Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Stadt die Verpflichtung zur Auslieferung von vierzehn Personen *) enthalten. Er habe dagegen bemerkt, daß die Unterwerfung der Stadt auf Grundlage der Proklamation des Fürsten Windisch gräß vom 23. und der erläuternden Zuschrift vom 26 October erfolgt, und vom Fürsten angenommen worden sey. Es sey nun in dem Punkt 3 der Proklamation vom 23. zwar die Auslieferung mehrerer erst zu benennenden Personen ausgesprochen worden, allein dieser Punkt ist durch die Zuschrift vom 26. October dahin erläutert worden, daß man die Auslieferung von Pulszky, Bem und Schütte verlange, demnach könne man der Stadt jezt nicht schwerere Bedingungen auferlegen **), - Bedingungen, deren Erfüllung noch dazu nicht einmal im Bereiche der Möglichkeit liege. Diese Ansicht wurde nach längerer Debatte zur Geltung gebracht, und dieser Punkt blieb weg. Auch sey es der Deputation gelungen, für die Nationalgarden, die aus Brünn, Graz und Linz unter ordentlicher Führung gekommen seyen, den freien Abzug und die Zurückstellung ihrer Waffen in ihrer Heimat auszuwirken. Der Entwurf wurde sodann vorgelesen, auf Antrag des Berichterstatters mit Stimmeneinhelligkeit angenommen, und Dr. Kubenik wurde ernannt, die von dem Gemeinderathe angenommenen Bedingungen noch in der Nacht in's Hauptquartier zu überbringen.

Der Deputation des Studenten-Ausschusses, welche die Bestätigung Fenneberg's angesucht, wurde vom Gemeinderathe eröffnet, es sey unnöthig, einen neuen Ober-Commandanten aufzustellen, um so weniger auf die Aufforderung der akademischen Legion, da bereits die Zeit des Diktirens derselben vorüber, und die Bezirks-Chefs und Offiziere der Nationalgarde und Bürger sich feierlichst gegen die Abdankung Messenhauser's ausgesprochen hätten. Hierauf wurde unterhandelt, in Folge dessen Messenhauser mit Fenneberg das OberCommando theilen sollten, wie sich solches im Nachfolgenden herausstellt.

Der bereits bekannte Entschluß Messenhauser's, abzudanken, und der Umstand, daß Fenneberg von der Umsturzpartei als neu ernannter Ober-Commandant allgemein genannt wurde, hatte die Verwirrung vollendet. Niemand gehorchte mehr, die Anarchie war auf den höchsten Punkt gelangt. Viele Offiziere der Nationalgarde kamen in den Sigungssaal des Gemeinderathes, um zu erfahren, woran man sey. Eine höchst verworrene Berathung begann; sie wurde unterbrochen durch einen Legionär, der sich als Abgeordneter des Studenten-Co

*) Die Namen wurden von Dr. Kubenik in jenem Vortrage nicht genannt, später erfuhren wir, es seyen folgende gewesen: Messenhauser, Haut, Braun, Fenneberg, Kuchenbecker, Burian, Wutschel, Hammerschmidt, Becher, Engländer, Tausenau, (dieser ist, wie erwähnt, schon am 15. nach Ungarn entflohen), Grigner, Deutsch und Mahler.

**) Zur Zeit der Verhandlung in Hegendorf war der Bruch der Kapitulation noch

nicht bekannt.

