildet wird, den man sich als Piperidin vorstellen muss, in dem das eine Atom des darin enthaltenen Wasserstoffes durch Stickoxydgas ersetzt ist, und aus welchem die Herstellung des Piperidins sowohl durch nascirenden Wasserstoff, als auch durch Einwirkung von Hydrochlor bei 100° C. gelingt.

Die Mittheilung über einige Verbindungen des Nicotins ist der Abhandlung über das Conydrin im XLVII. Bande der Sitzungsberichte angehängt und enthält die Beschreibung und Zusammensetzung von nicht weniger als neun Verbindungen dieses wichtigen Alkaloides, über welche er bereits früher an Gerhardt Mittheilungen machte, welche dieser im 4. Bande seiner organischen Chemie anführt.

Welchen Werth die Akademie den Arbeiten Wertheim's beilegte, hat sie dadurch bethätigt, dass sie denselben zur Anschaffung des kostbaren Materials für dieselben den Gesammtbetrag von 1550 Gulden bewilligte.

So sehen wir Wertheim im besten Zuge, voll von Ideen und Entwürfen, die er zu verwirklichen mit ganzer Kraft strebte, als diese plötzlich zu weichen begann. Ein Siechthum, leider ein unheilbares, bemächtigte sich im Winter des Jahres 1864 des bis dahin gesunden Mannes und warf ihn auf's leidenvolle Krankenlager, von dem er sich nicht mehr erheben sollte. Im Mai 1864 wurde er von seinen Angehörigen veranlasst, mit

seiner gesammten Familie den Aufenthalt im Hause seines Bruders in Wien zu nehmen, damit die gesteigertste Sorgfalt ihn allseitig umgebe.

Die Diagnose der Grazer Ärzte fand in dem Spruche der Wiener ihre traurige Bestätigung. Eine das ganze Lymphdrüsensystem ergreifende neoplastische Erkrankung führte den Kranken unaufhaltsam der Auflösung entgegen, die am 6. Juli 1864, 10 Uhr Morgens eintrat.

Dies ist das Bild eines Mannes, in so ferne er der Wissenschaft angehörte. Aber es wäre nur ein halbes, würde das wohlverdiente Urtheil nicht zugleich gesprochen, dass derselbe auch ein tadelloser Charakter voll Liebe und Wohlwollen und ein Mann gewesen ist, der jede übernommene Pflicht gewissenhaft erfüllte.

Ein Freund, selbst eine Zierde der Wissenschaft auf anderem Gebiete schrieb, als er die Trauerbotschaft von Wertheim's Tod erfuhr, den Verwandten die tief empfundenen Worte: „Ein Mann ist uns entrissen, ausgezeichnet nicht blos durch Gelehrsamkeit, sondern auch durch alle Vorzüge des Charakters, ich habe nie einen aufrichtigeren und standhafteren Freund kennen gelernt".

Einer spricht hier aus was Alle, die ihn näher kannten, fühlen!

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KUNZEK, AUGUST EDLER v. LICHTON.

Kunzek August, geboren zu Königsberg in Schlesien am 28. Jänner 1795, widmete sich zuerst den juridischen Studien, und zwar an der Universität zu Olmütz, wo sich zu jener Zeit (1815-1817), angeregt durch die Professoren Scholz, Karpe, Knoll, später Baumgartner und Schreiner, ein sehr reges geistiges Streben entwickelte. Vorzüglich war es Scholz, der durch seine an scharfsinnigen Unterscheidungen so reichen, von einem durchaus freisinnigen Geiste durchwehten Vorträge über Naturrecht viele der tüchtigsten Studirenden den juridischen Fächern zuführte.

In dem engern Kreis, welchen dieser hervorragende Lehrer um sich versammelte, befanden sich auch Kunzek und der so reich begabte vortreffliche Franz v. Kannaval. Der Schreiber dieser Zeilen, der damals als jüngerer Student diesem Kreise ferner stand, erinnert sich lebhaft, welches Ansehen alle jene genossen, die demselben angehörten, und wie glücklich sich jeder schätzte, der sich ihm nähern durfte. Der Verfasser, dem dies auch zu Zeiten durch die Vermittlung von Kunzek und Kannaval vergönnt war, muss es mit dankbarer Anerkennung aussprechen, wie förderlich die belehrenden Worte dieser beiden jungen Männer ihm in seinen Studien waren, und wie anregend sie durch ihr Beispiel auf denselben wirkten. Es wurden da Keime in die junge Brust so Mancher gelegt, die sich später nachhaltig entwickelt haben.

