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mit den Jahren zunehmendes Körperleiden, das ihm das Leben sauer machte, dies alles zusammen verlieh dem Charakter dieses energischen, leicht erreg- und verletzbaren, sonst aber vortrefflichen Mannes eine gewisse Härte, welche Viele vom näheren Verkehr mit ihm zurückschreckte und ihn mehr isolirte, als ihm selbst lieb war. Von gedrungener Statur, aber eben nicht besonders starken Körperbau, an Entbehrungen gewöhnt und äusserst genügsam in seinen Anforderungen an das Leben, war er in jüngeren Jahren ganz geschaffen, den schlimmen Einflüssen der Tropenwelt zu trotzen und in seinen späteren sich noch Arbeiten mit einer Ausdauer zu unterziehen, welche Andere in kurzer Zeit erschöpft hätten. Seiner ererbten atrabilarischen Körperbeschaffenheit und Neigung wegen zu rheumatisch-arthritischen Leiden musste er in seinen späteren Tagen auf viele Annehmlichkeiten des Lebens, wie Tafelfreuden u. dgl., geradezu verzichten, was ihn dann nöthigte, sich immer mehr und mehr auf sich selbst zurückzuziehen, und häufig zur Quelle seiner oft plötzlichen Verstimmung und Übellaunigkeit wurde. Was ihm jedoch unter allen diesen peinlichen Verhältnissen für seine wissenschaftliche Thätigkeit sehr zu Statten kam, war das geringe Bedürfniss von Schlaf. Ihm war es ein Leichtes, wochenlang, ohne geistige und körperliche Ermüdung, zwei Drittheile der Nacht zur Arbeit am Schreibpulte zu verwenden. Dabei erfreute er sich eines ausnehmend guten und treuen Gedächtnisses, das ihm in Verbindung mit einem raschen und sicheren Blick bei der Leitung der administrativen Geschäfte eben so sehr als bei seinen wissenschaftlichen Arbeiten zu Gute kam. Sein naturhistorisches Wissen war ein sehr umfassendes und wenngleich der systematisch-descriptiven Richtung zugewendet, nichts weniger als ein einseitiges. Mit der alten wie mit der neuesten Literatur, wie selten ein Botaniker unserer Tage, vertraut, verfolgte er mit dem grössten Interesse die Fortschritte der Phyto

tomie und Pflanzen-Physiologie und wusste sie zu seinen Zwecken auszunützen.

Wiederholt in den letzteren Jahren bedenklich erkrankt und nie vollständig gesundet, suchte er, wie vom Vorgefühle seines nahenden Endes erfasst, seine Studien über die ihm lieb gewordenen Aroideen noch möglichst zu vervollständigen. In diesem Sinne beglückwünschte er sich selbst, als es ihm bei dem Eintritte seiner letzten, für ihn verhängnissvoll verlaufenden Krankheit noch gelang, die Bestimmung der Aroideen zu vollenden, welche Dr. Welwitsch in Nieder-Guinea gesammelt und ihm mitgetheilt hatte. Diese in Dr. Seeman's Journal niedergelegte Aufzählung derselben war die letzte Frucht seines nimmer müden und für seine Wissenschaft schwärmerisch eingenommenen Geistes. Noch wenige Tage vor seinem Tode, nach einer überraschend eingetretenen Besserung seines Leidens, untersuchte er noch einige ihm lebend übersandte Aroideen mit gewohntem Eifer, als ein plötzlich sich entwickelndes acutes Lungenödem, in Folge eines chronischen Klappenfehlers des Herzens, seinem thätigen Leben am 5. März dieses Jahres ein Ziel setzte.

Der Staat verliert in ihm einen durch und durch redlichen, gewissenhaften und patriotischen Diener; die Wissenschaft einen ihrer begabtesten Jünger und ausgezeichnetsten Monographen; Schönbrunns Gärten ihren Regenerator und Erhalter ihres altberühmten wissenschaftlichen Rufes, den sie, unter der Aegide der grossen Kaiserin und ihres eben so grossen Sohnes Joseph II., durch Nicolaus Freiherrn v. Jacquin erhielten. Mögen Jene, welchen es obliegt, den Glanz dieser wundervollen Schöpfung kaiserlicher Munificenz zu erhalten, nicht vergessen, dass Schönbrunns Gärten nicht durch die Fülle ihrer blumistischen Schätze allein, sondern vor Allem durch den vorherrschend wissenschaftlichen Geist, der sich aller Orten kund gab, seiner Zeit an der Spitze aller Hofgärten in Europa standen; dass sie darin mit