mitee's vorstellte, und die Ernennung Fenneberg's zum Ober-Commandanten verlangte. Die verschiedensten Gerüchte waren über die Absichten Fenneberg's und seiner Genossen verbreitet. Der Antrag des angeblichen Abgeordneten wurde entschieden zurückgewiesen. Eine lebhafte Scene erfolgte. Der Legionär erklärte sich für beleidigt und verließ den Saal. Die verschiedensten Anträge wurden gemacht, alle aber verworfen. Dr. Kubenik beantragte, Messenhauser bei seiner Ehre aufzufordern, das Ober-Commando fortzuführen, indem seine Entlassung vom Minister Krauß, der ihn ernannt, noch nicht angenommen sey, und für den Fall, als sich Messenhauser weigere, sollte der Gemeinderath selbst einen Ober-Commandanten ernennen, indem sich der Minister Krauß im kaiserlichen Lager befinde, und der Gemeinderath in der Stadt jezt die einzige Exekutivbehörde sey. Beide Anträge wurden verworfen, und jener Bernbrunn's, welcher dahin lautete: man sollte den Ober-Commandanten und Fenneberg durch zwei Abgeordnete ersuchen, sich sogleich in den Gemeinderath zu begeben, angenommen. Bernbrunn und Dr. Kubenik wurden gewählt, diesen Beschluß sogleich auszuführen. Die beiden Abgeordneten erschienen bald darauf mit Messenhauser, den sie in der Stallburg getroffen, im Gemeinderathe; dieser erstattete zuerst den Bericht über die Schlacht der Ungarn; er sagte: „Aufgefordert bestieg ich den Thurm, (obwohl er es nicht aussprach, ersah man doch aus seinem ganzen Wesen, daß er es gegen seine leberzeugung gethan). Ich erhielt wenigstens zwanzigmal schon die schriftliche Anzeige, die Ungarn greifen an, allein jedesmal war es nur eine Chimäre. So dachte ich auch heute, allein diesesmal wurde es zur Wirklichkeit. Anfangs glaubte ich selbe auch siegreich, und dies veranlaßte mich, den ersten Zettel ergehen zu lassen. Allein bald wurde ich enttäuscht, und sah deutlich die Niederlage und die wilde Flucht der Ungarn.“ Messenhauser erklärte ferner, daß er durch ein vom Studenten-Comitee und dem demokratischen Vereine erhaltenes Mißtrauensvotum bewogen worden sey, vom Ober-Commando abzutreten, indem er nur mit dem Vertrauen der ganzen Garde geehrt, Ober-Commandant bleiben könne.

Der Präsident Stifft antwortete ihm, daß das Resultat des gestrigen Tages auf eine glänzende Weise gezeigt, in welchem hohen Grade er (Messenhauser) das Vertrauen der Garde besiße; daß das Mißtrauensvotum des StudentenComitee's und des demokratischen Vereines dagegen nicht in Beachtung kommen könne. Messenhauser erklärte nun, das Ober-Commando fortführen zu wollen; er sprach die Hoffnung aus, der Gemeinderath werde ihn unterstüßen; er werde die Stadtgarden ausrücken und sie nicht eher abtreten lassen, als bis die Stadt übergeben sey. In Folge des Borhergehenden erschien nachstehendes Plakat:

"Von Seite des Gemeinderathes der Stadt Wien wird hiermit bestätigt, daß Herr Ober-Co:::mandant Messenhauser so eben in der Plenarversamm

lung des Gemeinderathes die Erklärung abgegeben habe, daß er seine bereits niedergelegte Stelle als Ober-Commandant der Nationalgarde, in Berücksichtigung der gegenwärtigen gefahrvollen Verhältnisse, noch so lange behaupten wolle, bis das begonnene Friedenswerk vollendet ist, um so mehr, als die gehoffte Hülfe der Ungarn seiner Ansicht zu Folge weder verläßlich, noch genügend seyn würde.

[ocr errors]