Kunzek's rastloses Streben war aber schon damals auf eine möglichst harmonische, allseitige Ausbildung gerichtet; der Fachmann sollte nach seiner Meinung immer auf einer breiten Basis allgemeiner Kenntnisse fussen. Er suchte sich daher in allen Richtungen auszubilden und betrieb neben Philosophie und Geschichte noch besonders Mathematik und die Naturwissenschaften. In jener Zeit (1818) war es, als Baumgartner, gegenwärtig unser verehrter Präsident, als Professor der Physik nach Olmütz kam. Das bis dahin dort, wie überhaupt in Österreich sehr vernachlässigte Studium der Naturwissenschaften erfuhr hiedurch einen lebhaften Aufschwung. Es gelang Baumgartner ungeachtet der geringen Behelfe, die ihm zu Gebote standen, bald das lebhafteste Interesse für das Studium der Physik in der Jugend zu erwecken. Und wie es immer geht, sobald einmal von einer Seite die Anregung gegeben ist, war bald auch in der philosophischen Facultät ein reges geistiges Streben in allen Richtungen erwacht. Hiezu trugen die gediegenen Vorträge Knoll's über die Geschichte nicht wenig bei. So kam es, dass auch in Kunzek der Entschluss immer lebhafter wurde, sich ganz den Naturwissenschaften zu widmen. Er ging nach Wien, wohin auch Baumgartner mittlerweile berufen ward (1823), beendigte zwar dort die juridischen Studien, betrieb aber dabei Mathematik und Physik mit so ausgezeichnetem Erfolg, dass er im November 1822 die Stelle eines Adjuncten bei der Lehrkanzel der Physik, mit der zu jener Zeit auch die des Adjuncten der Mathematik verbunden war, übernehmen konnte.

Bald darauf erwarb er sich die philosophische Doctorswürde und wurde mit Allerhöchster Entschliessung vom 6. August 1824 zum Professor der Physik und angewandten Mathematik an der Lemberger Hochschule ernannt. Diese Stelle bekleidete er durch 23 Jahre, bis er mit Allerhöchster Entschliessung vom 9. October 1847 in gleicher Eigenschaft an die Wiener Hoch

schule berufen wurde. In Lemberg gehörte Kunzek bald zu den Zierden der Universität; er erwarb sich dort um die Verbreitung seiner Wissenschaft grosse und bleibende Verdienste, indem er ausserordentliche populäre Vorträge über Physik und Astronomie hielt, die lebhaften Anklang fanden, und bei den eben nicht reichlichen ihm zu Gebote stehenden Mitteln, dennoch das physikalische Cabinet in einer den Anforderungen der Wissenschaft entsprechenden Vollständigkeit einrichtete. Um auf der Höhe der Wissenschaft zu bleiben, unternahm er auf eigene Kosten Reisen nach Deutschland, Frankreich und England, und wusste mit besonderem Geschick die gemachten Erfahrungen für sein Vaterland zu verwerthen. Überhaupt erschien ihm in seiner Stellung und den gegebenen Verhältnissen die Verbreitung der Wissenschaft und die Erweckung der Achtung vor derselben, welche das sicherste Mittel ist auch den Geschmack an ihr zu beleben, als das höchste Ziel. Daher wandte er seine Thätigkeit auch mehr dem Unterrichte und der Abfassung von zahlreichen Schriften zu als eigenen Untersuchungen. Diese Schriften entsprachen auch vollkommen ihrem Zwecke, da sie sich durch Gründlichkeit, scharfe Begriffsbestimmung und logische Anordnung des Stoffes sehr vortheilhaft auszeichnen. Es war daher keineswegs eine Abneigung gegen Experimentaluntersuchungen, die ihn bestimmte, diese weniger zu cultiviren, er versagte sich dieselben vielmehr, geleitet von der Überzeugung, dass er auf dem andern Wege ein dringenderes Bedürfniss befriedige.

Als in Lemberg eine technische Akademie errichtet werden sollte, war er es, der von Seite der Regierung mit der Abfassung eines Entwurfes zur Organisirung derselben betraut wurde, und seine Anträge liegen auch der gegenwärtigen Einrichtung derselben zu Grunde.

Eine sehr erspriessliche Thätigkeit entwickelte Kunzek als Mitglied der Lemberger Landwirthschafts-Gesellschaft, indem

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