Versailles wetteifern und den weit später erst zu ähnlichem Ruf gelangenden Hofgärten zu Kew und St. Petersburg als Vorbild dienen konnten. Liesse man in unglücklicher Selbsttäuschung über den Werth einer wissenschaftlichen Direction sich verleiten, diese Schöpfung Schott's einfach in die Hände eines gewandten Cultivateurs zu legen, so würde sie in kürzester Zeit wieder auf jene Stufe von Alltäglichkeit und geistiger Verkommenheit herabsinken, auf der er das kostbare Vermächtniss Jacquin's stehend fand, als er, der Mann der Wissenschaft, es wieder übernahm, dasselbe zu neuen Ehren und Ansehen zu erheben. Ist man eifersüchtig auf den ererbten Ruhm und Glanz des allerhöchsten Hofes in allen Zweigen seines Haushaltes, so wahre man sie auch auf jener Stelle und lasse sich jetzt nicht von kleineren Höfen darin überflügeln. Die Zeit der blossen Schaustellung von Gewächsen an solchem Orte ist, wenn sie kein wissenschaftlicher Geist zugleich durchweht, vorüber. Die Horticultur ist seit langem schon ein Zweig der Industrie geworden und wollen so grosse und reich dotirte Gärten, wie die Schönbrunns, Schritt halten mit dem heutigen Stande der Blumistik und des guten Geschmackes und veredelnd auf beide einwirken, so kann dies nur auf dem Wege geschehen, den das tiefere Verständniss der Pflanzenwelt weist und den die Wissenschaft allein erschliesst. Damit würde man dem mit Recht gefeierten Altmeister der Botanik in Österreich und seinem im Wissen und Vermögen nicht nachstehenden Schüler das würdigste Denkmal setzen. Möge dieser Wunsch in Erfüllung gehen und durch kaiserliche Munificenz zugleich dem Vaterlande der ikonographische Schatz erhalten bleiben, den Schott mit schweren Opfern für die Wissenschaft geschaffen hat.

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THEODOR WERTHEIM.'

Theodor Wertheim wurde am 24. December 1820 zu Wien geboren; er war das Kind israelitischer Eltern. Sein Vater, einer Kaufmannsfamilie angehörig, hatte sich, von eilf Brüdern der einzige, von diesem Stande ab- und den Wissenschaften zugewendet. Er war ein bekannter und geschätzter praktischer Arzt in Wien und zugleich Primararzt des Wiener Israelitenspitales; in weiteren Kreisen wurde er durch ein medicinisch-statistisches Werk über Wien, eine ihrer Zeit sehr günstig beurtheilte wissenschaftliche Arbeit, vortheilhaft bekannt. Die wissenschaftliche und humanistische Richtung, die den wackern Mann beherrschte, liess ihn seinen Kindern eine sehr sorgfältige Erziehung verleihen. Auch von Ehrgeiz war er nicht frei, von jenem edlen nämlich, der den Vater wünschen lässt, dass ihn der Sohn übertreffe.

Wertheim absolvirte das Gymnasium und die sogenannten philosophischen Jahrgänge in Wien. Was er in den Schulen sich aneignete, war der mindere Theil dessen, was er sich überhaupt an Kenntnissen erwarb. Früh wurde in ihm der Sinn und die Begeisterung für die alten Sprachen durch einen, ihrer überaus kundigen Lehrer, den seither verstorbenen praktischen Arzt Dr. Schnell geweckt. Insbesondere war es die

1 Das Material über die äusseren Lebensverhältnisse Wertheim's ver danke ich der Güte seines Bruders, des Herrn Dr. Gustav Wertheim, Primarius im k. k. Rudolphs-Spital.

A. Schrötter.

Literatur der Griechen, welche den mächtigsten Zauber auf ihn übte. Er liebte die Schriftsteller und Dichter, die in dieser Sprache geschrieben, mit der Leidenschaft des Jünglings, und sein Herz und seine Phantasie waren erfüllt von den edlen Gestalten, die sie mit so lebhaften Farben schilderten. Er erwarb sich so nicht blos reiche Kenntnisse, sondern veredelte, wie dies bei allen für diese Studien empfänglichen Menschen geschieht, sein ganzes Wesen.

Die geistige Richtung Wertheim's war schon von seiner Jugend an der positiven Forschung zugewendet, daher auch die naturphilosophische Schule, die in der Zeit seiner geistigan Entwicklung noch manche Anhänger zählte, ohne Einfluss auf ihn blieb. Im Gegentheil stiess ihn die Unfruchtbarkeit ihrer Methode ab und trieb ihn an, die Arbeiten jener Männer kennen zu lernen, welche auf dem einzig richtigen Wege, den Bacon so treffend bezeichnete, die Wahrheit zu erforschen suchten. Vor allem waren es die rasch sich folgenden, noch heute die wissenschaftliche Welt mit Bewunderung erfüllenden Entdeckungen von Berzelius, die in dem empfänglichen Geiste des Jünglings den heissen Wunsch erweckten, sich dem Studium der Naturwissenschaften und insbesondere dem der Chemie widmen zu können.

Hier trat eine nicht principielle, aber durch praktische Motive bedingte Meinungsverschiedenheit zwischen Vater und Sohn ein. Ersterer erwog sorglich die ihm für die Ausbildung des Sohnes zu Gebote stehenden Mittel, und die Aussichten die sich demselben bei der Wahl eines theoretischen Faches darboten; letzterer erachtete gegenüber der unwiderstehlichen Neigung, die ihn in die Arme der reinen Wissenschaft trieb, jede andere Rücksicht für untergeordnet. Wie dies bei der Liebe des Vaters zu seinem Sohne und den schönen Hoffnungen, zu denen dieser berechtigte, vorauszusehen war, siegte die Ansicht des letzteren und er eilte voll Begeisterung nach Berlin

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