Wien, 30. October 1848. Bom Gemeinderathe der Stadt Wien." Die Aufgabe Messenhausers, die Uebergabe der innern Stadt an die f. f. Truppen, war unter den obwaltenden Umständen von den größten Schwierigkeiten begleitet. Die Ernennung Fenneberg's zum Ober-Commandanten war in den vom Militär noch nicht beseßten Vorstädten schon bekannt. Man erwartete nur energische revolutionäre Schritte, indem man noch immer auf ein siegreiches Vorrücken der Ungarn wartete. Die demokratische Partei war noch immer am meisten geordnet, und hatte in dem bewaffneten Arbeiter-Corps, wovon sich der größte Theil in der innern Stadt befand, ein willfähriges Mittel zur Ausführung seiner Plane. Ueber diese selbst konnte mit Zuverläßigkeit bis jezt noch nichts bestimmtes ermittelt werden. Ist aber nur die Hälfte von dem wahr, was man sich erzählte, so wäre der Untergang und die Zerstörung der Stadt unvermeidlich gewesen; es würden noch Tausende von Menschenleben geopfert worden seyn! So viel ist aber mit Sicherheit anzunehmen, daß die demokratische (Umsturz-) Partei die Ernennung Fenneberg's zum Ober-Commandanten nicht deßwegen um jeden Preis durchgefeßt haben wollte, damit er die Stadtthore den k. k. Truppen öffne. Durch die Erhaltung Messenhauser's im Oder-Commando durch die Offiziere in der Stallburg, wurden alle Machinationen der Demokraten vereitelt, Fenneberg als Ober-Commandant desavouirt, — und da derselbe bei seiner bekannten Energie durch Terrorismus den heftigsten Widerstand gegen die Armee herbeigeführt hätte, war die Stadt Wien vom Untergang gerettet. Fenneberg vergaß, daß er beim Ober-Commando politische Gegner hatte, denen Wien theuer ist; er wußte nicht, daß ihn Dunder's Demonstration als Ober-Commandanten unmöglich gemacht. Was zur eigentlichen Nationalgarde gehörte, hatte die Waffen am 29. abgelegt, und nur in ganz kleinen Fraktionen am 30. ergriffen. Hingegen besaß die Mobilgarde noch zum größten Theile ihre Waffen und befand sich zahlreich noch ganz geordnet auf der Universität und in der Salzgries-Kaserne. Auf diese konnten die Demokraten mit Zuversicht rechnen. Das war die gefährliche Lage der Stadt am 30. beim Anbruche der Nacht. Messenhauser erkannt sie wohl. Vor Allem war, um die Uebergabe der Stadt bewerkstelligen zu können, nöthig, vor einem Handstreich in der finstern Nacht gesichert zu seyn. Zu diesem Behuse schickte Messenhauser die Brünner-Nationalgarde und die Sicherheitswache zum Schuße des Gemeinderathes und landständischen Gebäudes. Einige Compagnien der Mobilgarde, welche ihm anhingen,

[ocr errors]

wurden, wie bereits erwähnt, auf seinen Befehl durch den Oberlieutenant Dunder in der Nähe der Stallburg concentrirt. Diese Mittel waren jedoch einem ernsthaften Unternehmen von Seite der Umsturzpartei jedenfalls nicht gewachsen; und da auf das stattgefundene Allarmiren in der Stadt in einem Bezirke nur 15 Garden ausrückten, so war man in einem solchen Falle nur auf Hülfe von Außen angewiesen. Eine solche schien auch Messenhauser beabsichtigt zu haben; darauf deutet wenigstens hin, daß er Dr. Kubenik ersuchen ließ, ehe er in's k. Lager zurückgehe, zu ihm zu kommen und mit demselben eine lange geheime Unterredung hatte, dann daß er seine Dispositionen so genommen hatte, daß er im Nothfalle fich an eines der beiden Kärtnerthore werfen konnte. Während auf diese Art Messenhauser seine Vorkehrungen für den äußersten Nothfall traf, ging er in Unterhandlungen mit der Umsturzpartei ein, um sie zu beschwichtigen und den Anbruch des Tages in Ruhe abwarten zu können. Auf vieles Andringen willigte er in eine Zusammenkunft bei P. Giacomozzi (Spezereiwaren-Handlung und Weintrinkstube Nr. 598), wohin er auch mit dem Baron Horezki kam. Daselbst versprach er ihnen die Ernennung Fenne berg's zu seinem Stellvertreter, und jene Red l's zum Commandanten aller Mobilgarden, welche Ernennungen auch des andern Morgens an den Straßenecken zu lesen waren. Die Nacht verging demgemäß ruhig.

-

Die beiden k. Generale Kriegern und Karger hatten mit ihren Truppen den Schwarzenberggarten beseßt. Die Vorposten waren bis gegen das polytechnische Institut vorgeschoben. Gegen 11 Uhr Nachts kündigten einige Trompetenstöße die Rückkunft des Parlamentärs (Dr. Kubenik) an. Er wurde zu den Generalen geführt, bei welchen er durch längere Zeit verweilte. Nach seinem Abgange trat das ganze Militär unter Waffen. Die beiden Generale blieben die ganze Nacht auf dem Plaße. Der Parlamentär kam erst gegen 4 Uhr Morgens aus dem Hauptquartier von Heßendorf zurück.

Gegen 8 Uhr Abends ließ sich plößlich am Stephansplaße ein Rauschen in der Höhe vernehmen, dem ein Lichtschimmer folgte. Es war eine Rakete, die vom Stephansthurme aus abgebrannt wurde. Der ersten folgten nacheinander fünf andere, und nach einer halben Stunde wieder sechs. Unter dem Rufe: „"ngarn! Ungarn kommen!" liefen die neuerdings sich täuschen Lassenden wieder auf den Stephansplaß, woselbst eine Compagnie der Mobilen aufgestellt war, welche sich die Zeit mit Gesang vertrieben, und denselben nur kann abbrach, wenn eine neue Rakete stieg, um deren feuerige Bahn durch ein wüthendes „Eljen“ zu beehren, das sein Echo in der Menschenmasse getreulich wieder fand. Gegen 9 Uhr aber, als auf dem Gange des Thurmes sogar ein griechisches Feuer angezündet wurde, welches beinahe fünf Minuten brannte, da gab es nur noch sehr Wenige, welche weder an die Ankunft der Ungarn, noch des steyerischen Land

sturmes, noch der Tyroler Schüßen geglaubt hätten. Ja es verbreitete sich schon das Gerücht, daß das Neugebäude, nebst seinen ungeheueren Vorräthen an Munition, in die Hände der Ungarn gefallen sey. Später wurden noch zahlreiche Raketen vom Thurme ausgeworfen, bis endlich das Volk des Schauens nach den glänzenden Lichtstreifen müde wurde, und sich zerstreute.

Kundmachung. Der heutige Tag ist wieder in Aufregung vollbracht worden. Man hat das anrückende Heer der Ungarn fechtend gesehen; es ist aber leider für das Schicksal der Stadt zu spät gekommen. Die Ungarn fochten heute, wie man jezt gewiß weiß, bei Schwadorf. Sie sollen nicht gesiegt haben. Wenigstens hat man von 3 Uhr an von einer Fortseßung des Kampfes nichts sehen können! Mitbürger! Ihr habt heute wieder gezeigt, daß Ihr kampfbereit für Ehre und Freiheit dasteht, wenn auf irgend eine sichere Aussicht auf Sieg und Erfolg zu rechnen ist.

Ich bin es mir schuldig zu erklären, daß unsere Lage am Abende die alte ist. Der Feldmarschall hat erklärt, daß, wenn bis heute Abend 8 Uhr die Unterwerfung der Stadt nicht angezeigt ist, er die noch nicht beseßten Vorstädte mit aller Energie angreifen, und nöthigenfalls in einen Schutthaufen verwandeln würde. Diese Kundmachung ist alsogleich zu verlautbaren, und die Bezirke haben mir in der kürzesten Zeitfrist den Entschluß der Garden schriftlich mitzutheilen, nämlich: ob sie die Waffen strecken wollen oder nicht?

Wien, am 30. October 1848, 8 Uhr Abends.

Messenhauser, m. p., provisorischer Ober-Commandant." Nachts stürmte eine Masse Proletarier mit Waffen versehen über den Josefs - Plaß, so wie über den Michaeler-Plaß, und wollten durchaus die FranzenzStatue demoliren. -Die beiden in der Stallburg im Plaß-Commando-Lokale Inspection habenden Plaß-Offiziere Waßhuber und Doninger eilten sogleich auf den bedrohten Punkt, und suchten die Massen zu beruhigen und auseinander zu bringen, welches ihnen auch nach langen Bemühungen gelang. Später aber wiederholten sich diese Angriffe, die durch die Hauptwache in der t. k. Hofburg zurückgedrängt wurden, wie später dargethan werden wird.

In der Nacht um 11 Uhr kam eine Compagnie der Mobilgarde mit einem schriftlichen Befehle, von Fenneberg unterzeichnet, in das k. k. Tabak- und Stempel-Administrationsgebäude in der Riemerstraße, und verlangte von dem WachCommandanten Dorigo mit Ungestümm die Oeffnung aller Magazine, indem beim Ober-Commando die Anzeige gemacht wurde, daß daselbst Pulver verborgen sey. Diese Compagnie war sehr stark und führte zwei Kanonen mit sich. Der WachCommandant widersezte sich energisch dem Anfinnen dieser Leute; doch diese wollten sich nicht abweisen lassen, sondern beseßten das Gebäude. Nach einer Biertelstunde langte jedoch ein dringender Befehl ein, der anordnete, daß diese

« ZurückWeiter »